Holocaust-Leugnung

FDP-Vorstandsmitglied provozierte auf Twitter – danach ausgetreten

Ein Mitglied des erweiterten Vorstands des Dorstener FDP-Stadtverbands twitterte Mitte August 2020 provokanten Ansichten, die gegen freiheitlich-demokratische Grundsätze verstießen und der Verfasser nicht nur vom FDP-Vorstand kritisiert wurde. Daraufhin legte er sein Amt im Stadtverband nieder und trat dann auch aus der Partei aus. Über Twitter waren die Forderungen des FDP-Vorstandsmitglieds zu lesen: Die Holocaust-Leugnung sollte von der Meinungsfreiheit gedeckt sein. Zudem sollte der öffentlich-rechtlichen Rundfunk abgeschafft werden und Muezzin-Rufe seien „meistens Lärmbelästigung“. Mehr als 800 Personen folgen dem FDP-Vorstandmitglied bei dem Kurznachrichtendienst. Seine provokanten Meinungsäußerungen wurden fast 180 Mal mit einem Herzchen markiert. In den mehr als 120 Kommentaren zu seinen Aussagen gab es aber mehrheitlich Kritik. Eine Parteifreundin aus Düsseldorf schrieb: „Wow, ‚vielen Dank‘, dass du mit solchen Tweets mit dafür sorgst, dass wir als FDP und Junge Liberale so richtig scheiße rüberkommen, nur damit euer Bedürfnis nach Aufmerksamkeit befriedigt wird, wie bei so einem kleinen Kind im Supermarkt. Das ist einfach nur erbärmlich und peinlich.“ Auch der Dorstener Stadtverband der FDP ging auf Distanz, nachdem der geschäftsführende Vorstand die drei Aussagen entschieden zurückwies. Die Rechtslage ist in Sachen Holocaust-Leugnung eindeutig: Paragraf 130, Absatz 3 im Strafgesetzbuch regelt, dass „mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe“ bestraft wird, „wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung (…), die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost.” (Ouellen: Robert Wojtasik in DZ vom 12. und 14. Aug. 2020)

Anmerkung der Redaktion: Holocaust-Leugnung ist keine Meinung

W. St. – Es gibt in der Tat Kritiker, welche die Meinungsfreiheit durch die Bestrafung der Holocaust-Leugnung massiv gefährdet sehen. Der Gesetzgeber hat sich aber bewusst dafür entschieden. Nicht nur, um das Gedenken an die NS-Opfer zu bewahren, sondern auch, um neue Opfer zu schützen. Die Leugnung des Holocausts ist keine Meinung und gefährdet den öffentlichen Frieden. Eine Verharmlosung von Nazi-Verbrechen allein ist aber noch nicht strafbar, so urteilte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG). Es hatte 2018 über zwei Verfassungsbeschwerden gegen Verurteilungen wegen Volksverhetzung entschieden. Die Verfassungsbeschwerde gegen die Verurteilung wegen Verharmlosung des nationalsozialistischen Völkermords hatte Erfolg, die andere wegen Leugnung hingegen nicht. Als erwiesen unwahre und nach den Feststellungen der Fachgerichte auch bewusst falsche Tatsachenbehauptungen könnten die Äußerungen von Holocaust-Leugnern nicht zur verfassungsrechtlich gewährleisteten Meinungsbildung beitragen. Deren Verbreitung als solche sei nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt. Das ändere sich, so die Karlsruher Richter, auch nicht dadurch, wenn an Tatsachenbehauptungen Meinungsäußerungen geknüpft werden (Beschl. v. 22. Juni 2018, Az. 1 BvR 673/18). – Neben Rechtsentscheidungen, die im Falle der Holocaust-Leugnung oft verwundern und befremden, gibt es eine moralische Bewertung.

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