Stromtrassen-Projekt „Korridor B“

Die Höchstspannungsleitung verläuft in der Planung auch durch Dorsten

Ein zentraler Baustein der Energiewende ist die neue Höchstspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ) „Korridor B“. Er besteht aus den beiden Leitungsbauvorhaben 48 (Heide/West – Polsum) und 49 (Wilhelmshaven – Hamm) des Bundesbedarfsplangesetzes (BBPlG), das im Juli 2022 zuletzt novelliert wurde, und überträgt ab voraussichtlich Anfang der 2030er-Jahre Windstrom aus Schleswig-Holstein und dem Norden Niedersachsens nach Nordrhein-Westfalen. Die Höchstspannungsleitung verläuft in der Planung auch durch Dorsten. Die Vorhaben werden in Höchstspannungsgleichstrom-Technologie (HGÜ) mit einer Nenngleichspannung von 525 Kilovolt umgesetzt. Das Unternehmen „Amprion“ plant Korridor B vorrangig als Erdkabel. Die Übertragungskapazität beträgt insgesamt vier Gigawatt elektrische Leistung (ohne Leerrohrsysteme). Die Entfernung zwischen den Netzverknüpfungspunkten Heide/West und Polsum beträgt rund 440 Kilometer. Die Netzverknüpfungspunkte Wilhelmshaven und Hamm sind rund 270 Kilometer voneinander entfernt. Das Netz möglicher Trassenkorridore verläuft durch Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Bremen und Nordrhein-Westfalen.

Rechnerisch kann der Korridor B fünf Millionen Haushalte versorgen

Als 7-Milliarden-Euro-Projekt war das Projekt „Korridor B“ zunächst geplant. Der Gesetzgeber forderte aber im Juli 2022 den Einbau zusätzlicher Leerrohre (Kostenpunkt: weitere 3 Millionen Euro), um die Kapazität möglicherweise erhöhen zu können. Die Gesetzesänderung sieht vor, neben den schon heute für die beiden Erdkabelverbindungen des Korridor B (Heide/West – Polsum, Wilhelmshaven – Hamm) benötigten Kabelschutzrohren jeweils ein zusätzliches System leerer Kabelschutzrohre zu verlegen. Dies erleichtert es in Zukunft, die Transportkapazität von Strom aus der Küstenregion in die Verbrauchszentren im Westen und Süden Deutschlands mit geringerem Aufwand weiter zu steigern. Rechnerisch kann der Korridor B dann bei Vollausbau (bis zu 8 Gigawatt) vier bis fünf Millionen Haushalte mit Strom versorgen und zehn Kohlekraftwerke ersetzen. Der Zeitdruck für das Projekt ist groß. Per Höchstspannungsleitung soll der Gleichstrom mit 525 Kilovolt übertragen werden und muss dann wieder mit einem Konverter in Wechselstrom umgewandelt werden. Dafür braucht es mehrere Konverter, wobei dafür die Standorte noch nicht festgelegt sind. Diese erfordern auch ein gesondertes Genehmigungsverfahren. Insgesamt 1600 Kilometer Trassenvarianten hat das Unternehmen „Amprion“ bisher untersucht und wird einen Vorschlagstrassenkorridor der Bundesnetzagentur empfehlen. Der Korridor hat eine Breite von einem Kilometer, wobei erst im Planfeststellungsverfahren der exakte Trassenverlauf geplant ist. In einem ab Spätsommer 2022 laufenden Genehmigungsverfahren (Bundesfachplanung) wird die Bundesnetzagentur Amprions Vorschlag prüfen und der Öffentlichkeit zur Diskussion stellen.

Vorschlagstrasse führt durch Norden und Osten

In Dorsten verläuft Amprions Vorschlagskorridor von Norden kommend zwischen Lembeck und Specking Richtung Süden, führt östlich an Wulfen-Barkenberg, Dorf-Hervest und am Industriepark Dorsten-Marl vorbei Richtung Marl-Polsum. Die andere, ebenfalls von Amprion untersuchte Variante, die weit mehr Stadtteile in Dorsten berührt hätte, ist damit allerdings noch nicht aus den Überlegungen. Hierbei würde die Trasse zwischen Rhade und Lembeck an Deuten vorbei ein Stück entlang der A 31 westlich von Holsterhausen und der Hardt entlangführen, um dann von West nach Ost im Süden Dorstens nach Marl zu gelangen.
Vor Beginn des eigentlichen Genehmigungsverfahrens wird das Gesamtprojekt in etwa 50 Veranstaltungen in der Projektregion von Ende August bis Mitte September mit den Menschen in der Region diskutiert, um deren Ergebnisse dann in die weitere Planung einfließen zu lassen. Auch mit Verwaltungen und Politikern will Amprion bei gesonderten Terminen ins Gespräch kommen. Eine digitale Bürger-Informationsveranstaltung für den Kreis Recklinghausen ist für den 8. November von 18 bis 20 Uhr geplant.

Amprion veröffentlichte am 1. Dezember 2023 Konverter-Entscheidung

Auf einem Grundstück nahe des Ortskerns im Dorstener Stadtteil Altendorf-Ulfkotte soll ein großer Konverter für die Windstrom-Leitung „Korridor B“ errichtet werden. Das zuständige Unternehmen Amprion hat am 1. Dezember 2023 in einer Pressemeldung bekannt gegeben, sich nun final für den Standort entschieden zu haben. Das entsprechende Genehmigungsverfahren werde Anfang 2024 beim Kreis Recklinghausen angestoßen. Dementsprechend steht noch nicht final fest, ob der Konverter wirklich an diesem Standort gebaut wird. Andere mögliche Standorte seien allerdings weggefallen, so Amprion. Von den Anwohnerinnen und Anwohnern im Stadtteil hatte es massive Kritik an dem Vorhaben gegeben.

Altendorfer Einwohner protestieren lautstark gegen den Konverter-Bau

Mit Trillerpfeifen protestierten viele Menschen in Altendorf-Ulfkotte am 11. Dezember 2023 gegen den Plan Amprions, einen Konverter neben dem Ortskern zu bauen. Zu einem Bürgerinfomarkt hatte der Netzbetreiber Amprion in die Mehrzweckhalle in Altendorf-Ulfkotte eingeladen. Doch bereits eine halbe Stunde vorher standen viele Altendorfer vor der Tür im Regen, um lautstark mit Trillerpfeifen gegen das zu protestieren, was nach neuesten Entwicklungen immer wahrscheinlicher wird: Amprion hatte im Vorfeld angekündigt, beim Kreis Recklinghausen den Antrag zu stellen, den großen Konverter für die Windstromtrasse „Korridor B“ auf einer Fläche 300 bis 400 Meter vom Altendorfer Ortskern bauen zu dürfen. Auch Bürgermeister Tobias Stockhoff war gekommen. Er äußerte seinen Unmut darüber, dass Amprion noch vor dem geplanten Gespräch mit Wirtschaftsministerin Mona Neubaur sich auf den Standort in Altendorf-Ulfkotte festgelegt hatte. Es gebe Flächen auf dem Uniper-Gelände in Gelsenkirchen, die sich für den Bau eines Konverters eignen würden, so Stockhoff – unabhängig von dem immer wieder angeführten Argument, dass das Kraftwerk wegen der Energiekrise in Reserve gestellt werden müsse. Arndt Feldmann, Gesamtprojektleiter der geplanten Windstromtrasse, betonte hingegen, dass es sich Amprion bei der Standortsuche nicht leicht gemacht habe. Eine Fläche bei Uniper habe Amprion nicht zur Verfügung gestanden, weshalb man nun den Standort in Altendorf bevorzuge. Damit die Windstromtrasse Anfang 2030 in Betrieb gehen könne, gebe es nun einen engen Zeitplan. Der Bau eines Konverters sei „kompliziert“ und dieser müsse auch für einen konkreten Standort geplant werden. Ein Altendorfer Besucher des Informationstreffens bezweifelte, dass beim Kreis Recklinghausen oder bei der Bundesnetzagentur die von Amprion eingereichten Pläne vernünftig geprüft werden: „Das wird doch einfach durchgewunken.“ Naumann berichtete aus seiner Erfahrung das Gegenteil, doch der Altendorfer ließ sich von seiner Meinung nicht abbringen. Auch stieß er sich daran, dass Naumann sich nicht festlegen wollte, ob die Hallen nun 20 oder 25 Meter hoch werden sollen (Quelle: DZ vom 13. Dez. 2023).

Zur Sache: Die Amprion GmbH

Die Amprion GmbH mit Hauptsitz in Dortmund ist ein 1928 gegründeter deutscher Übertragungsnetzbetreiber mit etwa 2000 Mitarbeitern. Das Unternehmen betreibt das mit knapp 11.000 km Stromkreislänge zweitgrößte Höchstspannungs-Stromnetz in Deutschland. Es erstreckt sich über sieben westdeutsche Bundesländer. Die Amprion ist einer von vier Übertragungsnetzbetreibern in Deutschland. Die Anteilseigner sind mit 74,9 Prozent die M31 Beteiligungsgesellschaft mbH & Co. Energie KG und mit 25,1 Prozent die RWE AG. Die Aufgaben: Betrieb eines der längsten Übertragungsnetze in Deutschland. – Systemsicherheit im Amprion-Netz garantieren. – Ausbau des Netzes. – Stromflüsse zwischen den Übertragungsnetzen in Deutschland sowie in Mittel- und Osteuropa koordinieren. – Stromhandel in Deutschland und Europa physisch abwickeln. – Erneuerbare Energien aufnehmen und transportieren.

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