Die Partei

Ortsverband Dorsten im Mai 2019 gegründet - 2020 im Rat vertreten?

Die Partei – Ortsverband seit 2019 auch in Dorsten

Man streitet sich darüber, ob „Die Partei“ eine Partei im politischen Sinne ist oder das Satireprojekt eines Satirikers. Vermutlich beides. Politische Parteien gründen Zeitungen, um ihre Meinung den Mitgliedern und allen im Land mitzuteilen. Die SPD gründete 1876 den „Vorwärts“. Doch es geht auch andersherum. Am 2. August 2004 gründete die Redaktion des Satiremagazins „Titanic“ ihre eigene Partei: die „Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative“, kurz „Die Partei“.  Parteivorsitzender wurde der damalige Chefredakteur Martin Sonneborn. Die Parteigründung kam schnell in Fahrt: Innerhalb eines Monats waren die nötigen Unterschriften gesammelt und 1000 Mitglieder eingetragen. Bei der ersten Wahl reichte es zwar nur zu 0,016 Prozent. Doch „Die Partei“ verfolgte ihren satirisch-politischen Ansatz weiter. Die aus ihrer Sicht inhaltsleeren, absurden oder zynischen Parolen der etablierten Parteien wurden und werden mit ironischen Forderungen bloßgestellt: „Inhalte überwinden!“, „Doppelt so viel Gerechtigkeit wie die SPD!“ oder „Tierversuche nur an Spitzensportlern!“ Der Durchbruch gelang der „Partei“ 2014 bei der Europawahl: 0,6 Prozent reichten für einen Sitz in Brüssel. Als Abgeordneter des Europaparlaments kritisierte Sonneborn europäische Missstände. Videos seiner Auftritte wurden vor allem bei jungen Leuten Kult. Bei der Europawahl 2019 vervierfachte „Die Partei“ die Stimmenzahl auf 900.000 und erreichte 2,4 Prozent. Bei den Erstwählern ist sie mit neun Prozent sogar drittstärkste Kraft. Im EU-Parlament ist „Die Partei“ mit zwei Abgeordneten vertreten (Stand 2020). Inzwischen verfügt die Gruppierung auch über 105 Kommunalmandate. Doch die Basis der 39.000 Mitglieder gilt als wenig aktiv. „Wir sind immer noch eine Partei, die von einem Hobby-Bundesvorstand geleitet wird“, so der Vorsitzende Sonneborn.

Zwölf Stunden nach der Gründung mit der AfD angelegt

Der Ortsverband Dorsten dieser „Partei“ wurde am 10. Mai 2019 gegründet. Zum Vorsitzenden wurde Boris Benkhoff gewählt. Dem Vorstandsteam gehören noch an: Lisa Tilsner, Janina Schult (Generalsekretärin für Tresenerziehung), Ingo Lilienthal, Magdalena Bereska und Simon Rodriguez Garcia sowie Till Donnebrink (Generalsekretär für Verkehrsfragen und Gülle). Nach der Gründungsveranstaltung dauerte es keine 13 Stunden, da hatten sich „Die Partei“ler mit der Dorstener AfD angelegt und kassierten eine Strafanzeige. Was war geschehen?  Mitglieder des frisch gegründeten Ortsverbands der „Partei“ trafen sich am andern Tag, es war ein Samstagmorgen, auf dem Dorstener Marktplatz, wo die AfD einen genehmigten Informationsstand hatte. Verschiedene andersgesinnte Dorstener Gruppen, darunter die SPD, riefen zur Protestaktionen auf, die sich aber mangels Teilnehmer in Grenzen hielten. Einige der wenigen, die kamen, protestierten beispielsweise mit Beethovens zur EU-Hymne stilisiertem Lied „Freude schöner Götterfunke…“ Nicht in Grenzen hielt sich die Auseinandersetzung zwischen Marco Bühne (AfD) und Boris Benkhoff (Die Partei). Benkhoff hatte ein  Plakat mit einer Gesichtskarikatur gemalt, die er „Igel Meck“ nannte und diesem Igel Mecki Blödheit unterstellte. Nun hieß der anwesende Sprecher der AfD Marco Bühne. Wegen der phonetischen und linguistischen Gleichheit seines Vornamens mit Mecki, fühlte er sich beleidigt und stellte Strafanzeige. Die Polizei kam und ermittelte vor Ort, stellte das Verfahren später ein. Die PARTEI wählte Im Dezember 2021 einen neuen Vorstand. Ingo Lilienthal wurde als erster Vorsitzender wiedergewählt, zweiter Vorsitzender wurde Marcel Segref. Den Posten für das Schatzmeisteramt teilen sich Elisabeth Drees und Lena Tilsner.

Je mehr Kandidaten desto besser für „Die Partei“

Bei den Kommunalwahlen 2020 will „Die Partei“ möglichst alle 22 Wahlbezirke in Dorsten bei den Kommunalwahlen mit Kandidaten besetzen. Da die 2,5-Prozent-Hürde bei den NRW-Kommunalwahlen gekippt wurde, reicht in Dorsten ein Wahlergebnis von mindestens 2,4 Prozent, um immerhin ein Mandat im kommenden Stadtrat zu erhalten. Die durchschnittlichen Partei-Ergebnisse der 2019er-Wahlen auf Europa-, Landes- und Kommunalebene in ganz Deutschland („häufig zwischen zwei und drei Prozent“) machen den Dorstener Partei-Mitgliedern Hoffnung, zumal bei der Kommunalwahl schon die ab 16-Jährigen wählen können, bei denen „Die Partei“ großen Rückhalt hat.

Simon Rodriguez Garcia wollte Bürgermeister werden

Tobias Stockhoff (CDU) und Marco Bühne (AfD) haben Ende Juni als Bürgermeisterkandidaten Konkurrenz bekommen. Der 36-jährige gebürtige Dorstener Simon Rodriguez Garcia will bei der Kommunalwahl im September 2020 für „Die Partei“ als Bürgermeister-Kandidat antreten. Die „Dorstener Zeitung“ zitiert seine Begründung: „Wir wollten ja eigentlich nicht mit eigenem Kandidaten antreten, weil wir mit Stockhoffs Arbeit durchaus zufrieden sind“, sagt der Sozialpädagoge, der inzwischen als Lehrer an einer Dorstener Förderschule tätig ist und früher Mitglied der Jusos und der SPD war. Doch wegen des plötzlichen Rückzugs der SPD-Bürgermeister-Kandidatin Jennifer Schug von allen Ämtern und der Tatsache, dass die Grünen in Dorsten keinen eigenen Kandidaten aufstellen wollen, hatten sich die „Partei“-Mitglieder bei ihrer Aufstellungsversammlung dazu entschieden, dies zu revidieren und den Dorstener Wählern mit Simon Rodriguez Garcia eine Alternative anzubieten. Ergebnis Bürgermeisterwahl: Simon Rodriguez Garcia erhielt 4,26 Prozent bzw. 1428 Stimmen. Ergebnis Stadtratswahl: 3,53 Prozent bzw. 2 Sitze.

Ratsherr Rodriguez Garcia trat zurück – Nachfolger Boris Benkhoff

Politisch ist die „Partei“ seit 2022 kaum noch zu bemerken – politisch wie in der öffentlichen Darstellung. Bei den Ratssitzungen war die gemeinsame Fraktion aus Satirepartei und Die Linke lange nicht mehr vollständig. Der Platz von Simon Rodriguez Garcia blieb regelmäßig leer, bemerkte die „Dorstener Zeitung“. Zur Begründung zitierte die Lokalzeitung Garcia: „Das liegt daran, dass ich mich verselbstständigt habe.“ Der Bürgermeisterkandidat bei der Kommunalwahl 2020 hatte im vergangenen Jahr eine Kampfsportschule in Dorsten-Hervest übernommen und kann aus Zeitgründen nicht mehr an den Sitzungen der politischen Gremien teilnehmen. Der DZ sagte er: „Der eigentliche Grund ist aber, dass mir als ehemaligem Petrinum-Schüler die Aufwandsentschädigung nicht hoch genug ist, um mir mehrfach im Monat das Gelaber von Friedhelm Fragemann anhören zu müssen.“
Garcias Nachfolger ist Boris Benkhoff (Foto), der die Sitze seines Parteifreunds im Rat, Sportausschuss, Jugendhilfeausschuss, Schulausschuss und der Kommission zur Förderung der öffentlichen Sicherheit übernahm. Der Mitbegründer und erste Vorsitzender des Dorstener Ortsverbands der „Partei“ Boris Benkhoff ist einer der Mitbegründer des Dorstener Ortsverbands der „Partei“ und war damals der erste Vorsitzende. Einen Tag nach der Gründung im Jahr 2019 machte der 38-Jährige Schlagzeilen, als er während einer AfD-Wahlkampfveranstaltung eine Karikatur von Bürgermeisterkandidat Marco Bühne anfertigte. Der AfD-Politiker zeigte Benkhoff wegen Beleidigung an – ohne Folgen. Doch die Geschichte schlug hohe Wellen. Benkhoff ist als Sozialarbeiter in der Kinder- und Jugendhilfe tätig. Sozial- und Bildungspolitik interessiere ihn da schon wegen der fachlichen Nähe.

Siehe auch: Alternative für Deutschland (AfD)
Siehe auch: Wahlen 2020


Quellen: DZ vom 14. Mai 2019, vom 16. Jan. 2020. – Facebook „Die Partei Dorsten“. – DZ vom 30. Juni 2020. – rwo in DZ vom 25. Febr. 2023

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