Lindgens, Godehard

Die Schule war sein Schicksal – „von der ersten Sekunde bis heute“

1935 in Dorsten bis 2018 in Berlin; Lehrer in Berlin und Autor politisch-philosophischer Schriften. – In Dorsten wurde er einer breiteren Öffentlichkeit durch sein Buch „Erinnerungen an Dorsten“ bekannt, in dem er unter Mitwirkung seiner Frau Gisela Texte zur Geschichte der Stadt teils selbst geschrieben, teils zusammengestellt und 2013 herausgeben hatte. Wegen der Unübersichtlichkeit als Druckwerk etwas verunglückt, kam 2016 eine drucktechnisch überarbeitete Auflage heraus.
In Berlin, wo er über 50 Jahre lang lebte, wurde er einer breiteren Leserschaft bekannt, als der „Berliner Tagesspiegel“ im Mai des Jahres 2000 über ihn berichtete. Das Landesschulamt kündigten ihm und rund 4400 weitere Pädagogen schriftlich Gehaltskürzungen an, weil er sich als beamteter Studiendirektor zu einem Streik bekannt hatte. „Lindgens, seit knapp 40 Jahren im Dienst, findet diesen Umgang empörend“, so die Zeitung. Dazu hatte er auch jeden Anlass, denn das Landesschulamt hatte sich bei ihm und frn Kollegen des Tiergartener Berlin-Kollegs geirrt, da sie nachweislich nicht gestreikt hatten.

Als Junge den Nationalsozialismus in der Familie und in Dorsten erlebt

Godehard Lindgens, geboren 1935, wuchs in die nationalsozialistischen Jahre hinein. Seine Familie wohnte auf der Hardt, wo sein Vater Lehrer an der Overbergschule war, zudem Vorsitzender des Hardter Schützenvereins und 1934 Schützenkönig. Darüber schrieb sein Sohn 2010 in der Chronik des Schützenvereins zum 50 Jubiläum etwas unverständlich relativierend: (Der Vater) „hatte mit dem Schießen nicht viel im Sinn, wurde aber 1934 Schützenkönig, weil man der Auffassung war, er könnte in dieser Zeit des herrschenden Nationalsozialismus mit den Problemen am besten fertig werden.“ Welche Probleme im Jahr 1934 und wen er mit „man“ auch immer meinte, bleibt dahingestellt. Sein Vater jedenfalls trat 1937 in die NSDAP ein, übernahm das Parteiamt eines Zellenwarts auf der Hardt und war Mitglied in sechs weiteren NS-Organisationen.

35 Jahre lang in der Erwachsenenbildung Berlin tätig

Von der Overbergschule, wo zeitweise sein Vater auch sein Lehrer war, wechselte Godehard Lindgens ins Gymnasium Petrinum, wo er 1956 das Abitur machte und anschließend in Tübingen Latein und Griechisch, Altphilologie, Philosophie, Geschichte und Politik studierte und 1958 Vorsitzender des Allgemeinen Studentenausschusses (Asta) der Universität wurde. Sein Studium setzte er in Berlin fort und promovierte im Fachbereich Politische Wissenschaft der Freien Universität Berlin zum Thema: „Katholische Kirche und moderner Pluralismus. Der neue Zugang zur Politik bei den Päpsten Johannes XXIII. und Paul VI. und dem Zweiten Vatikanischen Konzil.“ Nach dem Studium lehrte er zunächst vier Jahre lang am Gymnasium Steglitz, heiratete 1962 die Dorstenerin Gisela Große-Lochtmann und war von 1966 bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2001 in die Erwachsenenbildung am Berlin-Kolleg tätig, zuletzt als Fachbereichsleiter für Politische Weltkunde. Lehrbeauftragter an der Freien Universität Berlin (FU) war er von 1978 bis 1990. Seit 2008 befasste er sich mit dem Nachlass seines Dorstener Vaters und mit der Dorstener Geschichte. In autobiografischen Texten schrieb er, der stets seinem Vater nacheiferte: „Schule ist mein Schicksal, von der ersten Sekunde meines Lebens bis heute.“ – Godehard Lindgens starb am 7. Februar 2018 und wurde in Dorsten bestattet.

Veröffentlichungen (Auswahl): „Ende des Ideologischen Zeitalters? – Analyse des Marxismus-Leninismus“, 1985. – „Freiheit, Demokratie und pluralistische Gesellschaft in der Sicht der katholischen Kirche“, Stuttgart 1985. – „Erinnerungen an Dorsten“, Hg Godehard Lindgens/Beerd Hönig, book on demant, 2013 und 2016.

Siehe auch: Peter Lindgens


Quellen: „Berliner Tagesspiegel“ vom 24. Mai 2000. – Chronik Hardter Schützenverein 2010. – Dorsten unterem Hakenkreuz: Literatur zum Thema (Literatur zum Thema | www.dorsten-unterm-hakenkreuz.de).

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