Pilgern im Pott

Holsterhausener Gemeinde St. Antonius/Bonifatius lädt dreimal im Jahr ein

„Pilgern im Pott“ – das ist Pilgern mitten im Ruhrgebiet, in Recklinghausen oder Duisburg, Bochum oder Dinslaken, Essen oder Dortmund. Für viele kann Pilgern im Pott also direkt vor der eigenen Haustür beginnen. „Pilgern im Pott“ ist zugleich Pilgern im Alltag. Wie bei traditionellen und bekannten Pilgerwegen bewegen sich die Pilgerinnen und Pilger von Kirche zu Kirche. Es warten allerdings keine traditionellen Pilgerkirchen, sondern evangelische Kirchen, die durch das Signet „Verlässlich geöffnete Kirche“ oder das Banner „Offene Kirche“ gekennzeichnet sind. Diese Kirchen sind auch außerhalb der Gottesdienstzeiten geöffnet und bieten Pilgernden einen Ort zur Besinnung.
Auch wenn man als Ruhrgebiets-Bürger lokal nicht unbedingt klassisch pilgern kann, gibt es viele Kirchen, die einen Besuch wert sind und Übernachtungsmöglichkeiten bieten. Pilger/innen (lateinisch: Peregrini) waren einst (im Mittelalter) diejenigen, die das Grab des heiligen Jakobus in Santiago de Compostela/Spanien besuchten. Heute wird das Wort Peregrini für alle Pilger, unabhängig von ihrem Pilgerziel, verwendet. Im Laufe der Jahrhunderte entwickelte sich dann das Pilgern zu heiligen Orten. Es gab die Vorstellung, dass Gott an bestimmten Orten besonders geneigt sei, die Bitten der Gläubigen zu erhören. „Pilgern im Pott“ geht diese traditionellen Wege nicht, sondern bewegt Sie vor Ihrer eigenen Haustür, im eigenen Alltag, von Kirche zu Kirche. Diese sind keine traditionellen Pilgerkirchen, sondern bei den Evangelischen sogenannte „verlässlich geöffnete Kirchen“. Geöffnet, weil die Innenräume allen Menschen zugänglich sein sollen: als Raum des Glaubens, Zeugnis der Kultur, Ort zum Ankommen, Ort zum Losgehen und Ort der Konzentration und Kontemplation.

Seit 2009 pilgern auch Holsterhausener Katholiken im Pott

Seit 2009 organisiert die Pfarrei St. Antonius und Bonifatius Holsterhausen dreimal im Jahr das „Pilgern im Pott“. 2019 pilgerten 18 Teilnehmer von Bottrop-Fuhlenbrock nach Grafenwald, eine insgesamt 18 Kilometer lange Strecke. Aufgrund der Hitze erwies sich die Begehung der Prosper-Haniel-Halde zwar als ein schweißtreibend, jedoch machten die Kreuzwegstationen mit Werken der verstorbenen Dorstener Künstlerin und Ursuline Tisa von der Schulenburg (Sr. Paula) die Anstrengung wieder wett. Die dritte Etappe von Pilgern im Pott erfolgte am 28. September von der Kirche des Karmel-Ordens in Witten über die Ruhr durch das Muttental mit Zwischenstation in Herbede Richtung Burg Blankenstein. Die Strecke war rund 13 Kilometer lang. Mit den öffentlichen Bussen fuhren die Teilnehmer nach Dortmund, um von dort aus die Pilgerstrecke abzugehen. Zu einem themenbezogenen Gottesdienst anlässlich „10 Jahre Pilgern im Pott“ lud die Pfarrei St. Antonius und St. Bonifatius am 10. November 2019 in die Bonifatiuskirche ein. Die Besucher erfuhren von den Eindrücken der Pilger auf ihren bisherigen 30 Tagesetappen durch den Ruhrpott. In Form von persönlichen Ausführungen, besinnlichen Texten und Gebeten und getragen durch spezielle Lieder, die diese Form des Pilgerns besonders machen, wurden die besuchten Orte, ob nun Kirchen, Klöster, religiösen Zentren und die Räume anderer Glaubensgemeinschaften sowie die vielen Pfade dazwischen durch Natur und Industrieanlagen noch einmal lebendig gemacht. – Auch die evangelische Kirche von Westfalen bietet neuerdings das ganze Jahr über unterschiedliche Touren im Ruhrgebiet an. Motto: „Pilgern im Pott – Spiritualität im Alltag zwischen Förder- und Kirchtürmen“. Pilgern im Pott ist eine „Liebeserklärung an eine Region – geprägt durch das industrielle Zeitalter und gleichzeitig voller landschaftlicher Schönheiten – und eine Liebeserklärung an die Menschen, die in diesem Schmelztiegel der Nationen ihre Heimat gefunden haben.“  24 evangelische Kirchengemeinden stellten das Projekt zum Kulturhauptstadtjahr Ruhr2010 auf die Beine und luden Ruhrgebietler ein, Kirchen und Orte zu besuchen.

St. Antonius/St. Bonifatius: Gottesdienst zu „10 Jahre Pilgern im Pott“

Zu einem themenbezogenen Gottesdienst anlässlich „10 Jahre Pilgern im Pott“ lud die Pfarrei St. Antonius und St. Bonifatius im November 2019 in die Bonifatiuskirche ein. Die Besucher erfuhren von den Eindrücken der Pilger auf ihren bisherigen 30 Tagesetappen durch den Ruhrpott. In Form von persönlichen Ausführungen, besinnlichen Texten und Gebeten und getragen durch spezielle Lieder, die diese Form des Pilgerns besonders machen, wurden die besuchten Orte, ob nun Kirchen, Klöster, religiösen Zentren und die Räume anderer Glaubensgemeinschaften sowie die vielen Pfade dazwischen durch Natur und Industrieanlagen noch einmal lebendig gemacht. Zur zweiten Etappe der Aktion „Pilgern im Pott“ luden Ende August 2019 St. Antonius und Bonifatius ein. Sie führte von Fuhlenbrock über die Prosperhalde nach Grafenmühle und endete nach 17 Kilometern in Grafenwald. Die Etappe endete in Dorsten.

„Schwestern der kirchlichen Liebe“ pilgern seit 2013

Auch die katholischen „Schwestern der kirchlichen Liebe“ laden seit 2013 zum Pilgern auf dem Teil des Jakobswegs ein, der durch den „Pott“ führt. In jedem Jahr wird die Wandergruppe größer. Eingeladen sind Schwestern, Pfleger, Ärzte und Mitarbeiterinnen aus den drei Krankenhäusern der Lukasgesellschaft. Das Pilgern auf dem zehn Kilometer langen Weg beginnen die „Schwestern der christlichen Liebe“ mit dem Psalm 63. Der Weg endet dann mit einem gemeinsamen Essen im Ruhrpark Bochum.

Pilgern entlang der Emscher, einst schmutzigster Fluss Deutschlands

Der Weg zwischen Wiesentälern und Industriebrachen orientiert sich für viele Pott-Pilger zumeist an der Emscher, einem Nebenfluss des Rheins. Der einstmals schmutzigste Fluss Deutschlands, die „Kloake des Ruhrgebiets“ wird seit einiger Zeit renaturiert. Ausgangspunkt von Nord- und Südroute ist seine Quelle in Holzwickede, gemeinsames Ziel die Mündung in den Rhein bei Dinslaken. Insgesamt 316 Kilometer Strecke weist die Karte zwischen beiden aus. Aber Start- und Zielpunkt sind keineswegs verbindlich, auch einzelne Touren kann man unabhängig begehen. „Das Haupterlebnis des Pilgerns besteht nicht im Ankommen, sondern im Unterwegssein“, so das Evangelische Erwachsenenbildungswerk Westfalen-Lippe (EBW), einer der Initiatoren des Pott-Pilger-Projekts.

Pilgerweg vom nordischen Trondheim nach Compostela über Wulfen

Pilgern ist in heute wieder Mode gekommen, auch wenn die Grenze zwischen religiös motivierter (Rad-)Wanderung und eher touristischer Reiselust mitunter fließend ist. Alle großen Religionen kennen Pilgerwege und -orte. Der erhoffte Ablass von Sündenschuld, eine selbst auferlegte Buße, das Einlösen eines Gelübdes, die Hoffnung auf Gebetserhörung in einem bestimmten Anliegen oder auf Heilung einer Krankheit, können Anlass für die Pilger sein, sich auf den Weg zu machen. Aber auch eine gesuchte religiöse Vertiefung oder das Hoffen auf eine spirituelle Erfahrung treiben die frommen Wanderer an. Die Pott-Pilgerwege sind kurz gemessen an der langen Wegstrecke für fromme Pilger, die schlechthin und fraglos der Jakobsweg mit dem Zielort Santiago de Compostela ist – nicht erst seit Hape Kerkelings Marsch durch Nordspanien. Schon im Mittelalter war Santiago de Compostela für fromme Wanderer gleichrangig mit Rom und Jerusalem. Was vielleicht nur wenige wissen, kaum einer weiß: einer der Wege nach Santiago de Compostela durch Dorsten führt: Von Trondheim in Norwegen führt die 5112 Kilometer lange „EuroVelo-Route E3” nach Santiago de Compostela. Sie ist Teil des neuen, überregionalen D-Netzes für Radwanderer, das in umgekehrte Richtung von Aachen bis nach Flensburg und in Dorsten-Wulfen schließlich über die Krusenhorster Straße und den Heidkantweg führt. Herausgefunden hat das Christian Gruber für den Internetauftritt Wulfen-Wiki (www.wulfen-wiki.de).

Pilgerbuch von Pastorin Ungewitter: „Roadtrip mit Gott…“

Im Herder-Verlag erschien  im August 2019 das Buch von Mira Ungewitter: „Roadtrip mit Gott – Leben ist Freiheit und jeden Tag ein Abenteuer“. Die Autorin (34 Jahre) ist Pastorin in Köln: „Manchmal wird dann das Gehen zum Gebet, zur Meditation, Wandern zum Pilgern.“ Auch ohne schöne Landschaften, auch ohne Strapazen. Es muss ja nicht immer gleich der Jakobsweg sein.

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