Huldigungen

Mit Trommelklang und von der Kanzel herab die Treue geschworen

Schlesische Stände huldigen 1741 Friedrich II. von Preußen, Gemälde von Wilhelm Camphausen 1882

Schlesische Stände huldigen 1741 Friedrich II. von Preußen, Gemälde von Wilhelm Camphausen 1882

Schon 1371 hatten die kurkölnischen Städte, darunter Dorsten, dem neuen Erzbischof Friedrich von Saarweden Treue schwören müssen. Vorausgegangen war eine Auseinandersetzung mit dem Domkapitel, das ursprünglich einen anderen zum Erzbischof gewählt hatte, in dessen Verlauf Papst und Kaiser zur Entscheidung aufgerufen waren. Als er schließlich nach vierjährigem Streit doch gewählt wurde, war Erzbischof Friedrich gegenüber dem Klerus misstrauisch und ließ seine neue Macht durch die Städte mit einem Treueid festigen. Treueide waren üblich, allerdings zum Amtsantritt eines neuen kurkölnischen Erzbischofs für den Bereich des Vestes Recklinghausen im 14. Jahrhundert kaum zu finden.

Immer wieder den neuen Landesherren gehuldigt, auch Napoleon

Immer wenn der Landesherr die Stadt besuchte, wenn ihm die Stadt huldigte, wenn der Kurfürst von einer Krankheit wieder genesen war oder es sonst irgendwelche wichtigen Ereignisse um den Landesherrn gab, feuerte die Stadt nach einer festgelegten Ordnung Kanonen bzw. ein Feuerwerk ab. 1509 besuchte der Kurfürst Dorsten, um die Huldigung entgegenzunehmen. Für das Fest kam die Stadt mit Wein, Bier, vier Ochsen und zwölf Hammel, mit Butter, Kerzen, Brot und den Spielmann auf und zahlte dafür über 156 Mark. Das wiederholte sich 1715, als ein „großes Feuerwerk aus sechs Tonnen Teer“ abgebrannt wurde. 1746 feierte die Stadt wegen der Genesung des Kurfürsten ein Dankfest und verschoss dabei 9 ½ Pfund Pulver. 1750 hatten die Junggesellen der Stadt beim Besuch des Kurfürsten vor dem Rathaus Posten zu stehen. Als dagegen im Mai 1784 der Vestische Statthalter anfragte, ob nicht die Stadt zu dem von der vestischen Ritterschaft für den Kurfürsten „bei seiner morgigen Ankunft” bestimmten Geschenk von 6.000 Gulden etwas beisteuern wolle, lehnte der Magistrat ab. Nach der Wahl des neuen Kurfürsten 1801 beschloss der Rat, dass die Bürgerschaft während des Hochamts und dem Tedeum „paradiere und salutiere, daß illuminiert und am 13. k. Monats von Stadts wegen ein Ball veranstaltet werde, wozu die hiesige Geistlichkeit, das hiesige Hohe Gericht und die sonstigen kurfürstlichen Beamten, sowie alle Angesehenen der Bürgerschaft“ eingeladen wären. Dorsten zeigte sich in Feierlaune, denn „die alte Ordnung blieb nach so vielen Bedrohungen erhalten“.

Biedersinn, Treue und Gehorsam

Doch schon zwei Jahre später kam es doch zur Neuordnung. Im August 1803 begrüßten die Bürger den Herzog von Arenberg als neuen Landesherrn. Von der Kanzel wurde mit Trommelschlag verkündet, dass jeder Bürger, der keine Dispensation hatte, sich im Lippetal einzufinden hätte, andernfalls er mit zwei Goldgulden bestraft würde. Unter Führung des Bürgerhauptmanns Rive holten Reiter den Herzog am Stadttor ab, Böller wurden abgefeuert und jede Bürgerkompanie erhielt von der Stadt zwei Tonnen Bier geschenkt. Die Huldigungsfeste fanden unter Napoléon ihren Fortgang. Die Familienväter mussten schwören:

„Wir schwören heute Treue und Gehorsam einem Menschen, der wirklich seinesgleichen in der Geschichte nicht hat. Er ist der Größte, er ist in der Tat einzig, nicht, weil er die gewaltsamste aller Revolutionen beendigt, die fürchterlichste Verwirrung eines der größten Reiche zur Ruhe und Ordnung zurückgeleitet, und die mächtigsten Feinde seines Vaterlandes überwunden hat, sondern weil die göttliche Vorsehung noch keinem Menschen so mächtig entscheidende Mittel, das Wohl seiner Mitmenschen zu begründen, anvertraut hat wie ihm. […] Wir müssen froh und stolz sein, uns mit einer Nation vereinigt zu sehen, welche schon so große Opfer dafür gebracht hat, und wir wollen heute mit deutschem Biedersinn, Treue und Gehorsam einem Fürsten schwören, der um vor Gott bestehen zu können und um seinen großen, nie erhörten Ruhm dem segnenden Andenken unserer Nachkommen überliefert zu sehen, nichts anderes als diesen großen Zweck vor Augen haben kann und darf.“

Kaiserlieder hinter verschlossenen Klostertüren

Auch preußische Könige ließen sich huldigen und ihre Geburtstags- und Krönungstage feiern wie später, als sie deutsche Kaiser waren. Am letzten Geburtstag des noch regierenden Kaisers trafen sich die Honoratioren der Stadt zum Festmahl am 27. Januar eines jeden Jahres im Hotel „Escherhaus“ am Markt. Nachdem der Kaiser abdankte, so notierte Pfarrer Heming in seine Chronik,

„versuchten im darauf folgenden Jahr einige noch Kaisers Geburtstag zu feiern am 27. Januar, so z. B. wurden im hiesigen Ursulinenkloster noch vaterländische Lieder, die bei dieser Gelegenheit üblich waren, wie ,Heil Dir im Siegerkranz‘ hinter verschlossenen Türen gesungen.“

Huldigungsfeiern, die man später Kundgebungen nannte, fanden in nationalsozialistischer Zeit zu Hitlers Geburtstagen, an den Jahrestagen seiner „Machtergreifung“ und bei vielen anderen Gelegenheiten statt. Eine der größten Feiern aus staatspolitischem Anlass war in der Gegenwart das Fest der deutschen Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990, aus lokalhistorischem Anlass die 700-Jahrfeier der Stadterhebung 1951, die 725-Jahrfeier 1976 sowie die 750-Jahrfeier 2001 (siehe Eide) – und natürlich die Jahrtausendwende.


Quellen:
Dr. Tewes „Der Treueeid der kölnischen Städte Recklinghausen und Dorsten (1371) gegenüber Erzbischof Friedrich von Saarweden“ in VK 1984. – Paul Fiege „Die Herrlichkeit Lembeck huldigt Napoleon“ in HK 1989. – Agatha-Chronik 1913-1951.

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