Frindt, Josef

Deutener Pfarrer erzählte als IM der DDR-Staassicherheit Belangloses

BILD-Zeitung

BILD-Zeitung vom 16. Mai 2007

Von Wolf Stegemann – 1928 in Untersturz/Slowakei bis 2009 in Malchin/Mecklenburg; Pfarrer und DDR-Agent. – Er besuchte in Wien das Gymnasium, machte in Mecklenburg (DDR) 1949 Abitur, studierte in Passau Theologie, wurde 1955 zum Priester geweiht, studierte danach in Münster Germanistik, war in den 1960er-Jahren Kaplan in Recklinghausen und kam 1981 als Pfarrer zur Herz-Jesu-Kirche nach Deuten, dem kleinsten Stadtteil von Dorsten. Frindt widmete er sich den Senioren in der Gemeinde. Damals waren rund 90 Personen in Deuten über 70 Jahre alt. Der Pfarrer war beliebt, unauffällig und 14 Stunden lang in der Woche Religionslehrer im Berufsschulbetrieb, was ihn mitunter aufrieb. „Man muss die Probleme der Jugend verstehen“ sagte er. 2003 ging er in den verdienten Ruhestand und übersiedelte 2007 zu seiner Schwester nach Malchin, zwei Jahre später starb er.

Bildzeitung informierte in gewöhnlich großer Überschrift

Pfarrer Joseph Frindt (Zeitungsbild)

Pfarrer Joseph Frindt (Zeitungsbild)

2007 lasen der geistliche Pensionär in Malchin und seine früheren Gemeindeglieder in Deuten in der „Bild“-Zeitung unter der reißerisch aufgemachten Überschrift: „Jetzt enthüllt! Stasi-Pfarrer aus NRW bespitzelte Kardinal Ratzinger“. Die Zeitung fand heraus, dass die Birthler-Behörde Akten gefunden hatte, in denen der Pfarrer seit 1972 als inoffizieller Mitarbeiter (IM) der Stasi unter dem Decknamen „Erich Neu“ geführt und als „vertrauenswürdig“ eingestuft wurde. Mindestens 95 Berichte soll Frindt geliefert haben, darunter Informationen über den Hamburger Erzbischof Werner Thissen, der damals in der Diözese Münster tätig war. Auch der heutige Papst wurde bespitzelt, als er noch Kardinal Ratzinger war. Die „Bild“-Zeitung berichtete weiter, dass der Sprecher des Bistums Münster dies alles bestätigt habe. Da die Ermittlungen des Bischofs von Münster in dieser Sache lediglich ergaben, dass von Pfarrer Frindt nichts „Bösartiges oder Schwerwiegendes“ an die Stasi berichtet wurde, stellte das Bistum, dem die Vorwürfe bereits seit den 1990er-Jahren bekannt waren, die Ermittlungen gegen den Pfarrer ein. Josef Frindt selbst, der bei seiner Schwester in Mecklenburg-Vorpommern wohnte, erklärte gegenüber der „Bild“-Zeitung: „Ich habe meine Schwester in der DDR oft besucht. Diese Stasi-Unterlagen kann ich mir nicht erklären.“

Belanglose Berichte als „bedeutungsvoll“ eingestuft

Der renommierte Wissenschaftler Helmut Müller-Enbergs, der die Spionage-Arbeit der Stasi erforschte, hat in der Stasi-Unterlagen-Behörde in Berlin herausgefunden, dass Frindt über 20 Jahre lang für die DDR-Staatssicherheit tätig war und dafür als „Agent Neu“ Geld bekommen hatte. Nach den Stasiunterlagen war der Deutener Pfarrer mit allen Instrumentarien eines Top-Agenten ausgestattet. Eine im Nöttenkamp wohnende Gehilfin unterstützte ihn bei der Verfassung seiner Berichte, die von der Stasi als „bedeutungsvoll“ eingestuft wurden. Durch Anwerbungen von Agenten wollte die DDR-Staatssicherheit verstärkt die kirchlichen Bereiche in Münster ausspähen, um zu erfahren, wie sich die katholische Kirche hinsichtlich Polen und den Ostblock entwickelt. So forschten sie katholische und evangelische Studentengemeinden sowie einen kleinen christlichen Verlag aus und legten darüber so genannte „Feindobjekt-Akten“ an. Auch die Staatssekretärin Agnes Hürland-Büning aus Dorsten wurde ausgespäht.

Weitere IM-Agenten

In Dorsten wohnte ein weiterer Agent, der – anders als der für Geld spionierende Frindt – weltanschaulich Kommunist war. Als IM „Pirol“ wurde er später Chef vom Dienst bei der Presseagentur Reuters und belieferte die Stasi mit Informationen aus erster Hand. Informationen über die chemischen Entwicklungen und Forschungsarbeiten gab ein CWH-Manager im benachbarten Marl an die Stasi weiter. Mal für 700 DM, ein andermal erhielt er 2.400 DM.


Quellen:
Bild-Zeitung vom 16. Mai 2007. – Vortrag Müller-Enbergs am 14. April 2011 in Dorsten.

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