Grothues, Bernhard

Nach nur zwei Jahren im geistlichen Stand wurde er 1816 Pfarrer in Hervest

Geboren 1774 in Oelde bis 1854 in Hervest. – Er wurde 1812 Pfarrer in Hervest und lebte mit seinem Vorgänger Pfarrer Schulte Tenderich anfangs im Haus der Familie Schulte Tenderich in Hervest. Bernhard Grothues wurde 1774 als Sohn eines Landwirts in Oelde geboren und  war zunächst selbst Bauer. Erst mit 20 Jahren begann er sein Studium in Münster und wurde dort 1810 zum Priester geweiht. Danach war er zwei Jahre Ka­plan in Langenhorst und kam danach – erst zwei Jahre im geistlichen Stand – auf Vorschlag der Äbtissin von Merveldt als Pfarrer von St. Paulus nach Hervest.

Pfarrer erwirtschaftete 900 Taler durch ungenehmigten Holzverkauf

St. Pauluskirche um 1950

Als er die Pfarrstelle übernahm, war das Pastoratsgut in schlechtem Zustand: die Gebäude verfallen und die Ländereien verwildert. Trotz der allgemeinen schlechten Zeit bewilligte die Gemeinde ihm schließ­lich 300 Taler für den Bau eines neuen Pfarrhauses. 100 Taler kamen als dem Erlös des Abbruchs des alten Hauses hinzu. Da die Patronatsrechte damals ruhten, gab der Graf von Merveldt kein Geld dazu. Ebenso verhielten sich Präfektur und Vikariat. Die noch fehlenden 990 Taler erwirtschaftete der Pfarrer Grothues aus einem ungenehmigten Holzverkauf. Darüber entzündete sich in den Jahren 1836 bis 1838 ein langwieriger Rechtsstreit zwischen Gemeindevertretern, Pastor, Bischof und Patron über die Einschlagrechte am Holz des Pfarrhofes.

Als Bauernsohn hielt der Pfarrer die Landwirtschaft in bester Ordnung

Im Jahre 1816 be­zog der Pfarrer das neue Pfarrhaus. Anschließend widmete sich der Bauernsohn landwirtschaftlichen Arbeiten in seinem Garten, den Lippewiesen und auf seinen Äckern. Er selbst lebte äußerst einfach und bescheiden. Ärzte verab­scheute er und vertraute stattdessen auf bewährte Hausmittel, die er nicht nur bei sich selbst anwandte, sondern auch den Kranken der Ge­meinde empfahl. Grothues stand im Ruf, sehr pflichtbewusst gewesen zu sein. Er las an Sonn- und Feiertagen trotz des weiten Wegs dreimal die Messe in der Pfarrkirche. Daneben half er besonders in der Fastenzeit bei den Franzis­kanern in Dorsten aus. Seine Landwirtschaft hielt er in bester Ordnung und war dabei so vorbildlich, dass sogar der westfälische Oberpräsident von Vincke persönlich kam, um sich davon ein Bild zu machen. Mit ihm speiste der Pfarrer in der Krone des stämmigen Pastoratsbuche.

Erträge anonym dem Collegium Ludgerianum in Münster gespendet

Fast alle Ersparnisse aus dem landwirtschaftlichen Gut, die er durch seine rationelle Bewirtschaftung und seine einfache Lebensweise zusammenbrachte, stiftete er für das „Collegium Ludgerianum“ in Münster, in dem Priesterkandidaten während des Gymnasialstudiums lebten. Das Geld überbrachte er zumeist persönlich, aber ohne sich als Pfarrer von Hervest erkennen zu geben. Auch seinen Nachlass vermachte er dem Ludgerianum. Der Pfarrgemeinde stiftete er für den im Jahre 1852 errichteten Kreuzweg in der Kirche eine Segensstation. Nach der Franzosenzeit wurde 1816 der Re­gierungsbezirk Münster in Kreise eingeteilt und der Landkreis Recklinghausen gebildet. Im Jahre 1824 wurde die Chaussee nach Haltern bis zum Hause Holt­kamp vollendet. 1825 baute man eine neue Schule an derselben Stelle, an der die alte gestanden hatte. Die Baumaterialien (Holz, Selbstgebrannte Ziegel) stammten aus der Ge­meinde, die auch die Arbeitskräfte stellte. Erstmals wurde auch ein ausgebildeter Lehrer eingestellt, der aber gleichzeitig auch die Küsterdienste mit übernahm (Ludwig Funke). Bis dahin war es üblich gewesen, dass die Küster die Aufgaben der Lehrer wahrnahmen. Es gab also stets eine enge Verknüpfung von Kirche und Schule.

Bernhard Grothues starb 1954 mit achtzig Jahren in Hervest

Zurzeit von Pfarrer Grothues war mit Caspar Maximilian ein strenger Bischof in Münster. 1826 verbot er alle Wallfahrten ohne geistlichen Führer, 1827 den Junggesellen die Begleitung der Prozessionen mit Musik und Gewehren, so­wie „Säufereien und Tänzereien am Prozessionstage“. 1829 wurde das Mittragen gekleideter Bilder bei Prozessionen verboten sowie die Zahl der Prozessionen pro Jahr auf zwei mit einer Wegstrecke von maximal einer Stunde und einer Gesamtdauer von zwei Stunden beschränkt. Außerdem wurden nun alle Wallfahrten verboten. Trotz einer schriftlichen Eingabe von Pfarrer Grothues an den Bischof vom 17. Juli 1830 blieb es bei diesem Verbot, das sich auch auf die traditionelle Wallfahrt zum Anna­berg bezog. Dennoch wurden die Annaberg-Wallfahrten am Sonntag nach dem Feste Maria Magdalena (23. Juli) unun­terbrochen weitergeführt. Bereits 1844 bekam Grothues mit Kaplan Hubert Hanhoff einen Stellvertreter zugewiesen. Von da ab bis 1890 gab es ständig zwei Priester in der Hervester Gemeinde St. Paulus. Als Grothues nach 42 Jahren Pfarrdienst in Hervest an Karfreitag 1854 starb, blieb Kaplan Hanhoff bis zur Einsetzung eines neuen Pfarrers Pfarrverwalter.

Siehe auch: Pastoratsbuche Hervest
Siehe auch: Heinrich Westermann
Siehe auch: Franz Hermann Schlüter
Siehe auch: Johannes Heinrich Eming
Siehe auch: Franz Schulte Tenderich
Siehe auch: Johann Konrad Freyssem
Siehe auch: Augustin Stegemann
Siehe auch: Joseph und Heinrich Vissing
Siehe auch: Hervest

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