Schulenburg-Archiv, städtisch (II)

Ausstellungen und Veranstaltungen zum Andenken an die Künstlerin

Exponate der Ausstellung: Meißel, Moore-Hammer, Malkasten; Foto: Andrea Schüller

Von Andrea Schüller. – Mit zwei Ausstellungen von Werken Tisa von der Schulenburgs (Foto 1954) und Exponaten würdigt die städtische Schulenburg-Stiftung im Haus des von der Stiftung eingerichteten „Tisa-Archivs“ in Hervest die 2001 verstorbene Künstlerin. Auch mit einer Theateraufführung und anderen öffentlichen Veranstaltungen. Mit den Archiv-Exponaten soll Tisas künstlerisches Leben dargestellt werden. Die im Februar 2022 eröffnete erste Ausstellung befasste sich mit der Biografie der Künstlerin, ihrer Zuwendung zum Bergbau und zeigte auch die Originalplatten zur Stadtgeschichte des 1962 errichteten und 2018 von der Stadt abgerissenen Tisa-Brunnens am Marktplatz (Foto unten). Zu sehen waren Bilder und Drucke, in denen die Künstlerin (als Ursuline Sr. Paula) ihre jahrzehntelange Zuwendung zu den Bergbauleuten zeigt, in ihrem englischen Exil sowie in Dorsten. Gezeigt wurde auch ihr altes Bildhauer-Handwerkzeug, das sie 1938 aus Großbritannien mitbrachte, darunter ein Hammer, den ihr der Bildhauer Henry Moore geschenkt hatte. Dieser Hammer hat eine eigene Geschichte. Tisa benutzte ihn in Dorsten erstmals 1947 für die Herstellung der Agathafigur, die heute noch in der Agathakirche zu sehen ist, bevor die Künstlerin 1950 als Sr. Paula ins Ursulinenkloster eintrat. Sie bewahrte ihn dann sorgsam in ihrem Klosteratelier auf, zeigte ihn ihren Besuchern und erklärte die Herkunft. Dann schenkte sie ihn dem Dorstener Bildhauer Antonio Filippin, mit dem sie freundschaftlich verbunden war. Er bewahrte den Hammer im Keller seiner Eisdiele am Markt auf, benutzte ihn auch hin und wieder. Als Filippin 1996 auf die Seychellen verzog, nahm er alles mit, was er im Laufe der Jahre von Tisa von der Schulenburg geschenkt bekommen hatte, darunter waren dieser Hammer, ein Packen Bilder, ein alter Malkasten und Bildhauerwerkzeug. Zu seiner Erinnerung an Tisa bewahrte er alles sorgsam auf.. Etliche Jahre später vermachte er seine Erinnerungsexponate dem Dorstener Journalisten Wolf Stegemann, der, wie er wusste, ein privates Schulenburg-Archiv angelegt hatte, mit der Bemerkung: „Wenn ich mal gestorben bin, dann weiß keiner, was das alles ist und sie werfen es weg!“
In Absprache mit Franz-Josef Kuhn, dem Präsidenten der Dorstener „abc-Gesellschaft für das Lesen- und Schreibenlernen in der Dritten Welt“, übergab ihm Stegemann sein gesamtes Archiv Ende 2021 zur Weitergabe an die Schulenburg-Stiftung für das „Tisa-Archiv“, darunter auch der Henry Moore-Hammer, der alte Malkasten und vieles andere. Es wäre wünschenswert gewesen, wenn die Besucher auch die Geschichte der ausgestellten Gegenstände erfahren hätten. – Die nächste Ausstellung des Archivs war 2023 Tisas künstlerischer Befassung mit der Lepra-Krankheit, vornehmlich in Afrika, gewidmet. Sie war nach einer Verlängerung bis Mitte August zu sehen.

Ausstellung 2022 über die Mahnwache an der Zeche 1996/97

Fünf Monate – von November 1996 bis März 1997 – dauerte die Mahnwache von Bergarbeitern und Politikern, welche die „Tisa-Stiftung“ zum Anlass nahm, im neuen Tisa-Archiv eine Sonder-Ausstellung zu zeigen – mit mehreren zeitgeschichtlichen Dokumenten, von Presseberichten über die Demos in Bonn, Düsseldorf oder Essen bis hin zu den legendären Mahnwachen-Käppis, die damals die ausharrenden Bergeleute trugen. Und die Bildmotive, die zum Teil frisch aus dem Ursulinen-Klosterkeller den Weg ins Tisa-Archiv gefunden haben: vor allem Bronzereliefs und (Tusche-)Zeichnungen, in denen die Künstlerin die Angst der Kumpel vor der Arbeitslosigkeit, ihre schwere Arbeit an den Maschinen und Werkzeugen im tiefen Schacht und die Proteste gegen die drohenden Zechen-Schließungen thematisierte. Bei der Ausstellungseröffnung Ende Mai 2022 (bis Juni) erzählten viele damals dabei gewesene Bergleute über die Mahnwache. Dabei wurde auch das Zusammenspiel von „Kultur, Kirche und Kohle“ in Person von Tisa von der Schulenburg (Sr. Paula) hervorgehoben.

Historische Feldbahnen: Foto-Ausstellung im Tisa-Archiv

Feldbahnen waren früher häufig in Industrie und Landwirtschaft im Einsatz. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) hat der Feldbahn, Transportmittel zwischen 1900 und 1950, eine Ausstellung gewidmet, die als Wanderausstellung im März 2023 im Hervester Tisa-Archiv zu sehen war. Gezeigt wurden zum Teil 100 Jahre alte historische Fotos, die vielfältigen Einsatzgebiete des Transportmittels in Industrie und Landwirtschaft. Alle gezeigten Bahnen befanden sich in Westfalen und Lippe. Dabei reichten die verschiedenen Einsatzbereiche der Feldbahnen vom Bergbau über die Stahlindustrie, Ziegeleien und Trümmerbahnen bis hin zur Hausrollbahn, die zur Überwindung kurzer ebener Strecken in Hinterhöfen diente.

Tisa-Ausstellung „Ene Mene Muh – und raus bist du!?“

Anlässlich des 120. Geburtstags von Tisa von der Schulenburg (Sr. Paula) präsentierte das Tisa-Archiv in Hervest in Zusammenarbeit mit der DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe (DAHW) ab dem 2. Juni 2023 die Ausstellung „Ene Mene Muh – und raus bist du!?“ im Tisa-Archiv (bis 2. Juli). Zeichnungen von Tisa von der Schulenburg und Fotografien von Christopher Thomas zeigen von Lepra betroffene Menschen aus Äthiopien und Nepal und regen durch ihre kontrastierende Darstellungsweise Gedanken zu Krankheit und Ausgrenzung sowie Würde und Schönheit an.

Siehe auch: Bergbau I (Essay)
Siehe auch: Schulenbirg-Archiv, städtisch (I)
Siehe auch: Schulenburg-Stiftung
Siehe auch: Schulenburg-Archiv, privat
Siehe auch: Elisabeth von der Schulenburg
Siehe auch: Tisa von der Schulenburg (Artikelübersicht)

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