Vogt / Vogtei

Vermögens- und Amtsverwalter, Richter und Beschützer

Der althochdeutsche Begriff Vogt – auch Voigt oder Fauth – ist abgeleitet vom lateinischen Wort „advocatus“ („der Hinzu-/Herbeigerufene“). Er bezeichnet allgemein einen herrschaftlichen, meist adligen Beamten des Mittelalters und der frühen Neuzeit. Der Vogt regierte und richtete als Vertreter eines Feudalherrn in einem bestimmten Gebiet im Namen des Landesherrn. Er hatte den Vorsitz im Landgericht und musste die Landesverteidigung organisieren. Im Krieg führte er das Lehensaufgebot des Landes. Der Machtbereich eines Vogts und sein Amtssitz werden als Vogtei bezeichnet. Der bekannteste Vogt in der Geschichte dürfte Friedrich Schillers Gessler geworden sein, dessen auf einer Stange angebrachte Hut zu grüßen war und Wilhelm Tell ihn, den habsburgischen Landvogt, in der hohlen Gasse bei Küssnacht am Vierwaldstätter See mit der Armbrust literarisch erschoss.

Der VogtVögte zur Zeit der Karolinger. Karl der Große ließ ab 802 in den Grafschaften Vögte in klösterlichen und bischöflichen Immunitäten einsetzen. Im 11./12. Jahrhundert entwickelte sich dieses Amt zu einem erblichen Lehen des Hochadels und wurde von diesem als eine Form der Macht- und territorialen Expansion genutzt. Mit dem Ende des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation verloren auch die Vogteien ihre Bedeutung. Im modernen Staat ist der Gedanke der Schirmvogtei im staatsrechtlichen Prinzip der Aufsicht der Kirchen und Religionsgesellschaften aufgegangen (siehe Reichshof Dorsten).

Kirchenvögte. Besondere Bedeutung erhielt die Funktion des Vogtes im kirchlichen Bereich. Im Mittelalter waren die Stände auf einen gegebenenfalls bewaffneten Schutz angewiesen, die selbst gar nicht oder nur beschränkt wehr- und fehdefähig waren. Das waren neben den Bauern die Geistlichen und Juden. Der Schutz spielte in der mittelalterlichen Welt eine bedeutende Rolle, da ein staatliches Gewaltmonopol nicht existierte und die Menschen sonst auf Selbsthilfe angewiesen waren. Den Geistlichen war aus kirchlich-theologischen Gründen die Gewaltausübung – und damit Kriegsführung sowie die Mitwirkung an Leib- und Todesstrafen – (eigentlich) untersagt. Die Aufgabe, notfalls auch gewaltsamen Schutz zu gewähren, fiel daher dem Adel zu, dem Stand der „Krieger“. Während des Früh- und Hochmittelalters wurden daher von vielen Geistlichen, Kirchen, Klöstern oder Stiften adlige Laien als Vögte eingesetzt, die sie in weltlichen Angelegenheiten vertraten (zum Beispiel vor Gericht), das Kirchengut verwalteten und ihnen Schutz und Schirm gewährten.

Landvögte. Der Begriff der Vogtei wurde in Deutschland seit dem 13. Jahrhundert zunehmend mit einer Ämterorganisation verbunden. Vögte übernahmen im Auftrag weltlicher Herrscher Verwaltungsaufgaben. Sie legten Steuern fest und zogen diese ein, sie hielten Gericht und ahndeten Vergehen. Diese Landvogteien waren ein wichtiges Instrument zur Rückforderung bzw. Geltendmachung und Verwaltung des Reichsguts. Die allermeisten Reichsvogteien wurden im 15. Jahrhundert von den Landesherren vereinnahmt.

Gerichtsherrschaft, Schutz- und Deichvögte. Seit dem Ende des Spätmittelalters wurde der Begriff „Vogtei“ („Vogteilichkeit“) oftmals gleichbedeutend mit niederer Gerichtsbarkeit (niederer Obrigkeit) verwendet. Die mittelalterlichen Markgenossenschaften ernannten Schutzvögte zu ihren Vertretern. In den Küstenregionen von Nord- und Ostsee waren Deichvögte für den Zustand der Deiche und Strandvögte für die Bergung von gestrandetem Schiffsgut zuständig.

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