Angeklagt und verurteilt (2023)

Kriminelle vor Gericht: Diebe, Betrüger, Schläger, Einbrecher, Räuber

2023: In Nordrhein-Westfalen 226.000 unerledigte Ermittlungsverfahren,
doch Staatsanwälte und Richter fehlen!

Bei den Staatsanwaltschaften in Nordrhein-Westfalen türmt sich immer mehr Arbeit. Zum Stichtag Ende März waren es 226.000 unerledigte Ermittlungsverfahren gewesen, teilte das NRW-Justizministerium mit. Damit betrug der Zuwachs der offenen Ermittlungsverfahren binnen eines Jahres zwölf Prozent und binnen zwei Jahren 34 Prozent. Ein Jahr zuvor lag der Bestand bei 201.000 Verfahren und Ende März 2021 waren es 168.000 Verfahren. Der Deutsche Richterbund, in dem auch die Staatsanwälte organisiert sind, meldete 2023, dass in NRW 200 Staatsanwälte fehlten. Im Haushaltsplan 2024 seien aber lediglich 20 zusätzliche Stellen für Staatsanwälte vorgesehen. Der Personalmangel sei massiv und werde sich absehbar noch verschärfen. Mit Stand Mitte 2023 hatte die Justiz in NRW 1480 Planstellen für Staatsanwältinnen und Staatsanwälte. Zum Stichtag 1. Juli 2023 seien davon aus verschiedensten Gründen 121 Stellen nicht besetzt gewesen, teilte das Justizministerium weiter mit. Im übrigen Bereich der Rechtspfleger und Amtsanwälte seien 372 Planstellen unbesetzt gewesen. Das Problem werde sich eher weiter verschärfen, denn mit der geplanten Aufstockung der Polizei um 488 zusätzliche Stellen werde auch mehr Arbeit auf die Staatsanwaltschaften zukommen, so der Richterbund. Hunderte von Polizisten einzustellen und ermitteln zu lassen, wenn anschließend niemand da sei, der aus den Ergebnissen Konsequenzen ziehen könne, sei sinnlos und Geldverschwendung, kritisierte der NRW-Vorsitzender des Richterbundes (dpa).

Gerichtsprozesse werden aufgenommen. Hauptverhandlungen vor Strafgerichten sollen per Audioaufnahme aufgezeichnet werden. Aus der Tonspur soll dann per Software ein Transkript erstellt werden. Das hat der Bundestag 17. November 2023 in Berlin mit den Stimmen der drei Ampel-Fraktionen SPD, Grüne und FDP sowie der Linken beschlossen. Die CDU/CSU stimmte gegen die Reform, die AfD enthielt sich. Die Neuerungen sollen bundesweit bis 2030 eingeführt werden. Ausnahmen von Aufzeichnungen sollen möglich bleiben – etwa bei Sexualstraftaten oder wenn Kinder vor Gericht auftreten. Länder, die das wollen, sollen zudem die Möglichkeit zur Videoaufzeichnung bekommen (dpa).

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Mutter wurde von ihrem Sohn lebensgefährlich verletzt. Vor rund einem halben Jahr wurde eine Frau in Dorsten-Hervest von ihrem eigenen Sohn mit einem Messer angegriffen und verletzt. Seit 22. Dezember 2023 steht der 24-Jährige in Essen vor Gericht. Es geht um versuchten Totschlag. Doch bestrafen können ihn die Richter nicht. Der junge Dorstener ist psychisch schwer krank. Zum Prozessauftakt war von schweren Wahnvorstellungen die Rede.
Es war der 26. Juni 2023. Der Tag war offenbar ganz normal verlaufen. Bis die Mutter ihren Sohn um Hilfe bat. Sie hatte Schwierigkeiten, eine Packung Katzenstreu zu verstauen, die sich beim Wegräumen im Badezimmer irgendwie mit einer Packung Waschpulver verhakt hatte. Dann ging plötzlich alles ganz schnell. Die Mutter verspürte einen Schlag im Nacken und dreht sich um. Dabei soll sie ihren Sohn gesehen haben, der mit einem gelben Messer vor ihr stand. Die Polizei ging bei den Ermittlungen davon aus, dass er ihr zu diesem Zeitpunkt schon dreimal in den Nacken gestochen hatte – entweder mit dem Messer oder mit einer Nagelschere. Doch das Drama war noch nicht vorbei. Der 24-Jährige war offenbar überzeugt davon, dass seine Mutter Teil eines Komplotts war, um ihm das Leben zur Hölle zu machen. „Sag mir jetzt, was die wollen.“ Diese Worte soll er seiner Mutter damals zugeraunt haben. Danach soll er versucht haben, weiter auf sie einzustechen. Es war wohl nur dem Bruder des 24-Jährigen und einer weiteren Person zu verdanken, dass nicht noch mehr passiert ist. Sie hatten die Hilfeschreie der Mutter gehört, sich ebenfalls mit einem Messer bewaffnet und es geschafft, den Beschuldigten aus der Wohnung zu vertreiben. Er war von der Polizei anschließend widerstandslos festgenommen worden. Die Ärzte hatten später insgesamt fünf Stichverletzungen gezählt – zwei im Kiefer, eine im hinteren Halsbereich, eine am Rücken und eine am Oberarm. Vor Gericht war von potenzieller Lebensgefahr die Rede. Es sei Zufall gewesen, dass keine lebenswichtigen Organe getroffen worden seien. Beim Prozessauftakt hat sich der 24-Jährige sich nicht zu den Vorwürfen geäußert. Das sollte sich im Verlaufe des Prozesses allerdings noch ändern. Verteidiger Andreas Renschler hat bereits angekündigt, dass sich der Dorstener persönlich mit den Richtern über die Tat unterhalten wolle. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der 24-Jährige zur Tatzeit unter Verfolgungswahn, Denkstörungen und möglicherweise auch unter Sinnestäuschungen gelitten hat. Vor Gericht gilt er als schuldunfähig. Ihm droht jedoch die unbefristete Unterbringung in der geschlossenen Psychiatrie – zum Schutz der Allgemeinheit. Mit einem Urteil ist Mitte Februar 2024 zu rechnen.

Nebenbuhler brutal überfallen: Zeuge nennt weiteren Mittäter. Ein Mann wird in Wulfen-Barkenberg krankenhausreif geprügelt. Zwei Brüder standen deshalb vor Gericht. Dann gab es einen weiteren Verdächtigen. Der mutmaßliche Mittäter war  ausgerechnet von einem Zeugen benannt worden, der von einem der beiden angeklagten Brüder unbedingt zu dem Fall gehört werden sollte. Doch das ist noch nicht alles. Bei dem weiteren mutmaßlichen Verdächtigen soll es sich um einen weiteren Bruder des Angeklagten handeln. Der Mann saß bei der Zeugenvernehmung vor dem Essener Schwurgericht am Freitag sogar auf den Zuschauerplätzen. Möglich, dass auch er in Zukunft noch festgenommen wird. Während der Verhandlung hat die Staatsanwaltschaft allerdings noch nicht reagiert. Den Angeklagten wird vorgeworfen, im März dieses Jahres den Nebenbuhler des älteren Angeklagten mit weiteren noch unbekannten Komplizen verfolgt und zusammengeschlagen zu haben. Dabei sind laut Anklage auch Eisenstangen und ein sogenannter Totschläger zum Einsatz gekommen. Die Ärzte hatten später unter anderem ein Schädel-Hirn-Trauma festgestellt. Das Opfer fordert über seinen Anwalt Dirk Wolterstädt inzwischen mindestens 5000 Euro Schmerzensgeld. Die Angeklagten sollen grundsätzlich auch schon Zahlungsbereitschaft signalisiert haben. Die Anklage lautet auf versuchten Totschlag. Urteile im Januar 2024 erwartet (Quelle: jp in DZ vom 18. Dez. 2023).

Arzt (81) verabreicht tödliches Medikament – mit falscher Annahme. Er hatte in Dorsten Sterbehilfe geleistet, nun steht der 81-jährige Dorstener Arzt wegen Totschlags vor Gericht: Er soll wichtige Befunde nicht gesehen und eine falsche Annahme getroffen haben. Zehn Gramm Natrium-Thiopental haben das Leben eines Dorsteners am 31. August 2020 beendet. Er hatte das Zuflussventil zwar selbst geöffnet, aber gelegt hatte die Infusion mit dem tödlichen Medikament ein bundesweit bekannter Sterbehilfe-Arzt. Nun muss dieser sich wegen Totschlags verantworten. Vorausgegangen war die fälschliche Annahme, der Dorstener habe sich freiverantwortlich für den Suizid entschieden. Der 81-jährige Neurologe und Psychiater hatte nach einer ambulanten psychiatrischen Untersuchung erklärt, dass der Sterbewunsch des Dorsteners plausibel sei. Auch die Einsichts- und Urteilsfähigkeit und damit die Freiverantwortlichkeit sei vorhanden gewesen. Sein Ergebnis, nachdem er einige ärztliche Unterlagen ausgewertet hatte: Der Mann leide an dauerhaft bleibenden Symptomen nach einer mehrfachen paranoid-schizophrenen Erkrankung (Residualsyndrom), an einer depressiven Störung sowie an einer Sehstörung. Besserungsmöglichkeiten sah der Arzt nicht. Die Annahme des Mannes, an einer zunehmenden Sehstörung zu leiden, entspreche laut Anklageschrift jedoch nicht den augenärztlichen Befunden. Der Vorwurf: Der Arzt habe diese Befunde nicht eingesehen. Auch der Schluss des Dorsteners, dass keine Besserungsaussichten mehr bestanden hätten, sei falsch und vielmehr Ausdruck seiner Depression gewesen. Er habe daher nicht mehr freiverantwortlich gehandelt.
Wann die langjährige Krankheit des 42-jährigen Opfers ausgebrochen war, blieb unklar. Es gab Anzeichen: Probleme im Job. Geringere Belastbarkeit. Bruch der Beziehung. „Ich habe das am Anfang als Liebeskummer gedeutet“, so die Mutter als Zeugin vor Gericht. Doch das war eine Fehleinschätzung. Für die Mutter war die Situation extrem belastend. „Mein Sohn sagte immer: Mama, ich kann nicht mehr. Ich will nicht mehr. Ich halte dieses Leben nicht mehr aus.“ Mehrfach hat der 42-Jährige versucht, sich selbst das Leben zu nehmen – unter anderem durch einen Stich in den Hals und durch eine Überdosis Tabletten. Mehrfach war der 42-Jährige in der Psychiatrie. Auch sein ehemaliger Dorstener Hausarzt hat vor Gericht davon berichtet, dass der 42-Jährige ihm gegenüber von einem begleiteten Suizid gesprochen hat. „Ich habe das jedoch strikt abgelehnt.“ Entscheidende Bedeutung wird im Prozess dem Gutachten eines von der Staatsanwaltschaft beauftragten Psychiaters zukommen. Im Falle einer Verurteilung wegen Totschlags drohen dem Sterbearzt mindestens fünf Jahre Gefängnis. Urteil voraussichtlich im Januar 2024. Der Artikel wird fortgesetzt (Quelle: Jp in DZ vom 9. und 22. Dez. 2023).

Ich werde dein Blut trinken.“ Nach unfassbaren Drohanrufen ist ein 35-jähriger Vater aus Dorsten vom Essener Landgericht Anfang November 2023 zu elf Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Der Angeklagte hatte Anfang des Jahres die Nummer einer Mitarbeiterin des Jugendamtes gewählt und auf dem Anrufbeantworter unter anderem diese Sätze hinterlassen: „Ich werde dein Blut trinken. Mach‘ schon dein Grab. Ich weiß, wo du wohnst.“ Dass es der Angeklagte war, der die Morddrohungen hinterlassen hat, stand schnell fest. Er hatte seinen Namen gleich mitgenannt. Der Hintergrund: Das Jugendamt hatte seinen damals 13-jährigen Sohn aus der Familie geholt, was der 35-Jährige offenbar nicht verkraften konnte. Die Staatsanwaltschaft hatte dem Dorstener außerdem vorgeworfen, bei einem Überfall auf einen Taxifahrer dabei gewesen zu sein. Das ließ sich im Prozess am Essener Landgericht allerdings nicht sicher feststellen. In diesem Punkt ist der 35-Jährige freigesprochen worden. Der Taxifahrer soll im vergangenen Februar am Hammer Weg in eine Falle gelockt, mit einem Messer bedroht und ausgeraubt worden sein. Die Täter hatten laut Anklage Sturmhauben getragen. Das Verfahren gegen einen Mitangeklagten, dem der Überfall auf den Taxifahrer ebenfalls vorgeworfen worden ist, ist eingestellt worden. Wer die Täter waren und was damals genau passiert ist, bleibt somit weiter ungeklärt (Quelle: jp in DZ vom 8. Nov. 2023).

Frau lief blutüberströmt auf die Straße. Am 6. Mai 2023 war eine Frau in Wulfen-Barkenberg blutüberströmt auf die Straße gelaufen und dort zusammengebrochen. Seit 22. November steht der mutmaßliche Täter in Essen vor Gericht. Es ist der Ex-Mann, der bis zu seiner Festnahme in Marl-Drewer gewohnt hatte. Die Anklage lautete auf Mordversuch, da der 44-Jährige Mazedonier mit einem wuchtigen Küchenmesser immer wieder auf seine schlafende Ex-Frau eingestochen haben soll. Die Ärzte zählten später über 20 Stichverletzungen. Der Rücken wurde getroffen, das Gesäß, der Hals und die Achsel. In der Anklage ist von Lebensgefahr die Rede. Zum Prozessauftakt am Essener Schwurgericht wurde der Familienvater mit Handschellen in den Gerichtssaal geführt. „Er bereut hochgradig, was passiert ist“, sagte Verteidiger Burkhard Benecken. „Er hat völlig die Kontrolle verloren.“ Hintergrund der Tat soll ein Trennungsdrama gewesen sein. Die Frau des Angeklagten soll den 44-Jährigen verlassen und einen neuen Partner gefunden haben. Damit kam der Angeklagte möglicherweise nicht klar. Am Tattag wurde der Geburtstag einer gemeinsamen Tochter gefeiert. Erst war man zum Schwimmen in Haltern, dann ging das Fest in einer Wohnung in Barkenberg weiter. Weil die Frau müde wurde, hat sie sich laut Anklage schließlich auf ein Bett gelegt und ist eingeschlafen. Diese Situation soll ihr Ex-Mann ausgenutzt haben. Passanten und Familienangehörige hatten sich damals sofort um die Schwerverletzte gekümmert, die langsam das Bewusstsein verlor. Ihr Mann soll völlig teilnahmslos danebengestanden und sich eine Zigarette angezündet haben. Auf die Frage, was passiert sei, habe er laut Anklage geantwortet: „Sie ist fremdgegangen.“
Die Familie soll nach der Bluttat versucht haben, den Angeklagten in Schutz zu nehmen. Im Prozess war von „seltsamen“ und „abenteuerlichen“ Versionen die Rede. Das soll sich vor Gericht aber nicht wiederholen. Dem will der Angeklagte mit einem Geständnis vorbeugen. „Es wird mit keinem Wort bestritten, dass er die Stiche durchgeführt hat“, so Rechtsanwalt Benecken. Wie es dazu kommen konnte, will der Angeklagte an einem der nächsten Verhandlungstage erklären. „Er sieht sich eigentlich als friedlichen Familienvater.“ Auch die Zahlung von Schmerzensgeld wurde bereits angekündigt. Die Ex-Frau des 44-jährigen Mazedoniers war am ersten Prozesstag ebenfalls im Gericht. Zumindest die körperlichen Wunden sollen nach Angaben ihrer Anwältin Christin Riemann weitgehend verheilt sein. Mit einem Urteil ist  voraussichtlich im Januar 2024 zu rechnen (Artikel wird fortgesetzt).

Spielzeug, Reisen, Erotikartikel – Familienvater betrog Onlinehändler. Er hatte zehntausende Euro Schulden – dennoch orderte ein Familienvater aus Dorsten online Waren, ohne sie zu bezahlen: unter anderem Spielzeug und Erotikartikel. Kaum war der 40-Jährige im Frühjahr 2021 aus der Haft entlassen worden, begann er damit, im Internet Dinge zu bestellen. Er wollte zum einen seinem Sohn und zum anderen seiner damaligen Frau imponieren, sagte der Wulfener aus. Doch weder das Planschbecken und das Spielzeug noch die Erotikartikel und die gebuchte Urlaubsfahrt nach Soltau sorgten dafür, dass er seine Familie zurückgewinnen konnte: Die Gattin ließ ihn nicht mehr in die gemeinsame Wohnung hinein und sich später von ihm scheiden.
Dass sich der frühere Gas- und Wasserinstallateur am 18. Oktober erneut vor Gericht auf der Anklagebank saß, lag daran, dass er die damaligen Online-Bestellungen unter einem falschen Namen tätigte und sie anschließend nicht bezahlte. Dazu kamen Monate später weitere ähnliche Vorfälle. Da lebte er aber schon mit seiner neuen Lebensgefährtin zusammen – unter anderem ging es um Eintrittskarten für einen Auftritt des Comedians Ingo Appelt, die er nicht bezahlte. Warum er damals die Rechnungen nicht beglichen hatte, wollte Richterin Lisa Hinkers vom Schöffengericht des Amtsgerichts Dorsten wissen. Immerhin hatte der Angeklagte nach seiner Entlassung eine vierstellige Barzahlung als Übergangsgeld erhalten, zudem Arbeitslosengeld bezogen. Der Wulfener „eierte in seiner Aussage herum“ (selbst sein Verteidiger bezeichnete das so) und schob die Schuld auf seine Ex-Frau. „Die Rechnungen kamen später alle zu unserer gemeinsamen Adresse“, sagte er aus. „Sie hat sie nicht zu mir weitergeleitet.“ Auch seine Mailadressen und seine Handynummer habe sie gekündigt, erzählte er, weswegen er nie von den Geldforderungen erfahren habe. So richtig glaubte ihm die Richterin das nicht und redete ihm ins Gewissen. Zumal eine Zeugenvernehmung der Ehefrau im Gerichtssaal „wohl zu deutlich mehr Schärfe“ in die Verhandlung und damit für den Angeklagten geführt hätte. Der 40-Jährige ruderte schließlich zurück und legte ein Geständnis ab: „Mir wurde das alles zu viel“, begründete er, warum er die Rechnungen damals nicht beglichen hatte. Der Ex-Frau und dem gemeinsamen halbwüchsigen Sohn blieb eine Aussage erspart.
Der Angeklagte, der nach einer weiteren begangenen Straftat, verurteilt am Landgericht Essen, derzeit unter Bewährung steht, kam nach einer längeren Urteilsfindung schließlich erneut mit einer Bewährungsstrafe von 18 Monaten davon. „Es war aber Thema, ob wir sie wieder auf die Menschheit loslassen können“, so die Schöffengerichts-Vorsitzende. Ausschlaggebend war aber die „gute Sozialprognose“, die das Landgericht Essen dem Beschuldigten zuvor attestiert hatte. Dazu muss der Wulfener 360 gemeinnützige Arbeitsstunden ableisten sowie 1800 Euro Geldbuße in monatlichen Raten von 50 Euro bezahlen. Zuvor hatte der Angeklagte bekannt gegeben, dass er sich seit Juli in Privatinsolvenz befindet. „Ich wäre ansonsten von meinen 78.000 Euro Schulden, die ich habe, nie mehr heruntergekommen (Quelle: Michael Klein in DZ vom 20. Okt. 2023).

Im September 2023 stand er schon wieder vor Gericht . Der „Schreier von Dorsten“ musste am 12. September 2023 erneut auf der Anklagebank des Essener Landgerichts Platz nehmen. Der Prozess dauerte allerdings nur knapp eine Stunde. Doch das nächste Strafverfahren drohte schon wieder. Der Angeklagte war im Oktober 2022 vom Dorstener Amtsgericht zu drei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden – wegen sexueller Nötigung, Körperverletzung und Spuckattacken auf Passanten und Polizisten. Diese Strafe wollte der 45-Jährige allerdings nicht akzeptieren. Deshalb musste sich nun auch die 27. Berufungskammer am Essener Landgericht mit dem Fall befassen. Dem Angeklagten war unter anderem vorgeworfen worden, zwei junge Frauen massiv sexuell bedrängt zu haben. Er soll sie festgehalten, begrabscht und mit Gewalt geküsst haben. Vor Gericht war von „großem Ekel“ die Rede. Als die Landgerichts-Richter den 45-Jährigen am g fragten, ob er sich zu den Vorwürfen äußern wolle, antwortete der 45-Jährige mit einer Gegenfrage: „Worüber soll ich reden?“ Dann drehte er sich zur Verteidigerin um und sah sie mit großen Augen an. Nach einer kurzen Unterbrechung hat er das erstinstanzliche Urteil des Dorstener Amtsgericht dann doch noch akzeptiert. Das heißt: Es bleibt bei den verhängten drei Jahren und drei Monaten Haft. Wie aktuell bekannt wurde, gibt es aber schon wieder eine neue Anklage. Der Vorwurf: Vergewaltigung. Das Opfer soll eine Bekannte des Angeklagten sein. Wie es heißt, hatte man sich im März zum Tee verabredet. Doch das Treffen geriet angeblich außer Kontrolle. Der 45-Jährige soll die Frau festgehalten und sexuell missbraucht haben. Die Frau soll auch schon im Sommer 2020 massiv bedrängt worden sein. Damals soll der Dorstener sie am Kanal vom Fahrrad gezerrt und ihr die Kleidung vom Körper gerissen haben. Dann sollen Passanten eingegriffen haben.
Wegen neuem Fall Festnahme im März 2023: Nach Bekanntwerden der neuen Vorwürfe war der 45-Jährige am 28. März 2023 erneut festgenommen worden. Seitdem sitzt er in Untersuchungshaft. Über die neue Anklage soll Ende September am Essener Landgericht verhandelt werden. Der Angeklagte kann weder lesen noch schreiben noch rechnen. Seine Familie scheint über viele Länder verstreut zu sein. Glücklich ist er in Dorsten nicht. Schon in früheren Prozessen hatte er immer wieder den Wunsch geäußert, in seine Heimat zurückzukehren, wo angeblich seine Frau lebt. Nach Deutschland will er nur auf Drängen von Mutter und Schwester gekommen sein. Sein größtes Problem ist aber wohl der Alkohol (Quelle: Julian Preuss in DZ vom 15. Sept. 2023).

Gewalt gegen Rettungskräfte: Dorstener verurteilt. Ein Dorstener wurde vom Amtsgericht verurteilt: Er hatte Einsatzkräfte des Rettungsdienstes attackiert. Und das nicht nur einmal. Vom Dorstener Amtsgericht wurde er Mitte September 2023 zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen verurteilt. Der Mann hatte dreimal als Patient den Rettungsdienst gerufen und die Einsatzkräfte dann jedes Mal verbal und tätlich attackiert. „Dass Menschen im Einsatz angegriffen werden, deren Beruf es ist, anderen zu helfen, kommt in Dorsten zwar immer noch recht selten vor (im Durchschnitt zwei schwerwiegende Fälle pro Jahr), ist aber bundesweit mittlerweile – leider – an der Tagesordnung“, heißt es in der städtischen Mitteilung. Und weiter wird erläutert: „Im Strafgesetzbuch ist darum festgelegt, dass bestraft wird, wer Kräfte der Feuerwehr, des Katastrophenschutzes, eines Rettungsdienstes, eines ärztlichen Notdienstes oder einer Notaufnahme durch Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt im Einsatz bei Notfällen oder Unglücken behindert.“ Bestraft werde damit ein Verhalten, das gesellschaftlich als unethisch und unmoralisch und in keiner Weise gerechtfertigt angesehen wird, nämlich das gewaltsame Behindern oder gar das Angreifen von Rettungskräften bei ihrem Bemühen um Hilfeleistung. „Dem Gesetzgeber ging es auch darum, den Respekt und die Wertschätzung für Hilfeleistende zu unterstreichen.“ Regional werden solche Vorfälle daher zentral erfasst. Die Stadt Dorsten verfolgt hier eine Null-Toleranz-Strategie: Vorfälle werden konsequent angezeigt.

Verdacht auf Drogengeschäfte: Freispruch. Ein 38-jähriger vierfacher Vater soll regelmäßig Drogenkunden in Dorsten beliefert haben. Laut Anklage soll der Holsterhausener täglich bis zu 15 Kunden in Dorsten mit Drogen versorgt und dabei monatlich Ware im Kilogramm-Bereich umgeschlagen und tausende von Euro an Umsatz gemacht haben. Diesen Vorwurf musste am 9. August das Dorstener Schöffengericht klären. Ins Visier der Ermittler war der Beschuldigte durch die gerichtliche Aussage eines Mannes geraten, der vor gut einem Jahr ebenfalls wegen Drogendelikten zu einer längeren Haftstrafe verurteilt worden war. Letzterer hatte nämlich erklärt, der Holsterhausener habe die Geschäfte Anfang 2021 von einem damals verstorbenen Rauschgifthändler übernommen, der in der Dorstener Szene unter einem Spitznamen bestens bekannt war – und soll dann jeden Sonntag aus Hamm und Essen nach Dorsten importierte Drogen (vor allem Amphetamine und Marihuana) über sogenannte „Läufer“ an die „Endverbraucher“ verkauft haben. Die Anklage stützte sich allein auf die Aussage des Hauptbelastungszeugen, der aus der Haft vorgeführt wurde und in der Verhandlung widersprüchliche Angaben machte und sich an viele Dinge nicht mehr erinnern konnte: „Ich habe damals unglaublich viel Drogen genommen und Alkohol getrunken.“ Zudem wurde bei der polizeilichen Durchsuchung der Holsterhausener Wohnung des Angeklagten kaum belastendes Material gefunden, das auf Drogenhandel hinwies. „Angesichts der Menge an Drogen, die damals vertrieben worden sein soll, hätten wir mit mehr gerechnet“, so ein Kripo-Beamter vor Gericht. So wurde der angeklagte Dorstener schließlich aus Mangel an Beweisen freigesprochen (Quelle: MK in DZ vom 14. Aug. 2023).

Freispruch für ominöses Geschehen an Obdachlosenunterkunft. Ein ominöses abendliches Geschehen an einer städtischen Obdachlosen-Unterkunft fand am 12. Juli vor dem Dorstener Schöffengericht sein Ende. „Es war dunkel, es war komisch“ – so beschrieb eine Polizeibeamtin die Atmosphäre eines Einsatzes, der im Mai 2022 zwei Streifenwagen-Besatzungen zur städtischen Obdachlosen-Unterkunft am Hammer Weg nahe der Schleuse führte. Laut Anklage der Staatsanwaltschaft soll damals ein 27-jähriger Dorstener mit Mittätern Einschlagen der Eingangstür mit einer Axt versucht haben, in eine Wohnung einzudringen, die von zwei Männern bewohnt wurde. Das ihnen dies nicht gelang, sollen sie das mit einem Brett gesicherte Fenster so bearbeitet haben, dass das Holzstück in den Innenraum geschleudert wurde. Als die beiden Geschädigten ihn erblickten, soll der Angeklagte zudem einen Zigarettenstummel in die Wohnung geworfen haben – ein solcher wurde mit DNA-Spuren des 27-Jährigen in dem Wohnraum gefunden. Zudem hätten die Tatverdächtigen in einer Nachbarwohnung das Ladekabel eines Smartphones gestohlen. Doch spätestens am dritten Verhandlungstag fiel die Anklage in sich zusammen. Die vermeintlichen Opfer aus der erst genannten Wohnung konnten sich im Gerichtsaal überhaupt nicht an das vermeintliche Geschehen erinnern oder der Gerichtsverhandlung gar nicht richtig folgen. Schon gegenüber der Polizei hatten sie damals nur vage Angaben machen können. Ein Schaden sei jedenfalls nicht entstanden, so einer der Bewohner, das Brett sei einfach nur umgekippt: „Wo ist der Tatbestand?“, fragte er. Und der dritte Geschädigte meinte, sein Ladekabel sei vielleicht schon vorher verschwunden oder verlegt worden. Der Angeklagte war ins Visier der Polizei geraten, weil er beim Eintreffen der Beamten mit einem befreundeten Pärchen aus einem Waldstück am Hammer Weg gekommen war. „Wir haben einen Spaziergang gemacht“, sagte er. Als sie die Polizei entdeckten, ergriffen seine beiden Bekannten die Flucht, der 27-Jährige blieb jedoch stehen. 2,5 Promille Alkohol hatte er damals intus, inzwischen sei er aber seit einem Jahr trocken, sagte er aus.
Das Schöffengericht sprach den Angeklagten frei. Denn es konnte im Laufe des Verfahrens auch nicht zweifelsfrei geklärt werden, ob er tatsächlich an diesem Abend den Zigarettenstummel in die Wohnung geworfen hatte. Vielleicht sei die Kippe auch anders mit reingetragen worden, so der Angeklagte. Vielleicht aber auch habe einer der Bewohner ihn draußen gefunden und den Stummel dann weiterrauchen wollen, so sein Anwalt. Das sei in diesem Milieu „nicht unüblich“ (Quelle: entnommen der DZ vom 17. Juli 2023).

Geschäft verkaufte Marihuana-Blüten – Verfahren eingestellt: Geldbuße. Die Inhaber eines Geschäfts in Dorsten haben dort nicht nur legale Hanfprodukte wie CBD-Öle verkauft, sondern auch Marihuana-Blüten. Daher saßen die beiden Geschäftsleute (Brüder im Alter von 29 und 31 Jahren) Anfang Juli auf der Anklagebank des Amtsgerichts Dorsten.
Einem Mitarbeiter der Deutschen Post war im Mai des vergangenen Jahres ein von einem Lieferanten an die Adresse des Ladens gerichtetes Päckchen verdächtig vorgekommen – er informierte die Polizei. Vor Ort stellten die Beamten fest, dass in dem Geschäft nicht nur CBD-Öl, sondern auch -Hanfblüten gelagert und verkauft wurden: Insgesamt 1,47 Kilogramm Marihuana beschlagnahmten die Polizisten. Die Brüder erklärten, dass sie gar nicht davon ausgegangen sind, dass sie etwas Illegales getan hätten. Denn der jeweilige THC-Wirkstoff-Gehalt der in Tüten eingepackten CBD-Blüten habe nicht den zulässigen Grenzwert von 0,2 Prozent überschritten, worüber es Zertifikate der Lieferanten gäbe. Und wo diese Untersuchungsergebnisse nicht beilagen, seien die Lieferungen bis zur Klärung zunächst im Hinterzimmer gelagert worden. Der Kundenkreis der CBD-Shop-Inhaber besteht nach ihren Angaben vornehmlich aus Schmerzpatienten zwischen 18 und 90 Jahren, denen die entspannende Wirkung der CBD-Öle Linderung bei ihren Leiden verschafft. „Und die Blüten kaufen vor allem Leute, die kein Cannabis mehr nehmen wollen und diese beruhigende Alternative nutzen, um gerade nicht berauscht zu sein.“
Der Staatsanwalt hingegen argumentierte mit einem BGH-Urteil, demzufolge ein möglicher „Missbrauch zu Rauschzwecken“ ausgeschlossen sein müsse. Der Anwalt von einem der beiden Angeklagten nannte diese Auffassung „lebensfremd“. Denn Rauschzustände bei diesem geringen THC-Gehalt der Blüten seien „nur in der Theorie denkbar“ und wirtschaftlich gar nicht vertretbar. Die Angeklagten rechneten vor, dass sie für ein Gramm der angebotenen Blüten 12 Euro verlangen: „So viel Geld kann man gar nicht ausgeben, um davon berauscht zu werden.“ Und der Staatsanwalt rechnete daraufhin nach: Würde man diese Blüten extrahieren, um Stoff für gerade mal zwei Joints zu haben, hätten Kunden zuvor 1200 Euro auf den Tisch legen müssen – undenkbar also. So ließ auch er sich darauf ein, das angeklagte Verbrechen juristisch so weit herunterzustufen, dass am Ende das Verfahren gegen die „ehrlichen, aber unbedarften“ Angeklagten (so Richterin Lisa Hinkers) eingestellt werden konnte. 1500 Euro Geldbuße müssen sie aber für ihren „Fehltritt“ zahlen. Zudem bekamen sie die Auflage, so lange keine derartigen Marihuana-Blüten mehr zu verkaufen, bis es in Deutschland ein endgültiges Grundsatzurteil in Sachen Cannabis-Legalisierung gibt (Quelle: Text von Michael Klein in der DZ vom 7. Juli 2023, leicht gekürzt entnommen).

Schlichtungsversuch: Freispruch für angeklagten Streitschlichter. Streit schlichten sollte man Profis überlassen – dies nahm ein 29-Jähriger aus einem Strafprozess in Dorsten mit, bei dem es um ein vermeintliches Schwert ging. Der Ausgangspunkt des Geschehens, das das Dorstener Schöffengericht am 30. Juni 2023 nach dem Prozessauftakt Anfang Juni erneut beschäftigte, war eigentlich lapidar: Ein 18-Jähriger Dorstener wollte im Februar 2022 zwei Männer zur Rede stellen, die in der Innenstadt einen neunjährigen Jungen um fünf Euro erleichtert hatten. Das Treffen endete mit einer handfesten Keilerei unter fast 20 Beteiligten im Lippetal, bei der der 18-Jährige auch selbst austeilte. Aber aus Notwehr, wie er sagte, weil er zuvor von einem 27-Jährigen verletzt wurde. Ihre Fortsetzung fand die Auseinandersetzung noch am gleichen Tag an einer Tankstelle in Holsterhausen statt, wo der aus Bochum herbeigerufene ältere Bruder (29) des 18-Jährigen den zuvor ausgetragenen Streit aus dem Weg räumen sollte. Auch dieser Schlichtungs-Versuch artete schließlich aus, als der mit einigen Freunden dazugestoßene 18-Jährige wütend wurde, nachdem er vor seinem großen Bruder von dem 27-Jährigen als Lügner dargestellt wurde und deshalb mit Fäusten auf seinen Widersacher losging. Zuvor soll er jedoch laut Aussage seines Widersachers für den älteren Bruder ein Schwert aus dem Auto geholt und ihm die Waffe übergeben, weswegen sich jetzt auch der 29-Jährige vor Gericht verantworten musste. Doch nachdem in der Fortsetzungsverhandlung weitere Zeugen angehört wurden, war klar: Weder handelte es sich bei der Waffe um ein Schwert (sondern um dessen Holzschaft). Noch hatte der Bochumer das Teil überhaupt in der Hand oder stachelte, was ihm auch vorgeworfen wurde, mit Worten den Streit an. Am Ende gab es einen Freispruch. „Ich werde keinen Streit mehr schlichten, sondern so etwas künftig der Polizei überlassen“, nahm der Beschuldigte anschließend eine Erkenntnis aus dem Strafverfahren mit (Quelle: Michael Klein in DZ vom 3. Juli 2023).

86-jährige Frau gefesselt und beraubt: Zwei Jahre und drei Monate Haft. Es war ein schlimmer Albtraum für eine alte Dame (86) in Dorsten: Sie wurde in ihrer Villa gefesselt und ausgeraubt. Zwei Männer schellten im März 2022 an der Tür ihrer Villa. Guten Gewissens ließ die 86-Jährige die Besucher hinein – und wurde von dem Duo beraubt. Während einer der Täter im Obergeschoss Goldschmuck im Wert von 2000 Euro aus den Schubladen zusammenraffte, fesselte unten der andere Mann die Seniorin zunächst an einen Stuhl und verletzte sie dabei. Ein dritter Tatbeteiligter stand draußen Schmiere – zusammen floh das Trio in einem BMW, versetzte den Schmuck in Bargeld und teilte die Beute unter sich auf. Die Polizei konnte die Tatverdächtigen ermitteln. Dieses Geschehen beschäftigte im Juni 2023 die Justiz. Derjenige Täter, der die Dorstenerin gefesselt hatte, war bereits zu einer längeren Haftstrafe verurteilt worden (bislang nicht rechtskräftig). Am 14. Juni musste sich ein 31-Jähriger vor dem Dorstener Schöffengericht verantworten, der den Schmuck im Schlafzimmer an sich genommen hatte. Er räumte seine Tat ein. Er ist in der Türkei geboren, lebt am Niederrhein, hat aber Familie in Dorsten. Schon in jungen Jahren sei er in schlechte Gesellschaft geraten, sei drogenabhängig geworden. Nach einem Raubüberfall auf ein Pfandhaus in Mönchengladbach tauchte er zunächst in der Türkei unter, wurde später bei einer Einreise nach Serbien verhaftet und nach Deutschland überstellt. Zum Tatzeitpunkt war er in einer Art offenem Vollzug – allerdings kurz zuvor rückfällig geworden. Um seinen Kokainkonsum zu finanzieren, benötigte er Geld. Der Hintermann einer sogenannten Polizeitrick-Bande gab ihm den Tipp, dass bei der Dorstener Seniorin einiges zu holen sei. Der 31-Jährige sprach daraufhin einen Komplizen an, von dem er wusste, dass der Erfahrung bei solchen Trickdiebstählen hatte.
Der 86-jährigen Dorstenerin gaben sie sich als Kriminalbeamte aus: Da in der Nachbarschaft eingebrochen worden sei, müssten sie das Geld und den Schmuck der alten Dame sichern, damit sie nicht das nächste Opfer werde.Der Angeklagte machte sich oben zu schaffen, während der Mittäter unten erfolglos versuchte, von der Hausbewohnerin den Aufbewahrungsort des Tresorschlüssels in Erfahrung zu bringen. Schließlich sperrte er die Frau ins Badezimmer ein, wo sie nach der Flucht der Täter einen Nachbarn auf sich aufmerksam machen konnte. Das Opfer ist inzwischen dement und konnte deshalb nicht an der Verhandlung teilnehmen. Das Schöffengericht glaubte dem Angeklagten, dass er selbst darüber schockiert gewesen sei, dass die 86-Jährige gefesselt worden sei. Das sei im Vorfeld nicht abgesprochen gewesen. Er bot von sich aus an, denn Schaden in Höhe von 2000 Euro zu begleichen und die gleiche Summe als Schmerzensgeld an die Frau zu zahlen. – Das Schöffengericht verurteilte ihn am Ende zu zwei Jahren und drei Monate Gefängnis, wovon er zwei Jahre in stationärer Therapie statt Haft verbringen könnte. Der Bundesgerichtshof hatte im Oktober 2023 den Anklage-Schuldspruch aufgehoben. Der Täter sei wegen „Freiheitsberaubung“ schuldig zu sprechen. Daher muss das Landgericht Essen  nun urteilen, wie hoch die neue Strafe ausfallen soll.
Der Bundesgerichtshof hatte die Strafe jedoch gekippt. Deshalb hatte das Essener Landgericht die Akten noch einmal auf den Tisch bekommen. Richtig gelohnt hat sich der zweite Prozess für den Angeklagten allerdings nicht. Die Strafe wurde am 19- Oktober 2023 lediglich um drei Monate reduziert – auf nun dreieinhalb Jahre Gefängnis. Richter Markus Dörlemann sprach beim neuen Urteil von einer „ganz schlimmen Tat“. Der Angeklagte, der schon mehrfach im Gefängnis war, stehe nun am Wendepunkt. Beim nächsten Verbrechen drohe die zeitlich unbefristete Sicherungsverwahrung – zum Schutz der Allgemeinheit (Quellen: Michael Klein in DZ vom 20. Juni 2023. – jp in DZ vom 16. und 24. Okt. 2023).

Dorstener brutal zusammengeschlagen: „Versuchten Totschlag“. Ein Horrorerlebnis hatte ein 40-jähriger Mann in einem Wulfener Gewerbegebiet. Er wurde von mindestens fünf Männern brutal zusammengeschlagen und in einen Straßengraben geworfen, dessen Fahrrad hinterher. Ein Augenzeugte hatte sich die Autonummer der Täter gemerkt. Dieser brutale Vorfall, der sich am 26. März 2022 auf der Köhler Straße im Wulfener Gewerbegebiet abspielte, beschäftigte die Gerichte. Auf der Anklagebank des Dorstener Schöffengerichts saßen am 24. Mai 2023 zwei der Tatverdächtigen: ein Brüderpaar aus Wulfen (39 und 25 Jahre alt). Das Opfer, der 40-jähriger Dorstener, erzählte im Zeugenstand die Geschichte. Eigentlich wollte er seiner früheren Lebensgefährtin, die ihn damals verlassen hatte und zu dem älteren der beiden angeklagten Brüder gezogen war, nur einen wichtigen persönlichen Aktenordner vorbeibringen. Mit dem Rad fuhr er laut seiner Aussage zur Adresse des „Nachfolgers“, wo er von der Ex und ihrem neuen Freund empfangen wurde. Dann fuhr er mit dem Rad wieder ab. Doch der Beschuldigte sei ihm mit seinem Auto gefolgt, „und dann zielstrebig auf mich zu gebrettert“: Um sich zu retten, habe er sich noch so eben mit dem Rad zur Seite schmeißen können. Nachdem die herbeigerufene Polizei wieder abgerückt war, fuhr der 40-Jährige mit dem Rad weiter. Auf der Köhler Straße am Ende des Gewerbegebiets hatte sich ein weiteres Auto vor ihm quergestellt. „Mehrere Leute sind ausgestiegen und haben mich mit einem Elektroschocker und mit Schlagstöcken am ganzen Körper verprügelt.“ Im Krankenhaus Dorsten wurden später ein Schädel-Hirn-Trauma und einige Prellungen sowie Wunden bei ihm festgestellt. Als das Opfer im Dorstener Gerichtssaal zu Protokoll gab, dass die Schläger „richtig Gas gegeben hätten“, danach einer der Tatverdächtigen „Wir bringen Dich um“ ausrief, war die Verhandlung in Dorsten beendet. Denn, so die Strafrichterin, können die Angeklagten auch wegen „versuchten Totschlags“ angeklagt werden und nicht wegen gefährlicher Körperverletzung. „Da wurde die Gefahr in Kauf genommen, dass jemand im Straßengraben stirbt.“ Daher wurde das Verfahren auf Anregung von Strafrichterin Lisa Hinkers an das Landgericht Essen verwiesen (Quelle: Michael Klein in DZ vom 31. Mai 2023).

Brandstifterin wegen psychischer Erkrankung schuldunfähig. Nach einer Serie von Brandstiftungen und anderen Ausrastern muss einer Frau aus Dorsten dringend geholfen werden. Eine Psychiaterin hat eine Diagnose gestellt. Die Diagnose war niederschmetternd: Im Prozess um Brandstiftungen und Drohungen hat Psychiaterin Marianne Miller eine Frau aus Wulfen nun als „unberechenbar und gefährlich“ eingestuft. Die 45-Jährige leide unter Wahnvorstellungen und völliger Realitätsverkennung. Ohne Behandlung sei eine weitere Steigerung der Taten zu erwarten. Damit steht wohl auch fest, dass die ehemalige Altenpflegerin nicht bestraft werden kann. Aus Sicht der Psychiaterin bestand zur Tatzeit absolute Schuldunfähigkeit. Miller sprach von „inhaltlichen Denkstörungen“ und einer „krankhaften seelischen Störung schweren Ausmaßes“. Um die Allgemeinheit zu schützen, sei die Unterbringung in einer geschlossenen Psychiatrie für Straftäter zu befürworten.
Die Wulfenerin hatte im Sommer 2022 in kurzer Abfolge Strohballen, einen Holzstapel und ein Waldstück angezündet. Außerdem setzte sie in einer Tankstelle an der Gladbecker Straße eine telefonische Bombendrohung ab, wählte immer wieder den Notruf und stieß Morddrohungen aus. Aus Sicht der Psychiaterin könne es passieren, dass die 45-Jährige diese Drohungen ohne Behandlung in die Tat umsetzt. „Sie ist nach außen ruhig, aber unterschwellig sehr aggressiv“, so Miller. Wenn die Wulfenerin keine Handlungsalternative mehr sehe, sei sie gefährlich. Die Staatsanwaltschaft war schon im Vorfeld der Verhandlung davon überzeugt, dass die Beschuldigte psychisch schwer krank ist und für ihre Taten deshalb nicht im eigentlichen Sinn bestraft werden kann. Genauso sahen es am Ende des zweiten Verhandlungstags nach Ostern auch die Richter. Die Dorstenerin wurde für schuldunfähig erklärt. Allerdings stuften die Richter sie als Gefahr für die Allgemeinheit ein und ordneten ihre unbefristete Unterbringung in einer geschlossenen Klinik an. Die 45-Jährige reagierte einsichtig. Sie verzichtete auf eine Revision und nahm das Urteil an (Quelle jh in DZ vom 6. und 14. April 2023).

Schwarzgeld-Skandal: Dorstener kommt mit „blauem Auge“ davon. Zwei Brüder aus Dorsten und Duisburg stiegen in die Reinigungsbranche ein, was zu einer Bruchlandung führte: Steuern wurden nicht bezahlt. Jetzt gab es die „juristische Quittung“. Dabei hatte der 34-Jährige aus Dorsten jedoch noch Glück. Die Richter am Essener Landgericht haben das Strafverfahren wegen Sozialbetrugs und Steuerhinterziehung gegen Zahlung von 4000 Euro eingestellt. Gegen seinen Bruder sind dagegen 20 Monate Haft auf Bewährung verhängt worden. Der Schaden für die Finanzbehörden und sozialversicherungsträger war auch beachtlich. Er soll sich auf rund 600.000 Euro belaufen haben. Der Bruder des Dorsteners hatte 2016 ein Gewerbe angemeldet. Firmensitz war Bottrop. Seine Mitarbeiter waren offenbar vor allem in Industrie-Unternehmen im Einsatz. Den Lohn gab es bar auf die Hand. Für die Abhebungen soll der Dorstener zum Teil bis nach Frankfurt gefahren sein. Dort war eines der Firmenkonten. Im Prozess hatte der Hauptangeklagte ein Geständnis abgelegt, sich aber als „Zuschauer in der eigenen Firma“ und als „Marionette“ bezeichnet. Um Aufträge, Buchhaltung und Steuern habe sich ein Bekannter gekümmert. Dass von Anfang an praktisch nichts mit rechten Dingen zuging, habe er zu spät gemerkt (Quelle: jh in DZ vom 21. März 2023).

Freundin geschlagen und zum Sex gezwungen. Ein Mann aus Dorsten soll in seiner Beziehung alle Grenzen überschritten haben. Vor Gericht sagte die Freundin: „Es war einfach nur schrecklich.“ Wenn es stimmen sollte, was eine Frau am 16. März vor Gericht erzählt hatte, dann müsste sich ihr Ex-Freund aus Dorsten eigentlich vor Scham verkriechen. Die Rede war von unfassbaren Szenen im Schlafzimmer. Zu einer Verurteilung wegen sexueller Nötigung hat es aber auch im Berufungsprozess am Essener Landgericht nicht gereicht. Das Paar war von einer Party nach Hause gekommen und hatte sich schlafen gelegt. „Plötzlich bin ich vor Schmerzen wachgeworden“, sagte die Ex-Freundin des Angeklagten den Richtern. Ihr Freund habe auf ihren Armen gekniet und sie zu sexuellen Handlungen gezwungen. „Es war einfach nur schrecklich.“ Eine zeitliche Einordnung war der 37-Jährigen allerdings nicht möglich. Auch was vorher und nachher passiert ist, konnte sie den Richtern nicht sagen: „Ich habe alles verdrängt.“ Der Angeklagte selbst hatte die Tat bestritten, beziehungsweise sich auf Erinnerungslücken berufen. Die Berufungsrichter sahen sich am Ende außerstande, zweifelsfrei festzustellen, was passiert ist. Damit blieb es bei dem Urteil, das schon das Amtsgericht in Dorsten in erster Instanz gesprochen hat: Freispruch in Sachen sexueller Nötigung. Weil der 37-Jährige seine Ex-Freundin bei anderer Gelegenheit jedoch geschlagen und im Internet betrogen hat, muss er 4400 Euro Geldstrafe zahlen – d. s. 110 Tagessätze (Quelle: jh in DZ vom 17. März 2023).

Entflohener Psychiatrie-Patient: Wilde Verfolgungsjagd der Polizei.  Ein psychisch kranker Mann aus Dorsten liefert der Polizei eine Verfolgungsfahrt. Vor Gericht war seine Aggressivität jedoch kaum wiederzuerkennen. Es missten dramatische Szenen gewesen sein, die sich im September 2022 in Dorsten abgespielt hatten. Damals hatte sich der 34-Jährige eine wilde Verfolgungsjagd mit der Polizei geliefert – mit hohem Tempo über rote Ampeln. Er selbst saß in einem Lieferwagen, den er kurz zuvor gestohlen hatte. Am 13. März wurde der Fall vor dem Essener Landgericht verhandelt. Bestraft werden konnte der Dorstener jedoch nicht. Er galt zur Tatzeit als schuldunfähig. Zum Schutz der Allgemeinheit hatten die Richter allerdings die Unterbringung in der geschlossenen Psychiatrie angeordnet.  Da sich der 34-Jährige inzwischen offenbar wieder völlig normal erschien, ist die Maßregel gegen Auflagen (Psychotherapie fortsetzen, Medikamente nehmen) sofort zur Bewährung ausgesetzt worden.Der 34-Jährige war nur einen Tag vor der Tat aus der geschlossenen Abteilung der Psychiatrie in Herten geflohen. Dort hatte man ihn wegen paranoider Schizophrenie behandelt. „Die wollten mich dabehalten“, sagte der Dorstener den Richtern. Nach eigenen Angaben war er in einem unbeobachteten Moment über den Zaun der Einrichtung geklettert und losgerannt. Stundenlang will er damals in der Gegend herumgeirrt sein. Bis er irgendwann wieder in seiner Dorstener Wohnung war. Doch auch dort kam er nicht zur Ruhe. „Ich habe die ganze Nacht nicht geschlafen.“ Am nächsten Tag habe er dann den Lieferwagen gesehen. Das Fahrzeug stand offen, der Schlüssel steckte. Der 34-Jährige setzte sich hinters Steuer und gab Gas. Der völlig überraschte Besitzer hatte noch einen Gittercontainer auf die Straße gezerrt und Handzeichen gegeben, um den Autodieb zu stoppen. Doch der fuhr mit aufheulendem Motor einfach auf den Mann zu, rammte dabei den Container, der mehrere Meter zur Seite flog. Der Besitzer des Fahrzeugs hatte gerade noch zur Seite springen können. Die wilde Fahrt endete erst, nachdem der 34-Jahrige von der Polizei ausgebremst wurde. Im Prozess sagte er dazu: „Ich war einfach nicht ganz fit im Kopf.“ Dabei hatte der 34-Jährige zuvor eigentlich immer versucht, sein Leben in den Griff zu bekommen und sich weiterzubilden – trotz ständiger Rückschläge. Zuletzt war er wieder zur Schule gegangen, um sein Abitur nachzuholen und gleichzeitig eine Ausbildung zum Erzieher zu machen. Das erste Jahr war schon um, dann kam der krankheitsbedingte Einbruch. „Ich habe mit allem Streit angefangen“, sagte er den Richtern, „weil ich dachte, dass alle gegen mich sind.“ Nach den Wutausbrüchen habe er sich dann immer komplett zurückgezogen (Quelle: jh in DZ vom 14. März 2023).

Berufungsgericht: Falsche Polizistin entkam doch noch dem Gefängnis. Eine Mutter aus Dorsten spielte Polizistin und brachte Seniorinnen um ihre Ersparnisse. Eigentlich sollte sie ins Gefängnis. Doch dann kam alles anders. Gleich mehrfach ist eine Mutter aus Dorsten in die Rolle einer Polizistin geschlüpft und hatte hochbetagte Seniorinnen um ihre Ersparnisse gebracht. Eigentlich sollte sie dafür eine Haftstrafe antreten. Das Dorstener Amtsgericht hatte in einem ersten Prozess zu zwei Jahren und vier Monaten Haft verurteilt. Im Berufungsprozess kam es dann anders. Die 32-Jährige hatte alles getan, um der Gefängnisstrafe in Berufungsprozess doch noch zu entkommen. In der Berufungsverhandlung am Essener Landgericht überraschte Mitte März 2023 sie die Richter am 6. März 2023 gleich mehrfach. Am Ende kam alles so, wie sie es sich vorgestellt hatte. Sie kann arbeiten und sich um ihre beiden minderjährigen Kinder kümmern. Die Richter in Essen haben die erstinstanzliche Strafe auf zwei Jahre Haft verkürzt und auf Bewährung ausgesetzt. Im Gegenzug musste die 32-Jährige 4000 Euro an die Staatskasse zahlen. Das hat sie dann auch sofort getan. Das Geld hatte sie schon in bar dabei, welches sie angeblich von ihren Arbeitskolleginnen bekommen hatte. Auch den durch ihre Betrügereien angerichteten Schaden hatte die Angeklagte bereits wiedergutgemacht. Die betroffenen Seniorinnen hatten ihr gesamtes Geld zurückerhalten – rund 33.000 Euro. Ihre Familie, so sagte die Angeklagte den Richtern, hätte für sie in der albanischen Heimat en Haus verkauft.
Die Dorstenerin war in den Jahren 2020 und 2021 Mitglied einer international operierenden Bande, die es gezielt auf die Ersparnisse von älteren Menschen abgesehen hatte. Den Seniorinnen wurde am Telefon erzählt, dass ihr Name auf der Liste einer Einbrecherbande stehe und sie ihr Vermögen schnell in Sicherheit bringen müssten. Dazu werde eine Polizistin vorbeikommen, der sie vertrauen könnten. Diese Frau war die Angeklagte. Sie nahm Bargeld, Schmuck und EC-Karten samt PIN entgegen, hob damit oft noch in derselben Nacht Geld ab. Das meiste Geld wurde direkt in die Türkei geschickt. Dort saßen die Hintermänner der Bande. Sie selbst war über ihren damaligen Lebenspartner in die illegalen Machenschaften hineingerutscht und hatte davon profitiert. Im Prozess war von teuren Einkäufen die Rede, die ihr zugutegekommen sind. Nach ihrer Festnahme hatte die Dorstenerin über zwei Monate in Untersuchungshaft gesessen. Die Richterin: „Die Opfer waren alte Menschen, die sich einfach nicht mehr so gut wehren können.“ Sie hätten der Angeklagten vertraut und seien davon ausgegangen, dass sie wirklich Polizeibeamtin sei (Quelle: jh in BZ vom 8. März 2023).

Brandstifter verurteilt: „Gekränkt und in Rage“. Es war eine Mischung aus Wut, Hass und Eifersucht, als der 29-jährige Handwerker aus Schermbeck im Sommer 2022 in der Dorstener Altstadt das Auto seiner Ex-Ehefrau in Brand setzte. Dass niemand verletzt wurde, was reiner Glücksfall. Am 3. März 2023 verurteilte das Essener Landgericht den Angeklagten zu dreieinhalb Jahren Haft. In der Tatnacht hatte der Angeklagte noch einmal bei seiner Ex-Frau übernachten wollen, die mit den gemeinsamen Kindern bereits aus dem Schermbecker Haus der Familie ausgezogen war. Doch sie lehnte ab, erzählte außerdem, dass sie einen neuen Partner habe. „Das hat ihn gekränkt, verletzt und in Rage versetzt“, so Richtern Karin Meiberg beim Urteil.
Es war schon weit nach 1 Uhr, als der Angeklagte mit seinem Firmenwagen in Dorsten aufgetaucht war. Er parkte in der Straße „Alter Postweg“, lief dann mit einem Benzinkanister in die Katharinenstraße. Dort schüttete er den Inhalt auf die Motorhaube des Autos seiner im achten Monat schwangeren Ex-Frau und griff zum Feuerzeug. Die Flammen schlugen in Sekundenschnelle hoch, griffen später auch auf ein weiteres Fahrzeug über. Was die Situation so gefährlich machte: Die beiden Fahrzeuge waren direkt vor dem Haus geparkt, in dem seine Ex-Frau wohnte. Das Fenster in der Haustür zersprang durch die Hitze, der Hausflur war voller Rauch. Rollos und Teile der Fassadenverkleidung schmolzen. Die Bewohner des Mehrfamilienhauses hatten sich damals nur noch über einen Balkon in den Garten retten können. Dort waren sie von der Feuerwehr in Empfang genommen worden. Hintergrund der Albtraumtat war offenbar die schwere Alkoholabhängigkeit des Angeklagten, gepaart mit einer Persönlichkeitsstörung. Laut Urteil hat der 29-Jährige nach der Trennung von seiner Frau Anfang 2022 massiv zur Flasche gegriffen. „Er hatte das nicht mehr im Griff“, so Richterin Meiberg. „Er ist sogar eingeschlafen, als er auf die Kinder aufpassen sollte.“ Auch im Graben sei er mit seinem Auto schon gelandet. Besonders hässlich war, dass er nach seiner Festnahme, der selbst mehrere neue Beziehungen eingegangen war, den Verdacht zunächst auf seine Ex-Frau gelenkt hatte. Sie habe den Brand vielleicht selbst gelegt, um die Versicherung zu betrügen, so seine Erklärung bei der Polizei. Sie habe nämlich ein neues Auto haben wollen. Im Prozess hatte der 29-Jährige dann allerdings ein umfassendes Geständnis abgelegt. Um sein Alkoholproblem in den Griff zu bekommen, muss der Angeklagte einen Teil der Haft in einer geschlossenen Entziehungsanstalt verbringen.
Juristisch ist der Fall um das nächtliche Feuerdramaabgeschlossen. Der Handwerker aus Schermbeck wird seine Verurteilung zu dreieinhalb Jahren Haft nicht vom Bundesgerichtshof überprüfen lassen. Das hat das Essener Landgericht am 15. März bestätigt.  Da das Urteil des Essener Landgerichts nun rechtskräftig ist, kann der 29-Jährige nun auch so schnell wie möglich vom Gefängnis in eine geschlossene Entziehungsanstalt wechseln, um sein massives Alkoholproblem vielleicht doch noch in den Griff zu bekommen  (Quellen: jh in DZ vom 4. März und 17. März 2023).

Mit Drogen gedealt: Besitzer eines Friseurgeschäfts vor Gericht. Seine eigene Drogensucht finanzierte er mit dem Handel von Marihuana. Ende Februar 2023 musste sich der 29-jährige Besitzer eines Dorstener Friseursalons vor dem Dorstener Schöffengericht verantworten. Die Kripo fand bei einer Wohnungsdurchsuchung im Jahr 2017 fast 900 Gramm Marihuana im Gesamtwert von rund 4000 Euro. Als Drogendealer ins Visier geriet ein Dorstener, der zwei Jahre später der Polizei durch mehrere weitere Drogengeschäfte auffiel. Inzwischen hatte er sein Leben „voll im Lot“. Auch der Staatsanwalt sprach von einer „erfreulich günstigen Sozialprognose“. Denn der 29-Jährige, der nach eigenen Angaben schon im jungen Alter von 13, 14 Jahren cannabisabhängig war, ist – nach einem zwischenzeitlichen Rückfall wegen der Trennung von seiner Ex-Freundin – inzwischen seit längerer Zeit clean. „Ich habe viel Falsches im Leben getan, doch ich trage nun Verantwortung“, so der Angeklagte, der damals mit dem Drogenankauf und Verkauf vor allem seine eigene Sucht finanziert hatte. Er hat nämlich inzwischen erfolgreich einen eigenen Friseursalon in Dorsten aufgemacht und hat mehrere Angestellte. Diese Zukunft wollten ihm Staatsanwalt und Schöffengericht nicht verbauen. Der 29-Jährige bekam zwei Jahre Haft auf Bewährung. Mit einbezogen wurde ein Urteil vom Landgericht Kleve, wo sich der Dorstener wegen eines früheren illegalen Einführens von Drogen verantworten musste (Quelle: MK in DZ vom 24. Februar).

„Hausflur roch nach Hasch“: 18 Monate und 4800 Euro Gelstrafe. Eine ganze Menge Cannabis fand die Polizei in einer Wohnung in Dorsten. Im Strafprozess gegen den Mieter sprach der Staatsanwalt von „echt gutem Zeug“. Über mehrere Wochen hinweg kam einer Nachbarsfamilie das Besucheraufkommen eines 28-jährigen Feldmärkers merkwürdig vor: „Die kamen ruckzuck zu seiner Wohnungstür rein und wieder raus“, sagte der Sohn der Hausbewohner aus: „Und dann irgendwann hat es im ganzen Haus extrem nach Hasch gerochen.“ Als ihm ein Unbekannter schließlich an der Haustür mit „ganz roten Augen“ begegnete, schritt der Nachbar zur Tat – und informierte die Polizei über seine Beobachtungen im Mehrfamilienhaus. Was die Kripo-Beamten in der Wohnung des Feldmärkers fanden, bescherte ihm im Februar 2023 einen Strafprozess vor dem Dorstener Schöffengericht: zwei Feinwaagen, einen Zerkleinerer, 665 Euro Bargeld in kleiner Stückelung und insgesamt 700 Gramm Cannabis in Tüten und einer Metallbox. Dazu zwei Smartphones, die während der polizeilichen Durchsuchung immer wieder klingelten. „Drogenhandel in nicht geringer Menge“ warf die Staatsanwaltschaft dem 28-Jährigen, der einen gut dotierten Techniker-Job bei einem Großunternehmen hat, vor. Als „echt gutes Zeug mit hohem Wirkstoffgehalt“, klassifizierte der Staatsanwalt den vorgefundenen Stoff. Der zuvor gänzlich unbescholtene Angeklagte wies die Vorwürfe jedoch von sich: „Die Drogen gehören einem Kollegen“, sagte er aus. „Ich habe die bei mir zu Hause für ihn gebunkert.“ Nur für den „Eigenbedarf“ habe er sich hin und wieder davon bedienen dürfen. Und die vielen Besucher? „Ich habe einen großen Bekanntenkreis.“ Den Namen des ominösen Kollegen wollte der Angeklagte jedoch nicht preisgeben. Grund genug für Staatsanwalt und Schöffengericht, dem 28-Jährigen nicht zu glauben. 18 Monate auf Bewährung und 4800 Euro Geldstrafe – so lautete am Ende das Urteil (Quelle: MK in DZ).

Prügel-Attacke in der Innenstadt ist gesühnt. Es war am 29. Januar 2022, als Malik Elahi in der „Nonnenstiege“ in der Altstadt einem am Boden liegenden, stark aus der Nase blutendem jungen Mann zur Hilfe gekommen und dabei selbst von einem Täter geschlagen und verletzt worden war. Bei Malik Elahi waren nach dem schlimmen Geschehen ein Nasenbeinbruch, ein Jochbeinbruch sowie Hämatome am Kopf diagnostiziert wurden. Der Fall hatte auch deshalb Schlagzeilen gemacht, weil die Staatsanwaltschaft Essen das Ermittlungsverfahren zunächst eingestellt hatte – bis sich das Blatt wegen neuer Beweismittel wendete.
Vor dem Jugendschöffengericht musste sich am 13. Februar ein 21-jähriger Wulfener als „Heranwachsender“ nicht nur für diese Tat verantworten. Gleich sieben Vorwürfe standen im Raum. Von „hoher Aggressivität“ des vorbestraften junges Mannes sprach der Staatsanwalt. So hatte der Wulfener im September 2021 mitten in der Fußgängerzone einen 14-jährigen Dorstener verprügelt. Weil er sich von Geräuschen provoziert fühlte, die der Schüler gemacht hatte, spuckte der Wulfener dem Jüngeren ins Gesicht. Der 14-jJhrige stellte den Angeklagten daraufhin auf dem Marktplatz zur Rede – und zeigte ihm den „Stinkefinger“. Das hätte er besser gelassen. Denn der 21-Jährige verfolgte den Jungen, entblößte auf der Essener Straße seinen Oberkörper und schlug – beobachtet von Passanten – auf Kopf und ins Gesicht seines schmächtigen Opfers ein. Auch seine damalige Freundin lernte die Brutalität des Angeklagten kennen. Während eines Streits warf er Gegenstände durch ihre Wohnung, verschloss von innen die Tür, damit die Frau nicht flüchten konnte – und hatte in der Küche ein Messer in der Hand. Auch eine 59-jährige im Krankenhaus tätige Ordensschwester hatte unter dem zu leiden, was der 21-Jährige ihr angetan hatte. „Ich hatte Todesangst vor ihm und mich ein halbes Jahr lang nicht in meine Wohnung getraut.“ Die Nonne lebt in einem Mehrfamilienhaus in der Innenstadt, in dem auch der Angeklagte zeitweilig wohnte. Sie hatte im August 2021 die Polizei gerufen, weil im Hinterhof Kinder mit Softair-Pistolen aufeinander geschossen und sich zwei von ihnen bei Treffern wehgetan hatten. Das erzürnte den Angeklagten so sehr, dass er die Nonne vor ihrer Wohnungstür mit übelsten Schimpfwörtern beleidigte. Und androhte, ihr „15.000 Araber“ auf den Hals hetzen und sie derart „fertig machen“ zu wollen, dass sie „das nicht überleben würde“. Spät am Abend musste die Ordensfrau feststellen, dass an ihrem Auto die Scheiben eingeschlagen und die Reifen zerstochen waren. Während der Beschuldigte die Beleidigungen und Drohungen einräumte und sich dafür entschuldigte, will er den Wagen nicht demoliert haben. Wegen der Schwere dieser Taten fielen andere Anklagepunkte weniger ins Gewicht. Zwei Jahre und sechs Monate ohne Bewährung – so lautete am Ende das Urteil gegen den 21-Jährigen.

18-jähriger Beil-Angreifer verurteilt. Im Juli 2022 hat ein 18-Jähriger aus Dorsten einen Arbeitskollegen in Raesfeld mit einem Handbeil angegriffen. Der Dorstener wurde Anfang Februar 2023 vom Landgericht Bocholt zu einer Haftstrafe verurteilt. Den Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung hatte das Gericht für erwiesen angesehen. Das Urteil war in nichtöffentlicher Sitzung ergangen. Der Kollege wurde dabei verletzt – soll sich aber noch gegen einen zweiten Angriffsversuch gewehrt haben. Er konnte das Krankenhaus nach ambulanter Behandlung wieder verlassen. Andere Mitarbeiter hatten den Täter dann überwältigt und entwaffnet. Ursprünglich war der Juniorchef des Unternehmens sein Ziel gewesen – dieser war zum Tatzeitpunkt aber nicht zugegen. Hintergrund der Tat sollen Probleme in der Ausbildung gewesen sein. Der Dorstener habe Probleme in der Berufsschule gehabt und sei deswegen in einen Konflikt mit dem Juniorchef des Betriebs gekommen, hatte die Staatsanwaltschaft zu den Ermittlungen berichtet. Diese habe ihn aufgefordert, das Ausbildungsjahr zu wiederholen oder die ganze Ausbildung abzubrechen. Die Staatsanwaltschaft hatte ein Strafmaß von sechseinhalb Jahren Haft gefordert. Bei der Tat habe es sich um einen versuchten Mord gehandelt, argumentierte die Staatsanwaltschaft. Die Verteidigung forderte hingegen eine Bewährungsstrafe – beziehungsweise Arrest. Ausschlaggebend für das Strafmaß von dreieinhalb Jahren war unter anderem, dass der Tötungsvorsatz vor Gericht nicht nachgewiesen werden könne, so Hansen. Außerdem zeigte der Angeklagte vor Gericht Reue und entschuldigte sich für seine Tat. Außerdem betonte er, dass er niemanden habe töten wollen. Der Verurteilte war bei der Tat alkoholisiert – jedoch nicht dadurch vermindert schuldfähig, befand das Gericht. Der Dorstener muss dem angegriffenen Kollegen 4000 Euro zahlen und auch für künftige Schäden, die die Folge des Angriffs sind, aufkommen. Der bei der Tat Verletzte trat als Nebenkläger auf (Quelle: DZ vom 7. Febr. 2023).

Polizei fand Kundenliste: Dealer gab Drogen auch an Schüler ab. Bei einer Wohnungsdurchsuchung in Dorsten fand die Kripo Marihuana im Februar 2021 mehr als 100 Gramm Marihuana sowie Amphetamine und ein Buch mit einer Kundenliste, in der sich auch ein 17-jähriger Gesamtschüler befand. Am 25. Januar 2023 musste sich der 35-jährige Besitzer vor dem Dorstener Schöffengericht verantworten. Der Anklagevorwurf lautete: Besitz von und Handel mit Drogen und Abgabe von Rauschgift an Minderjährige. Der Angeklagte, der die Drogen auf Kommission von einer „stadtbekannten Größe“ bezogen hatte, räumte die Vorwürfe ein, sagte aber aus, er habe nicht gewusst, dass sein Kunde unter 18 gewesen sei. Der Beschuldigte erklärte, er habe mit dem Drogenverkauf seinen eigenen Drogenkonsum finanzieren wollen. Der damals 17-jährige Schüler gab an, er habe die Telefonnummer des Dealers von einem Freund bekommen: „Nachdem ich einen Treffpunkt zur Übergabe mit ihm ausgemacht hatte, habe ich mehrfach bei dem Angeklagten gekauft.“ Und zwar jeweils ein Gramm Marihuana für 10 Euro. Sein eigenes jugendliches Alter sei damals nie zur Sprache gekommen. Das Schöffengericht gab schließlich dem Antrag des Staatsanwalts statt. Der bislang nicht vorbestrafte Barkenberger wurde zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt, dazu muss er 100 Stunden gemeinnützige Arbeit ableisten (Quelle: MK in DZ vom 26. Jan. 2023).

Wie im Film: Bande stahl Autoreifen – vier Jahre Gefängnis. Monatelang war die Polizei einer Bande von Reifendieben auf der Spur. Die Tatorte lagen in Dorsten und Marl. Im Januar 2023 saßen zwei Männer und zwei Frauen aus Duisburg und Oberhausen auf der Anklagebank im Essener Landgericht. – Es sah aus, wie in einer eine Szene aus einem alten Ganovenfilm: Immer wieder wurden Autos auf Steine oder Holzklötze gesetzt, um gleich alle vier Räder zu abzuschrauben und zu stehlen. Betroffen waren auch zwei Autohäuser in Dorsten und Marl.
„Dieser Prozess wird mir eine Lehre sein“, sagte eine der angeklagten Frauen den Richtern. Dabei war sie selbst eigentlich nur am Rande aktiv. Die 33-Jährige hatte für ihren mitangeklagten Freund eine Garage angemietet, in der das Diebesgut zwischengelagert wurde. In Dorsten war es ein Einbruch in ein Autohaus, der die Polizei im Juni 2021 auf die Spur der Täter brachte. Dort waren auf einem Abstellplatz für Neufahrzeuge 20 Reifen nebst Felgen abmontiert und mitgenommen worden. Allein hier belief sich der Wert der Beute laut Anklage auf knapp 20.000 Euro. Die Autohaus-Mitarbeiter staunten wahrscheinlich nicht schlecht, als sie am nächsten Morgen zur Arbeit kamen. Die fünf Autos standen auf Holzklötzen, außerdem waren die Heckscheiben eingeworfen worden, um an das Werkzeug für die Felgenschlösser zu kommen. Die Polizei stellte einen DANN-Treffer fest und konnten daher einen Täter aus Duisburg ermitteln. Kurz darauf liefen umfangreiche Überwachungsmaßnahmen an. Autos wurden mit Peilsendern versehen, die angemietete Garage überwacht. Auffällig war, dass vor weiteren Einbrüchen in Autohäuser jeweils ein Mercedes-Sprinter angemietet wurde. Abnehmer der gestohlenen Reifen war angeblich ein Mann, der in Holland einen Reifenhandel betrieb. In Marl waren im Sommer 2020 bei einem Autohändler 24 Reifen von sechs Fahrzeugen abmontiert worden. Um auf das Gelände zu kommen, hatten die Täter vorher ein Zaunelement entfernt. Der Schaden: rund 40.000 Euro. Weitere Tatorte lagen in Bochum, Dortmund und anderen Orten. Auch Gartenmöbel wurden laut Anklage gestohlen und weiterverkauft worden.
Am zweiten Verhandlungstag verurteilte das Essener Landgericht den 46-Jährigen zu vier Jahren Gefängnis. Ein Komplize kam mit vier Monaten weniger davon. Zwei mitangeklagte Frauen hatten dagegen Glück. Gegen sie wurden Bewährungsstrafen verhängt (Quelle: Jh in DZ vom 14. und 20 Jan. 2023).

 Böser Überfall mit Fausthieb in die Nierengegend: 10 Monate Haft. Pöbelnde Jugendliche, Drogengeschäfte, Müll: Bürger in Dorsten äußern immer mal wieder ihren Unmut über die Zustände am Kanal zwischen Lippetal und Mercaden. Jetzt beschäftigte ein gewalttätiger Vorfall, der sich an der dortigen Kanaluferpromenade abgespielt hat, das Dorstener Schöffengericht. Dort gab es am 27. September 2021 in den Abendstunden unterhalb des damaligen Lippetor-Kiosks ein folgenreiches Zusammentreffen zwischen einer Gruppe von vornehmlich schwarzen Asylbewerbern und mehreren jungen Leuten.
Von anfänglichen übelsten rassistischen Beschimpfungen gegenüber den Asylbewerbern berichtete ein Augenzeuge im Gerichtssaal. Diese arteten schließlich in eine Auseinandersetzung aus, bei der ein Afrikaner geschlagen und getreten wurde.
Im Prozess war zu erfahren, dass es bereits im Vorfeld zwischen dem Opfer und einem der jungen Täter einer Frau wegen zu Auseinandersetzungen gekommen war. Am Tattag eskalierte die Situation: Der Freund der Frau griff den Asylbewerber an – dafür wurde er kürzlich vom Jugendschöffengericht verurteilt. Vor dem Erwachsenen-Schöffengericht musste sich am Mittwoch nun ein weiterer Beteiligter des damaligen Geschehens verantworten – ein 24-jähriger Bekannter des jungen Mannes. Der Wulfener hatte gesehen, wie sich die Kontrahenten gegenüberstanden. „Da wollte ich eingreifen“, sagte der Angeklagte. Er gab zu, dass er – nachdem er die Treppe hinuntergerannt war – dem Opfer mit der Faust einen Hieb in die Nierengegend verpasst hatte. „Das war aber Notwehr“, sagte er aus. Der Asylbewerber habe nämlich plötzlich eine Glasflasche in der Hand gehabt. „Die wollte ich wegschlagen, bin aber ausgerutscht.“ Das Opfer musste mit einem Nierenhämatom ins Dorstener Krankenhaus transportiert werden.
Das Gericht glaubte die Notwehr-Geschichte nicht. Zumal der Wulfener schon häufiger seine Aggressionen nicht im Zaum halten konnte. So stand er zum Tatzeitpunkt unter Bewährung. Grund: eine Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung. Am Mittwoch gab es zudem noch einen zweiten Anklage-Vorwurf gegen ihn. Im August 2022 hat er sich wegen Lärms in seiner Wulfener Nachbarschaft aufgeregt: Ihm war eine Gruppe von jungen Leuten, die sich abends gegen 20.30 Uhr im Außenbereich des katholischen Jugendtreffs „Café Pott“ zusammengefunden hatte, zu laut geworden. Wütend beleidigte er die Anwesenden vor Ort als „Neandertaler“, kletterte über den fast zwei Meter hohen Zaun zum Jugendbereich, gab einem der jungen Leute eine Backpfeife und schüchterte die Gruppe ein, indem er mit einem „Teleskop-Schlagstock“ herumwedelte – ein Verstoß gegen das Waffengesetz, denn das Tragen eines solchen in der Öffentlichkeit stellt eine Ordnungswidrigkeit dar. Das Schöffengericht verhängte gegen den Wulfener eine zehnmonatige Haftstrafe – ohne Bewährung (Quelle: Michael Klein in DZ vom 19. Jan. 2023).

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