Polizei-Sondereinsatzkommando (I)

Skurril: Radfahrer fuhr maskiert auf der A 52 – Polizei schoss ihm ins Bein

Der Radfahrer mit dem ausgestopften Plüschtier; Foto: Bludau (DZ)

An der Stadtgrenze zu Marl, im Bereich von Dorsten Stadtteil Altendorf-Ulfkotte, hatte es am 15. März 2017 einen Polizei-Großeinsatz gegeben. Auf dem Parkplatz eines Möbelhauses im Gewerbegebiet-Ost an der B 225 sammelte sich ein Spezialeinsatzkommando (SEK). Mehrere  Straßen, darunter die Autobahn 52, wurden für sechs Stunden gesperrt. Der Polizei war ein Mann gemeldet worden, der mit dem Fahrrad über die Autobahn fuhr. Als die Autobahnpolizei ihn schließlich stoppen wollte, hatte er bereits sieben Kilometer zurückgelegt. Er trug eine Maske. Als er die Polizisten sah, ließ er sein Rad fallen, schnappte sich das mit sich geführte etwa einen Meter große Stofftier, einen schwarzen Panther, dem ebenfalls eine Maske über den Kopf gezogen war, und flüchtete zu Fuß über die Leitplanke in ein Feld. Ein Polizist sah, wie er eine „Waffe“ auf ihn gerichtet habe und verhinderte die Flucht durch einen Schuss ins Bein. Die Polizei erklärte den Schusswaffengebrauch mit einer „Bedrohungssituation“. Als der Mann dann schwerverletzt am Boden lag, vermuteten die Polizisten, hätte er diese „Waffe“ unter seinem Körper verborgen gehalten. Daher ließen sie den Schwerverletzten liegen, wie er lag, und riefen das Sondereinsatzkommando (SEK) der Polizei, um den Verletzten festzunehmen. Die Polizisten warten somit in Abstand von dem Verletzten auf das SEK. Wie erwähnt sammelten sich dieses auf dem Parkplatz des Gewerbegebiets zum Einsatz, sperrte den Tatort weiträumig ab und sondierte die Lage mit einem Hubschrauber. Schließlich konnten die Spezialkräfte den schwerverletzten Mann festnehmen, ihn notärztlich versorgen lassen und ihn ins Krankenhaus verbringen, wo er sofort operiert werden musste. Die Polizei teilte gegenüber der Presse mit, dass der 30-Jährige aus Essen keine Waffe mit sich führte. Auch dem aufgefundenen Stofftier seien keine Gegenstände gefunden worden. Nach der Operation einvernommen, schwieg der vernehmungsfähige Radfahrer über Sinn und Zweck seiner maskierten Autobahn-Radtour. Aus „Neutralitätsgründen“ wurden die weiteren Ermittlungen der Recklinghäuser Polizei entzogen und der Bochumer Polizeibehörde übertragen.

Ermittlungen gegen den Polizisten und den Radfahrer wurden eingestellt

Plüschtier des Radfahrers; Polizeifoto

Etwa eine Woche später, am 24. März, meldete die Polizei in einer Pressemitteilung, dass der Radfahrer doch einen waffenähnlichen Gegenstand bei sich gehabt habe, den er gegenüber den Polizisten, bei seiner Flucht aus der Hosentasche gezogen habe. Die Polizei lieferte auch Fotos mit. Es solle ein Küchengegenstand gewesen sein, ein Flambiergerät, mit dem man am heimischen Gasherd die Flammen entzündet. Das Gerät wurde von den Beamten der Autobahnpolizei als Waffe angesehen und das Stofftier als Sprengvorrichtung. Daher, so die Polizei, haben die Polizisten die Situation als ein „hohes Bedrohungspotential“ gedeutet und einer von ihnen habe dann geschossen, was die Polizei als Notwehr begründete. Zur Person und zum Verhalten des 30-jährigen teilte die Polizei mit, dass es Hinweise auf eine psychische Erkrankung gebe. Hilfeleistung ermittelt. Wegen gefährlicher Körperverletzung und unterlassener Hilfeleistung leitete die Staatsanwaltschaft gegen die eingesetzten Polizeibeamten der Autobahnpolizei ein Ermittlungsverfahren ein, das eungestellt wurde. Auch das Strafverfahren gegen den Radfahrer wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr sowie Widerstand gegen Polizeibeamte wurde eingestellt.

Täter zu einer Geldstrafe von 2900 Euro verurteilt

Der Polizist, der den Radfahrer angeschossen hatte, war zweieinhalb Wochen lang dienstunfähig. Die Ärzte hatten bei dem Beamten eine posttraumatische Belastungsstörung festgestellt. Das Essener Landgericht hatte den 31-jährigen Radfahrer im August 2018 zur Zahlung von 2900 Euro verurteilt. Einmal für einen abgebrochenen Spiegel an einem Polizeifahrzeug, außerdem für die Dienstunfähigkeit eines der beteiligten Beamten. Das Land NRW hatte rund 6000 Euro Schadensersatz gefordert, weil nach dem Einsatz noch ein weiterer Polizist vorübergehend dienstunfähig geworden war. In seinem Fall hat das Landgericht Essen allerdings keinen Schadensersatzanspruch festgestellt.

Siehe auch: Polizeiaktion “Gegenwind”
Siehe auch: Polizeiwesen I
Siehe auch: Polizeiwesen II (Essay)
Siehe auch: Polizeiwesen III
Siehe auch: Polizei / Bürgerbeschwerden 2016
Siehe auch: Polizeiarbeit vor 200 Jahren
Siehe auch: Wasserschutzpolizei

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