Streuobstwiesen

Die Kulturlandschaften gibt es seit dem Mittelalter; werden jetzt neu belebt

Schafe auf der städtischen Streuobstwiese an der Heinrichstraße; Foto: Stadt Dorsten

Schafe pflegen ab Januar 2022 die städtische Streuobstwiesenfläche an der Holsterhausener Heinrichstraße. In Dorsten gibt es mehrere städtische und private Streuobstwiesen – wie auch in Altendorf-Ulfkotte, in Deuten, im Stadtfeld, in der Hardt, um einige zu nennen. Am jeweils letzten Freitag im April wird deutschlandweit der „Tag der Streuobstwiese“ gewürdigt. Ende April stehen nicht nur in Deutschland, sondern in vielen bedeutsamen europäischen Streuobst-Regionen die Obstbäume in voller Blüte. Rund 5000 Obstsorten und auch weit über 5000 Tier-, Pflanzen- und Pilzarten gibt es laut Angaben des „NABU-Bundesfachausschuss Streuobst“ allein in Deutschlands Streuobstwiesen.
Streuobstwiesen zählen seit Jahrhunderten zu den landschaftsprägenden Elementen der Kulturlandschaft. Obstbäume waren schon immer ein unverzichtbarer Kulturbegleiter des Menschen. Höfe und Siedlungen waren von Grüngürteln aus Obstbäumen umgeben und damit durch einen wertvollen Lebensraum bereichert. Das Landschaftsbild wurde von Obstpflanzungen an Straßen und in der Feldflur gegliedert und belebt. Typische Streuobstwiesen werden umweltverträglich gepflegt und bewirtschaftet, d. h. auf die Anwendung synthetischer Behandlungsmittel wie Pestizide und Dünger wird verzichtet.
Als Streuobstwiese bezeichnet man flächige, hochstämmige und in Sorten und Arten gemischte Obstbaumbestände oder Obstbaumreihen von mindestens zehn Bäumen je 0,15 Hektar. In Ausnahmefällen werden auch traditionell vorhandene Halbstämme oder Bestände einer Art und Sorte dazu gezählt, wenn die Unternutzung stimmt. Allen gepflegten Streuobstbeständen gemeinsam ist die regelmäßige Nutzung sowohl der Hochstamm-Obstbäume (Obernutzung) als auch der Flächen unter den Bäumen (Unternutzung).

Vital-Region Hohe Mark: „Erhalt von heimischen Streuobstwiesen“

Die Biologische Station Kreis Recklinghausen e.V. hat in den Jahren 2018 bis 2021 das Vital.NRW-Projekt „Erhalt von heimischen Streuobstwiesen“ in der Vital-Region Hohe Mark geplant und durchgeführt. Im Rahmen des Projektes fanden mit verschiedenen Projektpartnern vielfältige Veranstaltungen und Aktionen rund um das Thema „Streuobstwiese“ in der Vital-Region statt. So wurden Baumschnittkurse durchgeführt, Neuanlagen von Streuobstwiesen fachlich begleitet, zudem fanden Apfelsaft-Tage an der Biologischen Station statt und Bürgerinnen und Bürger wurden zu Streuobstpädagogen weitergebildet. Zur Information der Bevölkerung über den ökologischen Wert von Streuobstwiesen sowie als Hinweis auf Eigentümer, Betreuer und Projektpartner hat die Biologische Station an den Betreuungsflächen nun Informationsschilder aufgestellt, die auf den besonderen Charakter der jeweiligen Flächen hinweisen und die Bevölkerung für das Thema Streuobstwiesen sensibilisieren sollen. Gemeinsam mit den Mitgliedern der Kreisjägerschaft Recklinghausen ist eine solche Tafel auch an der Streuobstwiese der Stadt Dorsten an der Heinrichstraße in Holsterhausen aufgestellt worden. Die Jägerschaft organisiert dort die Flächenmahd und die Pflege. Ein weiteres Infoschild steht am Schlehenweg in Rhade, die dortige Streuobstwiese wird von der Stadt Dorsten gepflegt.

Der Apfel fällt nicht weit vom Schaf – Schafe pflegen Streuobstwiese

Auf der städtischen Streuobstwiesenfläche an der Heinrichstraße pflegen nun Schafe abschnittsweise die Wiese, die vom Hegering Dorsten patenschaftlich mitgepflegt wird. Die Schafe werden zusätzlich mit Frischwasser versorgt, wenngleich aktuell die Wasseraufnahme weitgehend mit der Nahrungsaufnahme gedeckt wird. Hans Rommeswinkel vom Planungs- und Umweltamt der Stadt Dorsten in der städtischen Pressemitteilung: „Es erfolgt eine extensive Beweidung, um möglichst schonend die Fläche zu nutzen und das Wachstum der Kräuter weiter zu fördern. Die Stadt und der Hegering begrüßen diese Beweidung und stehen in gutem Austausch mit der Schafhalterin.“ Die Fläche im Dorstener Stadtteil Holsterhausen ist in üblicher Weise mit einem Elektrozaun gesichert und gekennzeichnet. Auf einem Infoschild, das am Weidezaun angebracht ist, wird unter anderem darauf hingewiesen, dass eine Fütterung der Tiere nicht erwünscht ist, da anderes Futter zu Krankheiten führen kann.

2023: Aktion Klimabäume mit zwei neuen Streuobstwiesen

Der Regionalverband Ruhr (RVR) rief im Frühjahr 2023 gemeinnützige und öffentliche Institutionen im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit zur Bewerbung um eine Streuobstwiese auf. Auch Institutionen aus Dorsten haben sich beworben und den Zuschlag erhalten. Insgesamt werden in Dorsten zwei neue Streuobstwiesen entstehen. Eine im Stadtteil Hardt, im Bereich der Gahlener Straße – initiiert und begleitet durch den Ruderverein Dorsten. Die zweite Fläche entsteht im Stadtteil Wulfen-Barkenberg, initiiert durch die Gesamtschule Wulfen. Beide Akteure freuten sich sehr zu hören, dass ihre Anträge und Flächen ausgewählt wurden und bald bepflanzt werden können.

Zur Sache:
Streuobstwiesen sind das Ergebnis historischer Landnutzung

In Deutschland gehen sie auf das Mittelalter zurück und beschränkten sich zunächst auf die unmittelbare Umgebung der Siedlungen. So entstanden die ortseinrahmenden Obstgürtel. Erst durch die obstbauliche Entwicklung ab dem 16. Jahrhundert gelangten die Obstbäume in die freie Feldflur. Führend in Nordrhein-Westfalen war der Obstbau an der Niederwupper (Bergisches Land), der bereits um 1500 einen Haupterwerbszweig darstellte und die benachbarten Städte wie z. B. Köln mit Obst belieferte.0Erst im 18. und verstärkt im 19. Jahrhundert erlebte der Obstbau seinen Aufschwung. Dieser äußerte sich in der staatlichen Förderung und Gesetzgebung, der Anlage von Baumschulen, Bepflanzung von Allmendeflächen sowie Obstpflanzungen auf Gütern und an Straßen. Auf Streuobstwiesen sind häufig weitere Strukturelemente wie Trockenmauern, Lesesteinhaufen, Reisig- und Totholzhaufen oder Hecken- und Feldgehölze vorhanden. Von Totholzelementen und Höhlen in Altbäumen sowie künstlichen Nisthilfen profitieren Vögel, Fledermäuse, Hornissen oder andere Insekten. Sie tragen zur Artenvielfalt bei und halten explosionsartige Vermehrungen unerwünschter Schadinsekten im Zaum.
0,5 Prozent oder 18.000 Hektar der Landesfläche Nordrhein-Westfalens tragen Streuobstwiesen. Mit bis zu 3000 Tier- und Pflanzenarten zählen sie zu den artenreichsten Lebensräumen und haben eine große Bedeutung für die biologische Vielfalt unseres Bundeslandes. Im Kreis Kleve gibt es noch viele Obstwiesen rund um die typisch niederrheinischen Hofstellen. Häufig drohen die Bestände aber durch Überalterung oder mangelnde Pflege zu verschwinden. Daher widmen sich Gemeinden, Heimatverein und Privatpersonen um dem Erhalt und der Neuanpflanzung von Obstwiesen. Durch extensive Schafbeweidung werden die Flächen für Arten optimiert, die auf den Lebensraum Streuobstwiese angewiesenen sind.

Siehe auch: Hof Dahlhaus
Siehe auch: RuhrKulturGarten

Share on FacebookTweet about this on TwitterShare on Google+Email this to someone