Zocken im Rathaus II

Untreue – Staatsanwalt ermittelt gegen Bürgermeister von Oer-Erkenschwick

Das Online-Magazin „Dorsten-transparent“ weist seit 2016 in mehreren Artikeln die Leser beharrlich daraufhin, dass die von der Dorstener Stadtspitze verübten Wetten mit dem Schweizer Franken (Derivate), mit denen gravierende Verluste in Millionenhöhe eingefahren worden sind und werden. Mutmaßungen, das dies strafrechtlich als Untreue gewertet werden könnte, interessierte bislang weder die Kommunalaufsicht noch den Dorstener Stadtrat noch die Staatsanwaltschaft Bochum. Offensichtlich haben sich inzwischen Rechtsansichten bei den Staatsanwaltschaften geändert. Denn gegen den damaligen Bürgermeister und den noch amtierenden Stadtkämmerer von Oer-Erkenschwick, die ebenfalls mit Schweizer Franken gewettet und „sich böse verzockt“ hatten (DZ vom 25. Jan. 2018), hat Mitte Januar 2018 die Staatsanwaltschaft Bochum wegen des Verdachts der Untreue in Höhe von 35,2 Millionen Euro ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Die Nachricht sorgte jetzt auch bei den politischen Parteien der Stadt Oer-Erkenschwick für Aufregung. Während sich CDU und SPD mit einer Bewertung der Ermittlungen zurückhielten, begrüßten die kleinen Ratsfraktionen überwiegend die Aktivitäten der Staatsanwaltschaft. Für Dorsten interessant: Dorstens Erster Beigeordneter Lars Ehm, Jurist und Erster Beigeordneter im Dorstener Verwaltungsvorstand, ist zugleich Vorsitzender der CDU-Fraktion in Stadtrat von Oer-Erkenschwick.

Fast alle kreisangehörigen Städte zockten bzw. zocken mit Steuergeldern

Das Verhalten der Bürgermeister und meist ihrer Stadtkämmerer in Bezug auf Verzocken von Steuergeldern ist auch in weiteren Fällen Gegenstand von Ermittlungen und Verurteilungen. In Pforzheim wurden die Bürgermeisterin und der Stadtkämmerer angeklagt. Neben Oer-Erkenschwick haben noch andere kreisangehörige Städte mit Steuergeldern in Millionenhöhe auf Währungsgewinne spekuliert, um die Haushaltskasse vermeintlich aufzubessern. (Buch-)Verluste blieben und bleiben nicht aus. Das sind die Städte Dorsten, Herten, Gladbeck, Marl und Datteln. Waltrop hingegen hatte den Mut, 2017 mit einem Verlust von 4,2 Millionen Euro die Reißleine zu ziehen und die Zockerei zu beenden.

Zur Sache: Derivatgeschäfte: Ein Derivat ist ein Finanzprodukt, das mit einer Wette vergleichbar ist. Man kann zum Beispiel mit Derivaten darauf wetten, dass eine bestimmte Aktie im Wert fallen wird. Wenn diese Aktie dann fällt, dann gewinnt man. Wenn man aber falsch liegt und die Aktie steigt, dann macht man (erhebliche) Verluste.
Oder: Man kann wie im Fall der Stadt Oer-Erkenschwick und anderer Kommunen darauf wetten, dass der Kurswert des Euro im Verhältnis zum Schweizer Franken steigt. Genau das Gegenteil ist eingetreten, was zu hohen Verlusten führte. Das Derivat ist dabei sozusagen eine Art „Wettschein“ im Finanz- und Börsenbereich, das viele Finanzspekulationen möglich macht.

Siehe auch in Dorsten-transparent:
Spekulationsverluste in zweistelliger Millionenhöhe…
Aufgedeckt: Spekulatives Zinsgeschäft der Stadt verursacht Millionenverlust...
„Kommunale Gelder sind keine Spielmasse”
Die Stadt steuert auf einen Höchststand bei den Spekulationsverlusten zu….


Quelle: Michael Wallkötter „Wetten gehen nicht auf“ in DZ vom 25. Jan. 2018.

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