Göhlich, Walter

Ein Leben lang engagiert für Jugendliche mit Erziehungsproblemen

1927 in Probsthain/Schlesien bis 2020 in Dorsten; Jugenderzieher. Erziehungsleiter und Heimleiter. – 2009 überreichte Landrat Jochen Welt im Kreishaus Recklinghausen dem Holsterhausener das Bundesverdienstkreuz. Er bekam es für sein soziales Engagement. Denn Walter Göhlich gehörte zu den Mitbegründern der Solidargemeinschaft Wohnen und Leben e. V. im Jahr 1981. Er engagierte sich von Anfang an als Vorsitzender des Vereins und betreute rund hundert Jugendliche, die aus dem Strafvollzug oder Erziehungsheimen entlassen wurden. Er unterstützte sie bei der Arbeits- und Wohnungssuche und trug so zu ihrer Integration bei.

Erziehungsleiter und stellvertretender Heimleiter „Kreskenhof“

Walter Göhlichs (Foto) Berufsleben war den Jugendlichen gewidmet, die – pauschal gesagt – durch vielerlei Gründe, für die sie als Kinder nicht verantwortlich waren, doch als schwer erziehbar eingestuft wurden und der Staat die Erziehung in Heimen übernahm, Das tat er noch bis in die 70er-Jahre hinein nicht nur mit guten Worten und Sensibilität, sondern mit Prügel. Die Jugendlichen wurden als Arbeitskräfte oft schändlich ausgenutzt. Dazu trug auch Walter Göhlich bei, der 1956 seinen Dienst beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) antrat, der Träger des Landeserziehungsheims Kreskenhof in Holsterhausen war. Göhlich, mittlerweile verheiratet, gehörte ab 1956 zum Leitungspersonal. Dazu gibt es genügend Berichte von direkt Betroffenen. Wegen der eklatanten Zustände im Landeserziehungsheim Kreskenhof kam es 1972 zu einer Demonstration vor dem Kreskenhof durch die „Sozialpädagogische Sondermaßnahme Köln“ (SSK), um die Zustände im Dorstener Heim anzuprangern. Göhlich stritt Gewalt gegen Jugendlich im Landeserziehungsheim gegen Jugendliche immer wieder ab oder er relativierte sie.

Vorsitzender der Solidargemeinschaft „Wohnen  und Leben e. V.

Walter Göhlich hat einen ungewöhnlichen Lebenslauf, schreibt Hans-Jochen Schräjahr 2010 in einem Artikel anlässlich der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an den Geehrten. Er war ungewöhnlich auch, weil er sich zum einen den gewalttätigen Methoden der staatlichen Erziehung unterordnete und andererseits im Engagement für Jugendliche mit Problemen aufging. Mit 17 Jahren kam er zum Arbeitsdienst nach Ostpreußen, meldete sich gegen Ende des Krieges zur Luftwaffe, kam nach Nürnberg und dann an den Niederrhein, um dort die alliierten Truppen abzuwehren, die 1945 im Begriff waren, von dort ins Reich einzudringen.Göhlich wurde verletzt, durchlief mehrere Lazarette und arbeitete nach dem Krieg auf einem Bauernhof in Emsdetten. Er suchte seine aus Schlesien geflüchteten Eltern 1947 in Lengerich, studierte in München Psychologie, Pädagogik und Recht. Danach arbeitete er u. a. in einem heilpädagogischen Heim mit behinderten Jugendlichen. 1952 kam er zum Landschaftsverband Westfalen Lippe und vier Jahre später nach Holsterhausen, wo er Erziehungsleiter und stellvertretender Heimleiter im Landeserziehungsheim „Kreskenhof“ war. 1992 wurde Göhlich pensioniert, widmete sich mit anderen als Vorsitzender der Solidargemeinschaft Wohnen und Leben e. V. noch viele Jahre um Jugendliche, die aus Heimen entlassen wurden und kein Zuhause hatten. Er starb im November 2020 in Dorsten-Holsterhausen.

Siehe auch: Landeserziehungsheim Kreskenhof
Siehe auch: Solidargemeinschaft Wohnen und Leben


Quelle: Hans-Jochen Schräjahr in „HK der Herrlichkeit Lembeck und der Stadt Dorsten“ 2010.

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