Spaltmann, Prof. Günther

Kunstwissenschaftler, Schriftsteller, Übersetzer und Maler

1914 in Duisburg bis 1994 in Oberhausen; Schriftsteller, Übersetzer und Maler. – Der Name Spaltmann war in Dorsten nicht unbekannt, wenn damals auch nicht seine Person gemeint war, sondern die seines Vaters Adolf Spaltmann, ein Architekt, der am Nöttenkamp in Hervest-Dorsten wohnte und beim Amt Hervest-Dorsten als Amtsbaumeister beschäftig war. Er war Mitarbeiter des Heimatkalenders für die Herrlichkeit Lembeck und schrieb zwischen 1930 und 1933 (danach wurde das Erscheinen eingestellt) über Bauwerke und den Freiwilligen Arbeitsdienst in der Herrlichkeit. Seine Söhne Günther und Werner besuchten das Gymnasium Petrinum. Werner stand dem Nationalsozialismus kritisch gegenüber. Verheirat war er mit einer Hervester Sozialdemokratin und wehrte sich erfolgreich, die Offizierschule abzuschließen. Seine Tochter, welche die Josefschule in Hervest-Dorsten besuchte, war mit einem Mitarbeiter der rumänischen Botschaft verheiratet und hatte die rumänische Staatsangehörigkeit angenommen. Sie kam während des Krieges mit ihrem zweijährigen Kind in ein Konzentrationslager, weil sich ihr Mann zur neuen nunmehr deutschfeindlichen Regierung bekannt hatte. Nach dem Krieg wohnte Günther Spaltmann wieder im Elternhaus am Nöttenkamp. Zusammen mit seinem Vater erlebt er hier die Prozedur der Entnazifizierung vor dem Unterausschuss/Hauptausschuss. Beide wurden trotz ihre langjährigen NSDAP- und SA-Zugehörigkeit als Mitläufer in die Kategorie V eingestuft. Wann Günter Spaltmann Dorsten wieder verließ, er lebte zeitweise in den USA, ist derzeit nicht bekannt.

Vom Sicherheitsdienst in Bukarest verhaftet und in Berlin verhört

Spaltmann-Werk "Verfolgt"

Spaltmann-Werk “Verfolgt”

Günther Spaltmann machte 1932 Abitur am Gymnasium Petrinum und studierte Theologie, Philologie sowie Kunstgeschichte und promovierte 1939 an der Universität Bonn in vergleichender Religionsgeschichte mit dem Thema „Das Wasser in der religiösen Anschauung der Völker“. Nachdem er Zugang zur rumänischen Sprache, zur orthodoxen Religion und Kultur gefunden hatte, wurde der junge Kulturwissenschaftler 1941 am Deutschen Wissenschaftlichen Institut in Bukarest tätig. Dort heiratete er eine Rumänin, die dem deutschen Nationalsozialismus kritisch gegenüberstand. Günther Spaltmann entzog sich durch den Auslandsaufenthalt vorerst dem unmittelbaren Druck des nationalsozialistischen Regimes und entging auch dem Kriegsdienst. Er leitete die deutsche Bibliothek, hielt Vorträge und schrieb Artikel in rumänischen Zeitschriften, vor allem in „Revista Fundatiei Regale“. In seinen Artikeln setzte er sich kritisch mit den offiziellen deutschen Schriftstellern und ihren Tendenzen auseinander. Als er 1942 von einem Deutschlandaufenthalt, bei dem er auch seinen Vater in Dorsten besuchte, wieder nach Bukarest zurückgekehrt war, berichtete Dr. Günther Spaltmann in einer geselligen Runde kritisch über seine Eindrücke, die er auf dieser Reise gewonnen hatte. Ein Angestellter der deutschen Gesandtschaft denunzierte ihn. Während einer Konferenz mit führenden rumänischen Kulturfachleuten, die Spaltmann einberufen hatte, wurde er vom Sicherheitschef der deutschen Botschaft, Rötel, festgenommen. In der gleichen Nacht durchsuchten sie seine Wohnung und fanden verbotene Literatur und belastende Notizen.

Wegen Kritik an Hitler und am Krieg in Bukarest unter Hausarrest gestellt

Buchtitel Spaltmann

Buchtitel Spaltmann

Der Kulturwissenschaftler kam daraufhin in das deutsche Lager „Cotroceni“ auf rumänischem Boden und wurde verhört. Der deutsche Sicherheitsdienst (SD) konnte ihm „antimilitaristische Äußerungen und aktive Propaganda gegen die Fortsetzung des Krieges sowie Kritik an Hitler“ nachweisen. Dem ebenfalls verhafteten Kollegen, Dr. Dr. Heinz Krause, konnte der SD nichts nachweisen. Deshalb wurde dieser wieder freigelassen. Auch Dr. Spaltmann durfte das Lager verlassen und wurde in Bukarest unter Hausarrest gestellt. Zwei Feldgendarmen bewachten ihn. Nachdem der ehemalige Dorstener Petrinum-Schüler nach Berlin gebracht worden war, wo er vom Leiter der politischen Abteilung des Auswärtigen Amtes, Dr. Grümmer, persönlich vernommen wurde, zeigte sich dieser geneigt, die ganze Angelegenheit „einschlafen zu lassen“. Zu einer offiziellen Beendigung des Verfahrens ist es nicht gekommen. Allerdings wurde Dr. Spaltmann aus dem Staatsdienst entlassen und durfte Deutschland nicht mehr verlassen. Bis zum Herbst 1944 hielt er sich in Berlin auf und wurde dort von einem Beauftragten des Polizei- und SS-Generals Daluege ständig kontrolliert. Dr. Günther Spaltmann, der 1943 der NS-Reichsschrifttumskammer beitrat, um als Schriftsteller arbeiten zu können, sollte als Soldat Deutschland verteidigen. Doch er wurde aus wundersamen Gründen „wehruntauglich“ geschrieben und bekam in der Heeresverwaltung einen Büro-Posten.

Nach dem Kriege als Übersetzer tätig

Nach dem Krieg widmete sich Günther Spaltmann als Verlagslektor der Übersetzung rumänischer Schriftsteller und Schriftstellerinnen. Er war der erste Übersetzer des bedeutenden rumänischen Schriftstellers Mircea Eliade („Das Mädchen Maitreyi“) und Radu Tudoran („Ein Hafen im Osten“). Daneben widmete er sich in den folgenden Jahrzehnten intensiv der Malerei.

Professor für Kulturwissenschaften in Michigan

Seine Bilder stellte er erstmals 1948 in Bonn aus, danach in ganz Deutschland, und verlegte in den 1980er- und 90er-Jahren seine Ausstellungstätigkeit vermehrt in die USA. Von 1959 bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1979 wirkte Günther Spaltmann als Professor für Kulturwissenschaften am Kalamazoo-College in Michigan (USA). Außerdem übernahm er die Leitung der Auslandskurse dieses College an der Universität Münster. Im Rahmen dieser Aufgabe hielt er auch Seminare in Kunstgeschichte und Malerei. In seinen letzten Lebensjahren verfasste Günther Spaltmann eine ausführliche Autobiografie (bis jetzt un­veröffentlicht).

Abstraktionen mit geometrischer Ordnung

Sein malerisches Werk ist in hohem Maße gekennzeichnet durch die bewusste Auseinandersetzung mit der klassischen Moderne, insbesondere der französischen und der deutschen Malerei – u. a. mit Bonnard, Cézanne, Matisse, de Stael, Manessier, Estève, Picasso, aber auch mit Macke, Rohlfs, Nolde, Klee, Feininger, Barlach, Friedlaeder sowie Chagall, Jawlensky und Kandinsky. Ausgehend von gegenstandsbezogener Malerei fand Spaltmann zu weitgehender Abstraktion und geometrischer Ordnung. Zeit seines Lebens zeigte er sich für Anregungen offen und experimentierte mit neuen Formen und Techniken. In seinen letzten Jahren wande er sich wieder starker dem Gegenständlichen zu. Sein künstlerisches Themen-Spektrum umfasste Stadtlandschaften, expressive Porträts, biblische Allegorien, Figurenstudien und Stillleben. Auch Reiseimpressionen fanden Eingang in sein Werk.

Lichtdurchtränkte Farbigkeit

An seinen Bildern fällt zunächst die kräftige und von Licht durchtränkte Farbenwelt auf, die meist spontan, manchmal auch explosiv mit breitem und sicherem Pinselstrich auf den Malgrund aufgebracht ist. Kubistische, impressionistische, insbesondere aber expressionistische Strömungen fanden Eingang in sein Werk Der Maler arbeitete mit Öl. Acryl und Aquarelltechnik, mit Tempera und Kreiden, aber auch mit Filzstift und Kugelschreiber. Er erzielte ausdrucksvolle Ergebnisse mit Mischtechniken, mit Nass-in-Nass- und Abklatschverfahren auf den verschiedensten Malgründen (siehe Spaltmann, Adolf).

Übersetzer-Werke: „Ein Hafen im Osten“ (1947) von Radu Tudoran, Verl. d. Europäischen Bücherei. – „Das Mädchen Maitreyi“ (1948) von Mircea Eliade, Nymphenburger Verlagshandlung. – „Andronic und die Schlange“ (1949) von Mircea Eliade, Nymphenburger Verl. Handlung. – „Schicksal aus deiner Hand“ (1952) von Radu Tudoran, Verlag Günther. – „Adam und Eva“ (1952) von Liviu Rebreanu, Kindler u. Schiermeyer. – „Die Nacht ist nicht ohne Sterne“ (1952) von Sorona Gurian. Verlag Günther. – „Nächte in Serampore“ (1953) von Mircea Eliade, Verlag Barth. – „Der Mythos der ewigen Wiederkehr“ (1953) von Mircea Eliade, Verlag Diederichs. – „Sonntag in Bukarest“ (1953) von Cezar Petrescu, Westermann-Verlag. – „Jahreszeiten des Herzens“ (1954) von Radu Tudoran, Verlag Günther. – „Tal der Flammen“ (1957) von Radu Tudoran, Verlag Günther.


Siehe auch:
Künstler, bildende (Artikelübersicht)

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