Wahlen 2020 / Dorsten

Wie sich Dorstener Parteien vor der Kommunalwahl öffentlich produzierten

Am 13. September 2020 fanden Neuwahlen für die kommunalen Parlamente und viele Spitzen von Städten, Gemeinden und Kreisen statt. An diesem Tag wurde im Gebiet des Regionalverbands Ruhr auch die Verbandsversammlung, das Ruhrparlament, gewählt. Abgesehen von der ausnahmsweise auf rund sechseinhalb Jahre verlängerten aktuellen Wahlperiode der kommunalen Vertretungen finden Kommunalwahlen ab 2020 alle fünf Jahre statt. Bei der Wahl der kommunalen Vertretung – dem Gemeinde- bzw. Stadtrat oder dem Kreistag – hatte jeder Wähler nur eine Stimme, mit der gleichzeitig ein Wahlbezirksbewerber und die Reserveliste der Partei oder Wählergruppe gewählt wurden, für die der Wahlbezirksbewerber aufgestellt war. Bürgermeister bzw. Landrat wurden durch Mehrheitswahl bestimmt; auch hier besaß jede/r Wähler/in eine Stimme. Die letzten Wahlen der kommunalen Vertretungen und eines Teils der Bürgermeister und Landräte fanden am 25. Mai 2014 statt. Weitere Hauptverwaltungsbeamte wurden am 13. September 2015 gewählt. Wahlberechtigt bei Kommunalwahlen in NRW sind Deutsche sowie Staatsangehörige der übrigen 27 EU-Mitgliedstaaten, die am Wahltag das 16. Lebensjahr vollendet hatten,

Corona-Pandemie und ihre Folgen im Wahljahr

Aufgrund der Corona-Krise wurden die Voraussetzungen für die Teilnahme an der Kommunalwahl erleichtert. Damit erhielten z. B. die Parteien, Wählergruppen und Einzelbewerber angesichts der widrigen Umstände mehr Zeit, ihre Vorschläge einzureichen. Diese Frist endete elf Tage später am 27. Juli um 18 Uhr. Außerdem wurde für Parteien und Wählergruppen, die bisher nicht in den Parlamenten vertreten waren, die Zahl der erforderlichen Unterstützungsunterschriften um 40 Prozent verringert. Gemeinden erhielten die Möglichkeit, die Stimmbezirke zu vergrößern. Im Zuge der Festsetzung des Wahltermins und der dazugehörigen Frist waren mehrere Verfahren von Bürgern und Wählergruppen am Verfassungsgerichtshof des Landes in Münster eingegangen. So reichte z. B. die Familien-Partei Deutschlands eine Organklage ein, da sie ihre Chancengleichheit missachtet sah, weil Kontaktsperren, Versammlungs- und Reiseverbote die Partei behinderten.

17 Wahllokale in Dorsten gestrichen – Veränderungen im Überblick

Im Vergleich zur Europawahl im vergangenen Jahr waren wegen der Coronakrise 17 von 47 Wahllokalen gestrichen worden – mehr als ein Drittel. Dafür hatte die Stadt allerdings Ersatzräume gefunden, so dass es in Summe 44 statt bisher 47 Stimmbezirke gab – drei Wahllokale weniger als bisher. Drei Stimmbezirke wuerden – nicht nur aus räumlichen Gründen – zusammengelegt. Einer Empfehlung der Landesregierung NRW folgend, verzichtete die Stadt Dorsten auf Wahllokale in Senioreneinrichtungen und Kindergärten. Wahlbenachrichtigungen wurden ab 15. August verschickt, Briefwahlunterlagen ab 17. August. Ab diesem Zeitpunkt wurde auch ein Online-Antrag auf der Website der Stadt Dorsten eingerichtet.

Überblick der geplanten Veränderungen:

Rhade: Stimmbezirk 2.1 – Musikhaus der Schützenkapelle Rhade statt Familienzentrum St. Urbanus; Stimmbezirk 2.2 – Gemeindehaus St. Ewald statt Kindergarten Am Stuvenberg. Lembeck: Stimmbezirk 4.2 – Pfarrheim St. Laurentius (zweites Wahllokal) statt Seniorenzentrum St. Laurentius. Wulfen-Barkenberg: Nur noch Stimmbezirk 7.1 (Gemeinschaftshaus Wulfen, zusammengelegt mit Stimmbezirk 7.2.); Stimmbezirk 8.2 – Grüne Schule (jetzt zwei Wahllokale) statt Kindergarten Wischenstück. Holsterhausen: Stimmbezirk 12.1 und 12.2. in der Von-Ketteler-Schule statt im Kindergarten St. Bonifatius. Hervest: Stimmbezirk 14.1. und 14.2. in der Haldenwangschule statt im Kindergarten Joachimstraße, Stimmbezirk 15.2 im Feuerwehrgerätehaus Dorf-Hervest statt im Pfarrheim St. Paulus, Stimmbezirk 15.1. und 15.3 zusammengelegt in der Albert-Schweiter-Schule. Der Ellerbruch-Treff fällt weg. Altstadt: Stimmbezirk 19.1. im Dorsten-Treff (Lippestraße) statt im Seniorenzentrum St. Elisabeth, auch der Stimmbezirk 19.3 (früher Seniorenzentrum Maria Lindenhof) wählt dort. Feldmark: Stimmbezirk 20.1 jetzt im Schießsportheim des Schützenvereins statt im Kindergarten St. Agatha, Stimmbezirk 21.1. in der Geschwister-Scholl-Schule statt im Familienzentrum St. Johannes, Stimmbezirk 22.1 und 22.2 in der Dietrich-Bonhoeffer-Schule statt im Kindergarten Marler Straße. Hardt: Stimmbezirk 20.2. in der Agathaschule statt im Altenheim St. Anna (Quelle: DZ vom 22., 23. Juni 2020).

Am Wahlsonntag waren 440 Wahlhelfer in 64 Wahllokalen tätig

440 Helfer waren am Eahlsonntag in Dorsten im Einsatz, damit die Kommunalwahl ordnungsgemäß abläuft und am Abend die Ergebnisse zügig ausgezählt waren. Darunter waren 176 Bürger, die sich dazu freiwillig gemeldet hatten. 214 Wahlhelfer waren städtische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Auch 50 Mitglieder von CDU, SPD, Grünen und Die Partei hatten sich freiwillig als Wahlhelfer gemeldet, von der AfD aber niemand. Stattdessen suchte die Partei seit Tagen über Facebook „Wahlbeobachter, die den Auszählern über die Schultern schauen“. Damit wurde suggeriert, dass möglicherweise etwas nicht korrekt ablaufen könnte. Das Wahlamt besetzte in jedem der 64 Wahlvorstände drei Positionen mit städtischen Mitarbeitern. Um den Wahldienst attraktiv zu machen, wurde das so genannte „Erfrischungsgeld“ von 30 auf 50 Euro erhöht – für ehrenamtliche und städtische Helfer gleichermaßen. Städtische Mitarbeiter erhielten zudem für den Dienst im Wahllokal acht Stunden gutgeschrieben, für das Auszählen im Briefwahlvorstand fünf Stunden. Über die Hälfte der 214 städtischen Wahlhelfer hatte sich freiwillig für diesen Dienst gemeldet.

  • Diese Seite gibt einen Überblick über das mitunter doch sehr dürftige Erscheinungsbild der Parteien und ihrer Vertreter vor dieser Wahl am 13. September. Über die Ergebnisse siehe den gesonderten Eintrag: Wahlen 2020 / Dorsten / Ergebnisse.

Alternative für Deutschland (AfD)

Marco Bühne zum Bürgermeister-Kandidaten nominiert

Aus dem Duell um das Bürgermeisteramt in Dorsten ist ein Dreikampf geworden. Nach Tobias Stockhoff (Amtsinhaber CDU) hat auch die AfD mit Marco Bühne einen Bürgermeister-Kandidaten für die Lokalwahl im September 2020 nominiert. Marco Bühne wurde laut einer Pressemitteilung der Partei bei einer Enthaltung einstimmig gewählt. Bühne steht auch auf Platz eins der achtköpfigen Reserveliste, gefolgt von seinem Stellvertreter im Stadtverbandsvorstand, Heribert Leineweber. Beide wurden am Sonntag im Mai 2020 in Waltrop allerdings auch für die Reserveliste der AfD bei der Kreistagswahl gewählt – Leineweber auf Platz fünf, Bühne auf Platz acht. In Waltrop war der AfD-Sprecher des Bezirksverbands Münster, Steffen Christ, mit großer Mehrheit zum Landrats-Kandidaten gewählt worden. Auf Kreisebene gelang es der AfD nach eigenen Angaben, alle 36 Wahlbezirke zu besetzen. Auch in Dorsten gebe es Direktkandidaten für alle 22 Wahlbezirke, deren Namen die AfD noch nicht bekannt gegeben hat (Stand 11. Juni 2020). Ergebnisse: Bürgermeisterwahl: Marco Bühne erhielt 5.43 Prozent bzw. 1820 Stimmen. Stadtratswahl: 6,2 Prozent bzw. drei Sitze. Landratswahl: 6,8 Prozent. Kreistagswahl: 7,2 Prozent.  bzw. 5 Sitze.

Bündnis 90/Die Grünen

Seit zwei Jahren sachkundiger Bürger im Bau- und im Sozialausschuss

Noch Ende Juni meldeten die Grünen, dass sie keinen Kandidaten aufstellen und sich im Wahlkampf neutral verhalten wollten. Doch neben CDU, Die Partei und AfD will das Bündnis 90/Die Grünen dann doch im September einen Bürgermeisterkandidaten bzw. Bürgermeisterkandidatin stellen. Das kündigte die Partei in der ersten Juli-Hälfte an, bislang aber nicht, wenn die Partei dazu ausersehen hat. – Die Grünen haben das Geheimnis um ihren Bürgermeister-Kandidaten wenige Tage später gelüftet: Mauritz Hagemann. In der Lokalpolitik ist er weitgehend ein unbeschriebenes Blatt. Die Mitglieder der Grünen haben die Kandidatur am 18. Juni mit 93 Prozent der Stimmen bestätigt. Der 31-Jährige Mauritz Hagemann ist Richter am Sozialgericht und seit 2009 Mitglied in der Partei Bündnis90/Die Grünen. In Dorsten wohnt er erst seit zwei Jahren. Seit 2019 vertritt er die Grüne-Ratsfraktion als sachkundiger Bürger im Bauausschuss und im Sozialausschuss. Auf der Reserveliste der Partei steht Mauritz Hagemann hinter dem designierten Fraktionsvorsitzenden Thorsten Huxel auf Platz zwei und wird somit in der kommenden Legislaturperiode auch im Stadtrat vertreten sein. Als Direktkandidat tritt er im Wahlbezirk 19 (Altstadt) an. Ergebnisse: Bürgermeisterwahl: Mauritz Hagemann erhielt 13,4 Prozent bzw. 4491 Stimmen. Stadtratswahl: 13,6 Prozent bzw. 6 Sitze. Landratswahl: 15,8 Prozent. Kreistagswahl: 17 Prozent bzw. 13 Sitze.

Christlich Demokratische Union (CDU)

148 Mitglieder nominierten Tobias Stockhoff zum BM-Kandidaten.

Mit einer Gegenstimme und einer Enthaltung stimmten 148 von 150 anwesenden wahlberechtigten CDU-Mitglieder beim Neujahrsempfang der CDU im Autohaus Borgmann in Wulfen im Januar 2020 zu, den Amtsinhaber Stockoff (Foto) als Bürgermeister-Kandidaten der CDU für die Kommunalwahl aufzustellen. Einen Gegenkandidaten in der CDU gab es nicht. 36 Kreis-Kandidaten aufgestellt: Die Kreis-CDU stellte Mitte Juni 2020 in der Castroper Europahalle den gemeinsamen Landratskandidaten von CDU und FDP, Bodo Klimpel, und die 36 Kreistagskandidaten auf. Erstmals können die Dorstener bei der Kommunalwahl fünf Kreistagsabgeordnete direkt für die Stadt Dorsten wählen. Für die CDU Dorsten treten fünf Kandidaten an: Wahlkreis 20: Werner Niermann (Rhade, Lembeck, Deuten, Alt-Wulfen und Holsterhausen), Reservelistenplatz 34. Wahlkreis 24: Nicklas Kappe (Lembeck, Barkenberg, Alt-Wulfen und Haltern-Lippramsdorf), Reservelistenplatz 23. – Wahlkreis 21: Werner Kuhlmann (Holsterhausen und Marienviertel + Wenge), Reservelistenplatz 14. – Wahlkreis 23: Ludger Samson (Altstadt, Feldmark II, Hardt und Östrich), Reservelistenplatz 29. – Wahlkreis 22: Christina Erwig (Altendorf-Ulfkotte, Feldmark I und Stadtsfeld, Hervest und Dorf-Hervest) Reservelistenplatz 5. Ergebnisse: Bürgermeisterwahl: Tobias Stockhoff erhielt 76,91 Prozent bzw. 25.777 Stimmen. Stadtratswahl: 52,95 Prozent bzw. 23 Sitze. Landratswahl: 38,4 Prozent. Kreistagswahl: 33,6 Prozent bzw. 24 Sitze.
Kandidaten für die Kommunalwahl bestimmt. Die CDU Dorsten hat auf ihren Parteitag die Direktkandidaten für die 22 Wahlbezirke benannt und auch die Reserveliste festgelegt. Mit Rainer Thieken, Stephan Ricken, Stefan Risthaus und Heinz-Georg Schulz treten langjährige Ratsmitglieder nicht mehr an. Keinen Wahlbezirk hat Nadja Pleßmann bekommen, die 2019 von der Unabhängigen Bürgerpartei (UBP) zur CDU gewechselt war. Auch über die Reserveliste (Platz 27) ist eine Rückkehr in den Stadtrat eher unwahrscheinlich. Klar ist hingegen, dass die Christdemokraten neben einigen neuen Kräften wie dem JU-Vorsitzenden Nicklas Kappe auch auf erfahrene Kommunalpolitiker vertrauen. Allen voran Fraktionsvorsitzender Bernd Schwane und die amtierende stellvertretende Bürgermeisterin Christel Briefs (Quelle: DZ 17. März 2020).
Bodo Klimpel mit 99 Prozent als Landrats-Kandidat bestätigt. Die Kreis-CDU hat Mitte Juni 2020 in Castrop-Rauxel den gemeinsamen Landratskandidaten von CDU und FDP aufgestellt. Der Halterner Bürgermeister Bodo Klimpel erhielt 121 Stimmen und eine Gegenstimme – eine Zustimmung von 99,18 Prozent. Anschließend beschloss der Parteitag die Besetzung der 36 Direktwahlkreise und entschied über die Reihenfolge auf der Kreistags-Reserveliste.

Die Linken

Wollen bei der Kommunalwahl wieder mehr Aufwund bekommen

Durch den Übertritt Thomas Schöllers von den Linken in die UBP war Wilhelm Zachraj (73 Jahre, Barkenberg) noch der einzige Ratsvertreter der Linken, die dadurch auch den Fraktionsstatus verloren hatten. Zachraj (Foto) wünscht sich, dass die Linken bei der Kommunalwahl wieder Aufwind bekommen und mindestens wieder zwei Sitze bekommen. Der 73-jährige Zachraj steht wiederum auf Platz eins der Wählerliste, doch dahinter reihen sich einige junge Leute ein. Wie zum Beispiel Lisa Ellermann (18 Jahre, Rhade), Jan-Philipp Weil (21 Jahre, Lembeck) und Erik Wischerhoff (19 Jahre),  Ergebnisse: Stadtratswahl: 2,77 Prozent bzw. 1 Sitz. Landratswahl: 3,4 Prozent. Kreistagswahl: 4,2 Prozent bzw. 3 Sitze.Östrich).

Die Partei

Der dritte Bürgermeister-Kandidat: Simon Rodriguez Garcia

Tobias Stockhoff (CDU) und Marco Bühne (AfD) haben Ende Juni als Bürgermeisterkandidaten Konkurrenz bekommen. Der 36-jährige gebürtige Dorstener Simon Rodriguez Garcia fühlt sich dem „Realo-Flügel“ der Satire-Partei „Die Partei“ zugehörig und will Bürgermeister werden. „Die Partei“ wurde bundesweit 2004 gegründet: Seit etwa einem Jahr gibt es auch in Dorsten einen Ortsverband, den Garcia mitbegründet hatte. Die „Dorstener Zeitung“ zitiert seine Begründung, zu kandidieren: „Wir wollten ja eigentlich nicht mit eigenem Kandidaten antreten, weil wir mit Stockhoffs Arbeit durchaus zufrieden sind“, sagt der Sozialpädagoge, der inzwischen als Lehrer an einer Dorstener Förderschule tätig ist und früher Mitglied der Jusos und der SPD war. Doch wegen des plötzlichen Rückzugs der SPD-Bürgermeister-Kandidatin Jennifer Schug von allen Ämtern und der Tatsache, dass die Grünen in Dorsten keinen eigenen Kandidaten aufstellen wollen, hatten sich die „Partei“-Mitglieder bei ihrer Aufstellungsversammlung dazu entschieden, dies zu revidieren und den Dorstener Wählern mit Simon Rodriguez Garcia eine Alternative anzubieten. Noch muss er das Verfahren der Nominierung in seiner Parte durchlaufen. Dazu braucht er 130 Stimmen. Ergebnisse: Bürgermeisterwahl: Simon Rodriguez Garcia erhielt 4,26 Prozent bzw. 1428 Stimmen. Stadtratswahl: 3,53 Prozent bzw. 2 Sitze.

Freie Demokratische Partei

in der Bürgermeisterfrage festgelegt: Unterstützung des CDU-Amtsträgers

FDP-Parteichef Rüdiger Bende im März 2020: „Durch die bisherige Zusammenarbeit mit Tobias Stockhoff konnten für die FDP wichtige Eckpfeiler wie Konsolidierung der Finanzen, aktive Bürgerbeteiligung, gute Wirtschaftsentwicklung und Umweltschutz umgesetzt werden. Um die erreichten Ziele nicht zu gefährden und weiter auszubauen, wird die FDP bei den Bürgern um eine Unterstützung des jetzigen Bürgermeister werben.“ So wollen FDP und CDU gemeinsame Wahlkampfveranstaltungen veranstalten. Ergebnisse: Stadtratswahl: 2,71 Prozent bzw. 1 Sitz. Landratswahl: stimmte für CDU-Kandidaten. Kreistagswahl: 4,5 Prozent bzw. 3 Sitze.

Sozialdemokratische Partei Deutschland (SPD)

Die SPD nicht wahlkampftauglich? Sie stellt keinen Kandidaten mehr auf

Auf dem SPD-Nominierungsparteitag vom 14. Februar 2020 bekam Jennifer Schug von den 39 SPD-Delegierten, nicht unbedingt identisch mit den Delegierten der Wahlkreis-Delegierten-Konferenz, noch 36 Ja-Stimmen. In der Wahlkreis-Delegierten-Konferenz vom 27. Februar erhielt sie von den 40 Stimmberechtigten nur 28 Ja-Stimmen, zehn Delegierte stimmten gegen sie und es gab eine Enthaltung und eine ungültige Stimme. Jennifer Schug nahm die Wahl an.

Parteipolitisches Erdbeben: Jennifer Schug legte alle Parteiämter nieder

Drei Monate vor der Kommunalwahl im September 2020 löste Jennifer Schug ein „politisches Erdbeben“ in der SPD aus. Denn die nominierte Bürgermeister-Kandidatin kündigte überraschend ihren Rücktritt von der Nomination und aus allen Parteiämtern an. Aus „persönlichen Gründen“ teilte sie in einer kurzen schriftlichen Benachrichtigung am 11. Juni 2020 an die „Dorstener Zeitung“ mit. Aus SPD-Kreisen war zu hören, dass diese Information ohne Wissen der Partei und entgegen einer parteiinternen Verabredung erfolgte. Die Partei wollte in einer Sitzung am Montag (14. Juni) beraten und dann die Öffentlichkeit gemeinsam unterrichten. Dem kam Jennifer Schug zuvor, worüber jetzt nichtwenige in der Partei erzürnt sind. Wenn sie auch familiäre und somit persönliche Gründe für ihren die Partei zu diesem Zeitpunk stark schädigenden Rückzug aus der Politik angab, so waren es, wie parteiintern schon länger zu beobachten war, die schon jahrelang andauernden Grabenkämpfen in der Partei, in denen die gewesene Stadtverbandsvorsitzende das Ihrige dazu beigetragen hatte. Zufall oder nicht: Auf den Tag genau währte ihr aktives Tun in der Partei auf den Tag genau vier Jahre – vom 11. Juni 2016 bis zum 11. Juni 2020.

Friedhelm Fragemann: Die Partei tritt ohne Bürgermeister-Kandidat an

Wenige Tage später hat der Vorstand des Stadtverbandes auf den Rücktritt der Vorsitzenden öffentlich reagiert. Er dankte Jennifer Schug für ihren „engagierten Einsatz für die Bürgerschaft in den vergangenen vier Jahren in Dorsten“. Friedhelm Fragemann (69) soll nun die Dorstener Partei wieder offiziell vertreten und auf Vordermann bringen. Eigentlich wollte der SPD-Fraktionsvorsitzende nach fast 36 Jahren Ratszugehörigkeit seine Lokal-Karriere im September beenden. Nun ist er der Spitzenkandidat im anstehenden Kommunalwahlkampf im September 2020. Die SPD will keinen neuen Bürgermeisterkandidaten aufstellen. Der Fall Schug/Fragemann hat ungewollt schon etwas Possenhaftes an sich. Fragemann holte 2016 seine ehemalige Schülerin Jennifer Schug als noch politisch unerfahrene Frau in die Partei und ins Parteiamt, da er privat mit längeren Reise in die Ukraine beschäftigt und von Dorsten abwesend war. Schug trat an mit dem Motto, neuen Schwung durch jüngere Leute in die Partei zu bringen und vergraulte so mit wenig politischem Fingerspitzengefühl, wie aus Parteikreisen zu erfahren war, altgediente Genossen und Genossinnen, darunter sich mit 69 Jahren und fast 36-jähriger Ratstätigkeit auch ihr Protektor Fragemann befand. Jennifer Schug scheiterte mit ihren Ansprüchen und ihrem Motto, was zum Rücktritt aller ihrer Ämter im Juni 2020 führte. In der Folge vertritt ausgerechnet der ältestgediente Genosse als Spitzenkandidat die Partei, der nach dem auch von ihm vertretenen Parteimotto schon längst aufs Altenteil gehörte. Offensichtlich gibt es trotz vier Jahre Schug keine jüngeren Leute in der Partei, welche die SPD vertreten könnten. Jennifer Schug ist in (oder an) der Partei gescheitert.

Presseerklärung: „Mit der SPD ist auch in Zukunft zu rechnen!“

In der „Dorstener Zeitung“ begründete Friedhelm Fragemann sein politisches Weitermachen trotz angekündigtem Aufhören damit, dass er nach dem Rücktritt Jennifer Schugs etliche Anrufe von Parteigenossen bekam, die ihn baten, weiterzumachen. Fragemann: „Wenn die Partei ruft, kann man nicht so einfach Nein sagen.“ Die Presseerklärung der SPD zu dem gesamten Vorgang Schug/Fragemann endet mit dem Satz: „Mit der SPD ist auch in Zukunft zu rechnen.“ Das heißt nichts anderes als: in persona mit Friedhelm Fragemann. Ergebnisse: Stadtratswahl: 18,25 Prozent bzw. 8 Sitze. Landratswahl: 31,9 Prozent. Kreistagswahl: 30,5 Prozent bzw. 22 Sitze.

  • Übrigens: Der 38-jährige gebürtige Bottroper Mathias Dopatka (SPD) wollte Oberbürgermeister von Aachen werden. Die SPD hatte ihn nominiert. Dopatka kam als Kind mit seinen Eltern nach Dorsten, wo er aufwuchs und zur Schule ging. Er war Vorsitzender der Jungsozialisten in Dorsten. Nach Abitur und Wehrdienst ging er zum Studium der Wirtschaftsgeschichte nach Aachen. Seit 2018 ist er dort SPD-Parteichef. – Bei der Wahl am 13. September 2020 erhielt er 22,58 Prozent und lag hinter der amtierenden Grünen-Oberbürgermeisterin und dem CDU-Kandidaten.

Unabhängige-Bürger-Partei

UBP unterstellte der CDU, Nadja Pleßmann abgeworben zu haben

Der Kreisvorsitzende Tobias Köller von der Unabhängige Bürgerpartei (UBP) warf der CDU vor, das sie Nadja Pleßmann gezielt von der UBP abgeworben und ihr einen Wahlkreis versprochen hatte. Dadurch verlor die UBP im Rat der Stadt damals ihren Fraktionsstatus. Die CDU widerlegte diese UBP-Behauptung. Ergebnisse: Landratswahl: 2,6 Prozent. Kreistagswahl: 2,4 Prozent bzw. 2 Sitze.

Siehe auch: Tobias Stockhoff
Siehe auch: Christlich Demokratische Union
Siehe auch: Jennifer Schug
Siehe auch: Friedhelm Fragemann
Siehe auch: Sozialdemokratische Partei Deutschland
Siehe auch: Alternative für Deutschland
Siehe auch: Wahlen (Artikel-Übersicht)
Siehe auch: Wahlen 2020 / Dorsten-Ergebnisse

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