Lichtkegel bohrten sich in den nächtlichen Himmel über Dorsten
Um bei nächtlichen Angriffen und beim Überfliegen die alliierten Flugzeuge als Ziele sehen zu können, leuchteten riesige Scheinwerfer den Himmel ab. Wie Finger bohrten sie sich in den nächtlichen Himmel. Gleich mehrere Scheinwerferstrahlen nahmen dann die Flugzeuge ins Visier und die Flak konnte dann das Ziel gut sehen. Der von den Flak-Scheinwerfern erzeugte Lichtstrahl reichte je nach Wetterlage bis zu zwölf Kilometer hoch. Die sechs- bis achtköpfigen Bedienungen der Scheinwerfer versuchten zuerst, den an der Spitze der feindlichen Bomber fliegenden „Scout“ („Pfadfinder“) zu blenden, ihm damit die Orientierung zu nehmen, um die Bombardierung, wenn nicht zu verhindern, so doch fehlzuleiten. Dorsten wurden auf diese Weise von der Reserve-Flakscheinwerfer-Abeilung 450 beschützt, die zum Flakscheinwerfer-Regiment 74, das zum Flakregiment 46 in der 4. Flak-Division unter General Hoffmann gehörte. In der Zeit ihrer Stationierung in Dorsten wurde es mehrmals reformiert und Teile davon umbenannt. Der Regimentsstab lag im Dorstener Franziskanerkloster. Die in und um Dorsten stationierten Flakeinheiten nannte man „Flakgruppe Dorsten“. Ihr Auftrag erstreckte sich auf den Schutz des Hydrierwerks Scholven und der Städte Gladbeck und Dorsten gegen Tiefflieger. Daher war die Flakgruppe auf Abwehr von Flugzeugen eingerichtet, die im tiefen und mittleren Höhen flogen. Große ausgebaute Flak-Stellungen mit Scheinwerfer waren südlich und östlich der Heeresmunitionsanstalt Wulfen (Muna) verteilt: Bückelsberg und am Gleisdreieck an der Gälkenheide. Zusätzlich waren noch mobile Flakstellungen auf Zügen im Einsatz.
Kramm verweigerte den Dienst bei der Scheinwerferabteilung
Die Scheinwerferabteilung 450 hatte zwei Batterien. Die eine saß bei Sickingsmühle, die andere um Wulfen. Beide Batterien verfügten über jeweils neun Scheinwerfer. Ein Holsterhausener, der zur dieser Abteilung einrücken hätte sollen, war Artur Kramm, der jedoch als „Zeuge Jehova“ den Kriegsdienst verweigerte. Er wurde deshalb 1943 vom Reichskriegsgericht zum Tode verurteilt und im Zuchthaus Halle an der Saale enthauptet Sein Sohn Hans-Georg Kramm erinnert sich, wie er kurz nach Kriegsende auf den zerstörten Scheinwerfergestellen wie auf einem Karussell gefahren ist.
Restfundamente der Scheinwerfer-Anlagen sind heute noch zu sehen
An verschiedenen Orten in und rund um Dorsten kann man heute noch Betonfundamente entdecken, wo sich einst feste Flakscheinwerferstellungen und Versorgungsgebäude befanden, wie im so genannten Tüshausbusch (Materiallager). Große Scheinwerfer waren am Hof Markfort im Emmelkamp und an der Luisenstraße installiert. In der inzwischen abgerissenen Baldurschule am Söltener Landweg war die Kommandostelle der Flakscheinwerfer-Abteilung. An großen Karten wurden die jeweiligen Positionen der feindlichen Flugzeuge dokumentiert und Melder überbrachten die Befehle an die Scheinwerfer-Posten. Einige der privat einquartierten Soldaten freundeten sich mit ihren Gastfamilien an, heirateten und blieben nach Kriegsende in Dorsten. Für die Jungs waren nach Kriegsende die Scheinwerfer nicht nur beliebte Karusselle, die kreisrunden Aluminium-Abdeckungen dienten auch als Boot im Hammbach. Reinholt Stowron von der Heinrichstraße in Holsterhausen erinnert sich: „Mit der Wölbung nach unten ins Wasser gesetzt, hatten wir ein kleines wackeliges Boot. Das Wasser war nicht tief, nur kalt. Wir drehten uns um die eigene Achse im Kreis und paddelten mit den Händen, bis wir die Brücke an der Heinrichstraße erreichten. Dann gingen wir ans Ufer, zogen die Abdeckung aus dem Wasser und liefen zurück, um erneut die Tour zu starten. Das dauerte oft Stunden. Wir hatten viel Spaß!“
Siehe auch: Zweiter Weltkrieg I
Siehe auch: Arthur Kramm
Siehe auch: Kriegsspuren
Siehe auch: Kriegsheimkehrer
Siehe auch: Kriegsgefangene