Orzelski, Heinz (Heinrich)

Stellvertretender Bürgermeister, Bergbau-Betriebsrat und Betriebsdirektor

Heinz Orzelski (r.) mit Bundeskanzler Willy Brandt in der Zeche 1961; Fotos (3): W. Krüger (RN)

1919 in Bochum bis 1988 in Bergkamen; Bergmann, SPD-Kommunalpolitiker und stellvertretender Bürgermeister in Dorsten. – Über 20 Jahre lang beeinflusste er an maßgeblichen Stellen die SPD-Politik in der Stadt, wobei er sich nicht nur die Achtung seiner Parteifreunde erwarb, sondern auch die seiner politischen Gegner. Bei der ersten Nachkriegswahl wurde er für die SPD in den Stadtrat gewählt. Heinz Orzelski war seit 1956 Vorsitzender der SPD Hervest-Dorsten, seit 1959 Stadtverbandsvorsitzender der SPD Dorsten sowie Mitglied des Unterbezirksvorstandes der SPD Recklinghausen, seit 1951 stellvertretender Bürgermeister und seit 1952 Fraktionsvorsitzender. 1961 stellte er sich für eine Mitarbeit im Kreistag des Landkreises Recklinghausen zur Verfügung, Drei Jahre war er Mitglied des Beschlussausschusses und des Jugendamtsausschusses und saß seit 1964 im Sozialausschusses des Kreistags. Bei seinem Ausscheiden aus der Politik erhielt er für seine ehrenamtliche Tätigkeit auf Vorschlag des damaligen NRW-Ministerpräsidenten 1968 das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik. – Heinz Orzelski besuchte bis 1934 die Volksschule in Hervest-Dorsten, wo er aufgewachsen ist. Sein Vater war Bergmann. Nach der Schule arbeitete der 15-Jährige vorübergehend als Holzverarbeiter in der Möbelfabrik Elsenbusch, bevor er 1934 als Tagesarbeiter auf der Zeche „Fürst Leopold“ wechselte. Er brachte es zum Vorarbeiter  und nach seinem Wechsel zum Bergwerk Haus Aden 1970 sogar zum Betriebsdirektor.

Vom Tagesarbeiter auf Fürst Leopold zum Betriebsdirektor in Oberaden

Heinz Orzelski

Vier Jahre arbeitete Heinz Orzelski als Tagesarbeiter, dann wurde er 1938 als Eisenflechter zum Bau des Westwalls dienstverpflichtet. 1939 arbeitete er wieder auf der Zeche und wurde als Schlosser angelernt. Im Kriegsjahr 1940 wurde er zu den Fallschirmjägern eingezogen. Bei Kriegsende war er Oberfeldwebel. Von 1945 bis 1947 arbeitete er wieder als Schlosser auf seiner Heimatzeche „Fürst Leopold“, wo er 1956 zum Schlosservorarbeiter befördert wurde, was Heinz Orzelski bis zu seinem Weggang nach Bergkamen im Jahr 1970 blieb. Er engagierte sich in der Gewerkschaft. Er war seit 1957 Betriebsratsvorsitzender der Schachtanlage Fürst Leopold/Baldur, seit 1950 Mitglied des Gesamtbetriebsrates der Hoesch AG Bergbau und hatte von 1955 bis 1959 den Vorsitz im Gesamtbetriebsrat inne. Mitglied des Gemeinschaftsausschusses der Betriebsräte war er seit 1954 und seit 1959 des geschäftsführenden Vorstands des Gemeinschaftsausschusses der Betriebsräte aller Hoesch-Gesellschaften. Zudem bekleidete er seit 1962 das Amt des Ortsgruppenvorsitzenden der Industriegewerkschaft Bergbau und Energie. Dem Beirat der AG Bergbau gehörte er seit 1959 an. In dem Vorschlagstext zur Verleihung des Bundesverdienstkreuzes steht, dass sich Heinz Orzelski „als Vorsitzender der SPD-Fraktion im Rat der Stadt Dorsten besonders auf dem Gebiete der Wirtschaftsförderung durch Ansiedlung neuer Betriebe verdient gemacht“ hat. Die Erhaltung der örtlichen Schachtanlage ist seinerzeit u. a. seinem Mitwirken zu verdanken.
Im Januar 1970 ging er als Betriebsdirektor zur Zeche „Haus Aden“ nach Oberaden/Bergkamen. 1978 trat er in den Ruhestand und zog mit seiner Frau Hanna zu seinem jüngeren Sohn Manfred nach Schwarzenborn im Knüllgebirge/Hessen. Dort starb er 1988. Sein ältere Sohn Kurt starb 2016 in Dorsten.

Er überzeugte seine Kumpel, ihre Bergmanns-Häuser zu kaufen

Heinz Orzelski mit Günter Grass in Dorsten

Wer sich noch an Heinz Orzelski erinnert, weiß zu berichten, dass er es war, der es sich als Bergmann und Betriebsratsmitglied zu einer seiner wichtigsten politischen Aufgabe machte, seine Kumpel anzuhalten, Wohneigentum zu erwerben, ihnen Mut machte, ihr Bergmanns-Häuschen, in dem sie wohnten, auch zu besitzen. Orzelski setzte durch, dass oft mit nur 500 DM Eigenkapital die Kumpels Hausbesitzer werden konnten. Viele der Bergmannshäuser an der Glück-auf-Straße in Hervest, wo er selbst wohnte, und in den Holsterhausener Zechensiedlungen kamen so zu ihrem Eigenheim. Schließlich wurde Heinz Orzelski in den Aufsichtsrat der Hoesch AG berufen. Ende 1969 verließ der SPD-Politiker und Gewerkschafter die Zeche „Fürst Leopold“ und Dorsten. Darüber wird viel erzählt, doch nichts Genaues. Es soll eine anhaltende Auseinandersetzung zwischen dem SPD-Politiker und Stadtrat Fritz Kiersch (Holsterhausen) und Heinz Orzelski (Hervest-Dorsten) gegeben haben, die nicht aufzulösen war. „In er SPD war doch einer dem andern nicht grün!“, meinte einer, der das noch als junges Parteimitglied mitbekommen hatte, aber nicht mehr weiß, um was es wirklich ging. In der damaligen noch engen Verstrickung von Bergbau, Gewerkschaft und SPD soll der Bergbauschlosser Heinz Orzelski das Angebot der Ruhrkohle AG bekommen haben, als Betriebsdirektor nach Bergkamen zu gehen. Und Orzelski ging.

Anmerkung: Da die SPD Dorsten offensichtlich kein Archiv führt, ist Heinz Orzelski mittlerweile der Vergessenheit anheim gefallen, denn es gibt kaum noch konkretes Wissen über ihn, außer ein paar Zahlen und offizielle Tätigkeiten. Die Recherche, diese paar Angaben in diesem lückenhaften Porträt zusammenzubekommen, war äußerst mühsam. 1988 feierte der SPD-Ortsverein Hervest sein 70-jähriges Bestehen. In einer Festbroschüre wurde Orzelski, der im gleichen Jahr in Schwarzenborn starb, mit einem kurzen Text seiner Verdienste gedacht und gelobt: „Die Dorstener SPD wird ihm ein ehrenwertes und dankbares Andenken bewahren.“ 2018 feiern die Hervester Sozialdemokraten ihr 100. Bestehen. Das wäre ein Grund, Heinz Orzelski aus der jahrelangen Vergessenheit wieder herauszuholen und das versprochene Andenken aufzufrischen.


Quellen: Personalbogen Heinz Orzelski, RAG-Pressestelle Essen. – SPD-Festschrift Hervest 1988. – Gespräche mit der Schwiegertochter Orzelskis 2017, Michael Baune und Heinz  Denniger (SPD) sowie Edmund Labendz (damals SPD) u. a. 2017. – Stadtverwaltung Schwarzenborn 2017. – Bundesarchiv Koblenz (Bundesarchiv [BArch] B 122/38632).

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