Tüshaus-Hofkreuz

Heinrich Bücker schuf 1985 bronzenen Korpus auf Anröchter Dolomitstein

Korpus auf Anröchter Dolomitstein an der Weseler Straße: Foto: Maria Nienhaus

Korpus auf Anröchter Dolomitstein an der Weseler Straße: Foto: Maria Nienhaus

Der älteste heute noch in Betrieb befindliche Gutshof ist der Tüshaus-Hof an der B 58 im heutigen Dorstener Stadtteil Deuten, dessen Geschichte sich urkundlich bis 1328 zurückverfolgen lässt. Die Familie Tüshaus erwarb das Gut 1856. Regional bekannt wurde das Anwesen zuletzt durch die 400 Jahre alte Ölmühle, die immer noch funktioniert, durch eine inzwischen aufgegebene Brennerei und noch beständige Forellen- und Pferdezucht. Die Zeit, in der dort eine Pferdewechselstation für französische Militär- und preußische Reisepost untergebracht war, ist längst vorbei, nicht aber die Aufrechterhaltung von Traditionen. In der zum Hofe gehörenden Kapelle werden noch Andachten abgehalten, die Familie hat tiefe Beziehungen zur Kirchengemeinde Herz-Jesu in Deuten und seit 1985 steht der Tüshaus-Hof unter dem Schutz eines besonderen Kreuzes. Besonders deshalb, weil das Hofkreuz in der Einfahrt zum Hof von dem bis in den Vatikan hinein bekannten westfälischen Bildhauer und Maler Heinrich Gerhard Bücker (1922-2008) geschaffen und vom damaligen Pfarrer Frindt geweiht wurde.

„Der Gedanke, ein Hofkreuz zu errichten“, erzählt Elisabeth Tüshaus, „hatten mein Mann und ich zwei Jahre vor unserer Silbernen Hochzeit, zu der wir dann das Kreuz weihen konnten. Es sollte ein Zeichen unserer Dankbarkeit für unsere schönen Ehejahre sein!“ Dennoch gibt es auch einen tieferen Grund für dieses Kreuz. 1974 verlor der 14-jährige Sohn Max an der verkehrsreichen B 58 sein Leben. Die Straße geht nah am Gutshaus vorbei und durchquert  das weitreichende Tüshaus-Gelände. „Wir wollten mit dem Kreuz auch unsere christliche Einstellung zum Leben und zum Tod öffentlich machen“, sagt Elisabeth Tüshaus. Einfach war es für Hermann und Elisabeth Tüshaus nicht, den über die Bistumsgrenzen hinaus bekannten Künstler zu gewinnen. Denn Heinrich Gerhard Bücker war zu dieser Zeit in Rum, wo er bis dahin als einziger lebender Künstler die Einladung des Papstes erhielt, einen Teil seiner Werke im Vatikan auszustellen. Papst Johannes Paul II. ließ es sich damals nicht nehmen, von Bücker durch die Ausstellung geführt zu werden. Dennoch schuf er in diesem Jahr auch das Tüshaus-Hofkreuz an der Weseler Straße (B 58) in Deuten.

H. Bücker wurde vom Papst geehrt – Ausstellung 1984/85 im Vatikan

Heinrich G. Bücker 1985 bei der Installation

H. G. Bücker bei der Installation: Foto: privat

Anders als bei vielen Hof- oder Wegeskreuzen, wo der Korpus überwältigend das Gesamtbild beherrscht, ist der etwa einen Meter große bronzene Torso Bückers am Tüshaus-Kreuz an einem etwa vier Meter hohen rötlichen Anröchter Dolomitstein angebracht. Das sieht im ersten Moment etwas verloren aus, doch das ist es, was der Künstler aussagen wollte: die Verlorenheit dieser Situation am Kreuz und im übertragenden Sinn auch die vor dem Kreuz. Und der Betrachter vor dem Kreuz kann aber zugleich aus der Erlösung die Hoffnung schöpfen. Diese Intention des Künstlers ist auch vielen anderen seiner Werke sichtbar, die in Kirchen, Domen und Basiliken zwischen Bremen und Rom, dem polnischen Genesen und dem spanischen Avila zu sehen sind. Natürlich auch in den Dorstener Kirchen St. Barbara, St. Antonius, St. Matthäus, und St. Agatha. Mit sakraler Kunst hat sich der Vellener Heinrich Gerhard Bücker einen großen Namen gemacht. Die Kontakte der Familie Tüshaus zu dem Künstler reichen weit zurück. Bücker teilte in den 1940er-Jahren sein Atelier mit dem berühmten Kirchenarchitekten Gottfried Böhm, der die Deutener Kirche baute, die letzte, die in der Diözese Münster von Bischof von Galen in der NS-Zeit geweiht werden konnte. Heinrich In Dorsten zeugen viele Exponate in Kirchen von seiner Kunst: In St. Agatha der Tabernakel und das Kreuz mit goldenem Korpus in der Krypta. In St. Nikolaus der Altar, das Altarkreuz und das Tabernakel, weitere Werke von Bücker gibt es in der St. Matthäus- und St. Barbarakirche in Wulfen.

Manchmal bleiben Menschen am Tüshaus-Kreuz zu einer kleinen Andacht stehen. Das freut Elisabeth Tüshaus sehr, deren Mann vor neun Jahren starb. Denn allzu schnelllebig sei die heutige Zeit, sagt sie und meint dabei auch den Autoverkehr vor dem Haus und meint, dass das Kreuz im Vorbeifahren gesehen wird. Der Stein mit dem Korpus ist eingebettet in eine offene Grünanlage mit großen Bäumen, darunter eine wunderschön leuchtende Rotbuche und  davor eine gepflegte blühende Blumenanlage. Es ist ein Ort der Einladung, der Besinnung im hektischen Treiben.


Siehe auch:
Tüshaus-Mühle

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