Sixtus, Albert

Autor der weltbekannten „Häschenschule“ wurde in Hainichen geboren

Titel seiner Bücher, fremdsprachige Ausgaben: eine englische, eine japanische, eine mundartliche

Von Wolf Stegemann – 1892 in Hainichen  bis 1960 in Jena. – Wer kennt sie nicht, seine „Häschenschule“, die der Kinder- und Jugendbuchautor Albert Sixtus 1924 im Leipziger „Alfred Hahn’s Verlag“ veröffentlichte. Er wurde in Dorstens sächsischer Partnerstadt Hainichen geboren. Allerdings verbrachte er dort nicht sein Leben. Seine „Häschenschule“ mit den niedlichen Zeichnungen von Fritz Koch-Gotha haben Generationen von Kindern begeistert – bis heute. „Die Häschenschule“ wurde inzwischen ins Japanische, Chinesische, Italienische, Englische, Schwedische, Lateinische sowie in zwölf verschiedene Mundarten übersetzt und bis heute über zwei Millionen Mal verkauft. Die vielen deutschen Auflagen wurden anfangs in der Sütterlin-Schrift gedruckt. 2017 lief in den deutschen Kinos eine modernisierte Trick-Verfilmung seiner Häschen-Geschichten an: „Die Häschenschule – Jagd nach dem goldenen Ei“. Übrigens hat Albert Sixtus über hundert Kinder- und Jugendbücher geschrieben. Mitte der zwanziger bis Mitte der dreißiger Jahre gab es wohl kaum ein Kind, das nicht in irgendeiner Form mit seinen Reimen in Berührung kam und an vielen Schulen wurden seine Märchenspiele aufgeführt.

Die Häschen wurden in den Geschichten vermenschlicht

Albert Sixtus, 1892 – 1960

Sixtus hat die Welt der Hasen mit der der Menschen verbunden. Anthropomorphismus nennen Fachleute diese Darstellungsweise, wenn Tiere menschliche Eigenschaften übernehmen. Wobei immer wieder Kritik laut wurde, ob das überhaupt noch zeitgemäß ist, was Hasenhans und Hasengretchen da erleben. Disziplin scheint das oberste Lernziel in der Hasenschule zu sein. Da wird der Hasenmax, der Bösewicht, nicht nur in die Ecke gestellt. Der Lehrer zieht ihm auch noch die Löffel lang. Dabei ging es in den allerersten Auflagen noch schlimmer zu. Seine Verse sind sehr idealistisch, wie ein braves Kind zu funktionieren hat. Der Hasenlehrer hatte in den Ausgaben vor 1945 immer einen Rohrstock in der Hand, der in den Ausgaben nach 1945 wegretuschiert wurde. Kritiker werfen der „Häschenschule“ überkommene Rollenbilder vor, was auch die Ungleichheit der Geschlechter betrifft. Während die Hasen-Jungen herumtollen, sitzen die Hasenmädchen brav und still und mümmeln Möhren. Dem sei entgegengehalten, dass es eben ein Buch aus den 1920er-Jahren ist. Gleiches Verhalten dieser Zeit ist auch in Romanen dargestellt.

In Hainichen geboren und in Jena gestorben

In Sütterlin-Schrift

Albert Sixtus wurde 1892 in Hainichen geboren, wo sein Vater als Gendarmerie-Inspektors tätig war. 1906 trat er in das Lehrerseminar in Pirna ein, wo er 1912 die Reifeprüfung mit Auszeichnung bestand. Anschließend arbeitete er als Vikar und Hilfslehrer und erhielt 1915 eine Stelle als Lehrer an der Städtischen Realschule in Kirchberg bei Zwickau. In diesem Jahr heiratete er Milda Preußger aus Moers und Ende des Jahres wurde der Sohn Wolfgang geboren. Zunächst wegen Kurzsichtigkeit ausgemustert, wurde Sixtus im Dezember 1915 zum Militärdienst einberufen und als Infanterist an die Westfront geschickt. Eine schwere Verwundung im Frühjahr 1918 führte zu einem lebenslangen Leiden. Mitte Dezember 1918 nahm Sixtus den Schuldienst in Kirchberg wieder auf und war ab 1922 literarisch tätig. 1936 legte er sich mit den Nationalsozialisten an, weil er einem Kinderkalender, den er betreute, ein Hitlerjugend-Motiv vom Titel nahm und wieder ein unverfängliches Kindermotiv platzierte. Fortan war Sixtus Repressalien der Nationalsozialisten ausgesetzt. Er wurde im Oktober 1937 von der Gestapo für zwei Tage verhaftet und in seiner literarischen Tätigkeit erheblich eingeschränkt. Den Schikanen seines nationalsozialistisch gesinnten Schulleiters entzog er sich im Dezember 1938 durch einen Umzug nach Jena, wo er auch seine schriftstellerische Tätigkeit wieder aufnahm. Die Originalzeichnungen und Druckplatten wurden während des Zweiten Weltkriegs 1943 vernichtet. Die Auflagen bis Kriegsende kletterte auf etwa 388.000 – bis heute ein zwei Millionen. Nach 1945 bis 1951 wurde das Buch noch in Ost und West verlegt, nach dem endgültigen Weggang des Alfred Hahn’s Verlags aus Leipzig 1953 nur noch in der Bundesrepublik.

37 Jahre nach seinem Tod wurde der Nachlass gefunden

An den Ohren gezogen!

Nach langer Krankheit starb Sixtus im Alter von 68 Jahren 1960 in Jena. 37 Jahre später fand man auf dem Dachboden einer alten Werkstatt einen Reisekorb mit seinem schriftstellerischen Nachlass. Er enthielt eine Fülle unveröffentlichter Schriften, die sich in einem schlechten Erhaltungszustand befanden. Nach der Wiedervereinigung in Deutschland erlebte „Die Häschenschule“ einen neuen Höhenflug. Die Auflage stieg von Jahr zu Jahr. 1998 erschien das Buch erstmals in italienischer Sprache „La scuola dei leprotti“ und 2005 auf lateinisch „Lepusculorum Schola“. Auch auf CD und DVD werden Hasenhans und Hasengretchen für ihre kleinen und großen Fans hör- und sichtbar. 1997 entstand das Albert-Sixtus-Archiv, in dem das gesamte Material und ein Teil seines Briefwechsels geordnet und gesichtet werden. Das Bemühen des Archivs gilt dem Erhalt der alten Bestände. Ulrich und Beatrix Knebel, die das Sixtus-Archiv in Kottmar verwalten, über den Autor:

„Albert Sixtus hatte sich nie als Künstler betrachtet, sondern eher als ein Kinder liebender Mensch, erziehend und achtend, sowohl im Alltag als auch in seiner Berufung als Dichter und Schriftsteller. Der Autor Georg W. Pijet zählte Albert Sixtus zu den begabtesten und erfolgreichsten Jugendschriftstellern der Weimarer Zeit. Er attestierte ihm ein Gefühl für echte Kindertümlichkeit, gepaart mit dem tiefen Anliegen für alles Gute und Schöne im Menschenleben. Gorkis Wort, dass man für Kinder besser und wahrhaftiger schreiben müsse, sei ihm stets ein Leitspruch gewesen.“


Quellen: DBA II; Kürschners Deutscher Literaturkalender, Nekrolog 1936-1970, Berlin 1973 (ND München 1998). – K. Doderer (Hg.), Lexikon der Kinder- und Jugendliteratur, Bd. 3, Weinheim/Basel 1979. – Albert-Sixtus-Archiv Kotttmar. – Ulrich und Beatrix Knebel (Albert-Sixtus-Archiv).

 

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