Säkularisation

Franzosen brachten 1803 Kirchen und Klöstern das Aus

ZusatzBeiträge

Die Neugestaltung der Landkarte begann mit der französischen Eroberung des linken Rheinufers. Preußens Machtpolitik war zwar auf die Erweiterung im Osten orientiert, trotzdem hatte sich Preußen an den Kämpfen zur Niederringung der Französischen Revolution im Westen beteiligt. Der Anteil an der Beute nach der dritten Teilung Polens 1795 hatte Preußens Kräfte weitgehend absorbiert, deshalb schied es im Sonderfrieden zu Basel aus dem ersten Koalitionskrieg gegen das revolutionäre Frankreich aus. Mit dem Friedensschluss waren geheime Absprachen verknüpft, die im August 1797 in einem Geheimvertrag mündeten, in dem erstmals die geistlichen Länder Westfalens als Kompensation für die linksrheinischen Verluste Preußens genannt wurden. Im Frieden von Campo Formio stimmte Österreich der Abtretung der linksrheinischen Reichsterritorien zu. Damit wurde das Säkularisationsprogramm, wenn auch mit Einschränkungen, akzeptiert und der Weg zur Neuordnung des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nationen freigemacht. Auf dem nach Rastatt berufenen Friedenskongress vom Dezember 1797 bis April 1799 mussten die Reichsdeputierten die Vorabsprachen der drei Mächte hinnehmen. Eine Bestätigung erfuhren die Absprachen 1801 im Frieden von Lunéville, allerdings waren die zur Entschädigung vorgesehenen Gebiete jetzt nicht nur auf die Westfälischen Territorien beschränkt. In allen Friedensverträgen konnte Frankreich seine Vorstellungen zur Neugliederung Deutschlands durchsetzen. Neben den realpolitischen Motiven spielten revolutionär inspirierte antiklerikale Ressentiments eine starke Rolle. Frankreichs Politik zielte auf die Schwächung Österreichs, die Stärkung Preußens und die Bildung einer deutschen Mittelmacht. Die Rückdrängung der Kirchenmacht war dabei ein durchaus erwünschter Nebeneffekt.

Preußen schaffte sich einen Korridor zu den westlichen Provinzen

Profitiert haben von der Neuverteilung vor allem Preußen, Hannover und die süddeutschen Großterritorien, also Bayern, Württemberg und Baden. Daneben gab es eine Reihe kleinerer Herrschaften, die sich auf Kosten ehemaligen Reichsgutes oder geistlicher Länder ausdehnen konnten. Bei der Durchsetzung seiner Säkularisationsansprüche konnte Preußen sein politisches Gewicht in die Waagschale werfen. Kleinere Herrschaften waren auf dynastische Verbindungen, Protektion oder schlicht auf Bestechungsgelder angewiesen. Preußens Interesse war und blieb auch später, einen durchgehenden Korridor zu seinen westlichen Besitzungen zu erhalten und diese zu vergrößern. Im Reichsdeputationshauptschluss in Regensburg vom 25. Februar 1803 erhielt Preußen neben den ehemaligen Fürstbistümern Hildesheim und Paderborn die Abteien Herford, Quedlinburg, Elten, Essen, Werden und Kappenberg, dazu Erfurt sowie die Reichsstädte Mühlhausen, Nordhausen und Goslar, das Eichsfeld und den östlichen Teil des Hochstifts Münster mit der Stadt Münster, wogegen es nur das Herzogtums Kleve aufgeben musste. Das bedeutete einen Gewinn von 235 Quadratmeilen gegen 48 verlorene und von 600.000 gegen 137.000 Menschen.

Konfessionelle Spannungen zwischen Westfalen und Preußen

Die Umverteilung der kleineren weltlichen und der geistlichen Territorien an die benachbarten Fürstentümer und neu geschaffenen Königreiche führte zur politischen Entmachtung der Fürstbischöfe und des niederen Adels. Die ständische Machtteilhabe an Ämtern in Domkapiteln, Pfründen und Klöstern ging weitgehend verloren. Für einen großen Teil der Bevölkerung zwischen Rhein und Elbe bedeutete das neue Landesregiment vor allem eine politische und kulturelle Fremdbestimmung. Indem weite Teile des katholisch dominierten Westfalens und des Rheinlandes zum protestantischen Preußen kamen, waren konfessionelle Spannungen unvermeidlich. Die Administration in den neuen preußischen Provinzen war von Berlin eingesetzt, protestantisch und altpreußisch orientiert. Entgegen dem alten Herkommen ging die politische Macht nun von einer weit entfernten Hauptstadt aus und nicht vom regional legitimierten Adel. Für die meisten Gebiete Westfalens vollzog sich der Wandel in einem Dreischritt. Zeitlich liegen die Einschnitte bei 1802/03 mit der ersten Besitzergreifung, 1806 mit der Besetzung durch die Franzosen und 1815 durch Zuweisung durch den Wiener Kongress. Beiderseits des Rheins wurden die Hoheitsrechte der vier Erzbistümer, zehn Bistümer und etwa 300 Abteien, Stifte und Klöster eingezogen. Das Oberstift Münster, zu dem die Herrlichkeit Lembeck gehörte, wurde 1802 aufgehoben und in vier Ämter eingeteilt.

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