Angeklagt und verurteilt (2020)

Kriminelle vor Gericht: Diebe, Betrüger, Schläger, Einbrecher, Räuber

Reisender Einbrecher macht fette Beute. Der Staatsanwalt bezeichnete den 43-jährigen Kosovaren mit serbischem Pass als „reisender Wohnungseinbrecher“. Eine seiner „Geschäftsreisen“ führte den Mann 2018 auch nach Dorsten, wo er sich Anfang Dezember 2020 vor dem Dorstener Schöffengericht verantworten musste. Der Angeklagte war in einem Wohnviertel auf der Hardt in das Haus eines älteren Ehepaars eingebrochen und hatte 1120 Euro sowie Schmuck im Wert von 5000 Euro entwendet. Gegenüber der Polizei hatte der Angeklagte, der später nach einem weiteren Einbruch in Ravensburg (Oberschwaben) festgenommen worden war, in den Vernehmungen zum Dorstener Fall geschwiegen. Sein Pech: er hinterließ am Tatort auf der Hardt eine DNA-Spur, die ihn eindeutig überführte. Im Gerichtssaal legte er deshalb über seinen Anwalt ein Geständnis ab, weitere Angaben machte er nicht. Doch wurde er auch von den Staatsanwaltschaften Paderborn, Münster und Dortmund gesucht. Vorwurf: Einbruchsdiebstähle in Privathäuser. Das Dorstener Schöffengericht verurteilte ihn zu einem Jahr und drei Monaten Haft. Allerdings dürfte der Mann noch etwas länger in Haft bleiben: Vom Amtsgericht in Ravensburg hatte er zum Beispiel bereits 18 Monate Haft bekommen, in Münster und Olfen stehen noch Gerichtstermine aus. Inzwischen hat das zuständige Regierungspräsidium die Ausreise mit dreijährigem Einreiseverbot des Serben verhängt. Sie soll in Kraft treten, wenn er die Hälfte der Gesamtfreiheitsstrafe verbüßt hat (Quelle: Michael Klein in DZ vom 3. Dez. 2020).

Tresor entwendet, auf Baustelle gestohlen und in Firma eingebrochen. Wegen mehrfachen schweren Einbruchsdiebstahls in Dorsten musste sich der 34-jährige Deutener, von Beruf Schlosser, Ende November 2020 vor dem Dorstener Schöffengericht verantworten. Mit einem Komplizen ging er auf Beutezug. Aus einem Keller an der Borkener Straße entwendeten sie Werkzeuge und einen Tresor, in dem der Besitzer persönliche Bankdokumente aufbewahrte. Ende Dezember 2019 knackten beide das Gitterrolltor einer Gerüstbaufirma an der Lünsingskuhle, hebelten Türen und Spinde auf. Als sie zwei Werkzeugkoffer zum Abtransport bereit stellten, wurden sie von der mittlerweile alarmierten Polizei festgenommen. Tage zuvor hatte der Angeklagte alleine aus zwei Containern einer Baustelle auf dem Zechengelände Werkzeug-Maschinen im Wert von 500 Euro entwendet. Während der Mittäter kurz zuvor zu einer zweieinhalbjährigen Haftstrafe verurteilt worden war, kam der Deutener mit 15 Monaten auf Bewährung und 1800 Euro Geldstrafe davon (Quelle: Michael Klein in DZ vom 26. Nov. 2020).

Wutausraster im Drogenrausch: Zwangstherapie. Ein Mann aus Dorsten sorgt monatelang für Angst. Jetzt haben ihn die Richter erst mal aus dem Verkehr gezogen. Er gilt als schuldunfähig. Nach einer Serie von Wutausrastern ist ein 36-jähriger Mann aus Dorsten in eine geschlossene Therapie-Einrichtung eingewiesen worden. Der Angeklagte soll eine Spur der Verwüstung hinterlassen und für große Angst gesorgt haben. Hintergrund der Taten war laut Urteil des Essener Landgerichts die Drogenabhängigkeit des ehemaligen Tierpflegers aus Holsterhausen. Ohne professionelle Behandlung im Rahmen einer Zwangstherapie, so sind sich die Richter sicher, bestehe die akute Gefahr weiterer Ausraster. Eine klassische Bestrafung des 36-Jährigen kam nicht in Betracht. Der Dorstener gilt als schuldunfähig. Im Prozess war gleich eine Vielzahl von angsteinflößenden Übergriffen zur Sprache gekommen. So soll der 36-Jährige von seinem Balkon auf die Terrasse eines Nachbarn geklettert, dort eine Glastür eingetreten und mit Steinen geworfen haben. Ein Polizist wurde bespuckt, der Vorraum der Sparkassenfiliale am Hellweg in Hervest komplett verwüstet. Im Prozess war er allerdings wie ausgewechselt: freundlich und voller Reue. Seinen Nachbarn will er übrigens nur attackiert haben, weil der eine Leiter an seinem Balkon weggeräumt habe. „Ich hatte meinen Schlüssel verloren“. Die Leiter sei der einzige Zugang zu seiner Wohnung gewesen (Quelle: Jörg Hartwich in DZ vom 16. Nov. 2020).

Dauerarrest nach Party-Prügelei. Eine Abi-Party in Wulfen nahm im Dezember 2019 für einen Dorstener ein böses Ende: Mehrere Personen prügelten auf den heute 22-Jährigen ein. Bevor die Gruppe von ihm abließ, stahl noch einer seine Schuhe. Im Krankenhaus wurden Gesichtsverletzungen, schwere Prellungen und Blutergüsse beim Opfer festgestellt. Ermittler kamen den Tätern auf die Spur, der Schuh-Dieb ist bereits zu Jugendarrest und Geldstrafe verurteilt worden. Anfang November wurde einem weiteren Beteiligten der Prozess gemacht. Der angeklagte 21-jährige Wulfener räumte die Vorwürfe im Wesentlichen ein. Er sei auf der Party vom späteren Opfer provoziert worden, sagte er, habe ihn dann zur Rede gestellt und ihm gesagt: „Wir klären das jetzt, wir gehen jetzt raus und boxen uns.“ Draußen habe er zugeschlagen, so der Angeklagte. Dann seien seine Kumpels dazugekommen. Vom Schuh-Diebstahl hat er nach eigenen Angaben nichts mitbekommen. Der Geschädigte schilderte die Situation etwas anders. Er habe nicht provoziert und der Türsteher habe die Streithähne vor die Tür gesetzt. Ein Zeuge konnte wenig Erhellendes beitragen, ein anderer war gar nicht erst erschienen, weil er nach einem Corona-Fall in seiner Klasse damit rechnet, noch am Montag in Quarantäne zu müssen. So ließen sich nicht alle Details der Tat rekonstruieren. Weil der Angeklagte aber geständig war, ging es vor allem um die Frage, ob er nach Jugend- oder Erwachsenenstrafrecht zu verurteilen ist. Zur Tatzeit war er 20 Jahre alt, in Deutschland können auch Heranwachsende (18 bis 20 Jahre) nach dem deutlich milderen Jugendstrafrecht verurteilt werden. Die Staatsanwaltschaft beantragte eine Verurteilung nach Jugendstrafrecht: ein Wochenende Freizeitarrest und 300 Euro Geldstrafe. Der Anwalt des Opfers forderte gemäß Erwachsenenstrafrecht eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, ausgesetzt zur Bewährung, sowie eine Geldstrafe in Höhe von 1000 Euro, zu zahlen an das Opfer. Die Verteidigung hielt das wiederum nicht für verhältnismäßig, ein Wochenende Arrest sei angemessen. Das Gericht hielt eine Verurteilung nach Jugendstrafrecht für vertretbar. Statt eines Wochenendes schickte es den Angeklagten wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung allerdings für eine komplette Woche in Dauerarrest. Er muss außerdem 600 Euro in einen Täter-Opfer-Ausgleichsfonds zahlen. Von einer Verurteilung wegen Raubes sah das Gericht ab: Es sei denkbar, dass der bereits verurteilte Kumpel des Angeklagten den Entschluss, die Schuhe zu stehlen, damals spontan für sich getroffen habe (Quelle: Robert Wojtasik in DZ vom 11. Nov. 2020).

Drogensüchtiger darf in Therapie oder muss in Haft bleiben. Seit seinem 17. Lebensjahr füllte der 33-Jährige mit steter Regelmäßigkeit seine Vorstrafenakte im Bundeszentralregister. Mitte November wurde er erneut in Handschellen zum Prozess vor dem Dorstener Amtsgericht vorgeführt. Insgesamt ging es in vier Verfahren um neun Vorfälle, die mittelbar oder unmittelbar mit Drogen zu tun hatten: Entweder ging der Angeklagte alleine und mit Komplizen auf Beutetour, um seine Drogensucht zu finanzieren, oder er wurde mit Drogen erwischt. Bei vielen Taten hatte er zudem unter Drogen gestanden. Seine Abhängigkeit von Amphetaminen kostete ihm täglich bis zu 150 Euro. Bei einem mit seinem Kumpel im März 2020 begangenen Einbruch in eine Bäckerei wurden die beiden festgenommen. Ziel der beiden war der Tresor der Firma. Als die Polizei vor Ort erschien, war der Komplize mit einem Brecheisen auf die Beamten losgegangen. Mit einem Schuss ins Bein wurde der Mann  außer Gefecht gesetzt, während der Angeklagte versucht hatte zu entkommen. Einige Monate zuvor war er auch schon beim Einbruch in die Werkstatt einer Gerüstbaufirma erwischt und verhaftet worden. Der Angeklagte war geständig, denn das Ziel der Verteidigung war die Anwendung des Rechtsprinzips „Therapie statt Strafe“. Das Gesetz sieht unter bestimmten Voraussetzungen vor, dass Drogenabhängige eine Therapie absolvieren können, anstatt eine Gefängnisstrafe zu verbüßen. Die Staatsanwaltschaft forderte zwei Jahre und vier Monate Haft für alle ihm in diesem Verfahren zur Last gelegten Taten. Für nicht mehr als zwei Jahre plädierte der Verteidiger. Das Amtsgericht folgte dem Antrag der Staatsanwaltschaft mit der Chance für den Verurteilten, vom Gefängnis in die Therapie zu wechseln (Quelle: Petra Berkenbusch in DZ vom 12. Nov. 2020).

Wildwest im Straßenverkehr: „Ich schlag‘ dich kaputt“. Ein Autofahrer aus Dorsten überholte rechts und drohte einer Frau brutale Schläge an. Jetzt war er vom Landgericht Essen auch in zweiter Instanz zur  Geldstrafe in Höhe von 1900 Euro Geldstrafe verurteilt worden. . Außerdem wurde eine sechsmonatige Führerscheinsperre verhängt. Damit hat das Essener Landgericht am Montag eine frühere Entscheidung des Amtsgerichts Gelsenkirchen bestätigt. Es war Rosenmontag 2019, abends um acht. Der Dorstener war mit einem Freund in Gelsenkirchen unterwegs, als plötzlich ein kleiner Smart vor ihm auftauchte. Ob er ihm zu langsam war oder er sich sonst geärgert hat, ist nicht ganz klar. Laut Urteil ist er auf jeden Fall plötzlich nach rechts ausgeschert, hat den Smart über einen Parkstreifen überholt und dann zu einer Vollbremsung gezwungen. An der nächsten Ampel drohte er der Fahrerin auch noch Prügel an: „Halt die Fresse, sonst schlag’ ich dich kaputt.“ Im Prozess wollte der 31-Jährige davon allerdings nichts wissen. „Die Frau lügt“, sagte er den Richtern am Essener Landgericht. Die Smart-Fahrerin hatte damals allerdings sofort die Polizei alarmiert. Und auch ihr heute 14-jähriger Sohn, der damals auf dem Beifahrersitz saß, sagte vor Gericht: „Ich hatte Angst.“  Er war es dann auch, der den Richtern genau vorführte, was aus seiner Sicht passiert ist – mit einer großen Skizze und zwei Matchboxautos. Weil sie den Dorstener nicht davonkommen lassen wollte, hatte sie ihren Sohn gebeten, Fotos zu machen und der Polizei auch sofort am Telefon das Kennzeichen durchgegeben. „Das war wahnsinnig gefährlich“, sagte sie den Richtern. „Ich hatte ja auch ein Kind neben mir sitzen.“  Für eine frei erfundenen Aussage – so wie vom Angeklagten behauptet – sahen die Richter schließlich keine Anhaltspunkte (Quelle: Jörn Hartwich in DZ vom 10. Nov. 2020).

Bundesgerichtshof korrigierte Anfang November 2020 das Urteil. Das erste Urteil glich fast der Höchststrafe. Nach einem versuchten CD-Diebstahl im Media-Markt war ein gerade mal 21-jähriger Dorstener im vergangenen Jahr auf unbestimmte Zeit in die geschlossene Psychiatrie eingewiesen worden. Nun hat das Essener Landgericht das Urteil jedoch korrigiert und die Zwangseinweisung wieder zurückgenommen. Der zweite Prozess war nötig geworden, nachdem der Bundesgerichtshof das erste Urteil gekippt hatte. Verteidiger Armin Mühlbauer hatte schon im Mai 2019 massive Zweifel daran geäußert, dass der damals 21-Jährige wirklich eine Gefahr für die Allgemeinheit ist. Er sei schließlich nicht einmal vorbestraft. Von einem Serientäter könne überhaupt keine Rede sein, so Mühlbauer, von schwerer Kriminalität ebenfalls nicht. Der heute 23-jährige Dorstener hatte damals auf der Straße gelebt und unter psychischen Problemen gelitten. Als er mit den gestohlenen CDs, für die er gar keine Verwendung hatte, von einem Ladendetektiv erwischt worden war, hatte er ein Messer gezückt. Verletzt wurde allerdings niemand. Unbestraft kommt der Angeklagte natürlich nicht davon. Die Richter haben eine 15-monatige Gefängnisstrafe verhängt. Das Urteil lautet unter anderem auf Diebstahl mit Waffen und versuchte gefährliche Körperverletzung (Quelle: Jörn Hartwich in DZ vom 5. Nov. 2020).

Unfalldrama auf der A 31: Autofahrer verurteilt. Zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren, einer Geldbuße von 4800 Euro und einem fünfjährigen Fahrverbot ist Ende Oktober 2020 ein Autofahrer (40) aus Schermbeck vor dem Dorstener Schöffengericht verurteilt worden. Der Mann war am 1. September 2019 nachts mit 250 km/h über die A 31 bei Dorsten gefahren und mit einem Motorrad mit Beiwagen kollidiert, das gerade ein anderes Auto überholte. Ein Ehepaar aus den Niederlanden kam dabei ums Leben. Eine nachfolgende Autofahrerin hatte die Frau noch überrollt. Ein Gutachter stellte später fest, dass die Kollision wohl hätte verhindert werden können, wenn der Schermbecker „nur“ 210 km/h gefahren wäre. Ob er zur Unfallzeit alkoholisiert war, blieb ungeklärt. Sonst wäre er wohl ins Gefängnis gegangen.

Opferschaf nicht bekommen – da rastete ein Mann auf Bauernhof aus. Eine Hofbesitzerin, ein Schlachter und ein Augenzeuge bekamen auf einem Bauernhof in Dorsten schmerzhaft die Wut eines 33-jährigen Mannes zu spüren: Jetzt fiel das Gerichtsurteil. Er hatte im Sommer bei einem Landwirt im Dorstener Stadtteil Altendorf-Ulfkotte ein Schaf für die Schächtung zum muslimischen Opferfest vorbestellt. Doch wegen einer Terminverwirrung erschien der 33-jährige Bottroper im August 2018 einen Tag zu früh auf dem Bauernhof – das Schaf war da, aber noch nicht geschlachtet. Deswegen rastete der Mann komplett aus – mit schmerzhaften Folgen für die Hofbesitzerin und einen Augenzeugen, der ihr zu Hilfe eilen wollte. Wegen Körperverletzung musste sich der Mann, der ein langes Vorstrafenregister aufweist und damals unter Bewährung stand, am Mittwoch erneut vor dem Dorstener Schöffengericht verantworten. Hatte er sich beim ersten Termin vor knapp einem Jahr noch mit Zeugen im Gerichtsaal gefetzt und wüste Beleidigungen ausgestoßen, so gab er sich diesmal lammfromm. Damals habe er konstant unter Drogen gestanden, so der Angeklagte. Auch am Tattag in Dorsten. Der Angeklagte belegte die Hofbesitzerin mit schlimmsten Schimpfwörtern, schlug das Fenster des Kassenhäuschens zu, sodass sich die Frau den Finger einklemmte. Zwei Zeugen, die der Geschädigten helfen wollten, bekamen die Wut des Mannes zu spüren. Einem demolierte der Angeklagte das Handy, als der die Polizei rufen wollte, dem Schlachter des Hofes schlug er ins Gesicht. Urteil: ein Jahr Haft (Quelle: Michael Klein in DZ vom 20. Okt. 2020).

Sozialbetrug: Pizzeria-Besitzer kassiert 32.700 Euro Sozialhilfe. Genau zwei Jahre ist es her, dass ein 58-jähriger Dorstener in Lembeck eine Pizzeria eröffnet hatte, die den Vornamen seiner Frau trug. Gut ein Jahr zuvor hatte er zudem einen Hausmeisterservice beim Gewerbeamt angemeldet. Das Problem dabei: Der Mann bezog zu dieser Zeit Sozialhilfe und unterließ es in beiden Fällen pflichtwidrig, dem Jobcenter seine berufliche Selbstständigkeit mitzuteilen. Insgesamt kassierte es 32.700 Euro, ohne dazu berechtigt zu sein.  Wegen Sozialbetrugs musste sich der in Lembeck lebende Mann am Mittwoch vor dem Dorstener Schöffengericht verantworten. Er erschien selbst nicht zu dem Termin, wurde in Anwesenheit seines Anwalts dennoch verurteilt. Inzwischen wird der Angeklagte nicht mehr vom Amt unterstützt, Frau und Kinder ebenfalls nicht, erklärte eine Mitarbeiterin der Behörde. Obwohl er einen neuen Job hat (die Pizzeria hat inzwischen einen neuen Inhaber gefunden), sei er der Rückzahlungsaufforderung noch nicht nachgekommen. Obwohl der 58-Jährige bereits 24 Vorstrafen wegen Eigentums- und Vermögensdelikten aufweist, kam er mit einem milden Urteil davon: ein Jahr auf Bewährung, den Schaden muss er wiedergutmachen (Quelle: M. Klein in DZ vom 14. Okt. 2020).

Mit Auto erfasst und mitgeschleift: Bewährungsstrafe. Ein Autofahrer wurde auf dem A31-Parkplatz in Dorsten-Holsterhausen bestohlen und dann meterweit über den Asphalt geschleift. Einer, der dabei war, ist nun verurteilt worden.  Es war eine Tat, die fassungslos macht: Im Juli 2018 wurde ein 65-jähriger Mann auf dem A31-Parkplatz in Dorsten-Holsterhausen von einem Auto erfasst und meterweit über den Asphalt geschleift. Einer, der damals mit dabei war, war ein 32-jähriger Mann aus Duisburg. Anfang Oktober 2020 wurde er vom Essener Landgericht verurteilt: 15 Monate Haft auf Bewährung. Die Richter konnten zwar nicht feststellen, dass der Angeklagte der Täter war, sie hatten allerdings keinen Zweifel, dass er zumindest den Fluchtwagen gefahren hat. Der unglaublichen Aktion war ein gemeiner Diebstahl vorausgegangen. Der Komplize des Angeklagten hatte dem 65-Jährigen durch das geöffnete Fenster blitzschnell die Brieftasche geraubt. Sie lag auf der Mittelkonsole. Der Inhalt: 600 Euro. Bei dem Versuch, sein Geld wiederzubekommen, war der 65-Jährige von der noch geöffneten Beifahrertür erfasst worden. Der Haupttäter hatte den Rückwärtsgang eingelegt und Gas gegeben. Kurz vor der Auffahrt zur A31 hatten die beiden Männer laut Urteil dann aber noch einmal das Steuer getauscht. Der Angeklagte übernahm und brauste davon, obwohl er eigentlich nicht mal einen Führerschein hatte (Quelle: Jörn Hartwich in DZ vom 9. Okt. 2020).

Drogen und Prügel: Gericht kassiert Haftstrafe wieder ein. Der 36-jährige Dorstener hatte zu Hause gut zwei Kilo Amphetam im Gefrierschrank, in einem Eimer im Schlafzimmer und in Plastiktüten. Dazu Chemikalien, die er zur Herstellung der Droge brauchte. Während eines Alkohol- und Drogengelages in seiner Wohnung versetzte er seinem Gast drei Kopfstöße und brach diesem dabei die Nase. Und in den Mercaden – vorher hatte er zwei Flaschen Wein zum Abendessen getrunken – schlug er vor laufender Überwachungskamera mit einem Kabel auf einen Bekannten ein. Das Dorstener Schöffengericht verurteilte ihn 2019 zu zweieinhalb Jahren Haft. Im Revisionsverfahren kassierte das Oberlandesgericht Hamm das Urteil des Schöffengerichts ein. Maßgeblich dafür waren „rechtliche Fehler“ bei der juristischen Würdigung der Vorwürfe durch das Schöffengericht 2019. So monierte das OLG beispielsweise, dass die Dorstener Richter damals die Kopfstöße als „lebensgefährdende“ Handlungen eingestuft hatten – sie seien aber lediglich als einfache Körperverletzung zu werten. Das Verfahren wurde vom Oberlandesgericht an eine andere Abteilung des Dorstener Amtsgericht zurück überwiesen. Mitte September wurde in Dorsten der Fall erneut verhandelt. Die Staatsanwaltschaft beantragte nun zwei Jahre Gefängnis auf Bewährung, dem das Schöffengericht Dorsten in seinem Urteil folgte. Demnächst hat der Angeklagte einen Prozess wegen Fahrens ohne Führerschein zu erwarten.

Rettungssanitäter von Taxifahrer angegriffen. Zum ersten Mal wurde im Februar 2020 vor dem Dorstener Krankenhaus der Stadt ein Rettungssanitäter offensichtlich absichtlich angefahren und schwer verletzt. Einen solchen Ausbruch von Aggressivität hatte es zuvor in Dorsten nicht gegeben, so die „Dorstener Zeitung“. Nach einem Disput mit einem Taxifahrer, der mit seinem Wagen zum wiederholten Mal die Liegendanfahrt des Krankenhauses blockierte, wurde der erfahrene Sanitäter nach Zeugenaussage mit Absicht angefahren. Er erlitt eine Gehirnerschütterung und eine Beckenprellung. Die Stadt Dorsten erstattete Anzeige gegen den Taxifahrer. Verbale Übergriffe auf Polizisten, Feuerwehrleute und Notärzte gibt es immer wieder. Aber mit dieser Attacke haben die Übergriffe eine neue Dimension erreicht. Her schrieb Dorstens Feuerwehr-Chef Fischer an alle Kollegen: „Ich bitte alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Vorsicht in ähnlichen Situationen, da offensichtlich die Eskalation der Aggressivität in dieser Ausprägung neu und nicht vorhersehbar ist.“ Dafür spricht auch, dass sich beim Schützenfest in Wulfen 2019 Rettungssanitäter von einer Menschenmenge bedrängt fühlten, als sie Verletzten helfen wollten. Im September 2020 kam es zum Strafprozess im Dorstener Amtsgericht. Auf der Anklagebank saß der 55-jährige Dorstener Taxifahrer. Ihm warf die Staatsanwaltschaft nach mehrmonatigen Ermittlungen schließlich eine „fahrlässige“ und keine „vorsätzliche“ Körperverletzung mehr vor: Die Anklageschrift sprach lediglich von einem „Verkehrsunfall“. Der Verteidiger forderte Freispruch, einen Zusammenprall habe es nach seiner Auffassung nicht gegeben. Die Richterin schloss sich in ihrem Urteil dem Plädoyer des Staatsanwalts an: 2700 Euro Geldstrafe und Führerscheinentzug für sechs Monate.

Bestechung bei Schulfotoaufträgen – Betroffen auch das Petrinum. Der Ex-Chef (64) und der Vertriebsleiter (45) eines bundesweit tätigen Gelsenkirchener Foto-Unternehmens wurden Ende September 2020 vom Bochumer Landgericht zu jeweils zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Der Ex-Geschäftsführer musste zudem 80.000 Euro, der Vertriebschef 40.000 Euro zahlen. Hintergrund der Anklage waren umstrittene Zuwendungen in Form von Spenden, Bargeld oder Gutscheinen an Schulleiter und Lehrer als Gegenleistung für die Erteilung eines lukrativen Schulfoto-Auftrags. Daran beteiligt war auch das Gymnasium Petrinum in Dorsten. Dass die beiden Angeklagten wegen Beamtenbestechung und Steuerhinterziehung verurteilt worden sind, war keine Überraschung mehr. Denn der ehemalige Schulfotograf und sein Vertriebschef hatten auch im zweiten Bestechungs-Prozess (ein erster war im März coronabedingt geplatzt) schonungslos illegale Akquise-Praktiken eingeräumt. Nicht selten lief es genau so: Die Schulkinder wurden fotografiert – die Eltern haben später bezahlt. Doch nicht alles Geld ging anschließend zurück an die Foto-Firma. Zehn bis 15 Prozent davon verblieben absprachegemäß bei der Schule. Von den ursprünglich mehr als 350 angeklagten Bestechungsfällen wurden in den Urteilen 102 Fälle festgeschrieben. Die restlichen wurden nicht zuletzt aus prozessökonomischen Gründen eingestellt. Dass es sich bei allen drei angewendeten Zuwendungsformen (Spenden an Fördervereine, Bargeldentnahmen aus Eltern-Umschlägen sowie Gutscheine für Schulplaner oder Schülerausweise) um eine strafrechtlich relevante Bestechungspraxis handelt, daran ließen die Bochumer Richter keinen Zweifel. Egal welche Spielart man wähle, hieß es im Urteil, es sei immer „eine Einflussnahme auf die Entscheidungsfreiheit einer Amtsperson“ erfüllt. Keinesfalls unter den Tisch fallen lassen wollten die Richter aber auch, dass die Zuwendungen durch Spenden, Bargeld oder Gutscheine – wenn auch rechtlich als Bestechung zu bewerten – unterm Strich in aller Regel ausnahmslos den Schülern zugute gekommen sind. „Wir haben in keinem einzigen Fall feststellen können, dass sich ein Schulleiter oder Lehrer persönlich bereichert hat“, betonte der Vorsitzende Richter (Quelle: Nach Werner von Braunschweig in der DZ vom 24. Sept. 2020).

Hervester „Großvater“ war für Dealer-Bande die perfekte Tarnung. Eine marokkanische Dealer-Bande aus Dortmund soll sich für längere Zeit die Dienste eines ganz besonderen Drogenkuriers gesichert haben. Der Mann kommt aus Dorsten-Hervest, ist fast 79 Jahre alt – und sieht aus wie der nette, freundliche Herr von nebenan. Als die Polizei den Mann im August 2014 in seinem Auto anhielt, waren sich die Beamten dennoch sicher, das Richtige zu tun. Und tatsächlich: In dem Fahrzeug befanden sich knapp zehn Kilogramm Heroin, 150 Gramm Kokain und 23 Kilo Streckmittel. Das Rauschgift hatte der Kurier offenbar kurz zuvor aus Rotterdam geholt und über die Grenze gebracht. Noch in der Untersuchungshaft hatte der Rentner seine Hintermänner genannt. Daraufhin wurden weitere Bandenmitglieder und Helfershelfer festgenommen. Den Mann aus Dorsten-Hervest traf jedoch das Schicksal hart. Nach vier Monaten im Gefängnis eröffnete ihm ein Arzt nach einer körperlichen Untersuchung, dass er schwer an Krebs erkrankt sei und nicht mehr lange zu leben habe. Der Rentner, der von den übrigen Bandenmitgliedern „Großvater“ genannt worden sein soll, wurde im Dezember 2014 aus der Haft entlassen. Sein Prozess wurde aus Krankheitsgründen verschoben. Verhandelt wurde im August 2020 vor dem Dortmunder Landgericht. Schließlich hätten die Vorwürfe durchaus für eine Haftstrafe ohne Bewährung ausreichen können. Immerhin hatte der Rentner am Tag vor seiner Festnahme auch mehr als 450.000 Euro Drogengeld durch die Republik gefahren. Sein Verteidiger regte nach Verlesung der Anklageschrift ein Rechtsgespräch zwischen den beteiligten Berufsjuristen an. Erst danach wollte der Angeklagte aus Hervest eine Aussage machen. Am Ende kam alles genau so, wie es sich der Rechtsanwalt und sein Mandant vorgestellt hatten. Wieder räumte der Angeklagte die Tatvorwürfe ein, und wieder nannte er die Namen seiner Auftraggeber. Damit hatte er den Weg für eine Bewährungsstrafe freigemacht. Die Richter setzten die verhängten zwei Jahre Haft zur Bewährung in der sicheren Erwartung aus, dass der Rentner fortan keine Straftaten mehr begeht (Quelle: Martin von Braunschweig in DZ vom 21. Aug. 2020).

Familienvater gab am Kanal Drogen an Minderjährige weiter. Im heißen Sommer des Jahres 2018 kam am Wesel-Datteln-Kanal in Dorsten eine Traube von Menschen zusammen, mal waren es 30, mal 50, mal noch mehr. Darunter ein 35-Jähriger, häufig von seiner inzwischen getrennt von ihm lebenden Ehefrau und den gemeinsamen Kindern begleitet, darunter auch eine Clique von Schülerinnen und Schülern aus Dorsten, alle 15 bis 17 Jahre alt. Dass die jungen Leute noch nicht volljährig waren, brachte dem 35-Jährigen im August 2020 eine Verhandlung vor dem Dorstener Schöffengericht ein. Er soll nämlich laut Anklage am Kanal Betäubungsmittel in Form von Marihuana an Minderjährige abgegeben und zudem noch zwei Mädchen sexuell belästigt haben. Wegen Drogenbesitzes war der Mann bereits 2017 verurteilt worden. Allerdings habe er immer alleine und abseits von anderen gekifft, betonte er. Einmal jedoch habe er ein 17-jähriges Mädchen an dem Joint ziehen lassen, mit dem er Ende August „für zehn Tage ein Paar“ gewesen sei. Im Gerichtssaal sagte eine weitere Schülerin indes aus, auch an sie sei sein Joint rumgegangen. Die Vorwürfe wegen der sexuellen Übergriffe wurden eingestellt, da sie sich nicht bewahrheitet hatten. Obwohl der 35-Jährige zum Zeitpunkt der ihm vorgeworfenen Taten unter Bewährung stand, verurteilte in das Gericht lediglich zu weiteren neun Monate auf Bewährung und 240 Arbeitsstunden (Quelle: Michael Klein in DZ vom 22. Aug. 2020).

Freispruch: Weg in eine drogenfreie Zukunft? Dreimal schon habe er in diesem Jahr eine Entgiftung gemacht, berichtete der Angeklagte Mitte August 2020 vor Gericht. Mehrfach sei wegen Corona die anschließend geplante Drogentherapie verschoben worden, aber jetzt sei er endlich auf dem erfolgversprechenden Weg, von der Sucht loszukommen. Seine Therapie ende im Oktober, dann wolle er Dorsten verlassen, zurückziehen in die Nähe seiner Eltern und seines inzwischen 18-jährigen Sohnes. Im November 2019 war der 39-Jährige noch in der Dorstener Drogenszene unterwegs, traf sich mit Kollegen am Platz der Deutschen Einheit und schloss sich einem Bekannten an, als der aus dem toom-Markt kam. Dass der im Markt einen Staubsauger im Wert von 249 Euro gestohlen hatte, habe er nicht gewusst, erklärte er vor Gericht. Und schon gar nicht habe er sich mit dem Mann zu diesem Diebstahl verabredet. Die Marktleiterin bestätigte, dass der Angeklagte nicht mit im Laden gewesen, später jedoch mit dem Dieb gesehen worden sei. Der bereits für den Diebstahl Verurteilte war der Ladung zur Zeugenaussage nicht gefolgt und verpasste so den Freispruch seiner Szenebekanntschaft. Den sichtlich erleichterten Angeklagten begleiten die guten Wünsche von Richterin und Staatsanwaltschaft in eine hoffentlich drogenfreie Zukunft (Quelle: Petra Berkenbusch in DZ vom 15. Aug. 2020).

„Riesenschweinerei“: Der nächste falsche Polizist verurteilt. Eine leichtgläubige 77-jährige Seniorin übergab in Dorsten einem falschen Polizisten ihre Ersparnisse in Höhe von 18.000 Euro. Die Telefon-Betrüger kamen dafür eigens aus Bremen angereist. Noch im Gerichtssaal hatte die 77-Jährige Angst, dem Angeklagten zu begegnen – zu einschneidend war das Erlebnis, das ihren Glauben an das Gute im Menschen erschüttern ließ. Im Mai 2019 war die Dorstener Seniorin einem „Polizisten-Trick“ aufgesessen: 18.000 Euro übergab sie einem Mann, der ihr von einem „Kommissar Fischer“ am Telefon als „Kriminalbeamter“ angekündigt wurde. Dass die vermeintlichen Kripo-Männer „eine Riesenschweinerei“ (so Richterin Lisa Hinkers im Amtsgericht Dorsten) planten, erfuhr sie erst später. Nun musste sich ein 21-jähriger „falsche Polizist“ vor dem Schöffengericht verantworten. Der Bremer war „das letzte Glied in der Kette“. Er war von einem Bekannten, der bereits eine Bewährungsstrafe bekommen hat, angesprochen worden, ob er ihn begleiten und etwas abholen wolle. Die Dorstenerin hatte Glück: Die echte Polizei hatte die Aktion observiert und nahm das Duo fest. Die Frau bekam ihr Geld zurück. Die eigentlichen Auftraggeber blieben aber im Dunkeln. Der 21-Jährige wurde zu acht Monaten auf Bewährung verurteilt, dazu 180 Arbeitsstunden. Die letzten Monate saß er bereits in Haft. Was er sich selbst zuzuschreiben hat: Er hat gegen gerichtliche Auflagen verstoßen, die ihm auferlegt wurden, als er nach der Festnahme entlassen wurde (Quelle: Michael Klein in DZ vom 30. Juli 2020).

Vergewaltigung in der Ehe? Frau gibt ihrem Gatten eine zweite Chance. Die Vorwürfe gegen einen Mann aus Dorsten wogen schwer: Er soll seine Ehefrau vergewaltigt haben, die sich von einer OP erholen wollte. Doch der Prozess nahm eine unerwartete Wendung. Die Mittfünfzigerin wollte sich in der Wohnung in Dorsten von den Folgen einer Operation erholen. Doch ihr Ehemann habe darauf keine Rücksicht genommen, hieß es in der Sitzung des Schöffengerichts. Er habe sich dem Opfer in sexueller Absicht genähert. Und obwohl sie zu erkennen gegeben habe, dass sie das nicht wollte, sei er in sie eingedrungen. Die Anklage: Vergewaltigung in der Ehe, dazu eine Körperverletzung, zudem soll der 56-jährige Baggerfahrer aus Holsterhausen damit gedroht haben, ein Loch auszuheben und seine Frau darin zu verbuddeln. Der Angeklagte schwieg sich aus. Und die Ehefrau machte vor Gericht von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch – denn sie habe sich mit dem Gatten versöhnt. In ihrer Begründung ließ sie aber durchblicken, dass damals doch etwas geschehen war: „Ich will ihm eine zweite Chance geben“, erklärte sie, aber „das sollte sich nicht wiederholen“. Schöffengericht und Staatsanwaltschaft konnten dem Mann die Tat also nicht nachweisen (Quelle: Michael Klein in DZ vom 23. Juli 2020).

Kinderpornosammler will trotz einschlägiger Vorstrafe wieder Bewährung. Kurz nach einer Verurteilung zu einer Bewährungsstrafe hat ein 27-jähriger Dorstener wieder Kinderpornos gesammelt. Jetzt droht ihm der Gang ins Gefängnis. Vor dem Essener Landgericht kämpfte der 27-Jährige um seine wahrscheinlich letzte Chance. Nachdem die Polizei im August 2019 erneut mehr als 5300 Kinderporno-Dateien bei ihm gefunden hatte, war er im Januar vom Amtsgericht Dorsten zu einem Jahr und sechs Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt worden. Dagegen hat er Berufung einlegt. Die Richter am Amtsgericht hatten dies mit einer überaus deutlichen Begründung abgelehnt. Wer gerade einmal sieben Monate nach einer ersten Kinderporno-Verurteilung erneut Tausende Dateien mit „ekelerregendem Inhalt“ sammele, mache damit deutlich, dass man sich nicht auf ihn verlassen könne. Wäre das Urteil rechtskräftig geworden, hätte der Dorstener ins Gefängnis gemusst. Um das zu verhindern, nahm er alle zwei Wochen bei einer Dortmunder Therapieeinrichtung  an Einzelgesprächen teil. Um einen Job hatte er sich allerdings noch nicht gekümmert. So lebte er weiter einfach in den Tag hinein. Auf die Frage, woraus sein Alltag denn so bestehe, sagte er den Essener Richtern: „Im Wesentlichen aus Fernsehen.“
Beim Surfen im Internet will der 27-Jährige vor Jahren rein zufällig auf sein erstes Kinderporno-Bild gestoßen sein. „Ich war schockiert“, behauptete er. Später aber habe er gemerkt, dass er sich zu diesen verbotenen Inhalten hingezogen fühlte. Ob der Dorstener jetzt tatsächlich ins Gefängnis muss, wollen die Essener Richter jedoch nicht sofort entscheiden. Sie entschieden, dass ein psychiatrischer Sachverständiger eingeschaltet werden soll. Dieser könnte den 27-Jährigen für vermindert schuldfähig erklären. Aber auch eine Unterbringung in einer geschlossenen Klinik ist möglich. – Was den Kindern auf den Bildern und Videos angetan wurde, ist kaum in Worte zu fassen. Die Dateien dokumentieren schwerste Übergriffe auf Kleinkinder. Jede einzelne Missbrauchshandlung würde für den Täter eine Mindeststrafe von zwei Jahren Haft bedeuten (Quelle: Martin von Braunschweig in DZ vom 17. Juli 2020).

Die Mutter von fünf kleinen Kindern: Helfen oder wegsperren? Immer wieder wird eine 32-jährige Mutter von fünf kleinen Kindern wegen Betrügereien verurteilt. Ende Juni 2020 stand sie wieder vor Gericht. Helfen oder wegsperren? Wie geht man juristisch mit einer 32-jährigen Mutter von fünf Kindern im Alter von zwei bis zehn Jahren um, die immer wieder Betrügereien begeht? Die Wulfenerin fand sich vor dem Dorstener Schöffengericht wieder – auf ihrem Schoß saß ihre zweijährige Tochter. Obwohl sie unter gleich dreifacher Bewährung stand, wurde sie erneut straffällig. Sie verkaufte im Internet-Auktionshaus „Ebay“ an zwei Kunden vermeintliche Tickets für das DFB-Pokalendspiel in Berlin. Die Käufer zahlten – die Karten erhielten sie aber nie. Die Angeklagte sagte, das Geld sei noch auf ihrem Paypal-Konto, das allerdings gesperrt sei. Dann soll die 32-Jährige Kleider unter falschem Namen bestellt haben. „War ich nicht“, sagte sie. Zweimal wurde die Angeklagte außerdem von der Polizei geblitzt, mit einem Auto, welches das Kennzeichen eines anderen Halters trug. „Das Nummernschild haben wir seit Jahren, mehr weiß ich nicht.“ Erneutes Schulterzucken. „Mein Mann hat sich um solche Sachen gekümmert.“
Dabei war sie schon mal wegen des gleichen Delikts verurteilt worden. Wegen der Coronazeit musste die Wulfenerin einen ihrer Depression geschuldeten Aufenthalt in einer psychiatrischen LWL-Klinik abbrechen. Ihr Verteidiger forderte, „Gnade vor Recht“ ergehen zu lassen: Was bringt eine Haft, fragte er, die Angeklagte „wird zerbrechen, ihre Familie wird zerbrechen“. Das Schöffengericht schloss sich aber dem Antrag des Staatsanwalts an: ein Jahr Haft. Gegen das Urteil legte ihr Anwalt Berufung ein (Quelle: Michael Klein in DZ vom 26. Juni 2020).

Dorstener kämpft gegen Beleidigungs-Urteil: „Das ist Rechtsbeugung“. Ein Mann aus Dorsten hatte nach seiner Verurteilung am Amtsgericht nach eigenen Angaben gegen alle Beteiligten Anzeige erstattet. Im Mai 2020 war das Landgericht Essen am Zug. Im September 2016 soll ein Mann aus Dorsten eine Jobcenter-Mitarbeiterin beleidigt haben. Seine spätere Verurteilung wollte er jedoch nicht akzeptieren. Der 57-Jährige sprach von „Rechtsbeugung“. Doch am Landgericht Essen ging es am Montag erst mal nicht weiter. Der Prozess hatte kaum begonnen, da stellte der Angeklagte auch schon einen Befangenheitsantrag gegen den Richter. Begründung: Der Berufungsprozess gegen das erstinstanzliche Urteil dürfe gar nicht stattfinden, da noch jede Menge Ermittlungsverfahren liefen. Ein früherer Antrag auf Aussetzung des Verfahrens sei jedoch abgelehnt worden – das gehe nicht.
Der 57-Jährige will nach eigenen Angaben inzwischen jede Menge Strafanzeigen gestellt haben – gegen die Dorstener Richterin, den Amtsgerichtsdirektor, den Staatsanwalt. Sie alle hätten angeblich gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens verstoßen. Selbst das NRW-Justizministerium sei schon eingeschaltet. „Es muss berücksichtigt werden, unter welchen Umständen das Urteil in Dorsten zustande gekommen ist“, so der Angeklagte im Berufungsprozess. Die Staatsanwaltschaft habe zu keiner Zeit zu seinen Gunsten ermittelt, außerdem sei es einem Zeugen gestattet worden, sich seiner polizeilichen Vernehmung zu entziehen. Das sei Begünstigung. Auf seine zahlreichen Beschwerdeschreiben bekomme er jedoch keine Antworten. Worum ging es überhaupt? Der Angeklagte war am 5. September 2016 im Dorstener Jobcenter aufgetaucht und hatte offenbar die Anfertigung von Kopien verlangt. Später soll er die Mitarbeiterin mit diesen Worten beleidigt haben: „Sie sind ein Nichts, nur eine dumme kleine Sachbearbeiterin.“ Am Dorstener Amtsgericht war der 57-Jährige dafür später zu einer Geldstrafe von 600 Euro verurteilt worden. Im Berufungsprozess will er sich nicht zu den Vorwürfen äußern. Nur so viel: „Ich will mich nicht damit abfinden, wie mit meinem Recht als Angeklagter umgegangen wird.“
Wie die Richter in zweiter Instanz den Fall sehen, ist noch nicht klar. Die wichtigste Zeugin – die Sachbearbeiterin – war trotz Zeugenladung nicht erschienen. Gegen sie wurde ein Ordnungsgeld von 150 Euro verhängt – ersatzweise drei Tage Ordnungshaft. Außerdem müssen andere Richter noch entscheiden, ob der Vorsitzende der Berufungskammer tatsächlich befangen ist. Der Prozess soll nun im Juni noch einmal neu beginnen. (Jörn Hartwich)

Ein Autofahrer fühlte sich gefährdet und beleidigte Feuerwehrleute. Ein Löschtrupp der Freiwilligen Feuerwehr Dorsten war mit Blaulicht und Martinshorn auf dem Weg zu einem Einsatz. Die Verkehrssituation auf der Hervester Straße in Wulfen war dadurch wohl etwas undurchschaubar, was einen Lembecker Rentner so ärgerte, zumal er eine Vollbremsung hinlegen musste, dass er die im Einsatz befindlichen Feuerwehrleute beleidigte. Der 68-Jährige war Mitte Oktober 2019 mit dem Auto auf dem Heimweg vom Seefest in Haltern. Da kam ihm auf der Hervester Straße ein Feuerwehrwagen entgegen. Der Angeklagte glaubte, das Einsatzfahrzeug würde geradeaus fahren, doch dann bog es auf die Fahrbahn ab, auf der der Rentner fuhr und eine Vollbremsung machen musste. Verärgert fuhr er dem Einsatzfahrzeug hinterher, um die Feuerwehrleute zur Rede zu stellen. Als er ihnen dann den Vorwurf machte, sie hätten bei der Einbiegung nicht geblinkt, was die Feuerwehrleute zurückwiesen, beschimpfte er die Feuerwehrleute: „Wie behindert seid Ihr denn?“ „Seid Ihr denn alle blöd hier?“ Vor Gericht beteuerte der Lembecker, dass er damit nur seinen Schwiegersohn gemeint hatte, der zufällig als Feuerwehrmann in Einsatzfahrzeug saß, da dieser  bestätigte, dass das Feuerwehrauto wohl geblinkt hätte. Vor Gericht meinte der Rentner: „Die haben als Gruppe eine Falschaussage gemacht, da bin ich sauer geworden.“ Die als Zeugen geladenen Feuerwehrleute erklärten vor Gericht, dass sie selbst keinen Strafantrag gegen den Rentner gestellt hätten.  Der Einsatzleiter hatte die beleidigenden Worte aber im Einsatzbericht vermerkt. So stellte das Ordnungsamt der Stadt („Dienstanweisung“) Strafanzeige gegen den Lembecker. – Zunächst sollte der Rentner 300 Euro zahlen, dann wäre das Verfahren eingestellt worden. Als er das nicht wollte, bekam er einen Strafbefehl über 900 Euro. Beim Prozess kam er weitaus glimpflicher davon: Unter Verweis auf die „schwammige Beweisaufnahme“ reduzierte das Gericht die Geldbuße auf 100 Euro (Quelle: Michael Klein in DZ vom 24. Juni 2020).

Den Vater angegriffen: Sohn muss in die Psychiatrie. Der 34-jährige Angeklagte hatte beim Frühstück mit dem Messer auf seinen Vater eingestochen. Das Gericht wies ihn  Mitte Mai auf unbestimmte Zeit in die geschlossene Psychiatrie ein. Zuletzt hatte der Dorstener sogar die Klinik, in der er sich befand, in Alarmbereitschaft versetzt. Nachdem er sich mit Messern bewaffnet in einem Raum verbarrikadiert hatte, musste ein Spezialeinsatzkommando der Polizei anrücken, um ihn zu überwältigen. Wie es heißt, wurde der 34-Jährige dabei durch ein Guckloch mit Elektroschocker-Pfeilen beschossen und so außer Gefecht gesetzt.
Unberechenbar und gefährlich: So hatte auch eine vom Gericht beauftragte Psychiaterin den Angeklagten eingestuft. Sie sprach von Schizophrenie, Verfolgungs- und Vergiftungswahn, verstärkt durch Alkohol- und Drogenkonsum. Alle bisherigen Behandlungsversuche seien fehlgeschlagen, weil der Dorstener immer wieder seine Medikamente absetze. Die seien jedoch absolut erforderlich. Genau das sieht der Angeklagte anders. Von Wahnvorstellungen will er nichts wissen. Alles sei Realität, dafür habe er Beweise. Fakt ist: Der 34-Jährige hatte immer wieder Anzeigen erstattet – sogar wegen Mordes. Polizei und Staatsanwaltschaft hatten daraufhin natürlich auch ermittelt.  Allerdings gab es weder eine Vermisstenanzeige, geschweige denn eine Leiche. Ähnlich verlief es bei anderen Anzeigen und Beschuldigungen. Trotzdem: Auch vor Gericht blieb der Dorstener bei seinen Geschichten. Auch den Messerangriff auf seinen Vater am Morgen des 3. November 2019 hatte er vor Gericht nicht zugeben wollen. Er sprach stattdessen von einem Unfall. Er sei damals zum Frühstück bei seinen Eltern eingeladen gewesen, die im selben Haus wohnten. In der Küche sei es sehr eng gewesen, da müsse der Vater gestolpert und irgendwie ins Messer gefallen sein. Schwer war die Verletzung zum Glück nicht. Die Mutter, die daneben gestanden hatte, hatte später von einem „irren Blick“ ihres Sohnes gesprochen. Eine klassische Bestrafung für die Tat kam im Prozess nicht infrage. Laut Gutachten hatte sich der Dorstener aufgrund seiner schweren Erkrankung nicht mehr steuern können (Quelle: Werner von Braunschweig in DZ vom 15. Mai 2020).

Supermarkt-Manager zockt hochwertige Marken-Bekleidung ab. Drei Jahre lang ließ sich ein Projektmanager einer Supermarktkette von Herrenausstattern mit teuren Textilien beliefern – die Rechnungen zahlte er nie. Bei seinen Outfits zeigte der 48-Jährige Stil und Geschmack: Die Anzüge von „Hugo Boss“, die Schuhe von „Lloyds“, die Hosen von „Pepe Jeans“. Und auch sonst waren es zumeist hochwertige Markentextilien, die der Dorstener im Internet orderte: von Strellson, von Hilfiger, von Joop. Weniger Stil zeigt er allerdings beim Begleichen der Rechnung: nämlich gar keinen. Und das brachte dem technischen Projektmanager einer großen Supermarktkette einen dicken Strafprozess vor dem Dorstener Schöffengericht ein. Gleich 27 Betrugsdelikte listete die Anklage der Staatsanwaltschaft auf. Zumeist ließ sich der Dorstener unter falschen Angaben von Herrenausstattern Dutzende von Bekleidungsstücken liefern, bis hin zu Krawatten, Gürteln und Socken. Drei Jahre lang, für insgesamt 15.000 Euro. Was ihm nicht passte, schickte er retour. Das, was er behielt, bezahlte er jedoch nicht. Schaden insgesamt: mehr als 8000 Euro. Als Begründung seiner Straftaten gab der Pferdebesitzer und gut verdienende Mann Depressionen an: einen Schuldenberg in Höhe von 40.000 Euro, den Bruch seiner Ehe, Probleme mit der Familie, eine problematische Liebesbeziehung und seine Krebserkrankung. Während die Staatsanwältin eine Haftstrafe in Höhe von zwei Jahren und drei Monaten forderte, appellierten seine beiden Anwälte, Milde walten zu lassen: Ansonsten könne er den finanziellen Schaden nicht wieder gutmachen, zumal sein derzeitiger Arbeitgeber trotz der begangenen Betrugstaten weiter zu dem Angeklagten steht. Das Schöffengericht ließ sich erweichen: Zwei Jahre auf Bewährung, die Schadenssumme muss er in Monatsraten in Höhe von 200 Euro abzahlen (Quelle: Michael Klein in DZ vom 21. Mai 2020).

Ehemann überfuhr seine Frau: Fahrlässige Tötung oder Mord? Auf der Zufahrt zum Parkplatz Schloss Lembeck wurde im September 2018 eine 65-jährige Bochumerin von einem Auto überrollt. Die Frau erlag ihren schweren Verletzungen. Noch am Unfallort nahm die Polizei den Ehemann der Frau fest. Ein Tötungsdelikt konnte nicht ausgeschlossen werden. Der Mann wurde später wieder freigelassen, die Ermittlungen gegen ihn gingen aber weiter. Zehn Monate nach dem tödlichen Unfall lag ein von der Staatsanwaltschaft Essen in Auftrag gegebenes Gutachten vor, das den Tatverdacht gegen den 79-Jährigen erhärtete. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft erließ das Amtsgericht Dorsten einen Haftbefehl. Vor dem Landgericht Essen wurde ihm der Prozess gemacht. Die Staatsanwaltschaft forderte neun Jahre Haft wegen Totschlags. Das Gericht verurteilte den Ehemann allerdings lediglich wegen fahrlässiger Tötung zu drei Jahren Haft. Das wollte die Staatsanwaltschaft nicht akzeptieren und ging in Revision vor dem Bundesgerichtshof: „Die Frau ist gestürzt und lag am Boden. Das hat der Angeklagte im Rückspiegel gesehen und ist absichtlich rückwärts über den Körper gefahren.“ Anfangs war sogar von einem Mord die Rede gewesen. Der 79-jährige Angeklagte war nach der Urteilsverkündung nach mehr als sechs Monaten Untersuchungshaft wieder auf freien Fuß gekommen.
Ein Rückblick: Es war im September 2018, als der 79-Jährige sich auf dem Parkplatz von Schloss Lembeck mit seiner heimlichen Geliebten getroffen hatte. Was er nicht ahnte: Seine Ehefrau war ihm gefolgt und plötzlich an der Beifahrertür aufgetaucht. Die 65-Jährige war vom rechten Hinterrad seines schweren SUVs überrollt worden. Eine Herzkammer war gerissen. Die Frau verblutete auf dem Parkplatz. Ein Kfz-Gutachter war zwar zu dem Schluss gekommen war, dass die 65-Jährige rückwärts überrollt worden ist. Überzeugen konnte er die Richter jedoch nicht. Sie glaubten, dass die Frau im Vorwärtsgang überfahren wurde. Sie müsse beim Anfahren zwischen Vorderrad und Hinterrad des Autos geraten sein, hieß es im Urteil. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs wird frühestens im September 2020 erfolgen. Sollte das Urteil des Essener Landgerichts aufgehoben werden, müssten andere Richter erneut über den Fall verhandeln (Quelle: Jörn Hartwich in DZ vom 23. Jan., 8. Febr., 27. März; Claudia Engel vom 29. Jan. 2020).

Beziehungsdrama endet mit lebensgefährlichem Messerstich. Nach einem Streit griff eine Frau (53) zum Messer und stach ihren alkoholisierten Lebensgefährten (50) aus Notwehr nieder. Der Mann wurde lebensgefährlich verletzt – und musste sich im Juni 2020 vor Gericht verantworten. Nach einem verbalen Streit wehrte sich die Frau in der Wohnung auf der Lindenfelder Straße in der Feldmark gegen ihren alkoholisierten Partner und verletzte ihn mit einem Messer derart schwer am Lungengewebe, dass zunächst Lebensgefahr bestand. Das Verfahren gegen die Frau wurde eingestellt, da sie in Notwehr gehandelt hatte. Doch ihr inzwischen von ihr getrennt lebender Lebengefährte wurde wegen Körperverletzung angeklagt. Der Bauarbeiter war am Tag der Tat von einem mehrwöchigen Reha-Aufenthalt wegen eines Bandscheiben-Schadens nach Dorsten zurückgekehrt. Nach eigenen Angaben hatte er auf der mehrstündigen Zugfahrt und später am ZOB-Kiosk insgesamt sieben Flaschen Bier getrunken. Abends traf er sich mit einem Kumpel und es kamen weitere Biere hinzu – die ärztliche Blutprobe nach dem Vorfall wies 2,2 Promille aus. Wieder zu Hause, geriet er mit seiner Lebensgefährtin aneinander. Der Disput entzündete sich an einem Berg Wäsche, den die Frau hatte liegen lassen. Daher beschimpft er sie „mit Beleidigungen unter der Gürtellinie“. Ein Wort gab das andere, sie warf ihm vor, dass er weder schreiben noch lesen könne. Schließlich habe der kräftige Angeklagte ihr so an den Kopf gefasst, dass sie Angst hatte, er würde ihr das „Genick brechen“. Um sich zu wehren, ergriff sie ein Messer, das auf der Waschmaschine lag und stach zu.
Der Mann konnte sich im Gerichtsaal an nichts erinnern, er habe einen „Filmriss“ gehabt. Nach dem Vorfall war er ein paar Tage im Krankenhaus, noch heute hat er Narben, die ihn an die Stichwunden erinnern. Das Angebot der Staatsanwältin, das Verfahren gegen eine Geldbuße in Höhe von 150 Euro einzustellen, lehnte er ab – das Geld habe er nicht. Doch der von seinem Verteidiger beantragte Freispruch blieb aus: 420 Euro Geldstrafe, so lautete das Urteil (Quelle: Michael Klein in DZ vom 5. Juni 2020).

Vorgesetzter griff immer wieder in die Kasse seines Discounter-Markts. Trotz seiner jungen Jahre war der Holsterhausener bereits stellvertretender Marktleiter eines Discounters in Dorsten. Doch mit der Karriere war es vorbei, nachdem der damals 21-Jährige damit begann, immer wieder in die Filial-Kasse zu greifen. Mal erleichterte er seinen Arbeitgeber um 69 Euro, mal um 299 Euro, dann um 546 Euro. Der Schaden betrug insgesamt mehr als 2000 Euro in ein paar Wochen. Doch damit nicht genug. Vor dem Amtsgericht war der mittlerweile 26-Jährige Anfang Juni 2020 auch wegen zahlreicher Betrugsvorwurfe angeklagt. Der Angeklagte, der inzwischen als Altenpfleger sein Geld verdiente, hatte nämlich auch über das Internet-Auktionshaus „Ebay“ zahlreiche gutgläubige Opfer geprellt. Er bot unter anderem Thermomix-Geräte an, teure Smartphones, Digital-Kameras und auch mal Tickets für das Bundesliga-Derby Borussia Dortmund gegen Schalke 04. Die Kunden überwiesen dem Dorstener das Geld, doch die angekündigte Ware erhielten sie nicht. Der Schaden betrug 13.000 Euro. Laut Anklage verschaffte sich der Angeklagte zudem bei einem Bekannten gefälschte Goldbarren, um diese für insgesamt 11.000 Euro in Pfandhäusern in Marl und Dorsten als Echtgold zu versetzen. Vor Gericht gab er an, nicht gewusst zu haben, dass sie falsch waren. Das ihm dies vor Gericht nicht widerlegt werden konnte, wurde dieser Anklagepunkt eingestellt. Der Holsterhausener Angeklagte rechtfertigte seine Betrügereien mit seiner Spielsucht. Inzwischen hätte er bei der Caritas um Beratung nachgesucht. Auch habe ihn die Untersuchungshaft wenige Monate vor der Gerichtsverhandlung zur Besinnung gebracht, sein Leben zu ändern. Seine Lebensgefährtin habe sich nach den Vorfällen zwar von ihm getrennt, so dass er eine eigene Wohnung suchen musste, doch inzwischen versuchten die beiden wieder miteinander auszukommen und kümmern sich gemeinsam um ihr einjähriges Kind. Daher gab ihm das Schöffengericht noch einmal eine Chance: Ein Jahr und zehn Monate auf Bewährung, lautete das Urteil. Die Ebay-Schadenssumme in Höhe von 13.000 Euro wird eingezogen.
Weitere Betrugsfälle des „Serien-Täters“ 2021 vor Gericht. Im Februar 2021 stand der Holsterhausener R. K. erneut vor dem Dorstener Schöffengericht. Er hatte einer Bekannten einen Unfall vorgetäuscht und brauchte deshalb dringend 2500 Euro, die er ihr zehn Tage später zurückzuzahlen versprach. Doch er zahlte sie nicht zurück. Dies war aber nicht die einzige Straftat, für die er sich erneut verantworten musste. Der Holsterhausener Altenpfleger entpuppte sich als „dreister Serien-Betrüger“, so die Dorstener Zeitung. Unter dem Tarnnamen „Dore“ bot er über Ebay die unterschiedlichsten Sachen wie Schmuckstücke, Smartphones Theaterkarten und technische Geräte zum Verkauf an. Seine Opfer überwiesen ihm das Geld, die Ware erhielten sie aber nicht. Die Schadenssumme betrug in den 16 Fällen 8000 Euro. Der Angeklagte, Vater eines kleinen Kindes, räumte die Taten allesamt ein. Er sei spielsüchtig gewesen und brauchte immer Geld. In seinem Urteil zeigte das Schöffengericht keine Milde und verhängte eine Gesamthaftstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten. Im einem möglichen Berufungsprozess eine Bewährungsstrafe von unter zwei Jahren zu bekommen, dürfte nur dann Chancen haben, wenn er vor einem etwaigen Prozess vor dem Landgericht Essen die Schuldsummen an seine Opfer in gesamter Höhe zahlen würde. Denn nicht nur die junge Frau aus Dorsten, die ihm 2500 Euro geliehen hatte, sondern alle Opfer haben ihr Geld bislang noch nicht wiedergesehen. Der Täter arbeitet aktuell hauptberuflich als Altenhilfepfleger in einem Seniorenheim und nebenbei auf 450-Euro-Basis nachts in einer Tankstelle (Quelle: Michael Klein in der DZ vom 4. Juni 2020 und 19. Febr. 2021).

Supermarkt-Räuber: Gericht schickt Dorstener in den Maßregelvollzug. Schulversager, Kokain-, Heroin-, Cannabis- und Schlafmittelkonsument seit dem 11. Lebensjahr. 15-fach vorbestrafter Krimineller. Viel Gutes über sein Leben konnte der 32-jähriger Dorstener bei seiner Gerichtsverhandlung vor dem Essener Landgericht nicht in die Waagschale werfen, als er Ende Mai 2020 u. a. wegen des Überfalls auf den Netto-Discounter an der Marler Straße Ende 2019 in Untersuchungshaft saß. Sein Leben verlief bislang überwiegend im Drogenrausch. Unter Drogen beging der Mann aus Dorsten wiederholt Straftaten. Sie waren der Motor für seine Beschaffungskriminalität.
Wegen eines bewaffneten Überfalls auf den Netto-Supermarkt und eines versuchten Überfalls auf Edeka Weierstahl auf der Hardt verurteilte ihn das Gericht zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten. Außerdem ordnete die Kammer auf Empfehlung eines Forensischen Psychologen Maßregelvollzug an. Weitere sechs Raubüberfälle in Dorsten bestritt er. Die konnten ihm auch nicht nachgewiesen werden.
Maßregelvollzug ist laut Erklärung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe nicht Strafvollzug und ist nicht Sicherungsverwahrung. „Maßregelvollzug leistet die fachgerechte Behandlung und sichere Unterbringung von Straftätern, die aufgrund ihrer psychischen oder Suchterkrankung das Unrecht ihrer Straftat nicht einsehen können“, heißt es in einer Erklärung des LWL. Der Forensische Psychologe im Gerichtssaal machte klar, dass diese Form des Strafvollzugs für den Dorstener die einzige Möglichkeit sei, neue Lebenswege einzuschlagen. Mit Schulabschluss, gewünschter Maler- und Lackiererausbildung und ohne Drogenkonsum. „Eine ambulante Therapie, so wie von ihm vorgeschlagen, wird nicht reichen, seine langjährige Abhängigkeit von Suchtmitteln zu kurieren“, sagte der Experte. Es gebe aber Hoffnung, ihn in einer stationären Therapie motivieren zu können.
Staatsanwaltschaft und Gericht sahen das auch so. Und auch der Verteidiger des Angeklagten begrüßte eine Lösung, die seinem Mandanten „die Integration in ein bürgerliches Leben ermöglicht“ (Quelle: Claudia Engel in DZ vom 30. Mai 2020).

Messerattacke: So haben die Richter entschieden. Die Richter haben keinen Zweifel: Der 30-jährige Dorstener ist weiter gefährlich. Der Angeklagte hatte bis zuletzt auf seine Freilassung gehofft. Doch damit war nie zu rechnen. Die Richter am Essener Landgericht haben den 30-Jährigen am 18. März auf unbestimmte Zeit in die geschlossene Psychiatrie eingewiesen. Sechs Monate ist es her, dass der Dorstener einen Kaufland-Mitarbeiter mit einem Messer angegriffen hat. Rund acht Zentimeter drang die Klinge in den Körper des Verkäufers ein. Innere Organe wurden zwar nicht verletzt, doch das war Glück. Es war nur dem Zufall geschuldet, dass nichts Schlimmeres passiert ist, so das Gericht. Und: „Es ist auch in Zukunft mit gefährlichen Taten zu rechnen.“
Der Angeklagte litt unter paranoid-halluzinatorischen Psychosen. Er führte Selbstgespräche, wurde aus dem Nichts heraus aggressiv. Während des Prozesses war er deshalb bis zuletzt an Händen und Füßen gefesselt, zwei Wachtmeister mit Kampfmontur und Vollvisier-Helmen waren ständig direkt neben ihm. Die Gedanken des Dorsteners kreisen offenbar immer um dieselbe Sache: Er will so schnell wie möglich entlassen werden. Das Leben hatte für den Dorstener eigentlich sehr gut begonnen. Bis die Krankheit durchbrach. Der Angeklagte nahm Drogen, wurde aggressiv, randalierte in der Wohnung seiner Eltern. Und dann die Straftaten: Neben dem Messerangriff hatte der 30-Jährige auch einen Bekannten an einer Bushaltestelle in Holsterhausen verletzt und einen anderen Mann mit heißem Kaffee attackiert. Klassisch bestraft werden konnte er dafür nicht. Die Essener Richter stuften den Dorstener als komplett schuldunfähig ein. Die Unterbringung in der geschlossenen Psychiatrie gilt dem Schutz der Allgemeinheit (Quelle: Jörn Hartwich in DZ vom 23. März 2020).

Eifersuchtsdrama endet mit „Showdown“. Er soll seiner Frau nachgestellt und Tabletten an Kinder verteilt haben. Deshalb stellte ein 37-jähriger Dorstener seinen mutmaßlichen Nebenbuhler im März 2019 auf dem Gehweg zu den Eisenbahnbrücken über Lippe und Kanal zur Rede. Aber nicht nur das. Er soll seinem vermeintlichen Kontrahenten auf den Kopf geschlagen haben, so dass er ärztlich behandelt werden musste. Zudem stahl er ihm dabei ein Smartphon sowie 50 Euro. Der 37-Jährige kam vor das Dorstener Schöffengericht. Der Angeklagte erzählte im Gerichtssaal, er habe vor dem Vorfall zunächst „mit einigen Kumpels auf dem Platz vor „Toom“ gezecht. Dort bekam er einen Anruf mit der Nachricht, dass sich der 31-Jährige „mal wieder vor der Wohnung meiner Frau herumtreiben würde“. Mit zwei Freunden sei er dann nach Hervest gelaufen, wo sie im kleinen Park an der Ecke Halterner Straße/Glück-Auf-Straße auf den Rivalen stießen. Bereits dort kam es zu einer derart lautstarken Auseinandersetzung, dass Nachbarn die Polizei riefen. Die Beamten konnten zunächst die Gemüter erfolgreich beruhigen. Denn anschließend machte sich das Trio zunächst einträchtig mit dem 31-Jährigen wieder auf in Richtung Stadt. Nach einiger Zeit kam es aber erneut zum Streit. Der Angeklagte räumte vor Gericht ein, den 31-Jährigen geschlagen zu haben. „Aber nicht so schlimm, dass ich ihn schwer verletzt habe.“ Das Opfer sagte aus, dass er unterwegs hingefallen sei. Daher konnte dem Angeklagten nicht nachgewiesen werden, dass die blutige Wunde durch seinen Schlag hervorgerufen worden war. Außerdem gab ein Zeuge zu Protokoll, der 31-Jährige habe ihm erzählt, dass er sich die ganze Räubergeschichte nur ausgedacht hätte, „um den anderen so richtig eins auszuwischen“.
So kam der Angeklagte vor Gericht glimpflich davon: Das Verfahren wurde  eingestellt, sobald er 60 Stunden gemeinnützige Arbeit abgeleistet hat. Ein Justizwachtmeister sorgte nach dem Richterspruch dafür, dass der 37-Jährige wohlbehalten das Gerichtsgebäude verlassen konnte. Der Geschädigte, der in der Verhandlung augenscheinlich unter Medikamenteneinfluss stand, hatte seinem Widersacher auf dem Gerichtsflur Schläge angedroht (Quelle: DZ vom 10. Febr. 2020).

Schwarzfahrer kommt erneut mit blauem Auge davon. Immer wieder wurde ein 32-jähriger Dorstener ohne Fahrkarte in den Zügen der Nordwestbahn und der Deutschen Bahn auf dem Weg nach Dortmund und retour erwischt, immer wieder hagelte es Strafanzeigen und Strafprozesse gegen den Mann. Aber immer wieder kam er mit einem blauen Auge davon – auch am 11. März 2020 gab es vor dem Dorstener Schöffengericht einen Freispruch für den Mann, der schmächtig und zusammengekauert zwischen seinem Anwalt und seinem rechtlichen Betreuer saß. Sowohl Staatsanwalt als auch das Schöffengericht hatten erhebliche Zweifel daran, dass der Beschuldigte zum Zeitpunkt der Taten schuldfähig war. Auch der beauftragte psychiatrische Gutachter aus Münster konnte keine klare Aussage treffen. Der Experte gab aber tiefe Einblicke in das Leben des Angeklagten, das geprägt war von bösen Erfahrungen und Erlebnissen. Weil die Eltern schwere Alkoholiker waren, kam der Junge bereits mit Hirnschädigungen auf die Welt. In prekären Lebensverhältnissen aufgewachsen und massiv vernachlässigt, kam er in ein Kinderheim, wo ihm Gewalt angetan wurde. Dann eine Drogensucht. Um diese zu finanzieren, prostituierte sich der Angeklagte schon in jungen Jahren mit Männern. Ein „väterlicher Freund“ tat dem Dorstener „eklige Dinge“ an, ergänzte sein Betreuer. Der Obdachlosigkeit folgten Aufenthalte wegen „psychotischer Episoden“ in stationären Kliniken, schließlich wurde er positiv auf HIV getestet.
Fast 100 Strafandrohungen für seinen Klienten hat der Betreuer seit 2012 von den Bahnbetrieben bekommen, weitere rund 20 Fälle waren vor Gericht angeklagt. Immer war der 32-Jährige im Zug nach Dortmund unterwegs, um sich dort in einem Etablissement mit Freiern oder mit Drogen-Verkäufern zu treffen. Es besteht Hoffnung, dass der Spuk ein Ende hat. Der Angeklagte hat von sich aus einen „kalten Entzug“ gemacht, muss daher nicht mehr nach Dortmund fahren und hat zudem für Bahnfahrten ein Sozialticket (Quelle: Michael Klein in DZ vom 12. März 2020).

Trainer veruntreute Team-Geld. Die C-Jugend-Spieler des Fußball-Vereins hatten sich auf ihre gemeinsame Saison-Abschlussfahrt gefreut. Es sollte wieder in den Freizeitpark Slagharen (Holland) gehen. Doch dazu kam es nicht – und so fand sich der Trainer des Nachwuchsteams als Angeklagter vor dem Dorstener Schöffengericht wieder. Der Club, der den 47-jährigen Dorstener beschäftigte, erstattete gegen den Übungsleiter nämlich Strafanzeige bei der Polizei: Die Eltern hatten bereits fast 3000 Euro für die Fahrt auf das Konto des Angeklagten überwiesen – doch der hatte die gebuchte Ausflugsfahrt abgeblasen, ohne den Eltern die Kosten zurückzuerstatten. Ihm sei es in jener Zeit „sehr dreckig gegangen“. Bei dem Mann wurde eine schwere Lungenkrankheit diagnostiziert, die zur Folge hatte, dass auch andere Organe geschädigt wurden. Deshalb sei ihm alles egal gewesen. Er wurde zu sechs Monaten auf Bewährung verurteilt. zudem muss er den finanziellen Schaden wiedergutmachen (Quelle: Michael Klein in DZ vom 10. Januar 2020).

Siehe auch: Angeklagt und verurteilt (2019)
Siehe auch: Angeklagt und verurteilt (Sexualdelikte)

Share on FacebookTweet about this on TwitterShare on Google+Email this to someone