Seidemann’sche Haus

400 Jahre altes Fachwerkhaus hat auch die Bombardierung 1945 überstanden

Seidemann’sche Haus – im Hintergrund das Urulinen-Gymnasium; Foto: Andrea Schüller

Rund 400 Jahre und sogar den verheerenden Bombenangriff den Innenstadt vom 23. März 1945 hat das so genannte Seidemann’sche Haus an der Kappusstiege 19 überstanden. Seit 1982 steht das zweigeschossige Wohnhaus mit Krüppelwalmdach in der Denkmalschutzliste:  „Fachwerkbau, südliche Fassade aus Ziegelsteinen. Dem Straßenverlauf angepasster spitzwinkliger Grundriss. Vor 1909 eingeschossiger Anbau an der Ostecke des Hauses, im Obergeschoss als Söller genutzt. Durch eiserne Maueranker an der Ziegelsteinwand 1854 datiert, Fachwerk vermutlich älter.“

Spiegelhoff, Terbrüggen, Burrichter, Ammenwerth, Seidemann, Ricken

Die erste nachweisbare Nennung des Hauses findet ist in den Grundbuchakten des Amtsgerichts Dorsten zu finden, die im Landesarchiv Münster verwahrt werden. 1795 ist der Weseler Kaufhändler Johann Georg Spiegelhof mit seiner Ehefrau Catharina, geborene Bücht, als Eigentümer des Hauses eingetragen. Danach wechselte noch dreimal der Besitzer: 1820 Carl Terbrüggen, 1854 Johann Burrichter, 1888 Bernhard Ammenwerth, 1893 Gustav Seidemann. Bis 2012 blieb es in dieser Familie. Thomas Ricken aus Gladbeck erwarb das historische Fachwerkhaus 2012 für weniger als 80.000 Euro, wohnte selbst nicht in dem Haus. Ende 2022 erwarb der heutige Besitzer Dominik Königshausen das Gebäude.

Als erstes Haus in der Straße hatte es bereits eine Toilette im Haus

Unter der Nummer 72 ist das zweigeschossige Wohnhaus mit Krüppelwalmdach in der Denkmalschutzliste von 1982 vermerkt, mit folgender Beschreibung: „Fachwerkbau, südliche Fassade aus Ziegelsteinen. Dem Straßenverlauf angepasster spitzwinkliger Grundriss. Vor 1909 eingeschossiger Anbau an der Ostecke des Hauses, im Obergeschoss als Söller genutzt. Durch eiserne Maueranker an der Ziegelsteinwand 1854 datiert, Fachwerk vermutlich älter.“ Da es sich um „eines der letzten Fachwerkhäuser innerhalb der ehemaligen Stadtmauer der Stadt Dorsten“ handele, wird ihm eine besondere stadtbaugeschichtliche Bedeutung attestiert. Das Haus ist nicht nur ein Teil der Architekturgeschichte der Stadt, sondern auch einer Familiengeschichte. Der erste Besitzer zog aus dem thüringischen Greiz, wo die Seidemanns eine Seidenfabrik hatten, nach Dorsten und erwarb das Haus. Gustav Seidemann hatte sich mit seiner Familie in Greiz überworfen, weil sie seiner Heirat nicht zustimmte, erzählte die Nachfahrin der „Dorstener Zeitung“. In Dorsten sei er dann Lokomotivführer geworden. Die Familie Seidemann unterhielt in dem Haus ein Lebensmittelgeschäft. Rosemarie Seidemann kam 1936 als 5. Generation in einer Kammer im Obergeschoss zur Welt. Als einziges Haus in der Straße gab es schon eine Toilette im Haus, da der Hof für ein Plumpsklo fehlte, wie man es damals hatte. In einem kleinen Anbau gab es zwei Schweine.

Älteste Immobilie der Altstadt wird 2024 saniert

Dominik Königshausen, der seit Ende 2022 neue Besitzer des Hauses, sanierte es 2024, um es anschließend vermieten zu können. Geplant ist die Einrichtung einer Weinbar odereines Cafés im Erdgeschoss. 30.000 Euro hat er bereits investiert – und ist noch nicht am Ende. „Das Gebäude erlitt im Winter 2021 einen schweren Sturmschaden, wodurch es auch im Inneren zu Beschädigungen kam. Der 32-Jährige Eigentümer ist studierter Konstruktionsingenieur, Immobilienentwickler, Bauleiter und betreibt die „Macher Akademie“, in der er mittels Internet-Blog und Youtube-Videos nicht nur eigene handwerkliche Do-it-yourself-Projekte wie den Bau eines Natursteinkamins oder die Errichtung einer Dachterrasse aus Massivholz präsentiert, sondern Interessierten die nötigen baulichen und wirtschaftlichen Strategien an die Hand gibt, um ihren Umbau-Traum vom selbst erschaffenen Zuhause oder vom Vermietungsobjekt verwirklichen zu können. „Auch die Fachwerk-Optik, die auf den Anbau gepinselt wurde, soll anders gestaltet werden.“ Zudem sollen die Räume nach der Sanierung „offener“ wirken. Bleiben soll möglichst der ganz alte und 16 Quadratmeter große Gewölbekeller, der bislang nur über eine Holztreppe zu erreichen ist. „Da unten herrschen konstant elf Grad, der wäre hervorragend als Weinkeller geeignet.“ – Der 32-jährige Dominik Königshausen besuchte als Schüler das benachbarte St. Ursula-Gymnasium und war während seiner Schulzeit tagtäglich am „Seidemannschen Haus“ vorbeigekommen, das ihm schon in jener Zeit sicherlich gut gefallen hat.

Siehe auch: Denkmalschutz


Quelle: Stark gekürzt nach Anke Klapsing: „Haus Seidemann soll wieder glänzen“ in DZ vom 8. September 2018.

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