Woche der Brüderlichkeit 2018

Zentrale Eröffnung in Recklinghausen mit Auszeichnung für Peter Maffay

Peter Maffey erhält die Medaille aus den Händen des evang. und jüd. Co-Präsidenten; Foto: dpa

Von Wolf Stegemann – Der Koordinierungsrat der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Deutschland hatte die Zentralveranstaltung 2018 zur Eröffnung der „Woche der Brüderlichkeit“ mit dem Jahresmotto: „Angst überwinden – Brücken bauen“ in Recklinghausen eröffnet. Ihr gehören bundesweit rund 20.000 Mitglieder an. So kamen aus der gesamten Bundesrepublik und vor allem aus Nordrhein-Westfalen über 1000 Gäste ins Ruhrfestspielhaus, um an der Eröffnungsveranstaltung teilzunehmen, darunter auch Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet, Landrat Cay Süberkrüb und Bürgermeister Christoph Tesche. Eröffnet wurde die Zentralveranstaltung von Margaretha Hackermeier, der katholischen Co-Präsidentin des Koordinierungsrats. Gundula Gause (ZDF) moderierte die Veranstaltung und die „Neue Philharmonie Westfalen“ gab den musikalischen Ton an. Parallel dazu fanden bundesweit in mehr als 100 Städten rund 750 Veranstaltungen zum Dialog der Religionen statt. Allein 115 waren es im Kreis Recklinghausen, die engagierte Ehrenamtliche als Rahmenprogramm zum Jahresthema „Angst überwinden – Brücken bauen“ in der Region auf die Beine gestellt hatten. Das Motto greift die aktuellen, begründeten und diffusen Bedrohungen und Ängste in der Gesellschaft auf, geht ihnen nach, hinterfragt sie und stellt beispielhaft Modelle vor, durch die Angst überwunden, Brücken gebaut und Begegnungen vorangetrieben werden können.

Koordinierungsrat verleiht seit 1968 die Buber-Rosenzweig-Medaille

Seit 1952 veranstalten die Gesellschaften für Christlich- Jüdische Zusammenarbeit im März eines jeden Jahres die „Woche der Brüderlichkeit“. Im Rahmen der zentralen Eröffnungsfeier wird die Buber-Rosenzweig-Medaille an Persönlichkeiten und/oder Organisationen verliehen, die sich im christlich-jüdischen Dialog außerordentliche Verdienste erworben haben. Mit einer Sondersendung wird über die Eröffnungsfeier wechselnd in ZDF und ARD berichtet. Seit 1968 verleiht der Deutsche Koordinierungsrat der 84 Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit während der Eröffnungsfeier zur „Woche der Brüderlichkeit“ die Buber-Rosenzweig-Medaille. Ausgezeichnet werden Personen, Institutionen oder Initiativen, die sich insbesondere um die Verständigung zwischen Christen und Juden verdient gemacht haben. Die Medaille wird seit 1968 in Erinnerung an die jüdischen Philosophen Martin Buber (1878-1965) und Franz Rosenzweig (1886-1929) verliehen. Zu den bisherigen Preisträgern zählen unter anderen Ex-Außenminister Joschka Fischer, der Schriftsteller Navid Kermani und der Dirigent Daniel Barenboim.

Rocksänger Peter Maffay ein Botschafter der Völkerverständigung

Ministerpräsident A. Laschet und P. Maffay

2018 kam ein prominenter Rockmusiker dazu. Das hob die Veranstaltung medial  hervor. Denn der Sänger, Komponist und Songwriter Peter Maffay (68), der mit 18 Nummer-1-Alben das weltweite Ranking anführt, wurde für sein entschiedenes Eintreten gegen antisemitische und rassistische Tendenzen in Politik, Gesellschaft und Kultur ausgezeichnet. Darüber berichtete noch am Abend das ZDF in einem einstündigen Mitschnitt. Maffay hat im Dialog der Kulturen und Religionen mit unbequemen Fragen bequem gewordene Antworten erschüttert und damit wichtige Anstöße gegeben. Er tritt als Musiker mit großem sozialem Engagement auf. Ihm sei es wichtig, die nachwachsende Generation zu jungen Botschaftern für Völkerverständigung zu machen. Maffay sei „ein Mehrgenerationen-Künstler“, der wegen seines „von großer Menschenliebe motivierten sozialen, gesellschaftlichen und völkerverbindenden Engagements“ von vielen Menschen geschätzt werde, sagte der Direktor der Popakademie Baden-Württemberg, Udo Dahmen, der die Laudatio auf Maffay hielt. Maffay belasse es nicht dabei, die Vision von einer besseren Welt auf der Bühne zu besingen. Seine im Jahr 2000 gegründete Stiftung betreue traumatisierte, chronisch kranke und vernachlässigte Kinder.

Gezweifelt, ob er auch der richtige Adressat für die Ehrung war

Peter Maffay und Gundula Gause (ZDF)

Peter Maffay, dessen letzte Ex-Frau Dorstenerin ist, erklärte in einer launigen Rede seine Überraschung über die Auszeichnung: „Als ich las, welch große Persönlichkeiten diese hohe Auszeichnung bereits erhalten haben, habe ich einen Moment lang daran gezweifelt, dass der Brief richtig adressiert ist. Das sind Menschen, die beinahe ihr ganzes Leben ihrem Land, ihrem Glauben oder der Weltgemeinschaft gewidmet haben. Eine Ehrung wie diese ist stets das Resultat aus dem gemeinsamen Wirken vieler Menschen, Mitstreiter, Partner und Weggefährten. Deshalb nehme ich diese ehrenvolle Auszeichnung gerne stellvertretend für unser ganzes Team entgegen.“

Fazit: Mit wohlgesetztem Humor aus der Tristesse einer solchen Veranstaltung
Eine gelungene Veranstaltung mit erkennbar hoher aber sehr diskret gehaltener Sicherheitsstufe zur „Woche der Brüderlichkeit“ mit einem Preisträger, dessen völkerverbindendes Engagement gegen Rassismus und Intoleranz sich für viele hinter seinen Auftritten als Rockmusiker verbarg und verbirgt. So war auch immer wieder die irritierend wirkende Frage zu hören: „Maffay? Wieso denn der?“ Nach anderthalb Stunden wussten zumindest die, die im Ruhrfestspielhaus der Eröffnungsveranstaltung beiwohnten, die Antwort und quittierten Maffays Einsatz mit stehendem Applaus. – Die Reden waren stellenweise launig humorig, vor allem die von Ministerpräsident Laschet und dem Laudator Dahmen sowie auch von Peter Maffay, was die gesamte Veranstaltung aus der thematisch bedingten Tristesse heraushob, wozu nicht zuletzt auch die orchestralen Beiträge der Neuen Philharmonie Westfalen beigetragen hatten. Daher mag man gerne den Fauxpas der Moderatorin Gundula Gause überhören, die wohl aus Versehen „Juden und Deutsche“ sagte und somit sprachlich die vergangenheitspolitisch schreckliche Bedeutung dieses Begriffspaares, verbunden mit dem Wörtchen „und“, in diesem Zusammenhang herstellte. Und zum Schluss: Bleibt augenzwinkernd und nicht ganz ernst zu nehmen abzuwarten, wann die ersten Forderungen in der momentan überschwappenden Gender-Welle die „Woche der Brüderlichkeit“ erreicht.

Siehe auch: Peter Maffay

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