Kriminelle vor Gericht: Diebe, Betrüger, Schläger, Einbrecher, Räuber
Schwarzgeld-Skandal: Dorstener kommt mit „blauem Auge“ davon. Zwei Brüder aus Dorsten und Duisburg stiegen in die Reinigungsbranche ein, was zu einer Bruchlandung führte: Steuern wurden nicht bezahlt. Jetzt gab es die „juristische Quittung“. Dabei hatte der 34-Jährige aus Dorsten jedoch noch Glück. Die Richter am Essener Landgericht haben das Strafverfahren wegen Sozialbetrugs und Steuerhinterziehung gegen Zahlung von 4000 Euro eingestellt. Gegen seinen Bruder sind dagegen 20 Monate Haft auf Bewährung verhängt worden. Der Schaden für die Finanzbehörden und sozialversicherungsträger war auch beachtlich. Er soll sich auf rund 600.000 Euro belaufen haben. Der Bruder des Dorsteners hatte 2016 ein Gewerbe angemeldet. Firmensitz war Bottrop. Seine Mitarbeiter waren offenbar vor allem in Industrie-Unternehmen im Einsatz. Den Lohn gab es bar auf die Hand. Für die Abhebungen soll der Dorstener zum Teil bis nach Frankfurt gefahren sein. Dort war eines der Firmenkonten. Im Prozess hatte der Hauptangeklagte ein Geständnis abgelegt, sich aber als „Zuschauer in der eigenen Firma“ und als „Marionette“ bezeichnet. Um Aufträge, Buchhaltung und Steuern habe sich ein Bekannter gekümmert. Dass von Anfang an praktisch nichts mit rechten Dingen zuging, habe er zu spät gemerkt (Quelle: jh in DZ vom 21. März 2023).
Freundin geschlagen und zum Sex gezwungen. Ein Mann aus Dorsten soll in seiner Beziehung alle Grenzen überschritten haben. Vor Gericht sagte die Freundin: „Es war einfach nur schrecklich.“ Wenn es stimmen sollte, was eine Frau am 16. März vor Gericht erzählt hatte, dann müsste sich ihr Ex-Freund aus Dorsten eigentlich vor Scham verkriechen. Die Rede war von unfassbaren Szenen im Schlafzimmer. Zu einer Verurteilung wegen sexueller Nötigung hat es aber auch im Berufungsprozess am Essener Landgericht nicht gereicht. Das Paar war von einer Party nach Hause gekommen und hatte sich schlafen gelegt. „Plötzlich bin ich vor Schmerzen wachgeworden“, sagte die Ex-Freundin des Angeklagten den Richtern. Ihr Freund habe auf ihren Armen gekniet und sie zu sexuellen Handlungen gezwungen. „Es war einfach nur schrecklich.“ Eine zeitliche Einordnung war der 37-Jährigen allerdings nicht möglich. Auch was vorher und nachher passiert ist, konnte sie den Richtern nicht sagen: „Ich habe alles verdrängt.“ Der Angeklagte selbst hatte die Tat bestritten, beziehungsweise sich auf Erinnerungslücken berufen. Die Berufungsrichter sahen sich am Ende außerstande, zweifelsfrei festzustellen, was passiert ist. Damit blieb es bei dem Urteil, das schon das Amtsgericht in Dorsten in erster Instanz gesprochen hat: Freispruch in Sachen sexueller Nötigung. Weil der 37-Jährige seine Ex-Freundin bei anderer Gelegenheit jedoch geschlagen und im Internet betrogen hat, muss er 4400 Euro Geldstrafe zahlen – d. s. 110 Tagessätze (Quelle: jh in DZ vom 17. März 2023).
Entflohener Psychiatrie-Patient: Wilde Verfolgungsjagd der Polizei. Ein psychisch kranker Mann aus Dorsten liefert der Polizei eine Verfolgungsfahrt. Vor Gericht war seine Aggressivität jedoch kaum wiederzuerkennen. Es missten dramatische Szenen gewesen sein, die sich im September 2022 in Dorsten abgespielt hatten. Damals hatte sich der 34-Jährige eine wilde Verfolgungsjagd mit der Polizei geliefert – mit hohem Tempo über rote Ampeln. Er selbst saß in einem Lieferwagen, den er kurz zuvor gestohlen hatte. Am 13. März wurde der Fall vor dem Essener Landgericht verhandelt. Bestraft werden konnte der Dorstener jedoch nicht. Er galt zur Tatzeit als schuldunfähig. Zum Schutz der Allgemeinheit hatten die Richter allerdings die Unterbringung in der geschlossenen Psychiatrie angeordnet. Da sich der 34-Jährige inzwischen offenbar wieder völlig normal erschien, ist die Maßregel gegen Auflagen (Psychotherapie fortsetzen, Medikamente nehmen) sofort zur Bewährung ausgesetzt worden.Der 34-Jährige war nur einen Tag vor der Tat aus der geschlossenen Abteilung der Psychiatrie in Herten geflohen. Dort hatte man ihn wegen paranoider Schizophrenie behandelt. „Die wollten mich dabehalten“, sagte der Dorstener den Richtern. Nach eigenen Angaben war er in einem unbeobachteten Moment über den Zaun der Einrichtung geklettert und losgerannt. Stundenlang will er damals in der Gegend herumgeirrt sein. Bis er irgendwann wieder in seiner Dorstener Wohnung war. Doch auch dort kam er nicht zur Ruhe. „Ich habe die ganze Nacht nicht geschlafen.“ Am nächsten Tag habe er dann den Lieferwagen gesehen. Das Fahrzeug stand offen, der Schlüssel steckte. Der 34-Jährige setzte sich hinters Steuer und gab Gas. Der völlig überraschte Besitzer hatte noch einen Gittercontainer auf die Straße gezerrt und Handzeichen gegeben, um den Autodieb zu stoppen. Doch der fuhr mit aufheulendem Motor einfach auf den Mann zu, rammte dabei den Container, der mehrere Meter zur Seite flog. Der Besitzer des Fahrzeugs hatte gerade noch zur Seite springen können. Die wilde Fahrt endete erst, nachdem der 34-Jahrige von der Polizei ausgebremst wurde. Im Prozess sagte er dazu: „Ich war einfach nicht ganz fit im Kopf.“ Dabei hatte der 34-Jährige zuvor eigentlich immer versucht, sein Leben in den Griff zu bekommen und sich weiterzubilden – trotz ständiger Rückschläge. Zuletzt war er wieder zur Schule gegangen, um sein Abitur nachzuholen und gleichzeitig eine Ausbildung zum Erzieher zu machen. Das erste Jahr war schon um, dann kam der krankheitsbedingte Einbruch. „Ich habe mit allem Streit angefangen“, sagte er den Richtern, „weil ich dachte, dass alle gegen mich sind.“ Nach den Wutausbrüchen habe er sich dann immer komplett zurückgezogen (Quelle: jh in DZ vom 14. März 2023).
Berufungsgericht: Falsche Polizistin entkam doch noch dem Gefängnis. Eine Mutter aus Dorsten spielte Polizistin und brachte Seniorinnen um ihre Ersparnisse. Eigentlich sollte sie ins Gefängnis. Doch dann kam alles anders. Gleich mehrfach ist eine Mutter aus Dorsten in die Rolle einer Polizistin geschlüpft und hatte hochbetagte Seniorinnen um ihre Ersparnisse gebracht. Eigentlich sollte sie dafür eine Haftstrafe antreten. Das Dorstener Amtsgericht hatte in einem ersten Prozess zu zwei Jahren und vier Monaten Haft verurteilt. Im Berufungsprozess kam es dann anders. Die 32-Jährige hatte alles getan, um der Gefängnisstrafe in Berufungsprozess doch noch zu entkommen. In der Berufungsverhandlung am Essener Landgericht überraschte Mitte März 2023 sie die Richter am 6. März 2023 gleich mehrfach. Am Ende kam alles so, wie sie es sich vorgestellt hatte. Sie kann arbeiten und sich um ihre beiden minderjährigen Kinder kümmern. Die Richter in Essen haben die erstinstanzliche Strafe auf zwei Jahre Haft verkürzt und auf Bewährung ausgesetzt. Im Gegenzug musste die 32-Jährige 4000 Euro an die Staatskasse zahlen. Das hat sie dann auch sofort getan. Das Geld hatte sie schon in bar dabei, welches sie angeblich von ihren Arbeitskolleginnen bekommen hatte. Auch den durch ihre Betrügereien angerichteten Schaden hatte die Angeklagte bereits wiedergutgemacht. Die betroffenen Seniorinnen hatten ihr gesamtes Geld zurückerhalten – rund 33.000 Euro. Ihre Familie, so sagte die Angeklagte den Richtern, hätte für sie in der albanischen Heimat en Haus verkauft.
Die Dorstenerin war in den Jahren 2020 und 2021 Mitglied einer international operierenden Bande, die es gezielt auf die Ersparnisse von älteren Menschen abgesehen hatte. Den Seniorinnen wurde am Telefon erzählt, dass ihr Name auf der Liste einer Einbrecherbande stehe und sie ihr Vermögen schnell in Sicherheit bringen müssten. Dazu werde eine Polizistin vorbeikommen, der sie vertrauen könnten. Diese Frau war die Angeklagte. Sie nahm Bargeld, Schmuck und EC-Karten samt PIN entgegen, hob damit oft noch in derselben Nacht Geld ab. Das meiste Geld wurde direkt in die Türkei geschickt. Dort saßen die Hintermänner der Bande. Sie selbst war über ihren damaligen Lebenspartner in die illegalen Machenschaften hineingerutscht und hatte davon profitiert. Im Prozess war von teuren Einkäufen die Rede, die ihr zugutegekommen sind. Nach ihrer Festnahme hatte die Dorstenerin über zwei Monate in Untersuchungshaft gesessen. Die Richterin: „Die Opfer waren alte Menschen, die sich einfach nicht mehr so gut wehren können.“ Sie hätten der Angeklagten vertraut und seien davon ausgegangen, dass sie wirklich Polizeibeamtin sei (Quelle: jh in BZ vom 8. März 2023).
Brandstifter verurteilt: „Gekränkt und in Rage“. Es war eine Mischung aus Wut, Hass und Eifersucht, als der 29-jährige Handwerker aus Schermbeck im Sommer 2022 in der Dorstener Altstadt das Auto seiner Ex-Ehefrau in Brand setzte. Dass niemand verletzt wurde, was reiner Glücksfall. Am 3. März 2023 verurteilte das Essener Landgericht den Angeklagten zu dreieinhalb Jahren Haft. In der Tatnacht hatte der Angeklagte noch einmal bei seiner Ex-Frau übernachten wollen, die mit den gemeinsamen Kindern bereits aus dem Schermbecker Haus der Familie ausgezogen war. Doch sie lehnte ab, erzählte außerdem, dass sie einen neuen Partner habe. „Das hat ihn gekränkt, verletzt und in Rage versetzt“, so Richtern Karin Meiberg beim Urteil.
Es war schon weit nach 1 Uhr, als der Angeklagte mit seinem Firmenwagen in Dorsten aufgetaucht war. Er parkte in der Straße „Alter Postweg“, lief dann mit einem Benzinkanister in die Katharinenstraße. Dort schüttete er den Inhalt auf die Motorhaube des Autos seiner im achten Monat schwangeren Ex-Frau und griff zum Feuerzeug. Die Flammen schlugen in Sekundenschnelle hoch, griffen später auch auf ein weiteres Fahrzeug über. Was die Situation so gefährlich machte: Die beiden Fahrzeuge waren direkt vor dem Haus geparkt, in dem seine Ex-Frau wohnte. Das Fenster in der Haustür zersprang durch die Hitze, der Hausflur war voller Rauch. Rollos und Teile der Fassadenverkleidung schmolzen. Die Bewohner des Mehrfamilienhauses hatten sich damals nur noch über einen Balkon in den Garten retten können. Dort waren sie von der Feuerwehr in Empfang genommen worden. Hintergrund der Albtraumtat war offenbar die schwere Alkoholabhängigkeit des Angeklagten, gepaart mit einer Persönlichkeitsstörung. Laut Urteil hat der 29-Jährige nach der Trennung von seiner Frau Anfang 2022 massiv zur Flasche gegriffen. „Er hatte das nicht mehr im Griff“, so Richterin Meiberg. „Er ist sogar eingeschlafen, als er auf die Kinder aufpassen sollte.“ Auch im Graben sei er mit seinem Auto schon gelandet. Besonders hässlich war, dass er nach seiner Festnahme, der selbst mehrere neue Beziehungen eingegangen war, den Verdacht zunächst auf seine Ex-Frau gelenkt hatte. Sie habe den Brand vielleicht selbst gelegt, um die Versicherung zu betrügen, so seine Erklärung bei der Polizei. Sie habe nämlich ein neues Auto haben wollen. Im Prozess hatte der 29-Jährige dann allerdings ein umfassendes Geständnis abgelegt. Um sein Alkoholproblem in den Griff zu bekommen, muss der Angeklagte einen Teil der Haft in einer geschlossenen Entziehungsanstalt verbringen.
Juristisch ist der Fall um das nächtliche Feuerdramaabgeschlossen. Der Handwerker aus Schermbeck wird seine Verurteilung zu dreieinhalb Jahren Haft nicht vom Bundesgerichtshof überprüfen lassen. Das hat das Essener Landgericht am 15. März bestätigt. Da das Urteil des Essener Landgerichts nun rechtskräftig ist, kann der 29-Jährige nun auch so schnell wie möglich vom Gefängnis in eine geschlossene Entziehungsanstalt wechseln, um sein massives Alkoholproblem vielleicht doch noch in den Griff zu bekommen (Quellen: jh in DZ vom 4. März und 17. März 2023).
Mit Drogen gedealt: Besitzer eines Friseurgeschäfts vor Gericht. Seine eigene Drogensucht finanzierte er mit dem Handel von Marihuana. Ende Februar 2023 musste sich der 29-jährige Besitzer eines Dorstener Friseursalons vor dem Dorstener Schöffengericht verantworten. Die Kripo fand bei einer Wohnungsdurchsuchung im Jahr 2017 fast 900 Gramm Marihuana im Gesamtwert von rund 4000 Euro. Als Drogendealer ins Visier geriet ein Dorstener, der zwei Jahre später der Polizei durch mehrere weitere Drogengeschäfte auffiel. Inzwischen hatte er sein Leben „voll im Lot“. Auch der Staatsanwalt sprach von einer „erfreulich günstigen Sozialprognose“. Denn der 29-Jährige, der nach eigenen Angaben schon im jungen Alter von 13, 14 Jahren cannabisabhängig war, ist – nach einem zwischenzeitlichen Rückfall wegen der Trennung von seiner Ex-Freundin – inzwischen seit längerer Zeit clean. „Ich habe viel Falsches im Leben getan, doch ich trage nun Verantwortung“, so der Angeklagte, der damals mit dem Drogenankauf und Verkauf vor allem seine eigene Sucht finanziert hatte. Er hat nämlich inzwischen erfolgreich einen eigenen Friseursalon in Dorsten aufgemacht und hat mehrere Angestellte. Diese Zukunft wollten ihm Staatsanwalt und Schöffengericht nicht verbauen. Der 29-Jährige bekam zwei Jahre Haft auf Bewährung. Mit einbezogen wurde ein Urteil vom Landgericht Kleve, wo sich der Dorstener wegen eines früheren illegalen Einführens von Drogen verantworten musste (Quelle: MK in DZ vom 24. Februar).
„Hausflur roch nach Hasch“: 18 Monate und 4800 Euro Gelstrafe. Eine ganze Menge Cannabis fand die Polizei in einer Wohnung in Dorsten. Im Strafprozess gegen den Mieter sprach der Staatsanwalt von „echt gutem Zeug“. Über mehrere Wochen hinweg kam einer Nachbarsfamilie das Besucheraufkommen eines 28-jährigen Feldmärkers merkwürdig vor: „Die kamen ruckzuck zu seiner Wohnungstür rein und wieder raus“, sagte der Sohn der Hausbewohner aus: „Und dann irgendwann hat es im ganzen Haus extrem nach Hasch gerochen.“ Als ihm ein Unbekannter schließlich an der Haustür mit „ganz roten Augen“ begegnete, schritt der Nachbar zur Tat – und informierte die Polizei über seine Beobachtungen im Mehrfamilienhaus. Was die Kripo-Beamten in der Wohnung des Feldmärkers fanden, bescherte ihm im Februar 2023 einen Strafprozess vor dem Dorstener Schöffengericht: zwei Feinwaagen, einen Zerkleinerer, 665 Euro Bargeld in kleiner Stückelung und insgesamt 700 Gramm Cannabis in Tüten und einer Metallbox. Dazu zwei Smartphones, die während der polizeilichen Durchsuchung immer wieder klingelten. „Drogenhandel in nicht geringer Menge“ warf die Staatsanwaltschaft dem 28-Jährigen, der einen gut dotierten Techniker-Job bei einem Großunternehmen hat, vor. Als „echt gutes Zeug mit hohem Wirkstoffgehalt“, klassifizierte der Staatsanwalt den vorgefundenen Stoff. Der zuvor gänzlich unbescholtene Angeklagte wies die Vorwürfe jedoch von sich: „Die Drogen gehören einem Kollegen“, sagte er aus. „Ich habe die bei mir zu Hause für ihn gebunkert.“ Nur für den „Eigenbedarf“ habe er sich hin und wieder davon bedienen dürfen. Und die vielen Besucher? „Ich habe einen großen Bekanntenkreis.“ Den Namen des ominösen Kollegen wollte der Angeklagte jedoch nicht preisgeben. Grund genug für Staatsanwalt und Schöffengericht, dem 28-Jährigen nicht zu glauben. 18 Monate auf Bewährung und 4800 Euro Geldstrafe – so lautete am Ende das Urteil (Quelle: MK in DZ).
Prügel-Attacke in der Innenstadt ist gesühnt. Es war am 29. Januar 2022, als Malik Elahi in der „Nonnenstiege“ in der Altstadt einem am Boden liegenden, stark aus der Nase blutendem jungen Mann zur Hilfe gekommen und dabei selbst von einem Täter geschlagen und verletzt worden war. Bei Malik Elahi waren nach dem schlimmen Geschehen ein Nasenbeinbruch, ein Jochbeinbruch sowie Hämatome am Kopf diagnostiziert wurden. Der Fall hatte auch deshalb Schlagzeilen gemacht, weil die Staatsanwaltschaft Essen das Ermittlungsverfahren zunächst eingestellt hatte – bis sich das Blatt wegen neuer Beweismittel wendete.
Vor dem Jugendschöffengericht musste sich am 13. Februar ein 21-jähriger Wulfener als „Heranwachsender“ nicht nur für diese Tat verantworten. Gleich sieben Vorwürfe standen im Raum. Von „hoher Aggressivität“ des vorbestraften junges Mannes sprach der Staatsanwalt. So hatte der Wulfener im September 2021 mitten in der Fußgängerzone einen 14-jährigen Dorstener verprügelt. Weil er sich von Geräuschen provoziert fühlte, die der Schüler gemacht hatte, spuckte der Wulfener dem Jüngeren ins Gesicht. Der 14-jJhrige stellte den Angeklagten daraufhin auf dem Marktplatz zur Rede – und zeigte ihm den „Stinkefinger“. Das hätte er besser gelassen. Denn der 21-Jährige verfolgte den Jungen, entblößte auf der Essener Straße seinen Oberkörper und schlug – beobachtet von Passanten – auf Kopf und ins Gesicht seines schmächtigen Opfers ein. Auch seine damalige Freundin lernte die Brutalität des Angeklagten kennen. Während eines Streits warf er Gegenstände durch ihre Wohnung, verschloss von innen die Tür, damit die Frau nicht flüchten konnte – und hatte in der Küche ein Messer in der Hand. Auch eine 59-jährige im Krankenhaus tätige Ordensschwester hatte unter dem zu leiden, was der 21-Jährige ihr angetan hatte. „Ich hatte Todesangst vor ihm und mich ein halbes Jahr lang nicht in meine Wohnung getraut.“ Die Nonne lebt in einem Mehrfamilienhaus in der Innenstadt, in dem auch der Angeklagte zeitweilig wohnte. Sie hatte im August 2021 die Polizei gerufen, weil im Hinterhof Kinder mit Softair-Pistolen aufeinander geschossen und sich zwei von ihnen bei Treffern wehgetan hatten. Das erzürnte den Angeklagten so sehr, dass er die Nonne vor ihrer Wohnungstür mit übelsten Schimpfwörtern beleidigte. Und androhte, ihr „15.000 Araber“ auf den Hals hetzen und sie derart „fertig machen“ zu wollen, dass sie „das nicht überleben würde“. Spät am Abend musste die Ordensfrau feststellen, dass an ihrem Auto die Scheiben eingeschlagen und die Reifen zerstochen waren. Während der Beschuldigte die Beleidigungen und Drohungen einräumte und sich dafür entschuldigte, will er den Wagen nicht demoliert haben. Wegen der Schwere dieser Taten fielen andere Anklagepunkte weniger ins Gewicht. Zwei Jahre und sechs Monate ohne Bewährung – so lautete am Ende das Urteil gegen den 21-Jährigen.
18-jähriger Beil-Angreifer verurteilt. Im Juli 2022 hat ein 18-Jähriger aus Dorsten einen Arbeitskollegen in Raesfeld mit einem Handbeil angegriffen. Der Dorstener wurde Anfang Februar 2023 vom Landgericht Bocholt zu einer Haftstrafe verurteilt. Den Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung hatte das Gericht für erwiesen angesehen. Das Urteil war in nichtöffentlicher Sitzung ergangen. Der Kollege wurde dabei verletzt – soll sich aber noch gegen einen zweiten Angriffsversuch gewehrt haben. Er konnte das Krankenhaus nach ambulanter Behandlung wieder verlassen. Andere Mitarbeiter hatten den Täter dann überwältigt und entwaffnet. Ursprünglich war der Juniorchef des Unternehmens sein Ziel gewesen – dieser war zum Tatzeitpunkt aber nicht zugegen. Hintergrund der Tat sollen Probleme in der Ausbildung gewesen sein. Der Dorstener habe Probleme in der Berufsschule gehabt und sei deswegen in einen Konflikt mit dem Juniorchef des Betriebs gekommen, hatte die Staatsanwaltschaft zu den Ermittlungen berichtet. Diese habe ihn aufgefordert, das Ausbildungsjahr zu wiederholen oder die ganze Ausbildung abzubrechen. Die Staatsanwaltschaft hatte ein Strafmaß von sechseinhalb Jahren Haft gefordert. Bei der Tat habe es sich um einen versuchten Mord gehandelt, argumentierte die Staatsanwaltschaft. Die Verteidigung forderte hingegen eine Bewährungsstrafe – beziehungsweise Arrest. Ausschlaggebend für das Strafmaß von dreieinhalb Jahren war unter anderem, dass der Tötungsvorsatz vor Gericht nicht nachgewiesen werden könne, so Hansen. Außerdem zeigte der Angeklagte vor Gericht Reue und entschuldigte sich für seine Tat. Außerdem betonte er, dass er niemanden habe töten wollen. Der Verurteilte war bei der Tat alkoholisiert – jedoch nicht dadurch vermindert schuldfähig, befand das Gericht. Der Dorstener muss dem angegriffenen Kollegen 4000 Euro zahlen und auch für künftige Schäden, die die Folge des Angriffs sind, aufkommen. Der bei der Tat Verletzte trat als Nebenkläger auf (Quelle: DZ vom 7. Febr. 2023).
Polizei fand Kundenliste: Dealer gab Drogen auch an Schüler ab. Bei einer Wohnungsdurchsuchung in Dorsten fand die Kripo Marihuana im Februar 2021 mehr als 100 Gramm Marihuana sowie Amphetamine und ein Buch mit einer Kundenliste, in der sich auch ein 17-jähriger Gesamtschüler befand. Am 25. Januar 2023 musste sich der 35-jährige Besitzer vor dem Dorstener Schöffengericht verantworten. Der Anklagevorwurf lautete: Besitz von und Handel mit Drogen und Abgabe von Rauschgift an Minderjährige. Der Angeklagte, der die Drogen auf Kommission von einer „stadtbekannten Größe“ bezogen hatte, räumte die Vorwürfe ein, sagte aber aus, er habe nicht gewusst, dass sein Kunde unter 18 gewesen sei. Der Beschuldigte erklärte, er habe mit dem Drogenverkauf seinen eigenen Drogenkonsum finanzieren wollen. Der damals 17-jährige Schüler gab an, er habe die Telefonnummer des Dealers von einem Freund bekommen: „Nachdem ich einen Treffpunkt zur Übergabe mit ihm ausgemacht hatte, habe ich mehrfach bei dem Angeklagten gekauft.“ Und zwar jeweils ein Gramm Marihuana für 10 Euro. Sein eigenes jugendliches Alter sei damals nie zur Sprache gekommen. Das Schöffengericht gab schließlich dem Antrag des Staatsanwalts statt. Der bislang nicht vorbestrafte Barkenberger wurde zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt, dazu muss er 100 Stunden gemeinnützige Arbeit ableisten (Quelle: MK in DZ vom 26. Jan. 2023).
Wie im Film: Bande stahl Autoreifen – vier Jahre Gefängnis. Monatelang war die Polizei einer Bande von Reifendieben auf der Spur. Die Tatorte lagen in Dorsten und Marl. Im Januar 2023 saßen zwei Männer und zwei Frauen aus Duisburg und Oberhausen auf der Anklagebank im Essener Landgericht. – Es sah aus, wie in einer eine Szene aus einem alten Ganovenfilm: Immer wieder wurden Autos auf Steine oder Holzklötze gesetzt, um gleich alle vier Räder zu abzuschrauben und zu stehlen. Betroffen waren auch zwei Autohäuser in Dorsten und Marl.
„Dieser Prozess wird mir eine Lehre sein“, sagte eine der angeklagten Frauen den Richtern. Dabei war sie selbst eigentlich nur am Rande aktiv. Die 33-Jährige hatte für ihren mitangeklagten Freund eine Garage angemietet, in der das Diebesgut zwischengelagert wurde. In Dorsten war es ein Einbruch in ein Autohaus, der die Polizei im Juni 2021 auf die Spur der Täter brachte. Dort waren auf einem Abstellplatz für Neufahrzeuge 20 Reifen nebst Felgen abmontiert und mitgenommen worden. Allein hier belief sich der Wert der Beute laut Anklage auf knapp 20.000 Euro. Die Autohaus-Mitarbeiter staunten wahrscheinlich nicht schlecht, als sie am nächsten Morgen zur Arbeit kamen. Die fünf Autos standen auf Holzklötzen, außerdem waren die Heckscheiben eingeworfen worden, um an das Werkzeug für die Felgenschlösser zu kommen. Die Polizei stellte einen DANN-Treffer fest und konnten daher einen Täter aus Duisburg ermitteln. Kurz darauf liefen umfangreiche Überwachungsmaßnahmen an. Autos wurden mit Peilsendern versehen, die angemietete Garage überwacht. Auffällig war, dass vor weiteren Einbrüchen in Autohäuser jeweils ein Mercedes-Sprinter angemietet wurde. Abnehmer der gestohlenen Reifen war angeblich ein Mann, der in Holland einen Reifenhandel betrieb. In Marl waren im Sommer 2020 bei einem Autohändler 24 Reifen von sechs Fahrzeugen abmontiert worden. Um auf das Gelände zu kommen, hatten die Täter vorher ein Zaunelement entfernt. Der Schaden: rund 40.000 Euro. Weitere Tatorte lagen in Bochum, Dortmund und anderen Orten. Auch Gartenmöbel wurden laut Anklage gestohlen und weiterverkauft worden.
Am zweiten Verhandlungstag verurteilte das Essener Landgericht den 46-Jährigen zu vier Jahren Gefängnis. Ein Komplize kam mit vier Monaten weniger davon. Zwei mitangeklagte Frauen hatten dagegen Glück. Gegen sie wurden Bewährungsstrafen verhängt (Quelle: Jh in DZ vom 14. und 20 Jan. 2023).
Böser Überfall mit Fausthieb in die Nierengegend: 10 Monate Haft. Pöbelnde Jugendliche, Drogengeschäfte, Müll: Bürger in Dorsten äußern immer mal wieder ihren Unmut über die Zustände am Kanal zwischen Lippetal und Mercaden. Jetzt beschäftigte ein gewalttätiger Vorfall, der sich an der dortigen Kanaluferpromenade abgespielt hat, das Dorstener Schöffengericht. Dort gab es am 27. September 2021 in den Abendstunden unterhalb des damaligen Lippetor-Kiosks ein folgenreiches Zusammentreffen zwischen einer Gruppe von vornehmlich schwarzen Asylbewerbern und mehreren jungen Leuten.
Von anfänglichen übelsten rassistischen Beschimpfungen gegenüber den Asylbewerbern berichtete ein Augenzeuge im Gerichtssaal. Diese arteten schließlich in eine Auseinandersetzung aus, bei der ein Afrikaner geschlagen und getreten wurde.
Im Prozess war zu erfahren, dass es bereits im Vorfeld zwischen dem Opfer und einem der jungen Täter einer Frau wegen zu Auseinandersetzungen gekommen war. Am Tattag eskalierte die Situation: Der Freund der Frau griff den Asylbewerber an – dafür wurde er kürzlich vom Jugendschöffengericht verurteilt. Vor dem Erwachsenen-Schöffengericht musste sich am Mittwoch nun ein weiterer Beteiligter des damaligen Geschehens verantworten – ein 24-jähriger Bekannter des jungen Mannes. Der Wulfener hatte gesehen, wie sich die Kontrahenten gegenüberstanden. „Da wollte ich eingreifen“, sagte der Angeklagte. Er gab zu, dass er – nachdem er die Treppe hinuntergerannt war – dem Opfer mit der Faust einen Hieb in die Nierengegend verpasst hatte. „Das war aber Notwehr“, sagte er aus. Der Asylbewerber habe nämlich plötzlich eine Glasflasche in der Hand gehabt. „Die wollte ich wegschlagen, bin aber ausgerutscht.“ Das Opfer musste mit einem Nierenhämatom ins Dorstener Krankenhaus transportiert werden.
Das Gericht glaubte die Notwehr-Geschichte nicht. Zumal der Wulfener schon häufiger seine Aggressionen nicht im Zaum halten konnte. So stand er zum Tatzeitpunkt unter Bewährung. Grund: eine Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung. Am Mittwoch gab es zudem noch einen zweiten Anklage-Vorwurf gegen ihn. Im August 2022 hat er sich wegen Lärms in seiner Wulfener Nachbarschaft aufgeregt: Ihm war eine Gruppe von jungen Leuten, die sich abends gegen 20.30 Uhr im Außenbereich des katholischen Jugendtreffs „Café Pott“ zusammengefunden hatte, zu laut geworden. Wütend beleidigte er die Anwesenden vor Ort als „Neandertaler“, kletterte über den fast zwei Meter hohen Zaun zum Jugendbereich, gab einem der jungen Leute eine Backpfeife und schüchterte die Gruppe ein, indem er mit einem „Teleskop-Schlagstock“ herumwedelte – ein Verstoß gegen das Waffengesetz, denn das Tragen eines solchen in der Öffentlichkeit stellt eine Ordnungswidrigkeit dar. Das Schöffengericht verhängte gegen den Wulfener eine zehnmonatige Haftstrafe – ohne Bewährung (Quelle: Michael Klein in DZ vom 19. Jan. 2023).