Totenschein für Lebenden

Postbote sollte Transport seiner eigenen Leiche bezahlen

Nach akuter Erkrankung starb am 20. Juni 1983, morgens um 6.30 Uhr, der Postbeamte Helmut Bieletzki, geboren am 23. April 1933, wohnhaft in Dorsten, Westgraben 46 durch Atemstillstand; seine Pupillen waren weit geöffnet. Ein Notarztwagen holte den Toten am besagten Tag ab. Der Transportzettel trug die Nummer 37403621. Der Transport ging vom Westgraben zur Krankenhaus-Wache. Der Tote war bei der Bundespost-Krankenkasse Münster versichert, die die gesamten Kranken- und Begräbniskosten übernahm. Doch diese eigentlich alltägliche Sache hatte einen Haken, der etliche amüsierte, andere schockierte und einige blamierte. Denn der für tot erklärte Postbote im Landzustelldienst war gar nicht tot, sondern erfreute sich bester Gesundheit und eines Unwissens über sein angebliches Ableben. Doch darum kümmerte sich die Bürokratie wenig. Für sie war er zunächst mal tot – und das für eine längere Zeit, nämlich fast ein halbes Jahr. Bieletzki bemerkte sein Ableben erst, als er am 5. November des gleichen Jahres an seinem Arbeitsplatz im Dorstener Postamt einen Brief des Ordnungsamtes Dorsten öffnete, in dem er mit einem Gebührenbescheid über 330 DM aufgefordert wurde, unter Kassenzeichen 067309260 seinen Transport als Leiche von der Wohnung zum Krankenhaus mittels beiliegendem Zahlschein zu begleichen. Als Beleg, dass er tot war, war der Totenschein beigelegt. Den Schock, den der Untote erlitt, überstand er nach eigener Auskunft ohne Notarzt und Rettungswagen. „Mir fielen die Augen aus dem Kopf, meinen eigenen Totenschein in Händen zu halten!“

Name irrtümlich vertauscht

Die Tatsache der Lebendigkeit des Postboten wurde schließlich akzeptiert und man kam dem Irrtum auf die Spur. Am selben Tag verstarb im Haus des Postboten ein anderer Mann. Die Notärztin trug in den Transportschein für den Toten ins Krankenhaus irrtümlicherweise den Namen Bieletzki ein, den sie an der Tür ablas, allerdings an der falschen Tür. Und der Hausarzt des Toten stellte daraufhin den amtlichen Totenschein ebenfalls auf den Namen Bieletzki aus. Und das war der quicklebendige Postbote im Landzustelldienst.


Quelle:
Wolf Stegemann in RN vom 11. November 1983

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