Kampmann-Hervest, Heinz

Ein Künstler der sogenannten „Verschollenen Generation“

„Wir alle haben es nicht leicht, ganz sicher unseren Weg zu gehen, denn jeder Schritt verlangt von uns ein eigenes Tun. Es kommt so vieles auf uns zu. Die Sinne fassen nur den flachsten Eindruck und schicken sich schon an, das nächste wahrzunehmen. Das Neue ist nicht immer gut, ein Umweg muss nicht immer in die Irre führen. Der Schritt ins Ungewisse lässt uns kindlich hoffen. Das Chaos lockt uns, weil wir gerne ordnen.“

1919 in Hervest bis 1985 in Düsseldorf. – Mit dieser in seinem Buch „Spuren“ 1959 veröffentlichten Lebensphilosophie machte der 1919 in Hervest geborene Heinz Kampmann, der seinem Namen den Geburtsort anhängte, internationale Karriere als Künstler. Kampmann-Hervest ist schwer einzuordnen. Seine Arbeiten lassen sich keiner abgestempelten Richtung zuordnen. Mit nahezu „unheimlicher Bewunderung“ würdigten seine Künstlerfreunde wie Beuys, Piene, Mack, Uecker, Grass und Lenzen seine Souveränität in der Handhabung nahezu aller künstlerischen k-kampmann-hervest-prof-drRealisationstechniken, die er im Sinne einer mittelalterlichen Künstler-Tradition erlernt hat. Ein weiteres Charakteristikum seiner Arbeit ist eine zähe, produktive Unzufriedenheit, die ihn veranlasste, einen eingeschlagenen Weg in immer neuen Arbeitsgängen wieder und wieder zu gehen. So entstanden Collagen, Gouachen, Aquarelle und Zeichnungen, die an fiktive, imaginäre Landschaften erinnern. Ausgedörrte Erde kommt in das Bewusstsein des Betrachters, dazu Fließendes, Spiegelndes und Pflanzenhaftes. Es sind Landschaften des geistigen Bildes. Kampmann-Hervest machte sich „Landschaften zu eigen, ohne diese anderen wegzunehmen“, wie er es selbst formulierte.
Der gebürtige Hervester studierte nach dem Krieg und der Kriegsgefangenschaft an der Werkkunstschule Wuppertal und an der Kunstakademie Düsseldorf. 1973 wurde er Professor an der Fachhochschule Düsseldorf, Fachbereich Design. Der Durchbruch gelang dem Dorstener durch zahlreiche Ausstellungen im In- und Ausland sowie Beteiligungen an internationalen Biennalen: New York 1954, Ljublijana 1966, Göteborg 1968, Monte Carlo 1970, Barcelona 1972, Dacar, Senegal 1973, Paris 1976, Krakau 1977 u. a. Zum Andenken an den 1985 in Düsseldorf verstorbenen Künstler richtete ihm eine Galerie in Dorsten 1995 eine  Retrospektive aus.

Er wird der so genannten „verschollenen Generation“ zugerechnet

Werk "Helmkopf"

Werk “Helmkopf”

Heinz Kampmann-Hervest wird allgemein der sogenannten „Verschollenen Generation“ zugeordnet. Ihr gehören die Künstler an, die zwischen den beiden Weltkriegen zwar ihr Studium absolvierten und die ersten Erfolge in ihrer künstlerischen Laufbahn verzeichnen konnten, dann aber der Krieg ihr Schaffen beendete oder unterbrach. Nach 1945 musste ein Großteil von ihnen wieder ganz von vorne beginnen. Die allgemeine Hinwendung zur abstrakten Kunst in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts ließ sie, die mit ihren Werken den Expressionismus weiterentwickelt hatten, dann aber sehr bald in Vergessenheit geraten. Heute erleben die Werke der Künstler der Verschollenen Generation – auch Expressionisten der zweiten Generation genannt – einen Aufschwung, den vor zehn Jahren noch niemand für möglich gehalten hätte. Einer der Gründe für diesen, wenn auch späten Erfolg ist, dass es sich bei den Werken dieser Künstler um eine abgeschlossene, bearbeitete und kalkulierbare Anzahl von Arbeiten handelt. Preislich noch viel zu niedrig angesetzt, beginnen die Öle, Aquarelle und Zeichnungen, die während der jahrzehntelangen Lagerung nichts von ihrer Frische und Ausdruckskraft eingebüßt haben, den Kunstmarkt zu erobern. So möge es den Malern der Verschollenen Generation wenigstens postum Genugtuung sein, dass ihren Werken nun endlich die ihnen gebührende Aufmerksamkeit und Wertschätzung widerfährt.

  • Zu seinen Kunst-Studentinnen in Düsseldorf gehörte auch die prominent gewordene französische Malerin und Grafikerin Mariette Teisserene (geb. 1940 in Grand-Couronne), bekannt auch unter den Künstlernamen „Teisse“ und „Teisse-Renc“. Bereits in den 1970er Jahren engagierte sie sich für die Belange von Künstlerinnen in Frankreich und im Ausland. Als abstrakte Malerin ist ihre Arbeit geprägt von klaren Formen, der Betonung von Schwarz und Linienführung, zwischen Spannungen und dem Streben nach Ausgewogenheit.

Siehe auch: Künstler, bildende (Artikelübersicht)

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