Marschewski, Erwin

Vom Rechtsamt in Dorsten zum Bundestag in Berlin

Geboren 1940 in Herten; Bundespolitiker, Städtischer Oberrechtsrat a. D. – Sechs Wahlperioden lang war der Jurist von 1983 bis 2005 Mitglied des Deutschen Bundestages (CDU). Der in Recklinghausen lebende Erwin Marschewski, verheiratet, zwei Töchter, fiel des Öfteren durch polemische Attacken auf – beispielsweise zu den Themen Verbot von Waffenbesitz, Visa-Pflicht für Ausländerkinder. Bevor er in die große Politik einstieg, war er von 1976 bis 1983 im Dorstener Rathaus Leiter des städtischen Rechtsamts. Zugleich war er Präsidiumsvorsitzender der Jungen Union von NRW. Von Pressevertretern bekam er wegen seinen forschen Erklärungen bei Rats- und Ausschusssitzungen in Dorsten den Namen „Großmaul Marschewski“, worüber der damalige Leiter der „Ruhr Nachrichten“-Redaktion (heute Dorstener Zeitung), Rudolf Plümpe, in der Redaktion stets genüsslich berichtete. Erwin Marschewski; Foto: krNach der Volksschule wurde Erwin Marschewski Eisenbahner (bis 1965), besuchte nebenher das Abendgymnasium und studierte ab 1965 Rechts- und Staatswissenschaften, machte das Referendar- und Assessor-Examen. Seit 1965 ist er auch Mitglied der CDU, war 1972 Präsidiumsvorsitzender der Jungen Union, Mitglied des CDU-Präsidiums Nordrhein-Westfalen; Mitglied im Kreisvorstand und stellvertretender Bezirksvorsitzender CDU Ruhrgebiet. Von 1969 bis 1999 war Marschewski Mitglied des Rates der Stadt Recklinghausen, von 1975 bis 1983 Mitglied der Landschaftsversammlung Westfalen-Lippe. Seit 1999 ist er Mitglied des Kreistages Recklinghausen. Im Bundestag war er von 1991 bis 2002 innenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, seit 2002 Vorsitzender der „Arbeitsgruppe Vertriebene und Flüchtlinge“ der Fraktion, Mitglied in der G 10-Kommission und Mitglied im Fraktionsvorstand. Die überregionale Presse beurteilte Marschewskis Politik, sein forsches politisches Handeln und seine Polemik meist kritisch. – 2007 erhielt Erwin Marschewski das Bundesverdienstkreuz am Bande.

Seine Politik im Bundestag: Waffen auch an Jugendliche

SPIEGEL-Titel zum Thema Waffenlobbyismus

SPIEGEL-Titel Waffenlobbyismus

Von den CDU-Politikern Erwin Marschewski, Hartmut Koschyk und Norbert Geis, der seine Beteiligung später abstritt, wurde am 26. April 2002 eine polemische Erklärung zur Änderung des geplanten neuen Waffengesetzes der damaligen Koalition aus SPD und Grünen verfasst und auf der Homepage der CDU veröffentlicht. Aufgrund des Amoklaufs von Erfurt, bei dem ein bewaffneter Jugendlicher mehrere Schüler und Schülerinnen erschoss, verschwand am selben Tag diese Presseerklärung von der Internet-Seite der CDU-Fraktion. Die damalige Pressesprecherin der CDU erklärte dazu, dass sich die Polemik der Parteienauseinandersetzung zu diesem Thema nunmehr verbiete. Der TV-Sender n-tv kommentierte am 29. April 2002 (Auszug):

„Eiliges Zurückrudern war angesagt, als die CDU/CSU-Bundestagsfraktion am Montag mit den Folgen ihrer Waffenrechts-Presseerklärung vom Freitag konfrontiert wurde. Zur selben Zeit, als in Erfurt die tödlichen Schüsse fielen, hatte in einer Pressemitteilung im Internet die Aufweichung ursprünglich noch schärfer geplanter Waffenrechts-Regelungen als ihren politischen Erfolg gepriesen. […] Auf der Website der Bundestagsfraktion hatte die CDU/CSU-Fraktion darauf verwiesen, ,rechtstreue Jäger, Schützen und Sammler sollten mit unsinnigen Verschärfungen der Vorschriften belastet werden, obwohl nach allen polizeilichen Erkenntnissen hierfür keine sicherheitspolitische Notwendigkeit besteht’. Der verblüffte Leser durfte noch Stunden nach der Tragödie erfahren, dass aus Sicht der CDU/CSU ,der rot-grüne Regelungswahn zu einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand mit den daraus resultierenden unsinnigen Kosten für Betroffene, Länder und Gemeinden geführt’ hätte. ,So konnten die sinnlose Waffenbegrenzung, die Meldepflicht für inaktive Schützen und die ständige Bedürfnisprüfung verhindert werden’, hieß es weiter.

Der „Spiegel“ zitierte Marschewski in seiner Ausgabe vom 2. Mai 2002 unter der Überschrift: „Voll ins Schwarze getroffen“ mit:

Marschewski: „,Es ist gut, dass die sinnlose Waffenbegrenzung vom Tisch ist. Es ist gut, dass junge Menschen wieder üben können.’ Und dann wurde er ganz forsch: ,Der Widerstand der Union im Schulterschluss mit Jägern und Sportschützen hat sich gelohnt. CDU/CSU… haben gut gezielt und voll ins Schwarze getroffen.’ – Das Protokoll vermerkt einen Zuruf seiner Fraktion: ,Waidmannsheil’.“

Abgeordnete sind mit Diäten gut gepolstert

Zum Thema der Abgeordneten-Diäten, das Erwin Marschewski im Bundestag gerne behandelte, schrieb die „Zeit“-Online unter „Gut gepolstert“ über den Politiker:

„Der Abschied vom Amt wird deutschen Politikern mit allerlei Abfindungen versüßt. […] Wann immer der CDU-Abgeordnete Erwin Marschewski im Bundestag die Privilegien der Bonner Politiker anspricht, ermuntert er sich und seine Kollegen gern mit Sätzen wie diesem: ,Die Besten sollen Minister werden.’ Sie würden nur leider zu schlecht bezahlt.

Bisher gehört Erwin Marschewski nicht zu den Besten. Noch hängen die Früchte der Spitzenposition ziemlich hoch, wiewohl er die Vorstufe zur Leiter nach oben bereits überschritten hat. Als Mitglied des Fraktionsvorstands wäre es nur eine Frage der Zeit, bis er die Endstation Sehnsucht in einem Ministeramt mit beinah 400.000 Mark per annum erreicht. Dazu kämen Dienstwagen mit Stern und Stander, ein, zwei Sekretärinnen, mindestens ebensoviel persönliche und unpersönliche Referenten, die ihm Koffer und Aktentasche tragen oder auch schon mal das Trinkgeld bezahlen. Mit solcherlei Handreichungen gibt sich ein Minister ebenso wenig ab wie mit dem eigenhändig geschriebenen Wort. Man lässt schreiben.

Verdienen die Politiker zuviel? Gemessen am Durchschnittseinkommen der Arbeitnehmer, verdienen sie blendend, gemessen an den Vorstandsbezügen deutscher Großunternehmen, eher kärglich. Darin ist sich der SPD-Abgeordnete Peter Conradi ausnahmsweise mit seinem CDU-Kollegen Erwin Marschewski einig. Beide plädieren für bessere Bezahlung, Conradi allerdings auch für absolut gläserne Taschen, wie er sie praktiziert. Gute Dotierung, angemessene Alterssicherung und volle Transparenz aller Einkünfte bekämen den demokratischen Spielregeln besser als das Versteckspiel der Politiker um ihre Gelder. Das wäre ganz im Sinn des bekannten italienischen Staatsmannes Niccolò Machiavelli, den Erwin Marschewski unlängst mit dem bedenkenswerten Satz zitierte: ,Ein guter Minister sollte an seinem Lebensende reicher an Ruhm und an guten Taten geworden sein als an Vermögen.’

Zum Thema Abbau des Beamtenapparates schrieb die Wochenzeitung „Die Zeit“ unter dem Titel „Bonner Kulisse“ 1995:

„Immer deutlicher zeigt sich, dass die Beteuerungen, die Innenminister Manfred Kanther und Koalitionsabgeordnete wie Burkhard Hirsch (FDP) oder Erwin Marschewski (CDU/CSU) zum Thema ,schlanker  Staat’ abgeben, nicht viel wert sind. Statt den Beamtenapparat abzubauen, wird er eher vergrößert.“

Und zur Ablehnung der doppelten Staatsangehörigkeit schrieb Lutz Hoffmann am 25. Mai 1994 unter der Überschrift „Auch eine Million Unterschriften können Bonn nicht bewegen, in die doppelte Staatsangehörigkeit einzuwilligen – Völkische Ressentiments“:

„Die wirklichen Gründe sind ideologischer Art. Mehrfache Staatsangehörigkeit widerspricht der Bedeutung, die konservatives Denken in die deutsche Staatsangehörigkeit hineinlegt. Diese Denker sehen darin höchstens in zweiter Linie einen Ausweis für Bürgerrechte. Zuerst ist Staatsangehörigkeit für sie ein Zertifikat der deutschen Volkszugehörigkeit. Menschen mit mehr als nur einer Staatsangehörigkeit würden sich ,nicht ausschließlich dem deutschen Volk zugehörig fühlen’. Damit begründet der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU Fraktion im Deutschen Bundestag – Erwin Marschewski – seine Ablehnung: ,Sie wären, so meine ich, weiterhin Fremde’. Das ist völkisch gedacht. Zum deutschen Volk zählt nur, wer ihm ausschließlich angehört. Fremdheit beginnt, wo die Ausschließlichkeit endet.“


Quellen:
Biografien beim Deutschen Bundestag. – Wikipedia Online-Enzyklopädie (2011). – Axel F. Busse „CDU-Presseerklärung zum Waffenrecht – Technisches Versagen“, kommentiert in n-tv vom 29. April 2002. – „Gut gepolstert“ in „Die Zeit“ vom 20. März 1998. – „Bonner Kulisse“ in „Die Zeit“ vom 1. September 1995.  – „Voll ins Schwarze getroffen“ in „Der Spiegel“ vom 2. Mai 2002. – „Makabre Presseerklärung der CDU“ in „Der Spiegel“ vom 26. April 2002.

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