Schulgewalt belastet Lehrer

NRW: Immer häufiger sehen sich Lehrkräfte mit Gewalt konfrontiert

Lehrkräfte, Sozialarbeiter und Schulpsychologen sehen sich immer häufiger mit Gewaltausbrüchen im Klassenzimmer, auf dem Flur oder Pausenhof konfrontiert. Doch wie sollen Beschäftigte mit denjenigen umgehen, die handgreiflich werden oder Mitschüler und Personal bedrohen? Andreas Tempel, NRW-Landesvorsitzender der Gemeinnützigen Gesellschaft Gesamtschule, zeigte im Januar 2025 den Konflikt auf, vor dem die Beschäftigten dann stehen: „Wir erleben leider bei gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Schülern und Lehrern, dass es für die Kollegen sehr stark darauf ankommt, in welchem Regierungsbezirk sich ein Vorfall ereignet.“ Für Lehrkräfte im Regierungsbezirk Münster gebe es eine Handreichung und Hilfestellungen für solche Fälle, in anderen Regierungsbezirken seien die Kollegen völlig auf sich allein gestellt. „Es kann dann vorkommen, dass Lehrpersonal bei gewalttätigen Schülern einschreiten muss, dann von Eltern angezeigt wird und sich völlig alleingelassen vor Gericht verantworten muss. Und das ungeachtet der Tatsache, dass sich die Situation ja im dienstlichen Kontext ereignet hat“, sagt Tempel.

Strafverfahren gegen Schulleiter im Regierungsbezirk Düsseldorf

Ihm sei jüngst ein Fall zugetragen worden, bei dem der Schulleiter bei einem gewalttätigen Schüler die Polizei hinzuziehen musste. Als die Situation geklärt war, habe er den Polizisten gefragt, wie er sich denn idealerweise hätte verhalten sollen. Der Beamte habe nur gesagt: „Machen Sie nichts, machen Sie sich strafbar. Schreiten Sie ein, machen Sie sich ebenfalls strafbar.“ Man habe die Landesregierung im Frühjahr 2024 auf diesen Umstand hingewiesen, sagt er. „Damals hieß es, man nehme das mit. Bislang hat es aber keine echten Konsequenzen gegeben. Dabei nehmen die Fälle zu. Das Land und seine Bezirksregierungen dürfen nicht länger die Augen vor einem wachsenden Problem verschließen.“
Laut einer Anfrage der SPD-Fraktion soll es zuletzt ein Strafverfahren im Regierungsbezirk Düsseldorf gegen einen Schulleiter und einen Schulsozialarbeiter gegeben haben, die gemeinsam einen Schüler festhalten mussten, der zuvor im Klassenzimmer randaliert und versucht hatte, einen Mitschüler zu gefährden. Von den Vorwürfen gegen sie sollen die Angeklagten in einem ersten Verfahren allerdings freigesprochen worden sein. „Wir haben es inzwischen vielfach mit gewaltbereiten Schülern zu tun, 15 Jahre alt, männlich, viele mit traumatisierenden Fluchterfahrungen, die sich zudem außerschulisch in einem schwierigen Umfeld bewegen. Da muss dringend angesetzt werden“, sagt Tempel.

Notfallordner „Hinsehen und Handeln“ an alle Schulen in NRW

In der Antwort auf die Anfrage der SPD schreibt Ministerin Dorothee Feller (CDU), eine gezielte Erfassung solcher Fälle erfolge bei den Bezirksregierungen grundsätzlich nicht. Auch dem Justizministerium liegen dazu keine Erkenntnisse vor. Gefragt nach den Verhaltensvorgaben schreibt sie, man habe im Mai 2023 gemeinsam mit der Unfallkasse NRW den Notfallordner „Hinsehen und Handeln“ in einer grundlegend überarbeiteten dritten Auflage allen Schulen in NRW zur Verfügung gestellt. Dieses Instrument diene den Schulen dazu, sich auf potenzielle Gefährdungen präventiv einzustellen, und gebe Handlungsempfehlungen, wie in Gefährdungssituationen vorzugehen sei. Der Frage, mit welchen Maßnahmen das pädagogische Personal eine Eigen- und Fremdgefährdung durch randalierende oder Gewalt ausübende Schüler verhindern dürfe, weicht die Ministerin aus. Dies könne in der Pauschalität bereits aufgrund der Vielfältigkeit von Formen der Gewalt nicht beantwortet werden. „Erreicht das Verhalten einer Lehrkraft die Grenze einer strafbaren Handlung, kann die Rechtswidrigkeit des Handelns gegebenenfalls wiederum durch das Vorliegen von Rechtfertigungsgründen entfallen. Dabei kommt es stets auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an“, so Feller.

Siehe auch: Schule 2024 „Geistige Entwicklung”
Siehe auch: Schule: Lehrermangel
Siehe auch: Schuljahre 2022/23, 2023/24, 2024/25
Siehe auch: Schulpläne Dorsten bis 2034
Siehe auch: Schulkultur-Agebote 2024


Quelle: Maximilian Plück in RN (DZ) vom 22. Januar 2025

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