Polizeiwesen III

Transport zweier Arrestanten von Dorsten nach Wesel 1843

Arrestanten-Bericht von 1849

Arrestanten-Bericht von 1849

Von Wolf Stegemann – Der Gendarm Kolktenk hatte am 3. Februar des Jahres 1843 seine liebe Not, als er zwei Arrestanten nach Wesel überstellen musste. Doch Schwierigkeiten machten ihm nicht die beiden Schwerenöter, sondern Holsterhausens Ortsvorstand Linneweber, der den Gendarmen die Tür vor der Nase zuschlug und dann sein Hund einen der Gendarmen angriff, was den anderen dazu zwang, den Hund mit dem Bajonett zu traktieren. Anlass war, dass Holsterhausens Ortsvorsteher den beiden Transportführern weder die Verzehrkosten erstatten, noch die beiden Arrestanten zum nächsten Dorf Richtung Wesel befördern wollte. Beides war dem Ortsvorsteher dienstlich vorgeschrieben. Über diese Verweigerung schrieb Dorstens Bürgermeister Gahlen als Polizeibehörde einen Brief an die Aufsichtsbehörde, dem Landrat in Recklinghausen. Die ganze Geschichte geht aus diesem Brief hervor.

Dorsten, 5ten Februar 1843, Den Transport zweier Criminal-Verbrecher von hier über Holsterhausen nach Wesel betreffend.

Euer Wohlgeboren erlauben wir uns, über folgendes Factum ganz gehorsamst zu berichten wie folgt: Am 3ten d. M., morgens um 9 Uhr wurden von Hervest per Civil-Eskorte zwei Criminal-Verbrecher p. Freund und Tombring, von Münster kommend, hierher gebracht, um demnächst nach Wesel dirigiert zu werden. Unser Gendarm Tolle war dienstlich abwesend, und stand sogar nach seiner eigenen Aussage zu erwarten, dass er erst am 4ten Abends wieder hierselbst eintreffen würde. Um also die Arrestanten so rasch wie möglich ihrem Bestimmungs-Orte Wesel zuzuführen, und da wir keine unnütze und unverantwortlich Verpflegungs-Kosten aufzehren lassen durften, beeilten wir uns, ebenfalls per Zivil-Eskorte genannte Transportaten bis zum nächsten Dorfe, bis nach Holsterhausen bringen zu lassen. Die Transportführer referierten aber gegen Nachmittag, dass der dortige störrische Orts-Vorstand namens Linneweber sich kategorisch erklärt habe, weder die von uns vorgelegten Verpflegungs-Gelder erstatten, noch auch die Transportaten bis zum nächsten Dorfe Schermbecke weiter nach Wesel dirigiren zu wollen. Unsere Transportführer erklärten aber, ebenso bestimmt dagegen, die Arrestanten nicht weiter bringen, sondern dem p. Linneweber dort zu seiner weiteren Verfügung mit den versiegelten Schreiben zurücklassen zu wollen, und wurden ganz schmählich von dem renitenten Orts-Vorstande beschimpft, wobei den beiden Gendarmen die schwere Eichenthüre auf das Gewaltvolle zugeschlagen und dem Gendarmen Tolle die Thür an die Nase getroffen hat, so dass dieselbe stark zu bluten anfing und nicht mehr aufhören wollte, worauf der Gendarm Kolktenk nun wiederholt an die Thür schlug und Einlass forderte.

Da p. Linneweber die dienstliche Aufforderung mit Ignorierung begegnete, öffneten sie an der hinteren Seite dortselbst eine Thüre und drangen in das Haus, in dem  ein großer Hund den Transportführern sich entgegen stellte, und sich auf dieselben stürzte, und nur durch das herzhafte bajonettiren des Gendarmen Tolle konnte vom Gendarmen Kolktenk größerer leiblicher Schaden abgewehrt werden, doch der störrische p. Linneweber schmähte weiter und wollte Schadens-Ersatz für seinen todten Hund, wobei nach der Attacke derselbe noch lebte und auf eigenen Füßen wegschlich. Da es bereits dunkelte und in Holsterhausen die beiden Kriminal-Verbrecher bei dem hier beschriebenen Factum nicht hatten überstellt werden konnten, die Civil-Eskorte auch keinen Ersatz für die Verpflegungs-Gelder erhalten hatte, sind dieselben zum nächsten Dorfe weitergegangen, und haben dort die Transportaten zum Verwahr und nächstmöglichen Weiter-Transport nach Wesel abgeliefert. Wir bitten euer Wohlgeboren dem Orts-Vorsteher von Holsterhausen sein schändliches Thun vorzuhalten und uns die durch sein Thun entstandenen Kosten der Civil-Eskorte und der Gendarmen für mehr Verzehr und nothwendiger Nächtigung zu erstatten…“

Wie der Landrat darauf reagierte und ob und wie er den Holsterhausener Ortsvorsteher zur Rechenschaft zog, ist leider nicht bekannt und konnte auch nicht herausgefunden werden.

Siehe auch: Polizeiaktion “Gegenwind”
Siehe auch: Polizeiwesen I
Siehe auch: Polizeiwesen II (Essay)
Siehe auch: Polizei / Bürgerbeschwerden 2016
Siehe auch: Polizeiarbeit vor 200 Jahren
Siehe auch: Wasserschutzpolizei
Siehe auch: Polizei-Sonereinsatzkommando

Share on FacebookTweet about this on TwitterShare on Google+Email this to someone

Dieser Beitrag wurde am veröffentlicht.
Abgelegt unter: , Polizeiwesen