Vestische Straßenbahnen (Essay)

1973 wurden die letzten Linien eingestellt - seitdem fahren nur noch Busse

Straßenbahn in der Dorstener Vestischen Allee

Straßenbahn in der Vestischen Allee in Dorsten

Die Vestische Straßenbahnen GmbH (kurz Vestische) betreibt einen großen Teil des öffentlichen Nahverkehrs im Kreis Recklinghausen, der Stadt Bottrop und dem nördlichen Teil der Stadt Gelsenkirchen heute mit Bussen. Der Name der Gesellschaft leitet sich vom Vest Recklinghausen ab. Sitz der Verwaltung sowie der Hauptbetriebshof befinden sich in Herten. Die Vestische gehört zu 77 Prozent dem Kreis Recklinghausen, 12 Prozent der Stadt Gelsenkirchen und 11 Prozent der Stadt Bottrop. Insgesamt beschäftigt das Unternehmen 1.019 Arbeitnehmer (Stand 2009). Auf 106 Linien mit einem Liniennetz von 1.390 Kilometern befördern 224 Busse jährlich 63,5 Millionen Fahrgäste, davon allein in Dorsten 3,5 Millionen. Auf Dorsten entfallen 19 Linien, zuzüglich zwei Anruf-Sammeltaxi-Linien. Die Busse fahren jährlich rund 18,3 Millionen Kilometer, wovon auf Dorsten 1,5 Millionen Kilometer entfallen. Es gibt 3.600 Haltestellen, in Dorsten 375. Zu versorgen hat die Vestische in einem Einzugsgebiet von 928 Quadratkilometern rund eine Million Menschen. Der Dorstener ZOB Europaplatz ist das Drehkreuz für rund 4.700 Fahrgäste täglich (ohne Schulbusse). Mit dem Bus zur Innenstadt kommen täglich etwa 2.200 Fahrgäste. Die am stärksten frequentierte Strecke ist die Verbindung zwischen Wulfen und dem ZOB, die jährlich mehr als 900.000 Fahrgäste nutzen. Ein Großbrand vernichtete kurz vor Weihnachten 2011 im Betriebshof Bottrop 68 Linienbusse. Durch logistische Maßnahmen war der planmäßige Verkehr trotz dieses verheerenden Brandes kaum beeinträchtigt.

Aus Kostengründen wurde 2013 der Busspätverkehr reduziert

Früheres Personen-Transportmittel

Früheres Personen-Transportmittel vor dem Depot

Beim Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zahlen die Städte im Kreis mit 24,5 Millionen Euro pro Jahr bei der Vestischen kräftig drauf. Davon zahlt die Stadt Dorsten 2,5 Millionen Euro. Anfang 2013 haben Rat und Verwaltung beschlossen, in der Bürgermeister-Konferenz ein Sparkonzept für die Vestische vorzuschlagen, die effizienter werden soll. Denn die Städte im Nachbarkreis Wesel kommen ohne ÖPNV-Umlage aus. Im September 2013 empfahl die Stadtverwaltung Dorsten den Bus-Spätverkehr der Vestischen in Dorsten bis spätestens Mitte 2014 zu reduzieren. Damit will die Verwaltung rund 17.000 Euro für den ÖPNV über die Kreisumlage einsparen. Dorstener, die in ihrer Mobilität auf Busse angewiesen sind, müssen dann abends vorzeitig nach Hause fahren. Ab Mitte 2014 wird das Spätverkehrsnetz aus Kostengründen ausgedünnt. Dies gilt ab 22 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen ganztags. Damit spart die Stadt Dorsten über die Kreisumlage jährlich rund 17.000 Euro. Sie bis dahin 34 Linien des Spätverkehrsnetzes (ohne Wochenend-Nachtexpress) sind 17 reduziert worden. Dadurch spart das Unternehmen nach eigenen Angaben rund 282.000 Euro Betriebskosten im Jahr ein.

Kreistag 2019: Taxi-Bus von Altendorf nach Polsum

Der Kreistag hat im Mai 2019 die Einrichtung einer neuen Taxi-Bus-Verbindung zwischen Marl-Polsum und Dorsten-Altendorf-Ulfkotte unter Einbindung der bestehenden Schülereinsatzfahrten beschlossen. Die Testphase für das Angebot dauert zwei Jahre. Vor dem Ende wird geprüft, ob die Taxi-Bus-Verbindung in den Regelbetrieb des öffentlichen Personennahverkehrs im Kreis Recklinghausen übernommen werden kann. Zudem soll die Schülerverkehrsverbindung zwischen Dorsten und Marl-Polsum verbessert werden.

Bus der Vestischen

Bus der Vestischen

Standardisierte Kameraüberwachung in Bussen nicht erlaubt

Die Vestische wollte bis Jahresende 2013 hundert Prozent seiner Busse mit Videokameras ausstatten. Der NRW-Landesdatenschutzbeauftragte reagiert verwundert, da eine standardisierte Überwachung nicht erlaubt sei. Tiaden kündigt an, das Thema im Auge zu behalten und gegebenenfalls einzuschreiten. Die Videoüberwachung in Bussen der Vestischen gibt es bereits seit 2002. Rund 97 Prozent der Busse sind daher mit Kameras bereits ausgestattet, jeder Bus mit zwei bis vier Kameras. Dazu der Sprecher der Vestischen: „Die Zahl der Übergriffe hat sich im Vergleich zu 2001 mehr als halbiert. Die Kameras tragen zur Sicherheit der Fahrgäste bei.“ Der NRW-Landesdatenschutzbeauftragte sieht das anders. Videoüberwachung dürfe nicht der Regelfall sein, sondern nur stattfinden, wenn sie notwendig sei. Einzelprüfungen seinen vorgeschrieben. Es dürfe keine automatische Ausstattung aller Verkehrsmittel mit Kameras stattfinden. – Ab September 2015 werden wieder „Schaffner“ eingesetzt, die jetzt „Busbegleiter“ heißen. Die als solche eingesetzten zehn Langzeitarbeitslosen sollen während der Fahrt Fahrgästen helfen, Auskünfte geben udn nicht zuletzt für Ruhe, Ordnung umd Sauberkeit da sorgen, wo es angebracht ist. Ihnen steht nach einem Jahr die Möglichkeit offen, den Busführerschein zu erwerben.

Fahrscheinkontrolleure in den Bussen – Schwarzfahrer zahlen 60 Euro

Nicht zu übersehen sind in den Bussen die Schilder, die vor Schwarzfahren warnen. Wer es dennoch tut und dabei zwischen den 3600 Haltestellen erwischt wird, zahlt ein „erhöhtes Beförderungsentgeld“ von 60 Euro.  Wer sein Monatsticket nur vergessen hat, zahlt 5 Euro „Erinnerungsgebühr“. Der Abschreckungseffekt scheint im Kreis Recklinghausen äußerst gering zu sein. Niemand weiß, wie hoch die Dunkelziffer der Schwarzfahrer ist. Allerdings registrierte die Vestische im Jahr 2015 mehr als 700.000 Schwarzfahrer. Das ist eine hohe Zahl angesichts dessen, dass der Einstieg in die Busse vom Fahrer kontrolliert wird. Die Verluste der Vestischen durch Schwarzfahrer, rund 650.000 Euro pro Jahr, werden von den kommunalen Gesellschaftern (Kreis Recklinghausen, Bottrop, Gelsenkirchen) – also vom Steuerzahler – ausgeglichen. Das Schwarzfahren gilt als Kavaliersdelikt, doch ist es eine Straftat. Wer mehrmals erwischt wird, erhält von der Vestischen eine Strafanzeige. „Reuige Sünder werden in den Bussen der Vestischen gern gesehen“, so Norbert heißt es aus der Pressestelle der Vestischen. „Deshalb machen wir Schwarzfahrern folgendes Angebot: Wenn sie innerhalb von drei Tagen nach der Fahrausweiskontrolle in einem unserer KundenCenter ein persönliches Monatsticket kaufen, verzichtet die Vestische auf die Zahlung des erhöhten Beförderungsentgeltes und die Einleitung  weiterer rechtlicher Schritte.“  – 60 Euro in Deutschland als „erhöhtes Beförderungsentgeld“ für Schwarzfahrer sind im Vergleich zu Nachbarstaaten ein geringer Betrag. In Belgien werden 200 Euro kassiert, in Frankreich 180 Euro, in der Schweiz und in Luxemburg 160 Euro, in Dänemark und Österreich 100 Euro.

Übergriffe haben sich drastisch erhöht – jetzt Präventionsteams

Die Zahl der Übergriffe auf Busfahrer steigt. Es waren eigentlich immer nur ein, zwei, drei pro Jahr. Doch 2017 waren es auf einmal 15. Diese Entwicklung hat sich 2018 und 2019 fortgesetzt. Daher sind seit Dezember 2018 drei Präventionsteams der Vestischen auf den Linien im Kreis Recklinghausen sowie in Bottrop und Gelsenkirchen unterwegs – in der Regel am Wochenende und vor Feiertagen in den Abend- und Nachtstunden. Sie sollen Fahrgästen und Busfahrern ein größeres Gefühl von Sicherheit vermitteln und Ärger im Keim ersticken. Mit zum Team gehört auch immer ein Dienstwagen der Vestischen mit Fahrer, der den Bussen folgt. So können die Sicherheitsteams schnell von einem Ort zum anderen verlegt werden. Das ist nach Angaben der Vestischen bislang in neun Fällen notwendig gewesen – bei insgesamt rund 90 Einsatztagen. Der Ton in den Bussen ist erheblich rauer geworden und die Bereitschaft zur Gewalt ist angestiegen, wie Fahrer immer wieder feststellen. 2018 gab es 13 tätliche Angriffe auf Busfahrer. Dazu kamen rund 50 Verbalattacken. Auch die Präventionsteams erleben durchaus brenzlige Situationen. Eine  der Kontrollen endete damit, dass die Kontrolleure mit einem Messer bedroht wurden. Das Team weiß auch: Je später der Abend, desto heikler die Stimmung. Vor allem Jugendliche, zum Teil alkoholisiert, würden vielfach Schwierigkeiten machen.

Der Versuch wird wissenschaftlich ausgewertet

Die Einsätze der drei Sicherheits- und Präventionsteams der Vestischen erfolgen im ausgedünnten Spätverkehrsnetz und auf den Nachtexpress-Linien. Nach Angaben der Vestischen sind an einem durchschnittlichen Tag nach 22 Uhr noch rund 2000 Fahrgäste auf den Linien unterwegs. Zwei Jahre lang will die Vestische das vom Land geförderte Modell testen. Fahrgäste können dem Unternehmen mithilfe eines Online-Fragebogens auf der Homepage mitteilen, wie ihre Erfahrungen sind (www.vestische.de). Wissenschaftlich ausgewertet werden die Erkenntnisse dann vom Europäischen Zentrum für Kriminalprävention.

Die Stimmung in Linienbussen wird immer aggressiver

Erneut hat es eine Gewaltattacke auf einen Busfahrer der Vestischen gegeben. Es ist im Jahr 2023 bereits der 18. derartige Vorfall. Jetzt sucht die Polizei nach einem Jugendlichen, der am Nachmittag des 25. Oktober an der Haltestelle „Oberhof“ auf der Grabenstraße in Gladbeck gegenüber einem Busfahrer gewalttätig wurde. Der Unbekannte schlug mehrfach auf den 51-Jährigen ein. Der Mitarbeiter der Vestischen erlitt leichte Verletzungen und wurde vor Ort von Rettungssanitätern behandelt.
Das Fahrpersonal der Vestischen erlebt vielfach Respektlosigkeit in den Bussen und manchmal auch (verbale) Gewalt. Die Hemmschwelle ist gesunken, die Aggressivität nimmt zu. 20 Fälle von tätlicher und 45 Fälle von verbaler Gewalt hat die Vestische im Jahr 2022 erfasst. 2023 waren es bislang 18 Tätlichkeiten und 42 verbale Übergriffe. Es gibt Busfahrer bei der Vestischen, die schon einmal regelrecht verprügelt worden sind. In Bottrop ging in diesem Jahr ein Fahrgast mit einem Schlagstock auf die Fahrerkabine los. Die Sicherheitsscheibe hielt glücklicherweise stand. Lebensgefahr bestand, als ein Unbekannter abends einen Stein mit einer solchen Wucht gegen einen Linienbus der Vestischen schleuderte, dass er die Scheiben auf beiden Seiten durchschlug und faustgroße Löcher hinterließ. Fahrgäste waren zum Glück nicht im Wagen. Aber die Fahrerkabine wurde nur um zwei bis drei Meter verfehlt.
Wie kommt es überhaupt zu brenzligen Auseinandersetzungen im Bus? Eskalieren kann die Situation schon, wenn der Fahrer einen unwilligen Fahrgast nach seinem Ticket fragt. Einschreiten muss der Mitarbeiter der Vestischen auch, wenn sich andere Fahrgäste belästigt fühlen – etwa durch Pöbeleien oder laute Musik. Verspätungen, verpasste Anschlüsse, die Höhe der Fahrpreise – all das könne ein Auslöser dafür sein, dass Fahrgäste ausrasten. Wie man deeskalierend wirkt, lernt das Fahrpersonal in speziellen Schulungen. Aber wenn die Situation aus dem Ruder zu laufen droht, haben die Fahrer mehrere Optionen. Sie können ein Sicherheitsteam („Präventionsteam“) anfordern. Sie können über die Leitstelle die Polizei zur Hilfe rufen oder die Überfalltaste drücken. Dann geht der Notruf unmittelbar an die Polizei. Und die Leitstelle der Vestischen kann über die Kamera im Bus direkt verfolgen, was sich im Fahrzeug abspielt (Quelle: Michael Wallkötter in DZ vom 27. Okt. 2023).

Fahrgastzahlen im Sinkflug – Defizite enorm

Das heimische Nahverkehrsunternehmen, das eine Region mit 900.000 Einwohnern bedient, nimmt jährlich 45 Millionen Euro durch den Verkauf von Bus-Tickets ein. Die Fahrgastzahlen sind im Sinkflug. Daher hat die Vestische 2018 auf Beschluss der Gesellschafter (Kreis RE, Bottrop, Gelsenkirchen) zum ersten Mal seit Jahren die Leistung wieder ausgeweitet – und zwar um 200.000 Buskilometer. Allerdings mussten die Gesellschafter  einen hohen Verlust der Vestischen ausgleichen. 2018 fuhr das Unternehmen ein Defizit von 25 Millionen Euro ein. Viele Jahre hat bei der Vestischen der Rotstift regiert. Um zu sparen, wurde das Angebot reduziert. Das hatte Konsequenzen. Seit 2007, als mit 66,2 Millionen Kunden ein Höchststand bei den Fahrgastzahlen erreicht war, ging es permanent bergab. Mittlerweile hat sich die Fahrgastzahl bei 60 Millionen eingependelt. Es bleibt abzuwarten, wie sich die 2018 beschlossenen Leistungserweiterungen auszahlen werden.

Führerscheinabgabe: 34 Senioren fahren günstig mit Bussen

34 Dorstener Senioren haben ihren Führerschein freiwillig abgegeben, weil sie lieber mit öffentlichen Nahverkehrsmitteln fahren möchten. Sie unterstützen mit ihrer Teilnahme das Projekt „Mobil ohne Auto – freiwillige Führerscheinabgabe“. Für ihren Verzicht sind sie belohnt worden: Sie können drei Monate kostenlos mit Bussen in Dorsten fahren, vorausgesetzt sie unterschreiben im Bürgerbüro des Rathauses eine Erklärung, dass sie künftig auf ihren Führerschein verzichten und kein Auto mehr fahren. Im Anschluss an die drei kostenfreien Monate können die Senioren ein 12-monatiges Abonnement bei der Vestischen abschließen. Auch das ist mit Vergünstigungen verbunden. Denn die letzten drei Monate im ersten Vertragsjahr sind dann wieder kostenfrei. Das Projekt läuft seit sieben Monaten und endet Ende Januar 2020. Da Dorsten eine Flächenstadt ist, hat die Stadt nicht erwartet, dass in Dorsten so viele Menschen teilnehmen wie etwa in Gladbeck. Dort sind es 148 Projektteilnehmer gewesen.

Corona-Pandemie: Busse werden gesichert

Während des Auftretens des Corona Virus war der Vordereinstieg für Fahrgäste und der Ticketkauf beim Fahrer nicht möglich. Die Vestische plant, den Ticketverkauf in Bussen wieder einzuführen. Für den sicheren Ticketverkauf im Bus trifft das Verkehrsunternehmen bauliche Maßnahmen. Plexiglasscheiben sollen eine Trennung zwischen Fahrgästen und Fahrern schaffen. Die 233 Einsatzfahrzeuge werden nach und nach umgerüstet.

Zum Jahresende 2021 wird eine weitere Schnellbus-Linie eingerichtet

Seit Sonntag kann man mit dem Bus direkt nach Oberhausen fahren: Eine Expresslinie namens „XBus“ verbindet Dorsten mit Kirchhellen und Oberhausen. Dieser X 42 gehört zu den beiden ersten von insgesamt sieben XBus-Linien, die der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) beauftragt hat. Und die Fahrgäste in Dorsten werden in diesem Zuge demnächst von einem weiteren XBus (X 05) profitieren, der im Stundentakt zwischen Dorsten, Schermbeck und Wesel unterwegs sein wird. Die bisherige Schnellbuslinie SB 18 zwischen Dorsten und Schermbeck bleibt bestehen, das Bus-Angebot verdoppelt sich also auf dieser Strecke. Für die gut 30 Kilometer lange X 05-Strecke zwischen Dorsten und Wesel wird eine Fahrtzeit von 48 Minuten kalkuliert, 23 Minuten weniger als bisher.

Vestische „Verkehrswende“ trotz Corona am 2022

Die Pandemie wirft die Vestische zwar um Jahre zurück, aber wichtige Projekte wie regionale Schnellbuslinien oder Beschleunigungsmaßnahmen sind bereits auf den Weg gebracht worden. Die Geschäftsführung erwartet, dass das Niveau von 2019 erst 2024 wieder erreicht wird. Die im letzten Jahr vom Aufsichtsrat beschlossene „Verkehrswende“ mit einer deutlichen Ausweitung des Angebots und dem Umstieg auf Wasserstofftechnologie wird durch Corona allerdings nicht aufgehalten. Im ersten Halbjahr 2022 sollen zum Beispiel zwei regionale Schnellbuslinien (X-Busse) aus dem Kreis Recklinghausen heraus an den Start gehen: darunter die X-Buslinie 42 (Dorsten – Movie Park – Bottrop-Kirchhellen – Oberhausen). Das sind zwei von insgesamt sieben Linien, die im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) in einem ersten Schritt umgesetzt werden. Trotz Landesförderung kommen auf den Kreis Recklinghausen als Gesellschafter der Vestischen Kosten von 410.000 Euro im Jahr zu. Weitere regionale Schnellbuslinien sind VRR-weit in der Warteschleife.

Verbesserte ÖPNV- XBus-Linie verbindet Wesel-Dorsten

Zum Fahrplanwechsel am 11. Dezember 2022 nehmen am linken und rechten Niederrhein vier Schnellbuslinien ihren Betrieb auf. Die in einem eigenen Design gestalteten Busse der Linien X05, X27, X28 und X32, werden täglich im Halb- bzw. im Stundentakt unterwegs sein. Die neuen XBus-Linien verkehren über die Kreisgrenzen von Kleve, Wesel und Recklinghausen und schaffen so neue Angebote, die den Mobilitätsbedarf der Fahrgäste decken. Das Land NRW stellt finanzielle Mittel für regionale XBusse zur Verfügung. In den kommenden Jahren werden von Seiten des VRR damit pro Jahr 1,25 Millionen Euro in die ersten sieben XBus-Linien investiert. Eine Linie fährt auch über Dorsten.
Der Bus X05 verbindet Wesel, Schermbeck und Dorsten mit einer stündlichen Taktung. Die neue Linie ersetzt den bisherigen Schnellbus SB 21, Schülerfahrten der SB21 bleiben allerdings erhalten und verkehren künftig unter der Liniennummer 299. Die Linie SB 18 bleibt hingegen erhalten. 47 Minuten sind für die Strecke vorgesehen, die von der DB Rheinlandbus betrieben wird. Und hier hält der X05: Wesel (Bahnhof, Post, Drevenacker Straße, Raesfelder Straße, Ev. Krankenhaus, Am langen Reck, Am Dülmen, Loher Weg), Hünxe-Drevenack (Gühnen, Strütchensweg, Schürmann, Wachtenbrink), Schermbeck (Wortelkamp, Damm Molkerei, Bricht, Hecheltjen, Rathaus, Katholische Schule, Zur Linde, Heggenkamp, Marellenkämpe), Dorsten (Emmelkamp, Wulfener Landweg, St-Antonius-Kirche, Breslauer Straße, Idastraße, Fasanenkamp, Pliesterbecker Straße, Baldurstraße, Gemeindedreieck, Gymnasium Petrinum, Lippetor, Recklinghäuser Tor, ZOB).

Ab 2023 fährt die Vestische mit vorerst zehn Wasserstoffbussen

Die Vestische hat Mitte Juli 2022 den Förderbescheid in Höhe von 2,9 Millionen Euro des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr zur Beschaffung von insgesamt zehn Brennstoffzellenbussen erhalten. Im November 2021 hatte es seitens der Vestischen noch geheißen, der Fördertopf des Bundes sei „hoffnungslos überzeichnet“. Ein normaler, zwölf Meter langer Dieselbus kostet in der Anschaffung rund 230.000 Euro, ein entsprechender Brennstoffzellenbus schlägt mit bis zu 650.000 Euro zu Buche. Die Förderung deckt 80 Prozent dieser Differenzkosten ab und gilt für die Ausschreibung von zwei mal fünf Bussen. Im ersten Schritt will die Vestische nun Praxiserfahrungen mit wasserstoffbetriebenen Fahrzeugen sammeln, um auch mit ihnen einen stabilen und wirtschaftlichen Betrieb gewährleisten zu können. So müsse man zum Beispiel deren Zuverlässigkeit bei hohen und niedrigen Temperaturen bewerten und messen, wie viel Bremsenergie ein Bus zurückgewinnt, wenn er nicht im städtischen Gebiet unterwegs ist, sondern in der eher ländlichen Peripherie.
Zum Aufbau einer entsprechenden Infrastruktur wird das Unternehmen nun beim Land NRW eine Förderung beantragen, die 90 Prozent der Gesamtkosten abdecken würde. Auf dem Betriebshof in Herten beabsichtigt der Nahverkehrsbetrieb, eine Wasserstofftankstelle zu bauen und die Werkstatt entsprechend zu modifizieren. Für die ersten fünf Busse, die gegen Ende 2023 im Kreis Recklinghausen auf Linie gehen sollen, sowie die notwendigen Umbauten hat die Vestische bislang Investitionen von 10,5 Millionen Euro eingeplant. Die zweiten fünf Busse möchte das Unternehmen 2025 in Betrieb nehmen.
Bei einer entsprechenden Förderung könnte die Flotte der Vestischen bis zum Jahr 2030 auf rund 60 Brennstoffzellenbusse anwachsen. Der Brennstoffzellenbus, der chemische Energie aus Wasserstoff und Sauerstoff in elektrische Energie umwandelt, könnte nach Einschätzung von Experten ein wichtiger Baustein der Verkehrswende werden. Er hat im Vergleich zum Batteriebus wesentliche Vorteile: seine Reichweite von etwa 400 Kilometer, den kurzen Tankvorgang sowie die Möglichkeit, den Innenraum durch Abwärme der Brennstoffzelle zu heizen. Auch muss keine zusätzliche Ladeinfrastruktur im Liniennetz geschaffen werden.

Die Vestische hat sich auf das Deutschlandticket vorbereitet

Am 1. Mai 2023 ging das Deutschlandticket als günstige Alternative im bundesweiten Nahverkehr an den Start. Die Vestische rechnete mit 4000 bis 5000 neuen Abo-Kunden in ihrem Geschäftsgebiet, das den Kreis Recklinghausen und Teile von Gelsenkirchen und Bottrop umfasst. Die neue Ticket-Variante kostet 49 Euro. Damit werden sich die 44.000 bisherigen Abo-Kunden der Vestischen finanziell – teilweise deutlich – verbessern. Im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) kosten Abo-Tickets zurzeit zwischen 56,30 und 220 Euro.  Die Finanzierung für den bundesweit gültigen 49-Euro-Monatstarif steht zumindest für 2023. Bund und Länder zahlen ab 2023 jährlich jeweils 1,5 Milliarden Euro als Kompensation an die Verkehrsbetriebe. Wenn das nicht reicht, sollen Gelder nachgeschossen werden.

Nahverkehr wird deutlich teurer – VRR und VRS erhöhen ihre Preise 2024

Fahrscheine im öffentlichen Nahverkehr werden in großen Teilen NRWs ab 1. Januar 2024 deutlich teurer. Die beiden größten NRW-Verkehrsverbünde Rhein-Ruhr (VRR) und Rhein-Sieg (VRS) kündigten Anfang Oktober 2023 kräftige Preiserhöhungen an. Die Preise für VRR-Tickets werden laut Beschluss des Verwaltungsrats zum 1. Januar 2024 um durchschnittlich 9,4 Prozent angehoben, teilte dieser am Donnerstag mit. Beim VRS werden die Tarife zum 1. Januar 2024 um durchschnittlich 10,4 Prozent steigen, die Verbandsversammlung stimmte der Erhöhung zu. Für das Deutschlandticket, das in der Regel 49 Euro kostet, gelten die angekündigten Preissteigerungen aber nicht. Die beiden Verbünde gehen deshalb davon aus, dass das Gros der Fahrgäste nicht von den jetzt beschlossenen Preiserhöhungen betroffen sein wird (dpa).

Im Jahr 2022 wurden 213.000 Neun-Euro-Tickets verkauft

Die Vestische hatte im Sommer 2022 gute Erfahrungen mit dem vom Bund subventionierten 9-Euro-Ticket gemacht. Die Fahrgäste im Vest machten regen Gebrauch davon: 213.000 dieser Monatsfahrkarten wurden in den Monaten Juni, Juli und August verkauft. Viele Neukunden seien anschließend allerdings wieder auf das Auto umgestiegen.
So bequem das Reisen mit dem Deutschlandticket auch sein wird (die Kunden brauchen sich über Tarifzonen und Verbundgrenzen keine Gedanken mehr zu machen), werde es trotzdem noch eine weitaus höhere Zahl an Fahrgästen geben, die mit Einzel-, Vierer- oder sonstigen konventionellen Tickets unterwegs sind. Damit auch diese Gelegenheitskunden preiswerter unterwegs sein können, wirbt die Vestische für den elektronischen Tarif „eezy VRR“. Neben einem Grundpreis werden in diesem Modell lediglich die Luftlinienkilometer berechnet. Sichergestellt ist, dass Fahrgäste für die Fahrt niemals mehr bezahlen müssen als mit einem vergleichbaren Einzelticket. Meistens wird die Tour jedoch preiswerter. Voraussetzung ist ein Smartphone mit der „Vestische App“. Dann kann man an der Haltestelle einchecken, einsteigen und am Ende der Fahrt wieder auschecken.

2,57 Millionen zusätzliche Bus-Kilometer

Der SB 25 (Dorsten – Marl – RE) fährt bereits seit Jahresanfang im 15-Minuten-Takt. Taktverdichtungen soll es im Zuge der Verkehrswende bis 2023 auch auf anderen (Schnellbus-)Linien geben. Die Ausweitung des Fahrplans – das Angebot steigt um 2,57 Millionen Kilometer (14 Prozent) – wird mit Kosten in Höhe von 7,2 Mio. Euro veranschlagt. Mehreinnahmen durch zusätzliche Fahrgäste sind da bereits eingerechnet. Doch die Fahrgast-Prognosen sind aktuell mit großen Fragezeichen verbunden. Im Corona-Jahr 2020 ist die Zahl der Kunden von 60 Millionen (2019) auf 45,9 Millionen eingebrochen. Auch im ersten Halbjahr 2021 wurden im Monatsdurchschnitt erst 60 Prozent des Vor-Corona-Niveaus erreicht. Die Vestische setzt darauf, dass es keine weiteren Lockdowns gibt und bei den Fahrgastzahlen bis zum Ende des Jahres noch einiges an Boden gut gemacht werden kann. Die Gesellschafter der Vestischen (Kreis RE, Bottrop, Gelsenkirchen) sind bislang schadlos durch die Corona-Zeit gekommen. Dank der Millionen aus dem staatlichen Rettungsschirm ist das von den Kommunen abzudeckende Defizit im Jahr 2020 nicht gestiegen (27,6 Mio. Euro). Auch 2021 soll der Rettungsschirm für den Nahverkehr aufgespannt werden.

Vestische streicht 2023 bis auf Weiteres Fahrten auf mehreren Linien

Zum dritten Mal seit dem Herbst 2022 musste das Nahverkehrsunternehmen „Vestische“ sein Angebot Anfang April 2023 einschränken, weil zu viele Busfahrer/innen sich krankgemeldet hatten. Das sei in der Unternehmensgeschichte ein einzigartiger Vorgang, erklärt Vestische-Sprecher Christoph van Bürk gegenüber der „Dorstener Zeitung“. Von den Anpassungen, die direkt nach Ostern 2023 wirksam wurden, waren die gleichen acht (von insgesamt 118) Linien betroffen wie beim letzten Mal; darunter auch eine Schnellbuslinie, die komplett entfiel. Wie lange die Einschränkungen diesmal gelten, dazu gab die Vestische keine Prognose ab. Zuletzt waren es fast drei Monate (vom 14. November 2022 bis zum 6. Februar 2023). Die Vestische sprach von einer „personellen Ausnahmesituation“, der die gesamte ÖPNV-Branche ausgesetzt sei. An manchen Tagen fehlten aber noch immer 19 bis 20 Prozent des Fahrpersonals. Die Vestische habe intern viel umdisponiert, aber zurzeit seien alle personellen Reserven und Maßnahmen ausgeschöpft. Für die Vestische sei es eine Gratwanderung zwischen dem, was sie den Fahrgästen, und dem, was sie ihrem Personal zumuten könne.

Dorsten direkt war von den Veränderungen der Linien nicht betroffen

Konkret verzichtete die Vestische nach eigenen Angaben auf einige Parallelverkehre und verringert bei anderen Linien die Taktung. Von den Einschränkungen waren verschiedene Linien betroffen. Folgende Linien wurden vorübergehend eingestellt: SB49 (RE Hbf – Herten Mitte – Buer-Rathaus) und 213 (RE Hbf – Quellberg – Suderwich). Mit zeitlichen Veränderungen betrafen die Linien 222 (Marl-Sinsen – Marl Mitte – GE-Buer Rathaus), 236 (RE Hbf – Hillerheide – Röllinghausen – König Ludwig), 239 (RE Hbf – Hochlarmark – RE-Süd Bf), 246 (Herten-Scherlebeck/Langenbochum – Westerholter Straße – Herten-Mitte), 265 (Bottrop ZOB Berliner Platz – Batenbrock – Boyer Markt), 268 (Bottrop Zeche Franz Haniel – Fuhlenbrock Markt – ZOB Berliner Platz – Prosperstraße – Welheimer Mark).

Verkehrsverbund Rhein-Ruhr erhöht zum 1. Januar 2024 die Preise

Trotz und teilweise auch wegen der Einführung des „Deutschlandtickets“ droht der öffentliche Nahverkehr (ÖPNV) in Nordrhein-Westfalen noch stärker in die Krise zu rutschen, sofern es keine weiteren Zuschüsse speziell vom Bund gibt. Weil die Kosten massiv steigen, heben die Anbieter nun die Preise für Einzeltickets und die verbliebenen Abos neben dem „Deutschlandticket“ massiv an. Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) kündigte Mitte September 2023 an, zum 1. Januar 2024 die Preise zwischen sechs und acht Prozent zu erhöhen. Wegen der Einführung des „Deutschlandtickets“ werden dem VRR im Jahr 2024 bis zu 340 Millionen Euro fehlen, sofern es beim Monatspreis von 49 Euro bleibt. Rund 300 Millionen Euro dieses Defizits sind durch Zusagen des Bundes und des Landes abgedeckt, aber für 30 bis 40 Millionen Euro gibt es bisher keine Finanzierungszusage des Bundes. Verkehrsverbünde und Kommunen drängen darauf, dass sich Bund und Land langfristig stärker für Bus und Bahn engagieren. Während sich die Kommunen um Busse und Straßenbahnen sorgen, warnt der VRR als Betreiber von Regionalbahnen und S-Bahnen davor, dass hier massiv gekürzt werden muss, wenn es so weitergeht. 2,6 Milliarden Euro würden allein beim VRR bis 2031 gebraucht, um die jetzigen Linien unverändert weiterbetreiben zu können, weitere 1,3 Milliarden Euro seien nötig, um die Kapazitäten um ein Drittel zu erhöhen, wobei völlig neue Strecken noch gar nicht in der Rechnung sind.

Auch die Vestische war vom Verdi-Streikaufruf im Februar 2024 betroffen

Am 2. Februar 2024 warteten die Fahrgäste der Vestischen vergeblich auf ihren Bus. An diesem Tag blieben die Linienbusse auf den Betriebshöfen in Herten und Bottrop stehen. Hintergrund war, dass die Gewerkschaft Verdi im Zuge der laufenden Verhandlungen über den Manteltarifvertrag für den Öffentlichen Dienst zu Warnstreiks im öffentlichen Personennahverkehr aufgerufen hatte. In der Tarifauseinandersetzung 2024 will Verdi insbesondere kürzere Arbeitszeiten sowie längere Pausen und Ruhezeiten für das Nahverkehrspersonal durchsetzen. Zur Begründung verwies die Gewerkschaft auf einen auch infolge von Personalmangel steigenden Arbeitsdruck. Auch bei der Vestischen war und ist  die Situation angespannt. Personelle Engpässe – ausgelöst durch Verrentungen, einen leergefegten Arbeitsmarkt und einen hohen Krankenstand – haben dazu geführt, dass die Vestische seit dem 29. Januar 2024 auf 18 von 118 Linien nur ein eingeschränktes Angebot machen konnte. Das galt auch für Bedarfsverkehre wie Anruf-Sammel-Taxis und Taxi-Busse. In der Nacht von Freitag auf Samstag (2./3. Febr.) fuhren zudem keine Nacht-Expresse. Die Vestische wies darauf hin, dass mit sämtlichen Fahrten sowohl die Mobilitätsgarantie, als auch das Pünktlichkeitsversprechen entfielen. Die Kunden-Center blies ebenfalls geschlossen. Ab Samstag, 3. Februar 2024, fuhren wieder alle Busse planmäßig.

Busfahrer-Streik: Kein Schulbus! Dürfen Schüler zu Hause bleiben?

Gerade auf dem Land könnte es ohne Nahverkehr zum Problem werden, wie die Kinder zur Schule kommen. Was ist, wenn Eltern einfach sagen: „Was kann ich für den Streik – da bleiben sie eben zu Hause“? Wenn kein (Schul-)Bus fährt, ist das zwar ärgerlich, aber keine Ausrede dafür, dass das Kind nicht in der Schule erscheint. „Der Streik im Nahverkehr ändert nichts an der Schulpflicht“, sagt Wilhelm Achelpöhler, Anwalt für Verwaltungsrecht aus Münster. Er vermutet zwar, dass kein Schulträger wegen eines einzelnen Tages ein Problem daraus machen wird, „aber streng genommen handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit, für die theoretisch ein Bußgeld verhängt werden könnte. Das ist eine Ermessenssache“, so der Fachmann. Er geht jedoch nicht davon aus, dass nun massenhaft Bußgelder verhängt werden. Anders als bei gefährlichem Glatteisregen, wo Schulen ihrerseits kürzlich den Unterricht abgesagt haben, könnten Eltern das mit Verweis auf den Streik nicht tun. Achelpöhler sieht es so: Eltern hätten ein Interesse daran, dass ihr Kind etwas lernt, also müssten sie sich auch einen Kopf machen, wie es zur Schule kommt. Und da sie von der Streiksituation nicht alleine betroffen sind, würde der Jurist als Erstes in der Schule nachfragen, ob dort nicht vielleicht bereits etwas organisiert wurde – etwa Sammeltaxis. Wenn der Weg gerade auf dem Land sehr weit ist und mehrere Schüler betroffen sind, könne man auch selbst Fahrgemeinschaften organisieren. Wenn alles nicht klappt und es dem Kind unmöglich ist, zur Schule zu kommen, würde Wilhelm Achelpöhler in der Schule zumindest rechtzeitig Bescheid geben (Quelle: DZ vom 1. März 2024 / dpa).

Entscheidung ist gefallen: Vestische nimmt keine E-Roller mehr mit

Von Elektro-Rollern geht eine Gefährdung aus, sagt die Vestische, die sich um die Sicherheit von Fahrgästen und Personal sorgt. Diese Entscheidung war absehbar: Ab Montag, 1. April 2024, dürfen Elektro-Tretroller (oft auch „E-Scooter“ genannt) in den Linienbussen der Vestischen nicht mehr mitgenommen werden. Das teilte das Verkehrsunternehmen für den Kreis Recklinghausen, Bottrop und Gelsenkirchen jetzt mit. Die Vestische folgt damit nach eigenen Angaben einer aktuellen Empfehlung des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) – wie alle Partnerunternehmen im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR), die sich „im Sinne der Fahrgäste“ auf eine einheitliche Regelung geeinigt haben. „Sicherheit geht vor“, heißt es bei der Vestischen. Grund für das Verbot sei der oftmals niedrige Sicherheitsstandard der Lithium-Ionen-Akkus, die zudem exponiert verbaut und damit anfällig für Beschädigungen seien, erläutert das Unternehmen in einer Mitteilung. Defekte Akku-Zellen könnten eine enorme Hitze entwickeln, die oft erst Stunden nach einer Beschädigung – beispielsweise bei einem Sturz – zu einem plötzlich auftretenden Brand führe. Dieser könne und sollte nur von der Feuerwehr gelöscht werden, da unmittelbar nach dem Ausbruch giftige Gase austreten und eine Verpuffung entstehen könne. Von diesem Verbot nicht betroffen sind E-Bikes sowie Elektro-Rollstühle und die für den ÖPNV zugelassenen Aufsitz-Elektromobile, die ebenfalls als „E-Scooter“ bezeichnet werden und häufig von mobilitätseingeschränkten Personen genutzt werden. Denn deren Akkus erfüllen die höheren Sicherheitsanforderungen. – Einige Verkehrsbetriebe im Ruhrgebiet hatten diesen Schritt bereits vorher vollzogen. Schon zum 1. März waren bei der Duisburger Verkehrsgesellschaft (DVG) und bei der Dortmunder DSW 21 entsprechende Regelungen in Kraft getreten. Die Vestische hatte auf eine einheitliche Regelung im VRR gedrängt.

Bis 1899 transportierten Pferdeomnibusse die Fahrgäste 

LInie 10

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Gegen Ende des 20. Jahrhunderts hatte sich der Steinkohlenbergbau aus seinen Kerngebieten nach Norden über die Emscher in das Vest Recklinghausen vorgeschoben, was zu einer beträchtlichen Zunahme der Bevölkerung führte. Die vorhandenen Verkehrsmittel reichten daher nicht mehr aus. So entstand im Jahre 1896 auf rein kommunaler Grundlage die Straßenbahnverbindung Herne-Recklinghausen. Andere Linien folgten. Bis 1899 waren auf den Strecken Recklinghausen-Herten-Wanne Pferdeomnibusse unterwegs. Im Laufe der Zeit entstanden vier vertraglich zusammengeschlossene kommunale Verbände, die Straßenbahnlinien betrieben. Kurz vor dem Ersten Weltkrieg entschloss man sich, das Gesamtunternehmen in eine GmbH zusammenzufassen. Sie erhielt den Namen „Vestische Kleinbahnen GmbH“, der 1940 in „Vestische Straßenbahnen GmbH“ geändert wurde. Erst am 2. Dezember 1930 führte die Recklinghäuser-Marler Strecke durch Verlängerung nach Dorsten. Zu jener Zeit wurden 19 Linien auf insgesamt 235 Kilometern betrieben. Im März 1945 stellte die Straßenbahn den Betrieb ein. Doch schon im April sorgten die Alliierten für die Wiedereröffnung. Der Zweite Weltkrieg hinterließ auch bei den Vestischen Straßenbahnen seine Spuren. Der Bestand war von 60 Großraumfahrzeugen auf 34, bei den Kraftomnibussen von 135 auf acht Fahrzeuge zurückgegangen. Außerordentliche Schäden waren im Gleisnetz zu verzeichnen. Bis 1953 waren alle 23 Linien wieder in Betrieb. Die letzten Straßenbahnlinien der „Vestischen“, teilweise im Gemeinschaftsverkehr, fuhren 1973.

Noch 15 Minuten bis Dorsten – eine Schilderung

Die Wochenzeitung „Die Zeit“ brachte in ihrer Ausgabe Nr. 5 vom 29. Januar 1982 einen literarischen Text, der sich mit einer Fahrt der „Vestischen“ von Essen nach Dorsten befasst.

„Endstation, bitte, einfach.“ Der Mann hinter dem Lenkrad nimmt drei Mark fünfzig und legt den zweiten Gang ein. Der erste, meint er, tauge nichts. Essen an einem Freitag, exakt 12 Uhr 35, Fahrpläne kennen keine halben Stunden. Der Bus fährt vor, Linie 189, die Endstation heißt Dorsten. 220 Pferdestärken bringen sechs Fahrgäste zur ersten von insgesamt 32 Haltestellen. Niemand steigt aus, eine alte Frau ein.
„Fahren Sie bis Rathaus?” „Ja, da fahr ich.“ Jochen Geier, Kraftomnibus-Fahrer seit nahezu 15 Jahren, legt wieder den zweiten Gang ein. 169 Kilometer Ruhrgebiet liegen vor ihm, wie viele schon hinter ihm liegen, hat er sich nie gefragt. Sein Dienst dauert an diesem Tag sechs Stunden und vierzig Minuten. Haltestelle Zeche Anna. „Einmal Autobahn/Ausfahrt Hannover“. Der Tramp, der zusteigt, vergisst das Wort „Bitte“.
In Gladbeck kommt Leben in Geiers rollende Bude. Es ist kurz nach eins, der Bus füllt sich bis auf den letzten Platz mit Stimmungskundschaft: mit Schülern. Unübersehbar das Schild „Jeder Fahrgast ist verpflichtet, sich einen festen Halt zu schaffen.“ Junge Leute haben da ihre festen Ansichten: Haltestangen werden gemieden. Die Häuser werden kleiner, die Kreuzungen übersichtlicher, Fahrradfahrer treten häufiger an die Stelle der Autos, umherschwirrende kleine, aggressive Ameisen – aus der Sicht des Busfahrers.
Die Menschen schweigen vor sich hin, unbeteiligt registrieren sie die eine oder andere Haltestelle. Nur Geier ist hellwach. Er weiß, warum: Jedes Vierteljahr wird die Tachoscheibe herausgenommen, werden die Fahrqualitäten bewertet. „Mir ist aber nur ein Fall bekannt”, sagt der 44-Jährige, „wo man gesagt hat, so kannst du nicht fahren. Voraussetzung fürs Fahren: zwei Jahre unfallfrei auf einem Lastwagen, eine Omnibus Prüfung, ein physiotechnisches Examen – Angst vor Unfällen hat der Busfahrer nicht, das kommt eben viel zu oft vor, der kleine Crash ist stets kalkuliert im Nahverkehr. Ob er mit dem Bus zur Arbeit fahre? Nein, nein, da brauche er ja eine Dreiviertelstunde länger.
Der Bus schluckt vierzig Liter auf hundert Kilometer. Es sind noch fünfzehn Minuten bis Dorsten, der Endstation. Ein Mann steigt zu, der aussieht wie der Kontrolleur. Wer je „schwarz” fuhr, kennt ihn: Humphrey Bogart Typ im Trenchcoat. Der Mann lässt sich viel Zeit. Er steigt als letzter ein. Prüfend blickt er auf den Fahrer und nimmt die Rechte aus der Tiefe der Manteltasche. Und dann zückt er blitzschnell den Ausweis: Es ist die Monatskarte für die Linie. Der Kontrolleur im Direktionsbereich Essen heiße Krebs, erzählt Geier, und habe ein Einzugsgebiet von hundert Kilometern. Er sei der einzige im ganzen Revier. Im Durchschnitt sieht Herr Geier Herrn Krebs einmal im Jahr.
Zehn Minuten vor drei. Endstation und eine Minute Verspätung „Adieu, Herr Geier“. „Halt, warten Sie – wie die Menschen hier sind, will ich Ihnen noch sagen!“ „Wie denn?” „Kalt, ohne Interesse – und die Alten brutal und rücksichtslos.“ Dass es jetzt leicht nieselt, gehört zur Jahreszeit und gehört zum Warten an einer Haltestelle. Norden ist die Richtung, Haltern – so  heißt das Reiseziel, und die Etappe ist wieder Endstation. Linie 299, Abfahrt 15 Uhr 12. Wer einen Nahverkehrs-Fahrplan studieren will, muss schon ein paar Stunden Logistik belegen: Selten sieht man so viele ratlose Menschen vor einem bedruckten Stück Pappe unter Plastik wie an Busbahnhöfen. Wer einsam ist, aber klug dreinschaut – an Haltestellen findet er allemal Kontakt „Wissen Sie, wann der Bus nach Haltern geht?” „Zwölf nach drei.“ Dreiunddreißig Minuten bis Haltern. Zwei Schilder im Bus appellieren an der Deutschen Anstand und Sitte. „Eis und Pommes frites verboten” mahnt das eine Schild, das andere macht die Versprechung „Pünktlichkeit bringt Sicherheit.” Der Bus ist frisch geputzt, nur riecht er nicht danach: Muff hängt zwischen den Sitzen. Busse haben auf der ganzen Welt ihren eigenen Geruch. Der deutsche Bus aus Dorsten riecht nach Kaugummi und Klassenzimmer.

Siehe auch: Straßenbahn
Siehe auch: Neunundvierzig-Euro-Ticket

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