Rechtswesen III (Essay)

Dorstener Gerichtsherren und Bezirke in der Zeit von Kurköln bis Preußen

W. St. – Das Gerichtswesen im Vest Recklinghausen erlebte oft in kurzen Zeitabschnitten unterschiedliche, oft gegensätzliche politische Systeme: Feudalismus, Einzug der Moderne unter Napoleon, preußisches Königreich, Deutsches Kaiserreich, Weimarer Republik, NS-Staat, Besatzungsregime die Bundesrepublik. Dabei wurden Rechtsordnungen wie Wäschestücke gewechselt. Was blieb waren die Juristen und nahezu sämtliche Führungsstäbe des jeweiligen Systems, auch auf der regionalen Ebene.

Kurkölnische Zeit: Gerichtsbarkeit im Vest südlich der Lippe

Palast und Gericht des Kölner Landesherrn

Seit Verleihung der Stadtrecht 1251 durch den Landesherrn, den Erzbischof von Köln, gab es in Dorsten einen erzbischöflichen Richter, der o. Seit dieser Zeit war gab es in Dorsten dort ein erzbischöflicher Richter tätig. 1576 wurden ihm ein städtischer und ein ritterschaftlicher Beisitzer zugeordnet. Daneben besaß die Stadt die städtische Polizeigerichtsbarkeit.
Nach einem Zeugenverhör vom Jahre 1228 über die Gerichtsverhältnisse in Dorsten stand die echte Blutgerichtsbarkeit dem Vogt zu, während der Kölnische Gorichter von Recklinghausen solche nur besaß („quando cum clamore fit wapeniow“), wenn der Ruf zu den Waffen, erhoben worden war. Bis 1803 gehörte Dorsten zum Kurkölnischen Vest Recklinghausen und die Herrlichkeit zur Landesherrschaft Münster. Gesetze und Verordnungen der rheinischen und westfälischen Territorien unterstanden dem Kölner erzbischöflichen Landesherrn. Im Einzelnen handelt es sich im Rheinland um das Kurfürstentum Köln bis zu seiner Auflösung im Jahre 1802 (von 1794-1802 nur noch um die rechtsrheinischen Gebiete), in Westfalen um das so genannte Herzogtum Westfalen (inkl. der hessisch-darmstädtischen Herrschaft 1802-1818) und das Vest Recklinghausen (inkl. der herzogl. Arenbergischen Herrschaft (1802-1810). Das Gericht in Dorsten umfasste im Vest südlich der Lippe die Kirchspiele mit ihren Bauerschaften Dorsten, Polsum, Gladbeck, Buer, Kirchhellen, Bottrop und Osterfeld. Gerichtsherr war der Landesherr im Vest Recklinghausen, der Erzbischof von Köln.

Gerichtsbarkeit im Bereich des Fürstbistums Münster nördlich der Lippe

Gerichtsbuch Lembeck

Vor Beendigung der Landesherrschaft des Fürstbistums Münster (1803) führte die Regierung die Oberaufsicht über sämtliche Untergerichte durch Beamte der Oberaufsicht. Die Untergerichte waren teilweise im fürstlichen Besitz, teilweise Privatgerichte des Domkapitels, anderer Kooperationen, Städte oder Gutsbesitzer. Gerichtsherr der Herrlichkeit Lembeck war das Haus Lembeck, zu deren Gerichtsbezirk gehörten: Das Dorf Altschermbeck mit den Bauerschaften Rüste, Buschhausen, Emmelkamp und Üfte, das Dorf Erle mit den Bauerschaften Westrick und Oestrick, das Dorf Hervest mit den Bauerschaften Orthöve und Wenige, das Dorf und Kirchspiel Holsterhausen, das Dorf Lembeck mit den Bauerschaften Endeln und Lasthausen, Wessendorf, Specking, Beck und Stroick, Dorf und Kirchspiel Rhade, Dorf Wulfen mit den Bauerschaften Dimke, Deuten und Sölten.

Französische Zeit: Friedensgerichte und Tribunale

Durch den Reichsdeputationshauptschluss vom 25. Februar 1803 wurde das Vest Recklinghausen säkularisiert und neuen Landesherrn als Entschädigung zugeteilt. Zunächst blieben Untergerichte im Allgemeinen in ihrer bisherigen Wirksamkeit bestehen und nur für die Obergerichtsbarkeit erfolgten von den neuen Landesherren Abänderungen. Durch Dekret wurden sämtliche bisherigen Gerichtsbehörden aufgehoben und eine mit der französischen übereinstimmenden Gerichtsverfassung eingeführt. Jedes Kanton erhielt ein Friedensgericht, jedes Arrondissement ein Tribunal erster Instanz. Vor die  Tribunale gehörten alle streitigen Eigentumsklagen, die nicht von den Friedensrichtern verglichen werden konnten, oder in denen nicht der Präfekturrat zu erkennen hatte. Sie behandelten gleichzeitig die korrektionellen Gegenstände bis zu Strafen von fünf Jahren Gefängnis und streitige Handelssachen. Zum Friedensgericht im Kanton Dorsten, unterstellt dem Arrondissement Essen im Großherzogtum Berg, gehörten die Bürgermeistereien (Mairie) Dorsten, Marl und Buer.

Preußische Zeit: Dorsten 1851 Sitz eines selbstständigen Kreisgerichts

Preußischer Staatsadler

Das im Jahre 1815 eingerichtete Land- und Stadtgericht Dorsten war zunächst dem Oberlandesgerichts Bezirk Kleve zugeteilt, durch Verfügung des Justizministeriums vom 8. September 1816 jedoch dem Oberlandesgerichtsbezirk Münster angegliedert. Untergebracht war das Gericht nebst dem Gefängnis in dem staatlichen Gerichtsgebäude. Im Jahre 1849 wurde das obige Gericht zunächst aufgelöst. Dorsten behielt nur noch eine Gerichtsdeputation, die dem Kreisgericht Recklinghausen angegliedert wurde. Sitz eines selbstständigen Kreisgerichts wurde Dorsten im Jahre 1851, welches nunmehr seinerseits in Recklinghausen vier Gerichtskommissionen unterhielt, die später zu einer Gerichtsdeputation vereinigt wurden. Die räumliche Unterbringung war die gleiche. Gerichtstage wurden in Bottrop abgehalten. Erst 1879 wurde aus diesem Gericht ein Kgl.-preußisches Amtsgericht für den Bereich Dorsten und die Landgemeinden Altendorf-Ulfkotte, Altschermbeck, Erle, Hervest, Holsterhausen, Kirchhellen, Lembeck, Marl, Polsum, Rhade und Wulfen mit insgesamt 12.000 Gerichtseingesessenen. Durch Gesetz vom 3. April 1888 wurde das Amtsgericht dem Landgerichtsbezirk Essen angegliedert.

Richter von Bernuth

Dem Land- und Stadtgericht Dorsten gehörten an: Direktor: Evelt (1820-1849), Land- und Stadtrichter: Vadt (1815-1819), Land- und Stadtrichter: Jungeblodt Ass. (1815-1819), Land- und Stadtrichter: v. Wieck Ass. (1815-1825/29), Land- und Stadtrichter: Hülskötter (1819-1825/29), Land- und Stadtrichter: Callenberg (1825/29-1849), Land- und Stadtrichter: Keller (1825/29-1849), Land- und Stadtrichter: Kerstein OLGAss. (1825/29-1834), Land- und Stadtrichter: Sethe OLGAss. (1834/35), Land- und Stadtrichter: v. Bernuth OLGAss. (1839-1846/47), Land- und Stadtrichter: Rumpf OLGAss (1835-1841/42), Land- und Stadtrichter: Rolshausen OLGAss. (1843-1849), Land- und Stadtrichter: Winkelmann OLGAss. (1844-1849), Land- und Stadtrichter: Offenberg II OLGAss. (1846/47-1849).

Kreisgerichtsdeputation bzw. Kreisgericht Dorsten: Direktor: Evelt (1849-1861, s. 1851 Dir.), Direktor: Jungeblodt (1851-1870, Dir. s. 1861), Direktor: Schulz 1870-1876), Direktor: Lindner (1876-1879), Kreisrichter: Callenberg (1849-1872), Kreisrichter: Keller (1849-1858), Kreisrichter: Winkelmann (1849-1868/72), Kreisrichter: Heitmann (1849-1879), Kreisrichter: Michels (1851-1856), Kreisrichter: Geisberg (1851-1859), Kreisrichter: Devens (1851-1861), Kreisrichter: v. Hatzfeld (1858-1866), Kreisrichter: Müller (1861-1873), Kreisrichter: v. Bönninghausen Mitgl. d. Abg.Hauses (1866-1879), Kreisrichter: Thiele (1868/72-1874), Kreisrichter: Fuhrmann (1872-1874), Kreisrichter: Bäumer (1874-1880), Kreisrichter: v. Warendorf (1874-1880), Kreisrichter: Klewitz (1874-1877).

Amtsgericht Dorsten: Es war zunächst mit zwei Richtern besetzt. Amtsrichter/Amtsgerichtsrat: Heitmann (1879-1888), Amtsrichter/Amtsgerichtsrat: v. Bönninghausen (1879-1888), Amtsrichter/Amtsgerichtsrat: Drecker (1888).

Siehe auch: Rechtswesen I (Essay)
Siehe auch: Rechtswesen II (Essay)
Siehe auch: Rechtsprechung im Schloss
Siehe auch: Zuchthaustrafen
Siehe auch: Amtsgericht Dorsten
Siehe auch: Stadtrichter Vinzenz Rensing
Siehe auch: Karl von Bernuth

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