Café Kick

Caritas-Treff für Drogenabhängige und solche, die aussteigen wollen

Jeder Drogentote in Dorsten bekommt ein Gedenkblatt am Lebensbaum; Foto: Klaus-Dieter Krause

Jeder Drogentote in Dorsten bekommt ein Gedenkblatt am Lebensbaum; Foto: Klaus-Dieter Krause

Das vom Caritasverband seit 1994 unterhaltene Café im Caritas-Gebäude am Westgraben ist Treffpunkt für Drogenabhängige und Rekonvaleszenten im Methadon-Programm sowie Anlaufstelle für illegale Drogen konsumierende Bürger und Bürgerinnen. Es dient den Besuchern und Besucherinnen als zentraler Rückzugs- und Ruheraum. Durch die tägliche Öffnung hat das Café eine tagesstrukturierende und stabilisierende Funktion. Nach anfangs schleppendem Besuch wird es heute gut angenommen. Das Café Kick-Team betreut täglich bis zu 40 Besucher. Bei Gründung des Cafés wurde die Zahl der Drogenabhängigen in Dorsten auf 200 bis 300 hochgerechnet.

Spritzen für betreute Abhängige

Das Caritas-Team vom Café Kick unter Leitung von Christiane Koning stellte in seinem Jahresbericht für 2012 einen steigenden Missbrauch von legalen Schlaf- und Beruhigungsmitteln sowie eine Verdopplung der Spritzenausgaben fest. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der abgegebenen Spritzen von 2279 auf 4169 auf fast das Doppelte gestiegen. Im Durchschnitt wurden im Café Kick monatlich 350 Spritzen herausgegeben. Zwischen 15 und 30 Menschen kommen täglich in die Einrichtung. Hier können sie ihre Spritzen tauschen, sich ausruhen, duschen, Wäsche waschen. Sie bekommen aber auch Essen und alkoholfreie Getränke. Vor Corona (2020) suchten täglich rund 25 Menschen das Café auf. 2024 sind es ungefähr 16 Personen.

Hilfe und Beratung

Hier finden Bürger bei Sozialarbeitern und Sozialpädagogen Hilfe und Beratung. Auch können sie ihr altes Spritzbesteck gegen ein neues eintauschen. Mitte 2000 betreuten Caritas und Café Kick 80 Personen im Methadon-Programm, wovon 40 zusätzlich psychisch-sozial betreut werden mussten. Drogenabhängige wachsen ständig nach. Das ist ein Problem, mit dem sich das Beratungsteam täglich auseinandersetzen muss. Bis Eltern merken, dass ihr Kind Omas vermissten Fernseher verkauft hat, um Geld für Drogen zu haben, vergeht meist eine Zeit, in der der Jugendliche sich schon mitten in der Sucht befindet. Und mit der Sucht kommt die Armut, kommt der Teufelskreis. Der Einstieg in Drogen liegt durchschnittlich bei 13 bis 15 Jahren. Dieser frühe Beginn zieht nicht nur eine mangelnde Sozialisation bzw. Integration in die Gesellschaft nach sich, sondern geht auch einher mit mangelnder Schulbildung bzw. gar keinem Schulabschluss. Das heißt, dass aufgrund der im Lauf der Zeit entwickelten Drogenabhängigkeit das Verlangen nach dem Suchtstoff immer größer wird, und die Beschaffung von Geld oder der zu verkaufenden Dinge mehr Zeit in Anspruch nimmt. Der Weg in die Beschaffungskriminalität ist dann meist vorgezeichnet.

Gedenkbaum mit Namensblättern erinnert an die 84 Drogentoten

Zum Gedenken an die bisherigen 84 Drogentoten von den 1970er-Jahren bis heute ist im Café ein Gedenkbaum aufgestellt mit 84 Blättern, die mit Namen versehen sind und an die Drogentoten erinnert. Die Zahl der Drogentoten war schon in den 1980er-Jahren stark zurückgegangen. Zehn Jahre hat es überhaupt keinen Toten gegeben. 2013 war der letzte Dorstener zu verzeichnen, der an den Folgen seiner Sucht erlag. Derzeit betreut der Caritas-Verband rund 180 Süchtige im Jahr.

Weltweit wird jährlich am 21. Juli der Drogentoten gedacht

Seit neun Jahren begeht das Café Kick diesen Gedenktag auf besondere Weise. Im Garten wurde gegrillt. Wegen der Corona-Pandemie durfte 2020 ein solches Zusammensein nicht stattfinden. Stattdessen gab es einen Gedenkgottesdienst in der Klosterkirche der Franziskaner mit Pater Heribert Arens, Angehörigen und Klienten. Denn in den letzten 12 Monaten verstarben in Dorsten aufgrund ihres langjährigen Drogenkonsums bzw. an Folgekrankheiten vier Personen. Im ökumenischen Gottesdienst wurden Steine mit den Namen der Verstorbenen um den Altar auf einem Tuch arrangiert. Der Pater las für die Verstorbenen die Messe.

Ökumenisches Gedenken an verstorbene Drogenabhängige

Pfarrerin Denise Bongers gedachte am 21. Juli, dem Welttag der Drogentoten, in einem ökumenischen Gottesdienst im Café Kick der Toten in Dorsten. Mitgestalter des Gottesdienstes war Franziskaner-Pater Heribert Arens. Etwa 30 Personen nahmen am Gottesdienst teil: Drogenabhängige, Angehörige und Mitarbeiter. Auf dem Altar standen kleine Väschen, auf denen die Namen der sechs verstorbenen Klienten des letzten Jahres zu lesen waren. Beim Verlesen der Namen wurde in das jeweilige Väschen eine kleine Sonnenblume gestellt, Zeichen der Wertschätzung für diesen Menschen. Gestärkt mit den tröstenden Worten wurde anschließend gemeinsam gegrillt.

Die meisten der Klienten sind mit 83 Prozent männlich

Zehn bis 30 Personen haben 2018 den Dorstener Drogenkontaktladen Café Kick in Dorsten täglich besucht. Im Vergleich zum Vorjahr sind die Besucherzahlen leicht gesunken – von 3335 in 2017 auf 3259 in 2018. In der Spitze waren es 2010 beispielsweise 4789 Besucher. Die meisten der Klienten sind männlich (83 Prozent). Zum Angebot der Caritas gehört auch der Spritzentausch – entweder im Café oder an einem Automaten. Mit 6883 ist die Anzahl der ausgegebenen Spritzen in 2018 seit langer Zeit erstmalig stark rückläufig (2017: 10.264). Das liegt vor allem daran, dass einige Besucher auf das Folie-Rauchen von Heroin umgestiegen sind. Nach Angaben der Aidshilfe sollen dadurch Überdosierungen sowie die Ansteckung mit HIV oder Hepatitis verhindert werden. Außerdem sind langjährige Nutzer des Spritzentausch-Angebots verstorben. Immer mehr Café Kick-Klienten sind wohnungslos. Das führt bei ihnen zu stärkerer Resignation. So oft wie nie zuvor mussten Dorstener Drogensüchtige die Herterner LWL-Klinik mit anschließender stationärer Unterbringung aufsuchen. Zudem sind immer mehr Besucher des Dorstener Cafés in einem „desolaten körperlichen Zustand“ und zu einer Entgiftung und Therapie mental und körperlich oft nicht in der Lage. Die Drogenabhängigen werden immer älter, doch Seniorenheime sind darauf überhaupt nicht vorbereitet.

Weniger Drogentote in NRW, doch bundesweit Anstieg um 20 Prozent

Die Zahl der Drogentoten geht in Nordrhein-Westfalen entgegen dem Bundestrend zurück. 2015 sind in NRW 182 Drogentote registriert worden. Im Jahr davor starben 184 Menschen an ihrem Drogenkonsum in NRW. In 135 Fällen konnte der Drogentod verhindert werden. Seit 2010  (damals 289 Drogentote) ging die Zahl der Drogentoten um 37 Prozent zurück.
Bundesweit: 2015 hat die Rauschgiftkriminalität bundesweit in allen Bereichen zugelegt. Mit 1226 gab es fast 20 Prozent mehr Drogentote. Haupttodesursache  waren Opioide/Opiade wie Heroin. Die Einsteigerquote bei Heroin stieg um 15 Prozent, bei Kokain um 7 Prozent.
Die Todesfälle bei der Einnahme von künstlichen Drogen wie Crystal Meth stiegen um 26 Prozent. Weit verbreitet ist diese Droge in den östlichen Bundesländern nahe der tschechischen Grenze. Die sichergestellte Menge an Heroin ging um 73 Prozent zurück, die Menge an sichergestelltem Kokain stieg allerdings auf ein Rekordniveau von mehr als drei Tonnen. 2015 wurden 5,4 Tonnen Cannabis sichergestellt. Insgesamt nahmen die Straftaten in Verbindung mit Rauschgift 2015 um zwei Prozent auf rund 282.600 Fälle zu (dpa).

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