Weite Flächen in Dorsten jahrelang für Großkraftwerk reserviert
1973 plante die STEAG den Bau eines Großkraftwerks auf Kohlebasis im Dorstener Industriegelände. Der erste Block sollte mit 800 MW 1978 in Betrieb gehen. Der Kraftwerksstandort selbst war etwa 40 Hektar groß. Es blieb bei der Planung. Das Kraftwerk wurde nie gebaut. Im Jahr 1997 ersuchte STEAG zusammen mit den Vereinigte Kraftwerke Ruhr (VKR), der VEW Energie und der RWE Energie das Land NRW um die Herausnahme des STEAG-Kraftwerksstandortes Dorsten/Marl aus dem Landesentwicklungsplan. Die „Entlassung“ erfolgte ein Jahr darauf. Auf dem Gelände entstand unter Beteiligung der STEAG sowie der Städte Dorsten und Marl ein Industriepark, in den die STEAG ein Fläche von insgesamt 78 Hektar einbrachte.
Jahrelanges Warten auf das Kraftwerk, das nie kam
Bereits im Dezember 1973 befasste sich der Rat mit dem Steag-Vorhaben. Zu der Zeit lagen den Politikern und der Verwaltung nicht genügend Informationen vor, so dass sie die Entscheidung vertagten. Die Landesanstalt für Immissions- und Bodennutzungsschutz gab „grünes Licht“, da der Boden, auf dem das Kraftwerk gebaut werden sollte, durch andere Emittenten „auf dem ersten Blick“ nicht belastet war. Zu einer präzisen Auskunft ließ sich zu dem Zeitpunkt noch keine Behörde bewegen. Alle eingeholten Gutachten bewegten sich auf Schätzungen, nicht auf Untersuchungen. Der Rat stimmte dem Optionsvertrag schließlich zu. Von da an fing das Warten an. Wie in Becketts Drama „Warten auf Gudot“, der schließlich nie kam, warteten auch die Dorstener auf das Kraftwerk vergebens.
Ratsmitglieder waren aus beruflichen Gründen befangen
Die Stadt tat sich 1973/74 bei den Beschlüssen über das Vorhaben der STEAG schwer, denn im Rat der Stadt saßen etliche Politiker, die bei der Steag in Lohn und Brot standen. Als im Januar 1974 die Entscheidung anstand, der Steag die Flächen zum Bau des Kraftwerks zu überlassen, gab es im Bau- und Hauptausschuss sowie im Rat Probleme der Befangenheit. SPD-Ratsmitglied Hans Fabian, STEAG-Beschäftigter, verzichtete freiwillig, an den dieses Kraftwerk vorab behandelnden Sitzungen teilzunehmen. Die Verwaltung stellte in der Ratssitzung den Antrag, auch das CDU-Ratsmitglied Fischer wegen Befangenheit auszuschließen, was der Rat jedoch ablehnte. Danach beantragte die Verwaltung, die Arbeitnehmer der Ruhrkohle AG, also der Zeche Fürst Leopold, wegen Befangenheit aus dem Entscheidungsprozess herauszuhalten. Daraufhin verließen die Betroffenen sowohl die Bauausschuss- als auch die Haupt- und Finanzausschusssitzung. Ähnlich war es in der darauf folgenden Ratssitzung. Auch hier verließen die „Bergleute“ unter den Ratsherren die Sitzung, um die Beschlüsse für das Kraftwerk rechtliche nicht zu gefährden. Zu den Befangenen gehörten u. a. CDU-Bürgermeister Hans Lampen, CDU-Fraktionssprecher Werner Kirstein und auch der Sprecher der SPD-Fraktion, Günter Biallas. Die beiden großen Fraktionen waren daraufhin „führerlos“, schrieb die Dorstener WAZ.
Politiker und Presse jahrelang bei Laune gehalten
Um die Verwaltung und den Rat bei Laune zu halten, damit sie die Flächen weiterhin jahrelang ungenutzt der STEAG zur Verfügung hielten, es wurden mehr als 20 Jahre daraus, wurden jährlich mehrmals große Zahlungen als „Spende“ an die Stadt geleistet, die die Stadt nach ihren Vorstellung verwenden konnte. Beispielsweise wurde der Städtepartnerschaftsbrunnen in Holsterhausen im Jahre 1995 mit dem Rest von 50.000 DM aus einer STEAG-Spende finanziert. Mit jährlichen opulenten Essen, gemeinsamem Kegeln und mit hochwertigen Geschenken für die Journalisten hielt die STEAG auch die Presse in Dorsten und im Vest jahrelang bei Laune.
Ruhrgebiets-Stadtwerke kauften die Steag
Trotz Kritik aus der Politik hat ein Konsortium von sieben Ruhrgebiets-Stadtwerken Mitte 2014 auch die zweite Hälfte des Essener Energieversorgers Steag übernommen. Der Deal kostete den Stadtwerken 570 Millionen Euro für 49 Prozent des Versorgers, 51 Prozent hatten die Stadtwerke bereits 2010/11 für 650 Millionen Euro gekauft. Käufer waren die Stadtwerke Duisburg, Dortmund mit zwei Gesellschaften, Bochum, Essen, Oberhauen und Dinslaken.
Steag überprüft 2016 die Abschaltung von Kraftwerken
Wegen des Verfalls der Börsenstrompreise in den letzten Jahren prüft die Steag die Abschaltung mehrerer Steinkohle-Kraftwerksblöcke ohne die Standorte zu nennen. Steag ist einer der größten Stromproduzenten Deutschlands und betreibt bundesweit acht Steinkohlekraftwerke, davon drei im Saarland. 2015 sind die Erträge aus Stromerzeugung und -handel im Inland um 14 Prozent zurückgegangen. Somit ist auch die Mitarbeiterzahl 2015 um rund acht Prozent auf 5900 gesunken. 2015 lag das operative Ergebnis mit knapp 400 Millionen Euro noch einmal knapp über dem Vorjahr. An die Eigentümer – sieben Stadtwerke aus dem Ruhrgebiet – würden 80 Millionnen Euro ausgeschüttet, hieß es in der Unternehmenszentrale in Essen. Steag profitiert dabei von gewinnträchtigen Kraftwerken im Ausland, etwa in der Türkei und auf den Philippinen.
Milliardenschwere Übernahme: spanische Asterion kaufte 2023 Steag
Die spanische Beteiligungsgesellschaft Asterion kaufte 2023 für 2,6 Milliarden Euro das Essener Energieunternehmen Steag. Das Unternehmen war einst Deutschlands größter Steinkohleverstromer. Der Fokus liegt mittlerweile aber auf dem Geschäft mit regenerativen Energien, das unter dem Namen Iqony firmiert. Seit 2011 gehört die Holding Steag GmbH einem Konsortium von sechs kommunalen Stadtwerken aus dem Ruhrgebiet: Stadtwerke Dortmund, Duisburg, Bochum, Essen, Oberhausen und Dinslaken, die unterschiedlich große Anteile halten. Sie hatten 2021 entschieden, das damals unter großem wirtschaftlichem Druck stehende Unternehmen zu verkaufen. Asterion will das Ziel von Steag, bis 2040 klimaneutral zu werden, weiter unterstützen. Iqony solle durch Investitionen in grüne Technologien und Energieträger erheblich ausgebaut werden. Unternehmenssitz der 1937 im Ruhrgebiet als „Steinkohlen-Elektrizität AG“ gegründete Steag wird Essen bleiben. Asterion ist nach eigenen Angaben auf Infrastrukturunternehmen spezialisiert. Man verwalte ein Vermögen von rund fünf Milliarden Euro. Etwa die Hälfte der bisherigen Investitionen sei auf den Energiesektor entfallen. Mit der Übernahme von Steag baue Asterion seine Präsenz im europäischen Energiesektor weiter aus. Neben Spanien, Frankreich, Italien und Großbritannien sei man nun auch in Deutschland vertreten.
Quelle: Auskunft Pressestelle Konzern/Region Ruhr, Dr. Jürgen Fröhlich. – DZ vom 26. Aug. 2023