Drogenboss Hitos J.

Spanisch-kolumbianische „Dorsten-Conection“ - im großen Stil gedealt

Beschlagnahmte Drogen (Symbolbild)

Beschlagnahmte Drogen (Symbolbild)

Eine internationale Drogenbande konnte die Kriminalpolizei Recklinghausen Mitte Juli 2012 zerschlagen. Kopf der Bande war offenbar der 43-jährige in Dorsten wohnende und als arbeitslos gemeldete Spanier Hitos J., der aufgrund seiner Frau, eine Kolumbianerin, Kontakte nach Spanien und Kolumbien hatte. Vorangegangen waren mehrere Festnahmen in Wesel und Den Haag (Niederlande). Kokain im Wert von 350.000 Euro wurde sichergestellt. Bei anschließenden Wohnungsdurchsuchungen in Dorsten fand die Polizei weitere Betäubungsmittel im Kilogramm-Bereich. In den Niederlanden wurden vier Kolumbianer, darunter eine Frau, und ein Spanier festgenommen. Zeitgleich nahm die Polizei den 43-jährigen Dorstener und drei weitere kolumbianische Mittäter, darunter ebenfalls eine Frau, in Wesel fest.

Kiloweise Kokain, Marihuana und Haschisch geschmuggelt

Der Wahl-Dorstener, Kopf dieser international agierenden Drogenbande, die als „Dorsten-Conection“ in die regionale Drogengeschichte einging, war wegen Rauschgifthandels zuletzt in Frankreich zu einer zweijährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden. Die Essener Staatsanwalt warf ihm vor, aufgrund seiner kriminellen Kontakte kiloweise Kokain, Haschisch und Marihuana über die Grenze geschmuggelt zu haben, um die Drogen an Stammkunden in Dorsten zu verkaufen. Geschmuggelt wurde mit einem dafür eigens umgebauten Auto. Zudem waren die Drogenpäckchen präpariert, um Drogenhunde an der Grenze zu irritieren. Allerdings schmuggelte er nicht selbst, sondern beschäftigte Kuriere, die die mit ihm Ende 2012 mit ihm vor der 7. Strafkammer des Landgerichts Essen angeklagt waren. Die Staatsanwaltschaft warf ihm vor, von Mitte 2011 bis zum Mitte 2012 genau 30 Kilogramm Kokain und 40 Kilogramm Marihuana nach Deutschland geschmuggelt zu haben. Bei Marihuana betrug die Gewinnspanne pro Kilogramm 2.200 Euro, bei Kokain sogar 10.000 Euro. Der Spaß am Geld hielt sich aber in Grenzen, weil er große Teile seines Gewinnes nach Spanien und an die Verwandtschaft in Kolumbien überwies.

Schwere Vorwürfe gegen die Ermittlungsbehörden

Der Prozess in Essen zog sich hin, weil die Angeklagten aus Angst vor Repressalien aus Kolumbien schwiegen. Erst Anfang Februar 2013 brach der Hauptangeklagte sein Schweigen und gestand die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft, erhob aber auch schwere Vorwürfe gegen die Ermittlungsbehörde: Ohne die Initiative von V-Leuten des Landeskriminalamts, die sich als mögliche Schmuggel-Fahrer bei ihm gemeldet hätten, wären die Straftaten gar nicht zustande gekommen. Inzwischen haben fast alle Angeklagten zugegeben, in den vergangenen Monaten in kiloschwere Rauschgift-Geschäfte verwickelt gewesen zu sein. Vor allem der Hauptangeklagte, der Dorstener Hitos J., erhob in seinem Geständnis jedoch schwere Vorwürfe gegen die Ermittlungsbehörden mit dem Tenor, dass zumindest die zuletzt erfolgten Kokain-Lieferungen aus Spanien von den beiden V-Leuten des Landeskriminalamts mit den Decknamen „Carlos“ und „Grafschmidt“ initiiert und eingestielt worden waren. Er selbst habe mit Koks eigentlich nie etwas zu tun gehabt. Nur auf das stetige Betteln und Drängen der beiden V-Männer habe er sich breitschlagen lassen, auch in dieses Geschäft einzusteigen. „Eigentlich“, sagte Hitos J. damals, „hatte ich von Kokain nämlich die Nase voll“. Dieser Satz dorgte für große Heiterkeit im Gerichtssaal.

Prozess wegen Erkrankung des Richters geplatzt

Die Richter würden diese Anschuldigungen mithilfe der V-Männer überprüfen. Das Problem ist nur: Das LKA stellt sich stur, weil es die Identität seiner verdeckten Ermittler unbedingt geheim halten will. Eine entsprechende „Sperrerklärung“ ging beim Gericht ein. Sollten die LKA-Zeugen nicht zu vernehmen sein, müsste man zu Gunsten der Angeklagten tatsächlich von angeschobenen Geschäften ausgehen – und den Männern und Frauen um Hitos J. einen kräftigen Strafrabatt gewähren. Anfang April 2013 platzte der Prozess, weil der Vorsitzende Richter schwer erkrankt war und die gesetzlichen Fortsetzungsfristen nicht mehr eingehalten werden konnten.  Die Verhandlung musste deshalb mit neuen Richtern von vorne beginnen.
Nach acht Monaten Verhandlung verkündete das Landgericht Essen im August 2013 das Urteil: Der 44-jährige Hitos J. wurde zu siebeneinhalb Jahren Haft verurteilt. Der Dorstener war den Richtern zufolge Kopf einer spanisch-kolumbianischen Rauschgiftbande und war für kiloschwere Kokaingeschäfte verantwortlich. 35 Kilo Marihuana und 20 Kilo hochreines Kokain (Wirkstoffgehalt 97 Prozent) haben die Komplizen von Hitos J. zwischen 2011 und 2012 von Spanien nach Deutschland geschmuggelt. Das Rauschgift war überwiegend in Hohlräumen von PKW versteckt und zur Ablenkung der Spürhunde mit Duftspray eingesprüht worden.

Prozess zum Schutz des Ermittlers unter Ausschluss der Öffentlichkeit

Die ursprünglich mitangeklagten vier Männer und eine Frau waren bereits Anfang Juni zu Haftstrafen von bis zu vier Jahren und acht Monaten Haft verurteilt worden. Genau wie Hitos J. hatten auch sie im Prozess vor dem Essener Landgericht Geständnisse abgelegt. Die Vernehmung des verdeckten Ermittlers „Carlos“ hatte zu seinem Schutz komplett unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden. Das Rauschgift war von der Bande in Kolumbien bestellt und dann über Spanien ins Ruhrgebiet gebracht worden.

Bewährungsstrafe: Busfahrer stellte dem Boss das Werkzeug zur Verfügung

Nachdem der Dorstener Hitos J. als Kopf einer spanisch-kolumbianischen Drogenbande vor dem Landgericht Essen 2013 verurteilt worden war, rollten ab Mitte 2014 Verfahren gegen die kleinen Fische der so genannten „Dorsten-Connection“ auf das Dorstener Schöffengericht zu. Mehr. Bei einer Durchsuchung Ende 2012 wurde bei ihm zu Hause jede Menge Rauschgift gefunden: im Schlafzimmerschrank, im Keller, in einer Gartenlaube. Zu seinen eigenen Abnehmern will der Dorstener vor Gericht keine Angaben machen.


Quelle:
Werner von Braunschweig „Haft statt Hanf – Cannabis-Plantagen: Rhader muss fast drei Jahre hinter Gitter“ in DZ vom 12. November 2012. – Ders. „Prozess gegen Drogenbande: ,Hatte von Kokain die Nase voll’“ in DZ vom 21. Februar 2013. – Ders. in DZ vom 21. August 2013. – „Münsterland Zeitung“ vom 5. Juni 2014.

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