Schultes Bio-Hof Rhade

Landwirtschaft von Viehwirtschaft auf rund 10.000 Apfelbäume umgestellt

Klein Theo, Heiner Schulte, Änne und Josef Schulte, Andrea Schulte (v.l.) ; Fotos; M. Nienhaus

Die Natur darf nicht durch Chemie und Massenverbrauch zerstört werden, lautet das Credo des gelerntes Rhader Landwirts Heiner Schulte (53) und seiner Frau Andrea (39), auf dessen Hof keine Schweine mehr grunzen, keine Ziegen mehr meckern, keine Schafe mehr blöken und keine Kühe mehr muhen. Die hat Heiner Schulte vor gut sieben Jahren auf dem seit 1498 im Familienbesitz befindlichen Hof abgeschafft und hat ihn als Nebenerwerbslandwirt 2013 voll und ganz auf Bioland-Betrieb umgestellt. Jetzt gackern in mobilen Hühnerställen 225 Legehennen der Rasse „Lohmann-Braunleger“ und legen kräftig Eier. „Drei Hähne“, so Heiner Schulte schmunzelnd, „achten darauf, dass die Hackordnung ihrer Hennen eingehalten wird!“ Ansonsten hat sein Vater, Altbauer Josef Schulte (90), die Betreuung der Hennen übernommen. Sie bekommen selbstproduziertes Bio-Futter aus heimischem Getreide, aus Erbsen und Kartoffeln. „Absolut kein Soja und auch keine Medikamente irgendwelcher Art!“ Dann gibt es noch neun Bienenvölker, die in Kürze durch Wildbienen ergänzt werden. Denn Wildbienen bringen eine etwa 80-mal höhere Leistung als die „zivilisierten“ Bienenvölker. Auch sind bereits Vorbereitungen im Gange, einen eigenen Teich anzulegen. Natürlich werden noch Kartoffeln, Kürbisse, Mais und Weizen ökologisch angebaut:  – zum Verkauf und zum Selbstgebrauch für Hühnerfutter.

Kompost für die Bäume wird ohne chemische Mittel selbst hergestellt

Den größten und wichtigsten Bereich des 27 Hektar großen Landwirtschaftsareals macht der Bio-Obstbau aus. Darin sind Heiner Schulte, hauptberuflich Raiffeisen-Betriebsberater, und seine Frau Andrea, Krankenschwester, in der 40 Kilometer-Region um Rhade echte Pioniere. Ihr Wissen haben sie sich zeitintensiv angeeignet. Angebaut werden 13 verschiedene Apfelsorten, von milden bis harten, von süßlichen bis saueren. Zuerst waren seine Eltern von der Umstellung unangenehm überrascht. Doch Heiner und Andrea Schulte ließen sich nicht bebeirren. Sie fuhren mehrmals an den Bodensee, wo sie sich Bioland-Betriebe angesehen hatten und sich beraten ließen. Informierten sich auf Messen und in der Literatur. Heute gibt es in der südwestfälischen Region um Rhade bis ins Rheinland etwa 15 bis 20 Bioland-Betriebe, die untereinander Erfahrungen und Produkte austauschen. Den Kompost für die Bäume stellen die Schultes selbst her, arbeiten mit Mikroorganismen und behandeln die Bäume mit „Komposttee“ aus Wurmkompostbakterien, Melasse aus Zuckerrüben und Malzkeime. Dafür hat Heiner Schulte eine eigene Kompostteemaschine entwickelt und gebaut.

Jedes Jahr werden 35.000 Kilo Obst gepflückt – d. s. 175.000 Äpfel

2013 pflanzten die Schultes die ersten 2900 Bäume. Daraus wurden bis heute rund 10.000,  darunter 400 Birnbäume. Ihnen helfen eine festangestellte Arbeitskraft und bei der Ernte im Herbst Saisonkräfte. „Da pflücken wir beide aber feste mit!“, meint Andrea Schulte. Das müssen sie auch. Denn es werden jedes Jahr 35.000 Kilo Obst gepflückt. Das sind rund 175.000 Äpfel. Nebeneinandergelegt ergeben diese eine Strecke von 12,2 Kilometern. „Wir streben aber 40 bis 50 Kilometer an“, lacht Heiner Schulte. Verkauft wird im eigenen Hofladen an der Schützenstraße in Rhade, auf regionalen Märkten und an Online-Händler, welche die Schulte-Produkte in sogenannten Abo-Kisten über das Internet vertreiben. – Die Zukunft ihres Bio-Hofs sehen die Schultes rosig bzw. grün. „Wir sind naturverbunden und lieben die Natur. Das Thema Bio-Landwirtschaft wird immer drängender. Wir sind naturverbunden und lieben die Natur, die uns Landwirten anvertraut ist. Wir müssen sie bewahren und dabei unsere Denkweise auf die nächste Generation einstellen!“

„Marktgarten“ und „Fairbeet“: Bio-Gemüsekisten 2023 auch im Abo

Mit einem alten motorisierten Geräteträger – das ist eine Art kleiner Trecker – und dem passenden Hackrahmen hatte Heiner Schulte in den Februar-Tagen 2023 auf einem Acker an der Erler Straße Beete angelegt und den Boden so hergerichtet, dass er mit einer Hand-Sämaschine ans Werke gehen konnte. Gepflanzt wurde zunächst Knoblauch, Asia-Salat, Radieschen und Spinat. Im Laufe des Jahres sollen auf der reinen Beetfläche, die 2500 Quadratmeter groß ist, 50, 60 weitere unterschiedliche Gemüse-, Kräuter- und Salatkulturen hinzukommen. Somit schafft Schulte ein landwirtschaftliches Anbaukonzept, das es so in Dorsten und auch in der weiteren Umgebung nicht gibt. „Fairbeet“ nennen Heiner Schulte und sein Team ihr Projekt, mit dem sie buntes und vielfältiges Bio-Gemüse in einer sogenannten „Marktgärtnerei“ auf dem Feld zwischen Rhade und Erle anbauen. Die frischen und ökologischen Erzeugnisse können die Hof-Kunden im Abonnement kaufen – in Form von wöchentlichen Öko-Gemüsekisten, die jeden Freitag zwischen 9 und 18 Uhr im Hofladen der Familie Schulte an der Schützenstraße im Rhader Dorf abgeholt werden können.
„Marktgärtnereien“ existieren eigentlich schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts und bezeichnen kompakte Gärten, die auf kleinster Fläche mit einfachen Techniken und hoher Flächeneffizienz Gemüse produzieren. Geprägt ist das Konzept vom Verzicht auf den Einsatz von schweren Maschinen, um die Bodenverdichtung auf ein Minimum zu reduzieren. Angelegt wurde acht Beetblöcke, die insgesamt 144 Beete von jeweils 20 Metern Länge und 75 Zentimetern Breite beinhalten. Bis zu viermal im Jahr werden darauf die Kulturen wechseln, die von verschiedenen Kohlsorten über Rote Bete, Pastinaken, Zwiebeln bis hin zu Tomaten, Kürbis und Zucchini reichen. Zum Einsatz kommen auch Folientunnel als „mobile Gewächshäuser“. Eingebettet ist der regionale und saisonale „Marktgarten“ übrigens in eine „Agroforst“-Fläche, auf der Bio-Landwirt Heiner Schulte diverse Hecken, 90 Walnussbäume sowie Hühner-Mobile inklusive Auslaufflächen so kombiniert, dass er möglichst viele positive ökologische Wechselwirkungen erzielt – inklusive Schatten für die Pflanzen und Futter für das Federvieh, das sich als „Waldrandbewohner“ in den abgesteckten und baumbepflanzten Parzellen besonders wohlfühlen soll.

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