Moises, Joseph

Bei der Auswanderung 1939 zum Wulfener Bahnhof gepeitscht

1900 in Wulfen bis 1985 in Nethania/Israel; Kaufmann. – „Er vereinigte alles das, was einen Westfalen erst zu einem Westfalen macht. Er war eine echte Synthese zwischen einem Juden und einem Menschen des westfälischen Stammes. Arbeitsam, fleißig, einfach, hilfsbereit, sparsam, freundlich und demütig vor Gott und den Menschen.“ So bezeichnete Javin Stein aus Nethania (Israel) seinen Nachbarn Joseph Moises in einem Brief an den Wulfener Pfarrer Karl Pilatus, nachdem Moises 1985 zu Grabe getragen wurde. Er liegt neben seiner Frau Senta in Nathania bestattet.

Erinnerung an die Verfolgung in Wulfen: „Es war eine verrückte Zeit“

Joseph Moises in Israel

Joseph Moises in Nethania (Israel)

Die Familie Moises war die älteste jüdische Familie in der Region um Dorsten. Die Moises kamen um 1800 nach Wulfen und waren Tuchhändler. Joseph Moises und seine Geschwister, Kinder des Meier Moises, waren in der Gemeinde hoch angesehen – zumindest bis 1933. Seine in einem Konzentrationslager ermordete Schwester Adele gehörte in Wulfen dem Schützenthron als Ehrendame an. In der Pogromnacht des 9. November 1938 wurde Moises verhaftet, seine Schwester halbnackt aus dem Dorf getrieben. Sie stellte sich freiwillig der Polizei, um Schutz vor den Wulfenern zu finden. Nach Unterzeichnung der Verpflichtung, freiwillig das Land zu verlassen, hinterlegte Moises die geforderte „Reichsfluchtsteuer“ in Höhe von 12.750 Mark, dann peitschen ihn SA-Männer am 18. Februar 1939 zum Wulfener Bahnhof. Über die Schweiz fuhr Joseph Moises zu seiner Frau und seiner Mutter nach Palästina. In den 1960er-Jahren besuchte er erstmals seine Heimat Wulfen wieder und hörte, wie er später erzählte, im Hotel Humbert Männer am Stammtisch sagen, als er an einem anderen Tisch saß, was denn der Jude hier wieder wolle. Dachte er im fernen Israel an seine Heimat und die schrecklichen Ereignisse, dann klagte er niemanden an, er sagte nur: „Es war eine verrückte Zeit.“ Joseph Moises und seine Familie lebten in Palästina und nach 1948 in Israel von einer kleinen Orangenplantage, die ihr Eigentum war. Sein Nachbar schrieb in dem besagten Brief an Pilatus: „Er liebte seine neue Heimat Israel, konnte aber die Liebe zu seinem geliebten Wulfen nicht aus dem Herzen reißen. Er liebte den Boden Zion und wurde mit vollem Herzen ein Bauer.“ Seine Tochter Miriam, geboren 1944, war Lehrerin – ihr gehört laut Grundbuch immer noch der kleine jüdische Friedhof an der Straße „Auf der Koppel“ in Altwulfen.

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