Industriepark Große Heide

Auf 30 Hektar Zechenfläche in Wulfen sollen über 600 Arbeitsplätze entstehen

31,8 Hektar große Zechenfläche an der B 58 in Wulfen ; Luftbild: Bludau

In Dorsten-Wulfen soll auf der ehemaligen Zechenfläche Schacht Wulfen 1/2 in den kommenden Jahren der „Industriepark Große Heide Wulfen“ mit bis zu 600 Arbeitsplätzen entstehen. Einen entsprechenden städtebaulichen Vertrag  über die Planung, Erschließung und Vermarktung des Areals unterzeichneten Dorstens Bürgermeister und der Vorsitzender der Geschäftsführung der RAG Montan Immobilien GmbH, Mitte Dezember 2018.

Es sollen rund 300 neue Arbeitsplätze entstehen

Auf der ehemaligen Zechenfläche in Wulfen werden drei Kooperationspartner – die RAG Montan Immobilien GmbH, die Stadt Dorsten und die Wirtschaftsförderung Windor – den neuen Industriepark Große Heide Wulfen planen und erschließen. Die Vermarktung der Flächen soll bereits 2019 beginnen. Vorgesehen sind auf 300.000 Quadratmetern Bruttofläche Ansiedlungen von Unternehmen, die ausdrücklich ein Grundstück mit der planerischen Ausweisung für industrielle Nutzung benötigen. Das schließt u. a. einen 24-stündigen Lieferverkehr ein. Bei der Vergabe von Flächen soll keine Branche ausgeschlossen, produzierendes Gewerbe aber bevorzugt berücksichtigt werden. Rund 300 neue Arbeitsplätze unterschiedlicher Qualifikation sollen hier entstehen. Bis Ende 2020 soll die Fläche zur Hochbaureife entwickelt werden. Erste Entwürfe für den Bebauungsplan wurden bereits im Dezember 2018 für Gutachten (Schallschutz, Artenschutz, Umwelt, Verkehr) erarbeitet.

Als Zechenfläche einst eine große Bedeutung für Wulfen und Dorsten

Die Fläche hat große Bedeutung für die jüngere Geschichte der Stadt Dorsten. Hier wurde in den Jahren 1958 und 1959 ein neues Bergwerk abgeteuft. Der damalige Wirtschaftsminister und Vizekanzler Ludwig Erhard war in den Gründungstagen zu einer Feierstunde zu Gast.  Für die damals erwarteten bis zu 5000 Bergarbeiter wurde Barkenberg als „Neue Stadt Wulfen“ geplant. Sie war für bis zu 50.000 Einwohner vorgesehen und ab 1967 auch gebaut. Allerdings stagnierten das Bergwerk und die „neue“ Stadt. Der Schacht Wulfen wurde 1970 mit der Schachtanlage Fürst Leopold in Hervest zusammengelegt. Barkenberg hatte in der Spitze rund 13.000 Einwohner, die Planung wurde in den 1970er- und 1980er-Jahren dieser Entwicklung angepasst. Nach dem Ende der Steinkohle-Förderung auf Fürst Leopold im Jahre 2001 wurde der Schacht Wulfen 2002/03 zurückgebaut. Die Entwicklung des ehemaligen Bergwerksareals zum Industriepark bringt der Stadt Dorsten nun wieder neue Wirtschaftskraft und neue Arbeitsplätze.

Unterschriftenaktion gegen Industriepark in Wulfen

Gegen den geplanten Industriepark Große Heide auf dem ehemaligen Gelände der Zeche Wulfen protestieren Anwohner und sammelten bis zum Jahresende 2019 Unterschriften gegen das geplante Industriegebiet. Die bei der Stadt zu diesem Zeitpunkt eingegangen Einwände richten sich nach Auskunft der Stadt meist gegen die zu entstehende Verkehrssituation. Der geplante Industriepark kann verkehrlich nur über die ohnehin schon stark frequentierte B 58 erschlossen werden. Gutachter gehen von rund 5000 zusätzlichen Fahrzeugbewegungen pro Tag durch den Industriepark aus. Ein Großteil davon wird durch Alt-Wulfen rollen, wo sich viel Wohnbebauung in unmittelbarer Nähe der B58 befindet. Einige Anwohner befürchten, sich aufgrund des zunehmenden Verkehrslärms im Sommer gar nicht mehr in den Garten setzen zu können. In der Ortsdurchfahrt müsse man mit ein bis zwei Dezibel mehr rechnen, hatte ein Lärm-Experte bei einer Bürgerinformationsveranstaltung im Wulfener Gemeinschaftshaus im November 2019 erklärt. Das könne gefühlt durchaus schon zu viel sein, wenngleich es rechtlich nicht zu beanstanden sei. Die Entwicklung des Industrieparks an dem vorgesehenen Standort südöstlich von Wulfen-Barkenberg und südlich der B58 (Dülmener Straße) leiste einen Beitrag zur Bewältigung des Strukturwandels durch den Rückzug des Steinkohlebergbaus, so die Stadt. Mit der Bereitstellung von Industrie- und Gewerbeflächen würden neue Beschäftigungsangebote für Dorstener und für die gesamte Emscher-Lippe-Region entstehen. Mindestens 300 neue Arbeitsplätze soll der Industriepark bringen.

Industriepark Große Heide: „Umweltschädlich, nicht zukunftsweisend“

Auf der ehemaligen Zechenfläche in Wulfen soll ein Industriepark entstehen. Die RAG Montan Immobilien möchten auf 32 Hektar Gewerbe und Industrie ansiedeln; das Gebiet befindet sich südlich der B 58 und umfasst 17 Hektar der ehemaligen Schachtanlage Wulfen sowie landwirtschaftlich genutzte Flächen im Norden und Osten (etwa 15 Hektar).

29.600 Quadratmeter Wald werden umgewandelt

Bevor der Bebauungsplan (B-Plan) aufgestellt werden kann, müssen das Beteiligungsverfahren abgeschlossen und alle Einwände bearbeitet werden. Der NABU-Ortsverband Dorsten und die BUND-Ortsgruppe Westliches Vest haben gemeinsam eine sechs Seiten umfassende Stellungnahme bei der Stadt Dorsten eingereicht. Sie kritisieren verschiedene Punkte des Bebauungsplans Nr. 181 und halten das Projekt für „umweltschädlich und nicht zukunftsweisend“. Zudem werde „schöngerechnet“. Beispielsweise sei immer die Rede von einem Industriepark auf einer ehemaligen Zechenfläche. Der Industriepark soll aber doppelt so groß werden. Unter anderem werden 29.600 Quadratmeter Wald für den neuen Industriestandort umgewandelt. Im Bebauungsplan wird ausdrücklich auf die Definition von Wald nach dem Bundeswaldgesetz (BWaldG) hingewiesen, nachdem Wald auch sonstige „mit Forstpflanzen bestockte Grundfläche“ meint. Zum Ausgleich wird die doppelte Fläche an anderer Stelle aufgeforstet. Der Wald soll nicht etwa in Dorsten entstehen, sondern im 50 Kilometer Luftlinie entfernten Unna. Für das Mikroklima, so in einer Presseerklärung NABU und BUND, sei es für die Stadt von Nachteil, wenn scheibchenweise Grünfläche überbaut und nicht an anderer Stelle im Stadtgebiet ausgeglichen werde. Der Standort abseits vom Zugang zu Kanal- und Schienennetz „steht im krassen Widerspruch zu den Klimazielen der EU sowie der Bundesregierung und hat im Zeichen der unausweichlichen Verkehrswende keine Zukunft“, heißt es in der Pressemitteilung.

Rodungsarbeiten für den Industriepark Große Heide beendet

Die ehemaligen Zechenflächen von Schacht Wulfen 1/2 an der B 58 mit dem insgesamt 31,8 Hektar großen Areal wurden bis zum Februar 2021 durch eine Fachfirma komplett gerodet. Alle Bäume und Sträucher wurden zurückgeschnitten und so wurde Platz für den Ausbau des Geländes geschaffen. Zuvor waren alle hier gelagerten Großröhren für die Zeelink-Gaspipeline verschwunden, die schon seit Sommer 2018 einen Großteil der Fläche einnahmen. Die Stadt Dorsten hat mit der RAG Montan Immobilien GmbH einen städtebaulichen Vertrag unterzeichnen. Die Stadt Dorsten benannte gemäß § 4 (2) des Straßen- und Wegegesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (StrWG NRW) vom 23. September 1995 (SGV.NRW.91), in der derzeit geltenden Fassung, die neue Erschließungsstraße im Bebauungsplangebiet Dorsten Nr. 181 in „Industriepark Große Heide Wulfen“.

Verteilungszentrum Levi Strauss-Jeans soll 2023 entstehen

Das börsennotierte Unternehmen Levi Strauss & Co. wird ab Ende 2023 die Warenlogistik von Kleidung und Accessoires für den europäischen Markt organisieren und verschiedene Handelsbranchen beliefern. Auf dem Gelände der ehemaligen Zeche Wulfen 1/2 (Große Heide) sollen demnach bis zu 650 Arbeitsplätze geschaffen werden. Das Unternehmen wird etwa die Hälfte des 30 Hektar großen Areals einnehmen. Dabei verpflichtet sich das Handelsunternehmen, dass der Bau und Betrieb unter hohen Nachhaltigkeitsstandards erfolgen, so Torsten Müller von Levi Strauss & Co., in Europa zuständig für die Logistik und für das Projekt in Dorsten.

Komplexes Geflecht steckt hinter dem neuen Logistikzentrum

Ende 2023 wurde das neue Logistikzentrum im Industriegebiet Große Heide in Dorsten-Wulfen fertiggestellt, seit Frühjahr 2024 ist es in Betrieb und spätestens zum Black Friday und Weihnachtsgeschäft soll alles voll automatisiert laufen: Das neue Logistikzentrum ist das Herzstück des Industriegebiets Große Heide im Dorstener Stadtteil Wulfen. Knapp über 20 Monate dauerte es nach dem Spatenstich, bis der rund 72.000 Quadratmeter große Betrieb am ehemaligen Bergbaustandort fertigstellt wurde. Darin involviert waren und sind eine Vielzahl an Unternehmen und Betrieben, sodass ein komplexes Geflecht aus den unterschiedlichen Beteiligten entstand.

Bauherr aus den Niederlanden

Maßgeblich vorangetrieben hat das Projekt der niederländische Bauprojektentwickler Delta Development als Bauherr. Im Hintergrund stünde zudem ein Investorenmodell, erklärt der von Delta Development zuständige Projektentwickler Julian von Hodenberg auf Nachfrage der Dorstener Zeitung. Ebenfalls maßgeblich am Bau, bzw. an der Organisation beteiligt war das Stuttgarter Bauberatungsunternehmen Drees & Sommer. Den Bau umgesetzt hat Delta Development mit zahlreichen Partnern für den US-amerikanischen Bekleidungsriese Levi Strauß & Co. Der Konzern hatte seinerzeit bei dem niederländischen Projektentwickler einen Mietvertrag über 20 Jahre unterzeichnet. Mindestens so lange soll das „grünste Distributionszentrum Deutschlands“ die Europa-Drehscheibe für Jeans, T-Shirts und Jacken von Levi‘s sein. Damit alles reibungslos funktioniert, wurde extra für Levi‘s eine spezielle und vollautomatische Logistiktechnik installiert. Damit wäre die Konstellation klar: Delta Development als Eigentümer, Bauherr und Projektentwickler; Drees & Sommer als Bauberater; Levi‘s als Mieter und Betreiber der Immobilie. Dieses Konstrukt ergänzte sich allerdings am 1. Juni 2024 um einen weiteren Player. Und zwar um das weltweit tätige Logistikunternehmen GXO Logistics mit dem Hauptsitz in US-amerikanischen Greenwich. Schnellverbreitete sich die Nachricht, dass GXO den Betrieb von Levi‘s übernommen hat. Konkret bedeutet das: Fast alle Angestellten von Levi‘s wechselten GXO, ihrem neuen Arbeitgeber, ohne dass beispielsweise Verträge geändert wurden. Außerdem trägt GXO nun die Verantwortung für den laufenden Betrieb.

T-Shirts und Jeans werden weiterhin von Dorsten aus in Europa verschickt

Gegenüber der Dorstener Zeitung formulierte Oliver Kraftsik, Vice President GXO Germany im Juni 2024, dass die Kernkompetenz von Levi‘s nicht in der Logistik liege und es deshalb sinnvoll sei, einen Partner mit ins Boot zu holen, der sich in diesem Bereich auskenne. GXO tritt zwar damit an die Stelle von Levi‘s als Mieter und Betreiber, aber: Levi‘s bleibt dennoch in Wulfen. Und zwar als ein großer Kunde von GXO. T-Shirts, Jeans und Jacken werden also weiterhin von Dorsten aus in die europäischen Levi‘s-Stores und später möglicherweise direkt an den Endkunden geschickt. – Möglich ist, dass mit der Zeit weitere Kunden aus der Bekleidungsbranche die Lager- und Logistikkapazitäten von GXO nutzen könnten, sich also das Geflecht der Beteiligten noch erweitert.

Siehe auch: Levy Strauss-Jeans


Quellen: Stadt Dorsten aktuell, Aufruf 2018. – DZ vom 28. Dez. 2019. – Lydia Heuser in DZ vom 6. Nov. 2020. – Guido Bludau in DZ vom 26. Febr. 2021).

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