Hausärzte-Kollaps

Bürokratismus und hoher Arbeitsaufwand schrecken Allgemeinmediziner ab

Die Kassenärztliche Vereinigung schlug 2018 Alarm. Wenn es auch in Dorsten noch einigermaßen genügend Hausärzte gebe, so werde die Anzahl in den nächsten Jahren rapide abnehmen. Mit Stand Ende 2018 gab es in Dorsten 42 niedergelassene Allgemeinmediziner. Die meisten praktizierten in der Altstadt. Gemessen an der Einwohnerzahl wären laut Bedarfsplanung seit Mitte des Jahres rein rechnerisch weitere zweieinhalb Stellen möglich. Das sei noch zu verkraften, so die Kassenärztliche Vereinigung, denn in Nachbarstädten und Regionen sei der Mangel weitaus größer. Im Stadtgebiet gibt es unterschiedliche Besetzungen, wie das Beispiel Rhade zeigt, wo es immer wieder Beschwerden gibt, da die dortige Gemeinschaftspraxis, die auch von Patienten aus anderen Stadtteilen besucht wird, völlig überlastet ist. Die Kassenärztliche Vereinigung kann keinem Mediziner vorschreiben, wo er sich niederlassen will. Lediglich muss sichergestellt sein, dass niemand länger als 15 Minuten mit dem Auto bis zum nächsten Arzt fahren muss. Allgemeinärzte beklagen oft den viel zu hohen Aufwand, der abseits der Sprechstunden betrieben werden muss. Sei es, weil Hausbesuche in Altenheimen oder bei betagten Patienten notwendig seien. Oder weil die Ärzte mit bis zu 160 Formularen von den Krankenkassen torpediert werden. Der zunehmende Bürokratismus und die hohe Arbeitsbelastung in vielen Praxen schrecken oft jüngere Ärzte ab. Daher gehen solche Mediziner lieber in größere Städte und schließen sich einer Praxis an. Im Jahr 2018 war jeder dritte Hausarzt in Dorsten 60 Jahre alt oder älter. Nachfolger zu finden ist schwer. Daher gibt es bei den Allgemeinmedizinern einen extremen Nachwuchsmangel, er sich in wenigen Jahren akut zeigen wird.

Nordrhein-Westfalen will 2019/20 eine Landarzt-Quote einführen

NRW wird als erstes Bundesland eine Landarztquote einführen. Zum Wintersemester 2019/2020 sollen 170 junge Studenten bevorzugt Studienplätze erhalten. Im Gegenzug müssen sie sich verpflichten, später für zehn Jahre in unterversorgten Regionen als Ärzte zu arbeiten. Damit will das Land den Mangel an Ärzten in ländlichen Gebieten bekämpfen. Bislang ist die wichtigste Qualifikation von Abiturienten für ein Medizinstudium die Abiturnote. An den medizinischen Studiengängen der Medizin, Pharmazie, Tier- und Zahnmedizin herrscht ein Verteilungskampf: Jährlich werden bundesweit nur gut 11.000 der etwa 50.000 Bewerber an öffentlichen Hochschulen zugelassen. Der Landtag hat die Landarztquote als „Gesetz zur Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung“ mit den Stimmen von CDU, FDP und AfD verabschiedet. Die Bundesländer Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Bayern kündigten an, dem Beispiel folgen zu wollen. Andere Bundesländer sind noch unentschlossen oder lehnen die Quote sogar ab.

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