Stadtteilkonferenzen I

Entwicklungen diskutiert, Projekte vorgestellt und neue Ideen eingebracht

Gründungssitzung der Holsterhausener Stadtteilkonferenz (Hoko) im Januar 2018 (DZ)

Der Zweck einer Stadtteilkonferenz ist, Beziehungsnetzwerke mit langfristiger Wirkung zu bilden, damit kleinere Projekte, die im öffentlichen Interesse sind, finanziert und ausgeführt werden können. In anderen Gegenden Deutschlands wird dies auch etwas plastischer „runder Tisch“ genannt, was die Vernetzung untereinander noch treffender beschreibt.  Kommunalpolitisch rechtliche Grundlage für die Tätigkeit der Stadtteilkonferenzen ist die Hauptsatzung für die Stadt Dorsten vom 21. März 2013, in seiner geänderten Fassung vom  9. Februar 2019.  Darin heißt es unter „34 Bürgerforen“ u. a.: Zu dem stadtteilbezogenen Dialog zwischen Einwohnern, Rat und Verwaltung in Stadtteilen, in denen von der Bürgerschaft bisher keine Stadtteilkonferenz bzw. in denen keine flächendeckenden Quartierskonferenzen gebildet wurden, werden zunächst Bürgerforen eingerichtet. Über die Anerkennung einer Stadtteil- bzw. Quartierskonferenz entscheidet der Haupt- und Finanzausschuss auf Antrag der jeweiligen Konferenz.“ Stadtteilkonferenzen gibt es in allen Stadtteilen; die letzte wurde 2019 in Deuten eingerichtet. Die Stadtteilkonferenzen können sich stadtteilbezogene Namen geben: Bürgerforum Rhade, Gemeinsam Hardt, Östricher Bürgerforum, Deuten verein(t), Bürgerrunde Feldmark, Hervestkonferenz, Porte Lembeck, Wulfen-Konferenz, Holsterhausenkonferenz (Hoko), Stadtteilkonferenz Altendorf-Ulfkotte und Altstadt-Konferenz (hieß bis 2022 MITte-Konferenz).

Bürgerbudget für bürgerschaftliche Vorhaben

Die Stadtteilkonferenzen sind jeweils selbstständig und werden von der Bürgerschaft organisiert. In diesen Foren werden Entwicklungen im Stadtteil diskutiert, Projekte vorgestellt und neue Ideen angeschoben. Außerdem entscheiden die Stadtteilkonferenzen über Zuwendungen aus dem Bürgerbudget für bürgerschaftliche Vorhaben im Quartier. Mit diesem Budget stellt die Stadt Dorsten jährlich für jeden Einwohner 1 Euro zur Verfügung. Die Stadtverwaltung unterstützt die Konferenzen und ihre Anliegen. Mindestens ein Vertreter der Verwaltungsspitze nimmt an den Sitzungen teil. Das Geld wird lediglich dann ausgeschüttet, wenn die Konferenz ein Zertifikat der Stadt Dorsten vorliegen hat, um sicherzustellen, dass das Geld absprachegemäß verwendet wird. Überlegt sich die Stadtteilkonferenz ein Gemeinwohlprojekt, gibt die Stadt 75 Prozent der Kosten aus diesem Fonds hinzu. Die übrigen 25 Prozent werden aus Eigenleistungen finanziert. Die Themen, die in Stadtteilkonferenzen eingebracht und entschieden werden, sind vielfältig, gerade wenn es um die Verteilung des Bürgerbudgets geht. Hier einige Einzelbeispiele: Anschaffung einer neuen Küche für die Kochgruppe „Zukunft“ im Kultur- und Begegnungszentrum am Brunnenplatz (Hervest-Dorsten), Mitfinanzierung des Bücherbusses (Altendorf-Ulfkotte), Ausleuchtung des Schulhofs und Bolzplatzes (Östrich), Namensvorschäge für neue Straßen (Rhade), Aufstellung von Sitzgelegenheiten (Feldmark) sowie Grünflächenpatenschaften und Hundekotbeutelspender (Hardt) – um einige zu nennen. Die Stadtteilkonferenzen sieht Bürgermeister Stockhoff als wichtigen Baustein für ein starkes Miteinander an, die aber auch für ein stärkeres „Wir-Gefühl“ zwischen Neubürgern und Alteingesessenen sorgen soll.

Bürgerbudget: Schon jetzt ist der Topf für 2020 in einem Ortsteil leer

Eigentlich sollte das Bürgerbudget bis zum Jahresende ausgeschöpft werden können. Erstmalig hat eine Stadtteilkonferenz, nämlich die Feldmärker,  ihre Ausgaben für 2020 nicht mehr so recht im Blick gehabt. Denn schon im Juli war alles Geld komplett verteilt. Weitere Förderungsanträge aus der Bürgerschaft somit nicht mehr bewilligt werden.

Dirk Hartwich 2022 in der DZ: „Bürgerforen brauchen fachliche Führung“

Dorstens Stadtteilkonferenzen brauchen mehr fachliche Führung, meint Dirk Hartwich. Er warnt vor Überforderung. Mit Bürgerforen in allen Stadtteilen hat sich in den letzten Jahren eine neue Form der Bürgerbeteiligung in Dorsten etabliert, die die Stadt nun auch in ihrer Hauptsatzung verankern möchte. Es ist ein formaler Akt der Wertschätzung. Dazu Dirk Hartwiche: „Die Bürgerforen sind ein Mehrwert für die Stadt und die Ehrenamtlichen sind wichtige Stimmen für die Bürger.“ Der Rhader Sozialdemokrat warnte aber auch davor, dass Ehrenamtliche sich zu viel zumuten. Wichtig sei, so Hartwich, dass diejenigen, die aktiv im Bürgerforum mitarbeiten, ihre Funktion richtig einordnen: „Sie dürfen sich nicht als verlängerten Arm der Stadtverwaltung verstehen, sondern sollten versuchen, kritisch und kreativ das eigene Lebensumfeld zu bewerten und Verbesserungsvorschläge zu machen.“ Im Laufe der Zeit sei er zu der Erkenntnis gekommen, dass selbstgestellte Aufgaben in diesen Foren teils weit über Anregungen und Verbesserungsvorschläge hinausgehen. Bürgerwille dürfe aber nur Anregungscharakter besitzen. Abgesehen von der Verteilung des Bürgerbudgets haben die Stadtteilkonferenzen kaum Entscheidungsbefugnisse. Was auch gut so ist, meint Hartwich: „Es gibt einen Stadtrat und der darf nicht ausgehebelt werden.“ Denkbar wäre aber beispielsweise die Einrichtung eines Unterausschusses des Stadtrats als legitimierten Begleiter der Bürgerforen.
Als Beispiel nennt Hartwich die Diskussion um einen neuen Drogeriemarkt, den sowohl Lembeck als auch Rhade so gerne hätte. Genau an dieser Stelle seien die Bürgerforen überfordert, eine Entscheidung zu treffen, weil sie nur einzelne Aspekte berücksichtigen, dabei aber nicht immer die gesamte Stadt im Auge hätten. Oder das Thema Durchgangsverkehr in Rhade, über das schon diskutiert wurde, als es die Bürgerforen in ihrer jetzigen Form noch gar nicht gab. „Wenn ich mir die Prioritätenliste des letzten Dorfentwicklungsplans ansehe, den das Bürgerforum verbschiedet hat, spielt der Verkehr überhaupt keine Rolle, sondern andere Punkte wie ein Bürgerpark“, so Hartwich. „Oder die Debbingstraße, die saniert werden muss. Ohne den Kirchplatz mit einzubeziehen, ist das aber wieder nur Stückwerk.“ Genau an dieser Stelle benötige es die fachliche Führung aus dem Rathaus (Quelle: entnommen der DZ vom 20. Nov. 2022).

Siehe auch: Stadtteilkonferenzen II (Überblick)
Siehe auch: Bürgerkommune Dorsten
Siehe auch: Bürgerbudget

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