Overdiek, Jürgen

Die Presse nannte ihn Star-Architekt und seinen Tod einen „Horror-Unfall“

1954 in Gladbeck bis 2007 in Ransbach-Baumbach; ein mit vielen Preisen ausgezeichneter r Architekt und Stadtplaner in Düsseldorf. – Nach dem Realschulabschluss wechselte er zum Gymnasium St. Ursula in Dorsten, machte danach Karriere in Düsseldorf und verunglückte 53-jährig bei einem Unfall an der Autobahnauffahrt A3 in Ransbach (Rheinland-Pfalz). 1974 legte Jürgen Overdiek in Dorsten das Abitur ab und studierte dann von 1977 bis 1982 Architektur in Aachen. Er ging, wie seine späteren Partner, aus der Schule von Prof. Wolfgang Döring hervor. Von 1982 bis 1996 arbeitete Overdiek in einer Büropartnerschaft mit Karl-Heinz Petzinka, von 1996 bis 1999 mit Hans Kahlen, anschließend mit Christoph Ingenhoven und firmierte unter „Ingenhoven, Overdiek und Partner“. Ziel der Entwurfsarbeit in allen Projekten war die ganzheitliche Planung in enger Zusammenarbeit mit Ingenieuren und Beratern. Inhaltliche Fragestellungen wurden dabei immer an der Effizienz der ökonomischen Verantwortung, dem ökonomischen Umgang mit Ressourcen und der technischen Machbarkeit gemessen. Das war das besondere Anliegen Jürgen Overdieks. So entstand eine von innovativer Technologie geprägte, den Bedürfnissen der in den Gebäuden lebenden und arbeitenden Menschen entsprechende Architektur, die nicht allein einem künstlerischen Anspruch entsprang, sondern die Verantwortung der Architekten für die Umwelt widerspiegelt. Zu den wichtigsten Projekten des Architektenteams in er Zeit, in der Overdiek führend zum Team gehörte, zählen u. a. das Projekt für die Commerzbank AG, Frankfurt a. M. (1991), die Hauptverwaltung der RWE AG, Essen (1991-97), Wang Xiang International Plaza, Shanghai (1994-2000), die Hauptverwaltung der Stadtsparkasse Düsseldorf (1997-2000), das Hochhaus am Olympiapark, München (1998-2001), der Hauptbahnhof Essen (1997-2001), Projekte für Hochhäuser am Lehrter Stadtbahnhof und am Alexanderplatz in , Berlin und der Hauptbahnhof Stuttgart (1997-2008).

Architektonische Formen waren für ihn keine Selbstzweck

RWE-Turm in Essen (1991-97)

2004 machte sich Jürgen Overdiek ohne Partner selbstständig. Für seine Vorstellungen wusste Jürgen Overdiek auch zu kämpfen. Die Maßstäbe, die Overdiek an Architektur legte, waren hoch. Entsprechend innovativ und qualitätvoll sind die Bauten, die er teils zusammen mit Partnern verwirklicht hat. Das Düsseldorfer Stadttor ist eines der markantesten Gebäude, das auch zum Symbol für Düsseldorf als Wirtschaftsmetropole wurde. Es ist Symbol für Overdieks Haltung als Architekt und als Städtebauer. Er wollte neue, moderne Formen in der Architektur, beachtete aber zugleich die Umgebung in der Stadt. Er wollte sie durch moderne Bauten ergänzen und Blickpunkte setzen. Architektonische Formen waren für ihn kein Selbstzweck, er entwickelte sie im klassischen Sinn aus der Funktion heraus ohne Schnörkel und zurückhaltend, wusste neue Techniken für seine Vorstellungen zu nutzen. Das Stadttor mit seiner doppelten Glasfassade und seiner ausgetüftelten, umweltfreundlichen Klimatechnik ist auch ein Beispiel dafür. In oft mühevoller Kleinarbeit versuchte er, bürokratische Hemmnisse zu überwinden, zögernde Stadtplaner zu überzeugen. Er liebte es, große Projekte zu verwirklichen. Zäh war er dabei, behielt aber immer seine Gelassenheit und Freundlichkeit. Seinen Entschluss, sich von seinem Partner Christoph Ingenhoven zu trennen und mit rund 30 Mitarbeitern nun ganz eigenständig zu arbeiten, beschrieb Overdiek in einem Interview mit der Immobilienzeitung, erschienen am 26. Mai 2006, so: „Ingenhoven Overdiek hatte damals 125 Mitarbeiter. Da stand ich nur noch im Dienst der Sache und konnte nicht mehr künstlerisch arbeiten. Zwar kann ich mich auch jetzt nicht eine Stunde mit der Gestaltung eines Geländers beschäftigen, aber ich kann mit meinen 30 Mitarbeitern komplexe städtebauliche Projekte entwickeln. Das ist mein Ding.“

Firmensitz im Düsseldorfer Medienhafen

Sitz seines Architekturbüros wurde die Plange-Mühle im Düsseldorfer Medienhafen, ein unter Denkmalschutz stehendes ehemaliges Mühlenwerk, das Overdiek bis 2003 selbst zu einem Bürohaus mit 20.000 m² Nutzfläche umgestaltet hatte. Mit der von ihm gegründeten „Kai 18 GmbH & Co. KG“ trat er auch als Projektentwickler, Investor, Eigentümer und Service- bzw.  Dienstleistungs-Anbieter auf. Zum Jahreswechsel 2006/2007 gründete Overdiek zusammen mit Georg Conzen die „Cover-Projektentwicklungsgesellschaft GmbH“ und übernahm den Geschäftsbereich RAG-Gewerbeimmobilien GmbH von der „RAG Immobilien GmbH“ (Muttergesellschaft).

Im Dienstwagen bei der Autobahnauffahrt tödlich verunglückt

Im Februar 2007 kehrte Jürgen Overdiek von einem Auslandsaufenthalt über den Flughafen Frankfurt am Main nach Deutschland zurück. Zusammen mit seinem älteren Bruder Hans H. Overdiek ließ er sich von einem Firmenwagen abholen und verunglückte auf der A 3 nach Düsseldorf tödlich an der Ausfahrt Ransbach/Baumbach bei Montabaur. Die Presse schrieb damals u. a. von einem „schrecklichen Todes-Desaster“ und „Horror-Unfall“ Jürgen Overdiek, einst Ursulinen-Schüler in Dorsten, hinterließ seine Frau und vier Kinder im Alter zwischen 11 und 19 Jahren.

Stadttor in Düsseldorf

Preise und Ehrungen: 1981 erhielt Jürgen Overdiek den Förderpreis des Landes Nordrhein-Westfalen für Architektur“, ein Jahr später den Hünebeckpreis der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen, 1984 den „Architektur-Förderpreis des Landes NRW“ und 1984/85 war er Stipendiat der Villa Massimo in Rom. – Das Architektur-Büro Ingenhoven, Overdiek und Partner bekam ebenso etliche Ausschreibungs- und Anerkennungspreise: 1997 den 1. Preis für den Neuen Hauptbahnhof Stuttgart (Stuttgart 21); 1998 den 1. Preis für die Hauptverwaltung der Stadtwerke Düsseldorf; 1999 den 1. Preis für die Lufthansa Hauptverwaltung am Frankfurter Flughafen; 2002 den 1. Preis für das Sky Office Düsseldorf und den 1. Preis für das Gebäude der Europäische Investitionsbank in Luxembourg; 2003 den 1. Preis für die Neue Messe Hamburg; 2004 den 1. Preis für den Breezé Tower in Osaka (Japan), zudem Auszeichnungen 2004: BDA Architekturpreis NRW 2004 für das Gira Produktionsgebäude in Radevormwald, den Preis des Deutschen Stahlbaus 2004 ebenso für das Gira Produktionsgebäude und den RIBA Awards 2004 für das Burda Parkhaus in Offenburg.

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