Schützenordnung 1609

Gültig in den Herrlichkeitsdörfern Rhade, Wulfen und Lembeck

Die Herrlichkeitsverordnung enthält genaue Bestimmungen  über die Befestigung der Landwehren, ebenso Vorschriften, wie die Bewohner in der Handhabung von Waffen geübt werden sollen und wie in den Herrlichkeitsdörfern Rhade, Lembeck und Wulfen die Schützenfeste bezahlt, der Vogel von Stadt geholt und dann gefeiert werden darf.  Der Text (Auszug) ist in eine heute lesbare Formulierung übertragen:

Wer den Vogel runterholte, durfte einen kleinen Vogel um den Hals tragen

Es ist lange her, wegen der beschwerlichen Kriegswirren konnte das beliebte Schützenfest in der Herrlichkeit Lembeck, in dessen Kirchspielen (Gemeinden) Lembeck, Wulfen und Rhade länger nicht abgehalten werden. Der hochedle, gerechte und gute Mathias von Westerholt, Herr zu Lembeck sieht es jedoch als Notwendig an, diese Tradition auch wegen der positiven, christlichen Zustimmung, wieder aufleben zu lassen. Also hat der Edle und Gerechte unter Hinzuziehung der Gemeindevorsteher aus den o. g. drei Kirchspielen die Verordnung für das jährliche Vogelschießen überarbeitet und folgendes beschlossen: Zunächst soll eine Vogelstang auf der Lecker Heiden aufgestellt werden und alle mit Gewehren aus Rhade, Wulfen und Lembeck sollen sich eintragen lassen, sowie sonstige auf den drei Gemeinden, die Lust zum Schießen haben. Erst soll auf einen Vogel um einen „Fahne“ geschossen werden, sobald der Vogel runter ist, soll ein weiterer Vogel aufgesetzt werden und um den Gewinn eines „Silbernen Vogels“ abgeschossen werden. Was die Fahne angeht, sollte diese drei Farben enthalten, namentlich schwarz, rot und weiß. Jedes Kirchspiel soll hierfür 18 Brabanter Ellen (eine Brabanter Elle = 69 cm) Stoff beschaffen, die eine Gemeinde schwarzen; die Andere roten, die Dritte weißen Stoff. Jedes Kirchspiel bezahlt für eine kölnische Elle (eine kölnische Elle misst 55,3 cm) einen viertel Königstaler, was fünf Reichstaler sein müssten, macht zusammen 15 Reichstaler. Beim Einkauf des Stoffes sollte hoffentlich soviel Nachlass gewährt werden, dass die Seide zum Nähen davon bezahlt werden kann. Die Herstellkosten sparen wir ebenfalls ein, da dies durch Mägde des Hauses Lembeck übernommen wird. Der Rittmeister hat sich angeboten, die Spange und oberste Spitze zu beschaffen. Was den silbernen Vogel betrifft, soll auf Befehl des Herrn der lembecker und wulfener Vogel durch den Goldschmied eingeschmolzen und zu einem Vogel gemacht werden. Zum ewigen Gedenken hat sich der Rittmeister bereit erklärt, eine silberne Kette zu geben, sodass der König ihn (den Vogel) am Hals tragen kann und es soll das westerholtsche Wappen eingraviert werden.

Wo gefeiert wurde, bestimmte die Herkunft des Königsschützen

Das Schießen soll wie folgt ablaufen: Zuerst soll jeder vom Hause Lembeck einen Schuss tun, danach die Lembecker, danach die Wulfener, danach die Rhader. Danach soll es jedem von den genannten Kirchspieleingesessenen frei stehen. Zum Wohle der Schützengesellschaft soll jeder Bauernrichter eine Tonne Bier liefern. Aus Lembeck sollen fünf Tonnen gebracht werden, aus Rhade zwei Tonnen und aus Wulfen drei Tonnen. Weiterhin soll jeder Bauernrichter von jedem Hauseigentümer in den drei Kirchspielen fünf Stüber einsammeln, wobei Männer und Frauen, Kinder und Mägde von der nachstehenden Schützengesellschaft (Regelung) befreit sind. Sollte es geschehen, das beide Vögel von aus dem Hause Lembeck Geborenen abgeschossen werden, so soll den Herren anheim gestellt sein die Gesellschaft (Feier) entweder im Dorf Lembeck oder in Wulfen abzuhalten Wenn aber beide Vögel von einem Einwohner aus dem Dorf Lembeck abgeschossen wurden oder einer von Rhade und der andere von einem Lembecker, so sollen beide Kirchspiele ihre Gesellschaft zusammen in Lembeck auf dem Wedemhof (Pfarrhof) nach alter Tradition halten. Falls aber die von Wulfen einen bekommen, so sollen die Wulfener neben der Verehrung des Königs, nach alter Sitte das Bauernbier verzehren und die andere Gesellschaft soll in Lembeck mit ihrem König abgehalten werden. Sofern die Wulfener beid Vögel bekommen, sollen sie ihre Zeche alleine abhalten. Lembeck und Rhade sollten sich des königlichen Geschenk trösten und sich mit Kirchspiel- oder Bauernbier begnügen. Dergleichen soll es auch gehalten werden, wenn beide Vögel nach Lembeck oder Rhade gebracht werden. Die Gesellschaft soll zwei Tage lang dauern. Am ersten Tag sollen die von jedem Haus eingesammelten fünf Stüber verzehrt werden. Für den Fall, dass man am ersten Tag nicht auskommt, dann soll das Kirchspiel oder Bauernbier zur Hilfe genommen werden. Der andere Tag soll einem jeden König freistehen, ein Gastgelage abzuhalten und ihm zu ehren lädt er jedes Kirchspiel ein und es wird das vom ersten Tag übrig gebliebene Bier ausgeschenkt. Oder sollte es dem einen oder anderen König nicht gelegen sein, dann soll er anstelle des Gastgelages zehn Tonen Bier an die Festgesellschaft ausgeben. Danach muss jeder Hausbesitzer seine eigene Wegzehrung mitbringen.

Siehe auch: Schützenwesen (Essay)
Siehe auch: Schützenvogel
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