Parteien II

Stand Ende 2022: Politik, nein danke? Nur eine Partei gewann Mitglieder dazu

Vor allem die großen Parteien in Dorsten verloren Mitglieder, eine andere, die Grünen, wurde hingegen immer beliebter. Das belegen aktuelle Zahlen, worüber die „Dorstener Zeitung“ informierte. – Das Jahr 2020 markierte einen Meilenstein in der Geschichte der Dorstener Kommunalpolitik. Die CDU gewann die absolute Mehrheit. Die Grünen erreichten ihr bestes Ergebnis, die SPD ihr seit Langem schlechtestes. Die AfD zog erstmals in den Stadtrat ein. Zwei Jahre später hatte sich vieles getan in diesem Dorstener partei-buntesten Kommunalparlament aller Zeiten. Die Linke und Die PARTEI hatten eine Fraktionsgemeinschaft gebildet. Das einzige Ratsmitglied der FDP kämpfte um Beachtung. Hinter den Kulissen war die Sorge groß, dass die politische Arbeit in Dorsten in den nächsten Jahren und Jahrzehnten noch schwerer werden könnte. Vor allem die großen Parteien in Dorsten hatten seit dem Kommunalwahljahr 2020 signifikant Mitglieder verloren. Andere waren schon froh, wenn die Zahl der Parteitreuen halbwegs konstant blieb. Einziger Gewinner laut einer aktuellen Umfrage der DZ die Grünen. Sie verzeichneten einen Mitgliederzuwachs von 70 Prozent. 61 Mitglieder waren es am 1. November 2022, zwei Jahre zuvor lediglich 36. Bei den Grünen herrschte ob dieser Entwicklung „eitel Sonnenschein, über vielen anderen Parteien waren längst dunkle Wolken aufgezogen“ Aber auch dort gabt es vereinzelt Lichtblicke (Stand 2022).
CDU: Die größte Partei Dorstens hatte aktuell 610 Mitglieder, Ende 2020 waren es 646. Die acht Ortsverbände hatten zwischen 50 und 120 Mitglieder. Aus CDU-Sicht erfreulich: Die Junge Union hatte in Dorsten 67 Mitglieder. Die meisten Eintritte verzeichnete die CDU in der Altersspanne von 30 bis 50 Jahren. – SPD: Die Sozialdemokraten hatten 328 Mitglieder und verloren in den letzten zwei Jahren 15 Mitglieder, seit 2012 allerdings fast 150. Zwei Drittel der Mitglieder waren älter als 60 Jahre. Die Neueintritte glichen allerdings die Austritte durch Politikverdrossenheit und einige wenige Todesfälle nicht aus. – FDP: Die Mitgliederzahl bei den Liberalen in Dorsten waren trotz des schlechten Kommunalwahlergebnisses nahezu konstant bei knapp 40. Sieben Mitglieder (18 Prozent) der FDP Dorsten waren unter 25 Jahre alt.

Ursachenforschung: keine Reaktion, keine Angaben, nachlassende Lust

Die AfD reagierte auf eine Anfrage der „Dorstener Zeitung“ nicht, Die PARTEI konnte nach eigenen Angaben keine Zahlen nennen, weil „die Mitgliedschaften aus Datenschutzgründen beim Bundesverband verwaltet werden“. Die Linke nannte ebenfalls keine Zahlen; die Mitgliederzahl war „insgesamt stabil geblieben“.
Was sind die Gründe für das insgesamt sinkende Interesse an parteipolitischer Arbeit? „Die Pandemie hat leider dazu geführt, dass die Menschen ihr Engagement zurückgefahren haben“, meinte Nina Horbelt (SPD). Deutlich detaillierter in der Analyse ist CDU-Sprecherin Maje Oberschachtsiek. Zunehmende Digitalisierung und Individualisierung seien Gründe, sagt sie, aber eben auch die Tatsache, dass kommunalpolitische Arbeit zwar sehr zeitintensiv sei, aber selten honoriert werde. „Während in vielen Ehrenämtern eine Wertschätzung durch die Öffentlichkeit erfolgt, ist die Wertschätzung für das Ehrenamt in Parteivorständen in den vergangenen Jahrzehnten eher gesunken.“

Welche Ideen haben die Parteien; ihre Misere zu beendet?

Die überalterte CDU Dorsten wird digitaler und kommuniziert verstärkt über Soziale Medien. „Politik und ihre Akteure werden greifbarer für junge Menschen“, betonte Oberschatsiek. „Politische Prozesse werden zunehmend offener gestaltet. Beteiligung wird beispielsweise über Bürgerforen ermöglicht.“ Da braucht es kein Parteibuch, das früher wie selbstverständlich von Generation zu Generation weitergereicht wurde.
Die SPD freut sich über eine positive Entwicklung der Mitgliederzahlen bei den Jusos und plant konkrete Aktionen zur Mitgliederakquise. Hier setzen wir neben Bürgernähe auch auf die Sozialen Medien“, sagt Nina Horbelt. Intern gibt es aber auch seit Längerem eine Diskussion, ob nicht angesichts sinkender Mitgliederzahlen Ortsvereine im Dorstener Norden zusammengelegt werden sollten. Die Grünen bauen die Nutzung von Sozialen Netzwerken sukzessive aus, suchen aber auch bei Aktionen wie „CleanUp“ das persönliche Gespräch. Einmal im Monat gibt es einen „Grünen Stammtisch“. Weil es keine eigene Jugendgruppe in Dorsten gibt, vernetzen sich die Mitglieder, die noch keine 27 Jahre alt sind, mit der „Grünen Jugend Recklinghausen“.

Schnell in die Verantwortung; Jugend zurück in die Partei

So hält es auch die FDP mit ihren jüngeren Mitgliedern. „Werbung erfolgt bei uns weitestgehend durch direkte Ansprache von Interessenten“, sagt Thomas Boos. „Sitzungen des Vorstandes des Ortsverbandes sind mitgliederoffen und auch für Interessenten zugänglich.“ Die Linke zeigt sich gerne solidarisch mit Jugendbewegungen wie „Friday for future“, lockt aber vor allem mit der Aussicht, dass junge Leute bei ihr besonders schnell Verantwortung übernehmen können. Bestes Beispiel: 2021 rückte Erik Wischerhoff (21) für Wilhelm Zachraj nach und ist seitdem jüngstes Ratsmitglied in Dorsten, deutlich jünger noch als Nicklas Kappe, (26, CDU). Da muss auch Die PARTEI passen. Sie behauptet allerdings: „Im Ortsverband Dorsten sind 75 Prozent der Menschen aus dem Vorstand unter 25, bei den aktiven Mitgliedern sind etwa 50 Prozent.“

Siehe auch: Parteien I
Siehe auch: Splitterparteien


Quelle: Entnommen von Stefan Diebäcker in der DZ vom 23. Nov. 2022

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