Pressestelle im Rathaus

Dass die Verwaltung professionell informiert, geht auf das Jahr 1953 zurück

W. St. – Seit Jahrzehnten gibt es in der Stadtverwaltung eine Pressestelle. Die, welche in dieser Pressestelle arbeiteten, wurden bis in die 1990er-Jahre Presssprecher bzw. Pressesprecherin genannt, eine Bezeichnung, die unter Journalisten hin und wieder für Unmut sorgte, denn er oder sie waren ja nicht Sprecher der Presse, sondern der Stadt. Daher heißen sie heute Stadtsprecher und sind für die Presse in der Pressestelle der Stadtverwaltung erreichbar. Dass Städte und Gemeinden über ihre Belange die Öffentlichkeit – sprich Bürger – über die Medien informieren, war in vielen Gemeinden oft bis in die 1960er-Jahre hinein keinesfalls üblich. Ein Blick in die 1950er-Jahre gibt Aufschluss darüber, wie Politiker der Dorstener Amtsvertretung im Amtsbezirk Hervest-Dorsten darüber dachten. In der Sitzung der Amtsvertretung vom 12. November 1953 – also vor rund 67 Jahren – erklärte Amtsvertreter Dr. Wiethoff (FDP), dass die Öffentlichkeit über die Presse mehr unterrichtet werden sollte. Die Bevölkerung habe ein Anrecht darauf, so erklärte er, mehr als bisher über die kommunale Arbeit unterrichtet zu werden. Dem Bürgermeister wurde nahegelegt, die Presse am Tag nach den jeweiligen Ausschusssitzungen zu informieren, um eine einseitige Berichterstattung durch die Verwaltung zu vermeiden.

Wiethoff forderte 1952 mehr Verantwortung für die Verwaltung

Anlass zu der Öffnung der Verwaltungsarbeit nach außen war damals nicht unbedingt ein demokratischen Bewusstsein, sondern offenbar eine gewissen Überarbeitung der politischen Ausschüsse, die dann der Verwaltung mehr Verantwortung übergaben. So wurde der Haupt- und Personalausschuss ermächtigt, die Arbeiten zur Durchführung des Amtshausgebäudes (heutiges Rathaus) vorzunehmen und bei Beratungen die Bürgermeister hinzuzuziehen. Der für damalige Zeit aufwendige Rathaus-Neubau stand an. Daher hatten die Verwaltung und die kommunalpolitischen Amtsvertreter große Mühe, das komplizierte Geflecht Politik und Verwaltung irgendwie nach den Erfordernissen umzugestalten. Denn wie dieses Geflecht damals noch praktiziert wurde, war es, wie Amtsvertreter Wiethoff sagte, aktionsunfähig. Es gab im Amtsbezirk Hervest-Dorsten sechs Vertretungen (Stadt- bzw. Gemeinderäte) mit einer Unmenge von Ausschüssen, so dass die Spitzenkräfte sich „von Sitzung zu Sitzung durchringen“ mussten. Im Rechnungsjahr 1952 gab es 51 Sitzungen der Vertretungen und 197 Sitzungen der Ausschüsse. 625 Punkte der Tagesordnung hatten die Ratsmitglieder und 3303 die der Ausschüsse zu behandeln. 502 Stunden dauerten die Sitzzungen der Vertretungen und 880 die der Ausschüsse. Daher war für die Amtsvertretung damals klar, dass die Spitzenkräfte für wichtige Aufgaben freigestellt werden müssten. „Sie müssen mehr Freiheit für übergeordnete Aufgaben bekommen.“ Wiethoff forderte mehr Verantwortung für die Verwaltung und daher die Kreistagsmitglieder auf, sich beim Kreis für eine Verlagerung der Aufgabengebiete einzusetzen und die Öffentlich über die Presse stärker und in einer gewissen Ordnungsfolge aktuell zu informieren – und nicht nur auf Anfragen.

Bürgermeister sollten die Presse einen Tag nach der Sitzung informieren

Er lobte dann die Presse. Das war damals die „Dorstener Volkszeitung“ (später Ruhr-Nachrichten, heute Dorstener Zeitung) mit den Lokalseiten „Nachrichten für Dorsten und die Herrlichkeit Lembeck“. Die Presse zeige eine Aufgeschlossenheit für kommunalpolitische Arbeit, erklärte Dr. Wiethoff. Sie habe auch ein Anrecht darauf, mehr aus dieser Arbeit, insbesondere aus den Ausschusssitzungen, zu erfahren. Nach den Paragrafen 42 und 33 der Dorstener Gemeindeordnung (GO) sei eine Zulassung der Presse zu diesen Ausschusssitzungen möglich. Falls seine Anregung nicht aufgenommen werde, sollten in Zukunft die Berichte aus den Ausschüssen nicht mehr von der Verwaltung gegeben werden. Der Bürgermeister soll die Presse künftig am Tage nach jeder Sitzung über alle spruchreifen Angelegenheiten unterrichten. Diese Anregung Dr. Wiethoffs fand allgemeine Zustimmung.

Städtische Pressestelle ist dem Bürgermeisterbüro angegliedert

Heute zeigt es sich, dass Wiethoffs Anregung vor 67 Jahren auf fruchtbaren Boden gefallen war, wenn es auch noch etliche Jahr gedauert hatte. So entstand aus einer verwaltungspolitischen Anregung die heutige Pressestelle der Stadt, angegliedert dem Bürgermeisterbüro. Inzwischen hat die Verwaltung mit ihren Veröffentlichungen, Stellungnahmen und Ansichten des Bürgermeisters die Lokalpresse textlich und bildlich fest im Griff. Der Leser wird tagtäglich über die Belange der Verwaltung, der Lokalpolitik und des Bürgermeisters bestens und professionell informiert. An manchen Tagen nehmen diese Informationen aus der Pressestelle im Rathaus in der Tat ganze anderthalb Seiten des lokalen Teils (ohne Sport) ein. Bevor die Pressstelle vor mehr als 40 Jahre im Rathaus eingerichtet wurde, war Karl-Heinz Nowoczin, Leiter des Schulamtes, für die Unterrichtung der Presse (DZ und WAZ) zuständig. Erster hauptamtlicher Pressesprecher der Stadt wurde 1978 Wolfgang Eberhardt Kipp, ein gelernter Journalist, der vorher Leiter des Informationszentrums der Entwicklungsgesellschaft Wulfen (EW) war. Als „Lückenfüller kam nach ihm für wenige Monate wieder ein Journalist, in die Pressestelle, bevor 1989 Lisa Bauckhorn Pressesprecherin wurde. Ihr folgte 2018 Ludger Böhne, Ex-Redakteur der Dorstener WAZ, der mit Christoph Winkel die Pressearbeit im Rathaus macht.

Zur Sache: Die Pressestelle ist eine Stelle bei Behörden, Verbänden und Unternehmen, die durch regelmäßige Veröffentlichungen Neuigkeiten und Meinungen aus dem Unternehmen oder den anderen Organisationen sowie zu aktuellen Ereignissen mitteilt. Außerdem beobachtet die Pressestelle die Medien und sammelt daraus Nachrichten und Kommentare, die das Unternehmen/die Behörde betreffen oder interessieren.

Siehe auch: Lisa Bauckhorn
Siehe auch: Medien (Artikelübersicht)

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