Katz, Jeffrey

US-Amerikaner erforschte die Spuren seiner jüdischen Familie in Lembeck

Jeffrey Katz, der in der Nähe von Washington/USA wohnt, besuchte die Stadt Dorsten, um hier die Geschichte seiner jüdischen Vorfahren zu erforschen. Spuren führen vor allem nach Lembeck. Wenn seine Eltern vor ihren Kindern etwas verheimlichen wollten, sprachen sie Deutsch miteinander. Jeffrey Katz war lange nicht bewusst, dass er deutsche Wurzeln hat. Seine Eltern haben nicht darüber gesprochen. „Ich kannte die Geschichte meines Vaters nicht, bis ich etwa 20 Jahre alt war“, berichtet Jeffrey Katz. Dass seine tiefen Wurzeln nicht in seinem amerikanischen Geburtsland lagen, habe er jedoch irgendwie gespürt. „Da war so eine Ambivalenz.“ Jeffrey Katz wurde Journalist. Etwas anderes sei für ihn nie in Frage gekommen, erzählt er. Inzwischen ist er pensioniert und arbeitet ausschließlich an seinem Herzensprojekt: ein Buch über die Geschichte seiner Familie. „A home I never knew“ ist der Arbeitstitel. Die Aufarbeitung des Holocaust in Deutschland soll neben den Familienschicksalen sein Thema sein.

Stolpersteine für Familie Lebenstein in Lembeck

Inzwischen kennt Katz viel von dieser Heimat. Im Oktober 2022 führte ihn schon die dritte Reise nach Deutschland. Unter anderem nach Lembeck, denn von dort stammte die Mutter seines Vaters Rudy. In Lembeck erinnern heute Stolpersteine an die Familie Lebenstein, eine Straße trägt den Namen Lebenstein-Ring. Jeffrey Katz hatte schon in den 1980er-Jahren Kontakt zur Dorstener Forschungsgruppe „Dorsten unterm Hakenkreuz“ aufgenommen, die in dem von Dirk Hartwich und Wolf Stegemann 1983 herausgegebenen ersten Band „Dorsten unterm Hakenkreuz – Die jüdische Gemeinde“ über die Familien Katz und Lebenstein informierte. 1986 brachte ihn sein erster Deutschlandtrip unter anderem nach Essen, von wo aus sein Vater 1939 über Belgien in die USA flüchtete. Er überlebte als einziger der Familie die Naziherrschaft. Seine Mutter war fünf Jahre alt, als sie mit ihren Eltern, Geschwistern und Großeltern aus Augsburg nach Columbia flüchtete. In Amerika lernten die Sprösslinge der beiden jüdischen deutschen Familien sich kennen. Sohn Jeffrey erblickte in Philadelphia das Licht der Welt, in der die Eltern zwar hin und wieder miteinander Deutsch, aber nicht über Deutschland sprachen. Kurz vor seinem Tod im Jahr 2002, so berichtet Jeffrey Katz der Dorstener Zeitung, habe sein Vater, der seine Ahnenforschung stets unterstützt habe, ihn zum Schreiben eines Buches ermuntert. Seitdem ist Jeffrey Katz voller Elan dabei, den letzten Wunsch seines Vaters zu erfüllen. Seine 89-jährige Mutter, die es nie zurück nach Deutschland gezogen habe, bedauerte inzwischen, dass sie nun für eine Übersee-Reise zu alt sei.

Interview mit der Museumsdirektorin für das Buch

Die Recherchen zu seinem Buch haben ihn auch ins Jüdische Museum geführt. Dort hat er Museumsleiterin Dr. Kathrin Pieren interviewt. Im Museum erinnern einige Ausstellungsstücke an die Familie Lebenstein. Sie vergrub 1940 im Garten ihres Lembecker Hauses einen Koffer mit wertvollen Gegenständen, um sie vor antijüdischer Gewalt zu verstecken. Eine Kräuterdose und ein Porzellan-Gedeck erinnern heute eindrucksvoll an die Notlage der Verfolgten. Jeffrey Katz und seine Frau Mollie selbst sind in der Ausstellung ebenfalls vertreten: Ihr Foto vom Bat-Mizwa-Fest ihrer Tochter Emily legt Zeugnis ab vom jüdischen Leben in heutigen Zeiten.
Dass Antisemitismus in Deutschland ist heute immer noch ein Thema ist, für das der ständig vor dem Jüdischen Museum postierte Polizeiwagen Zeugnis ablegt, sorgt bei Jeffrey Katz für gemischte Gefühle gegenüber dem Herkunftsland seiner Eltern. „Aber die warmen Gefühle für die meisten Deutschen überwiegen.“


Quelle: Nach Petra Berkenbusch „Jeffrey Katz aus den USA erforscht Spuren seiner jüdischen Familie“ in DZ vom 14. Oktober 2022.

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