Bahnhof Hervest-Dorsten

Früher Schnittpunkt vieler Fernverbindungen – heute lediglich „Station“

Der Bahnhof befindet sich am nordwestlichen Rand des Dorstener Stadtteiles Hervest. Er liegt etwa anderthalb Kilometer nördlich des Bahnhofs Dorsten. Auf der Strecke vom Dorstener Bahnhof zum Bahnhof Hervest-Dorsten überqueren die Gleisanlagen den Wesel-Datteln-Kanal und die Lippe. Direkt östlich des Bahnhofs befindet sich das frühere Steinkohlebergwerk Fürst Leopold. Bis 1943 war Hervest als Teil des Amtes Hervest-Dorsten verwaltungsmäßig selbstständig und wurde erst dann nach Dorsten eingemeindet. So erklärt sich, warum der Bahnhof nicht den Namen Dorsten-Hervest trägt.

Holzplatz mit dem ehemaligen Bahnhofsgebäude

Holzplatz mit dem ehemaligen Bahnhofsgebäude

Bahnhofsgebäude ist heute Gemeindehaus der Freien Christengemeinde

Nach dem Übergang zum Staatsbahnsystem Ende des 19. Jahrhunderts wurde am Kreuzungspunkt der drei Strecken ein Haltepunkt eingerichtet. Seine heutige Gestalt als Turm-Bahnhof erhielt der Bahnhof 1908. Im südwestlichen Winkel des Streckenkreuzes nahm das neue Empfangsgebäude seinen Dienst auf. Ihm gegenüber, im nordwestlichen Winkel lag bis 2007 das imposante Fahrdienstleiterstellwerk „Hdf“. Das Empfangsgebäude wird aber schon lange nicht mehr als solches genutzt. Seit 1983 dient es der Freien Christengemeinde Dorsten als Gemeindehaus am Holzplatz. Es wurde 2010 von außen neu verputzt und isoliert.

„Soziale Stadt Dorsten“ – 2016/17 Neugestaltung des Bahnhofsumfelds

Die Bahngleise des Bahnhofs

Die Bahngleise des Bahnhofs

Für die Neugestaltung des Umfelds vor dem Hervester Bahnhof (Holzplatz) im Rahmen des Projekts „Soziale Stadt Dorsten“ erhielt die Stadt im September 2015 vom Land 316.000 Euro. Damit beteiligt sich das Land mit 80 Prozent der Gesamtkosten in Höhe von 395.000 Euro. Laut Planung wird 2016/17 der Wendeplatz zwischen altem Bahnhofsgebäude und Ditib-Moschee modern umgebaut. Der eigentliche Bahnhof – jetzt nur über einen schmalen Fußweg hinter dem Empfangsgebäude erreichbar – erhält eine bessere Anbindung für Fußgänger und Radler sowie an den RVR-Radweg auf der alten Bahntrasse. Eine angrenzende Brachfläche am Rande des noch nicht endgültig ausgebauten Gewerbegebiets „Güterbahnhof“ wird als Aufenthaltsfläche gestaltet. Im Planungspaket enthalten sind auch eine Neuordnung des großen Parkplatzes an der Bismarckstraße und der Bau von neuen Fahrradabstellanlagen. Regierungsvizepräsidentin Dorothee Feller lobte die Dorstener Planung:

„Es ist gut investiertes Geld, wenn mit der Förderung nicht nur ein Einzelprojekt umgesetzt werden kann, sondern vielmehr ein Bestandteil eines komplexeren städtebaulichen Zusammenhangs.“

Auf den Bahnstrecken durch Hervest-Dorsten Anschluss in die weite Welt

Fahrdienstleiterstellwerk

Fahrdienstleiterstellwerk

Eröffnet wurde der Bahnhof am 1. März 1874. An diesem Tag ging die durch den unteren Bahnhofsteil in West-Ost-Richtung führenden Verbindung Wesel–Haltern in Betrieb. Sie war ein Teilstück der so genannten Venloer Bahn der Köln-Mindener Eisenbahn-Gesellschaft. Die Venloer Bahn bildete den westlichen Teil einer Fernverbindung von der niederländischen Grenze bei Venlo über Wesel, Münster, Osnabrück und Bremen nach Hamburg. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts fuhren hier Schnellzüge von Münster über Wesel, Goch und Boxtel nach Vlissingen, wo Schiffsanschluss nach England bestand. Mit der Sprengung der Weseler Rheinbrücke zum Ende des Zweiten Weltkrieges verlor die Strecke sämtliche Bedeutung für den Fernverkehr. Am 1. Oktober 1962 wurde sämtlicher Personenverkehr zwischen Wesel und Haltern eingestellt, Anfang der 1990er-Jahre auch der Güterverkehr. Lediglich der Streckenteil bis zum Umspannwerk Lippramsdorf wird für mögliche Trafotransporte als Anschlussgleis betriebsbereit gehalten. Seit Einstellung des Güterverkehrs diente der untere Bahnhof nur noch zur Aufstellung der Kohlenzüge des Bergwerks Fürst Leopold bis zu dessen Schließung im Jahre 2001.

Bahnstrecke Duisburg–Quakenbrück

Am 1. Juli 1879 wurde die „Kohlenbahn“ Oberhausen-Osterfeld Nord–Coesfeld–Rheine–Quakenbrück (–Oldenburg–Nordsee) der Rheinischen Eisenbahn-Gesellschaft eingeweiht. Die Strecke blieb aber bedeutungslos. Heute verkehrt hier nur noch die Regionalbahn RB 45 „Der Coesfelder“. Der Bahnhof gehört zur Kategorie 6 – Lediglich eine Station. Die über 2.500 kleineren Bahnhöfe dieser Kategorie liegen meist in dünn besiedelten Gegenden an Standorten mit geringen Reisendenzahlen und stellen die Grundversorgung im Schienenpersonennahverkehr sicher. Die Ausstattung beschränkt sich auf das Notwendige. Na ja, Toiletten gibt es dort nicht.

Bahnhof Hervest-Dorsten 1914

Bahnhof Hervest-Dorsten 1914 mit dem Bahnhofsgebäude

Inzwischen auf der stillgelegten Trasse Gewerbe angesiedelt

Der Bahnhof selbst war Kreuzungspunkt zweier nebeneinander liegenden, eingleisigen Hauptstrecken mit einer ebenfalls eingleisigen Hauptstrecke. Dabei verlaufen die Strecken Dorsten–Coesfeld und Dorsten–Borken in Nord-Süd-Richtung im oben liegenden Teil. Die stillgelegte Strecke Haltern–Wesel im unten liegenden Teil in Ost-West-Richtung ist zu Beginn der 2010er-Jahre zurückgebaut worden. Inzwischen wird auf der ehemaligen Trasse Gewerbe angesiedelt. Bis Mitte der 1970er-Jahre wurde die Verbindung zwischen dem oberen Teil und dem unteren Teil durch eine Kurve im südwestlichen Kreuzungswinkel, direkt über den Bahnhofsvorplatz vor dem Empfangsgebäude, gewährleistet. Aus städtebaulichen Gründen wurde diese Kurve entfernt und durch eine Kurve im südöstlichen Streckenwinkel ersetzt.

Fahrstuhl für den Problem-Bahnhof in Hervest soll 2026 gebaut werden

Der hoch gelegener Bahnhof in Hervest ist nur über eine Treppe erreichbar – und deshalb nicht barrierefrei. Der Bahnhof bekommt bei Fahrgast-Umfragen in Sachen Barrierefreiheit regelmäßig die schlechteste Note. Die Bahnstrecke verläuft auf dem oberen Plateau, nur über eine Treppe ist die Gleisanlage mit dem gut vier Meter tiefer gelegenen Bahnhofsvorplatz erreichbar. Eine unüberwindbare Hürde für Menschen mit Behinderungen. Die städtischen Verkehrsplaner teilten in der Sitzung im Dezember 2023 der „Ratskommission für Nachhaltige Mobilität“ mit, dass die zuständige Bahn-Abteilung „DB Station und Service“ angekündigt habe, dass die Bahnstation behindertengerecht 2026 einen Fahrstuhl erhalten soll.
Laut der von der Bahn vorgelegten Pläne der Umbauvariante wird die jetzige 90-Grad-Treppenanlage abgerissen. Stattdessen wird dort eine neue Unterführung errichtet. Damit die Fahrgäste von dort hoch zum Bahnsteig gelangen können, wird am Ende der Unterführung rechts eine neue gerade Treppe, zum anderen links eine Aufzugsanlage installiert. Für die Dauer der Bauarbeiten soll ein provisorischer Treppenturm aufgebaut werden, der den Zugang zu den Gleisen erlaubt. Die Bike & Ride-Anlage wird während der Arbeiten zunächst abgebaut und eingelagert, weil der Platz für die Baufahrzeuge benötigt wird.
Vonseiten der CDU wurde eine Rampenlösung für Rollstuhlfahrer und Radfahrer anstelle des Fahrstuhls in Spiel gebracht, laut Verwaltung sei dies auf der zur Verfügung stehenden Fläche technisch nicht machbar. Die SPD regte an, zusätzlich eine „Schiebrinne“ für Räder neben der Treppe einzurichten, für den Fall, dass der Aufzug eine Störung habe (Quelle: MK in DZ vom 29. Dez. 2023).


Siehe auch:
Bahnhöfe (Artikelübersicht)

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