Cannabis-Konsum

Gesundheitliche Schädigung des Konsumenten bleiben trotz Regelung

Man kennt das von früher: Eigentlich war man noch viel zu klein, aber neugierig – und wollte unbedingt Papas Bier probieren. Irgendwann ließ dieser sich erweichen und man kostete seinen ersten Schluck. Der schmeckte zwar in der Regel nicht, aber dass Alkohol irgendwie dazugehörte, war klar. Wiederholt sich das nun – wegen der geplanten Legalisierung von Cannabis? Ziehen bald Marihuana-Schwaden durch Wohngebiete und sind für Kinder und Jugendliche ein Zeichen, dass Kiffen ganz normal ist? Viele Eltern dürften diese Sorge haben. Auch Experten haben Bedenken. Und je jünger die Konsumenten, desto größer sind die Risiken. Cannabis ist eine psychoaktive Substanz aus der Hanfpflanze, die abhängig machen kann. Fast zwei Drittel (63 Prozent) der Eltern mit Kindern unter 18 Jahren befürchten, dass die Hemmschwelle Minderjähriger sinkt, wenn Kiffen für Erwachsene legal wird, wie eine in Hannover vorgelegte Forsa-Umfrage im Auftrag der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) ergab. Für die Untersuchung befragte das Meinungsforschungsinstitut vom 2. bis 16. Januar 2024 online und repräsentativ bundesweit 1000 Elternteile mit Kindern unter 18 Jahren. Mit 1,6 Millionen Versicherten gehört die KKH zu den größten bundesweiten Kassen. Demnach befürchten 73 Prozent der Eltern Gehirnschäden beim Nachwuchs, wenn dieser Cannabis konsumiert. Fast ebenso vielen (70 Prozent) machen mögliche psychische Auffälligkeiten wie Stimmungsschwankungen oder Angstzustände Sorgen. Immerhin 69 Prozent der Eltern fürchten, dass ein häufiger Konsum von Cannabis Kinder und Jugendliche abhängig macht, 64 Prozent denken an einen Leistungsabfall in der Schule.

Cannabis-Konsum kann Halluzinationen auslösen

Solche Sorgen sind durchaus berechtigt: Hirnforscher Martin Korte von der Technischen Universität Braunschweig erklärte, Cannabinoide wirkten sich besonders auf den Stirnlappen aus, einen wichtigen Teil des Frontalhirns: „Diese Hirnregion verleiht uns die Fähigkeit, Handlungen zu planen, Probleme zu lösen und Impulse zu kontrollieren. Wenn Jugendliche regelmäßig kiffen, riskieren sie eine Minderung dieser Fähigkeiten, sie reagieren impulsiver und können sich schlechter auf eine Aufgabe konzentrieren. Insgesamt lässt die geistige Leistungsfähigkeit nach.“ Außerdem könne starker Cannabis-Konsum Regionen im Gehirn aktivieren, die Halluzinationen auslösen und zu psychotischen Symptomen führen können.

Legaler Erwerb von Cannabis sollte erst für 25-Jährige zugelassen werden

Auch junge Erwachsene spielten mit ihrer Gesundheit, wenn sie häufig kiffen, warnte Korte. „Die Entwicklung des Frontalhirns ist erst mit Mitte 20 abgeschlossen.“ Die geplante Legalisierung von Cannabis solle aber ab einem Alter von 18 Jahren gelten – auch dann reagiere das Gehirn noch empfindlich auf Drogen. Der legale Erwerb von Cannabis sollte frühestens ab 25 Jahren zugelassen werden, rät der Experte. Zum 1. April 2024 soll in Deutschland das Gesetz zur Legalisierung von Cannabis in Kraft treten. Am 2. Februar hatte sich die Bundesregierung nach langem Ringen auf die letzten Einzelheiten geeinigt.

Besitz und Anbau zum 1. April 2024  mit zahlreichen Vorgaben legal

Nach jahrzehntelangen Diskussionen hat das Bundesparlament am 23. Februar 2024 die kontrollierte Freigabe von Cannabis in Deutschland beschlossen. Besitz und Anbau der Droge sollen zum 1. April mit zahlreichen Vorgaben für Volljährige zum Eigenkonsum legal werden, wie es das neue Gesetz vorsieht. Dafür stimmten 404 Abgeordnete, mit Nein 226 Abgeordnete, es gab 4 Enthaltungen. Das Gesetz kommt voraussichtlich am 22. März noch in den Bundesrat. Zustimmungsbedürftig ist es nicht, die Länderkammer könnte prinzipiell aber den Vermittlungsausschuss mit dem Bundestag anrufen und das Verfahren abbremsen. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sagte, der Bundestag habe „eine Trendwende in der Drogenpolitik“ eingeläutet. Das Vorhaben stößt aber weiter auf viel Kritik. Erlaubt werden soll für Erwachsene ab 18 Jahren grundsätzlich der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum. In der eigenen Wohnung sollen drei lebende Cannabispflanzen legal werden und bis zu 50 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum. Kiffen im öffentlichen Raum soll unter anderem in Schulen, Sportstätten und in Sichtweite davon verboten werden. Erlaubt werden sollen auch nicht-kommerzielle „Anbauvereinigungen“ für Volljährige, in denen bis zu 500 Mitglieder Cannabis gemeinschaftlich anbauen und untereinander zum Eigenkonsum abgeben.
Lauterbach hatte zuvor im Bundestag abermals für die Pläne geworben. Die Lage derzeit sei „in keiner Weise akzeptabel“, sagte der SPD-Politiker in der Aussprache vor der Abstimmung mit Blick auf die steigenden Zahlen von Konsumenten und „toxische Konzentrationen“ in Cannabis aus kriminellem Drogenhandel. „Der Schwarzmarkt ist der Kern des Übels.“ Jeder Kampf gegen den Schwarzmarkt sei ein wichtiger Schritt zum Schutz junger Menschen. Daher solle ein legales Angebot geschaffen werden. Lauterbach hob zugleich eine vorgesehene stärkere Aufklärung hervor. ein „Gehirngift“ wirke.

Gesellschaft über die Legalisierung nach wie vor gespalten

Union und AfD wandten sich gegen die Pläne. „Der Kinder- und Jugendschutz ist in Ihrem Gesetz nicht mehr als ein reines Lippenbekenntnis“, sagte die CDU-Gesundheitspolitikerin Simone Borchardt. Ärzte, Polizisten und Psychotherapeuten und alle Länder-Innenminister hätten davor gewarnt. Anbau zu Hause sei nicht zu kontrollieren. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte der dpa, die Legalisierung werde zu mehr Sucht, mehr sozialen Problemen und weniger Sicherheit gerade für junge Menschen führen. „Dieses Gesetz ist nicht kontrollierbar und ein Geschenk für die organisierte Kriminalität in Deutschland.“ Auch Jörg Schneider (AfD) warnte vor einem „Konjunkturprogramm für das organisierte Verbrechen“.
Bei der generellen Einschätzung der Cannabis-Legalisierung zeigt sich laut einer Umfrage ein gespaltenes Bild. 42 Prozent gaben in einer Befragung des Meinungsforschungsinstituts YouGov an, eine Legalisierung eher oder voll und ganz zu befürworten. 47 Prozent erklärten, diese eher oder voll und ganz abzulehnen. 11 Prozent äußerten sich dazu nicht, wie aus der Umfrage hervorgeht.

Siehe auch: Drogenboss D.
Siehe auch: Drogenboss Hitos J.
Siehe auch: Café Kick
Siehe auch: Kriminalität – Drogenszene
Siehe auch: Cannabis in NRW
Siehe auch: Angeklagt und verurteilt (2019)
Siehe auch: Angeklagt und verurteilt (2020)
Siehe auch: Angeklagt und verurteilt (2021)
Siehe auch: Cannabis-Gesetz


Quelle: Thomas Strünkelnberg in RN vom 6. Febr. 2024

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