Meisterbriefe

Über erarbeitete Meisterbriefe und deren Jubiläums-Verleihungen

Diamantener Meisterbrief für Metzgermeister Norbert Börger (3. v. r.). Bilderklärung unten

Der Meisterbrief ist eine Urkunde und wird neben dem Meistertitel-Diplom, das nach bestandener Meisterprüfung dem Handwerksmeister ausgehändigt wird, auch dem Industriemeister, dem Landwirtschaftsmeister und dem Fachmeister verliehen. Die Urkunde selbst ist meist schmucklos und dient dem Zweck des Nachweises über das Bestehen der Meisterprüfung. Allerdings sind Meisterbriefe oft auch kalligrafisch gestaltet. Das sieht man vor allem bei den historischen Urkunden. Die Abbildung zeigt einen Meisterbrief der Handelskammer Berlin aus dem Jahr 1926. Von einigen Handwerkskammern werden verdiente Handwerksmeister mit schmuckvollen Silbernen, Goldenen, Diamantenen. Eisernen oder Ehrenmeisterbriefen gewürdigt. Auch diese stellen keine Dokumente im rechtlichen Sinn dar. Immer wieder werden Verleihungen dieser würdigenden Meisterbriefe in den Lokalzeitungen veröffentlicht – wie im Dezember 2021 die Verleihung des seltenen Diamantenen Meisterbriefs an den Dorstener Fleischermeister Norbert Börger (Foto).
Der Meisterbrief wird innerhalb der Europäischen Union anerkannt. Mit dem Erhalt des Meisterbriefs wird der Jungmeister seit Mai 2013 im Deutschen Qualifikationsrahmen (DQR) auf dem Niveau 6 eingestuft. Auf Niveau 6 befindet sich zum Beispiel auch der akademische Grad „Bachelor“. Damit wurde der handwerkliche Meisterbrief aufgewertet. Inhaber eines Meisterbriefs in einem Ausbildungsberuf gemäß §§ 45, 51a, 122 HwO können in allen Bundesländern ein beliebiges Hochschulstudium aufnehmen, soweit der Zugang nicht aus anderen Gründen (z. B. einen Numerus clausus) eingeschränkt ist. Insofern ist neuerdings die Meisterprüfung dem Abitur gleichgestellt. Das Bildungszentrum der für Dorsten zuständige Handwerkskammer Münster bietet ein vielfältiges Spektrum von Meisterschulen in den unterschiedlichsten Themenfeldern mit über 30 Handwerksberufen an. Die Meisterschulen werden grundsätzlich in Lehrgangsmodulen angeboten. Sie gliedern sich – wie auch Ihre spätere Meisterprüfung – in vier Teile: Teil I: Fachpraxis (fachlicher Teil), Teil II: Fachtheorie (fachlicher Teil), Teil III: Wirtschaft & Recht (allgemeinkundlicher Teil), Teil IV: Berufs- und Arbeitspädagogik (allgemeinkundlicher Teil).

Auf Antrag verleiht die Handelskammer Meisterbrief-Ehrenurkunden

Die Handwerkskammer Münster verleiht auf Antrag zu Meisterjubiläen Ehrenurkunden. Voraussetzung ist, dass die Meisterprüfung vor der Handwerkskammer Münster abgelegt wurde oder der Arbeits- oder Lebensmittel­­punkt im Kammerbezirk Münster liegt. Die Urkunden werden auf Antrag verliehen. Der Goldene Meisterbrief für 50 Jahre Meisterschaft im Handwerk, der Diamantene Meisterbrief für 60 Jahre und danach alle fünf Jahre. – Ein Diamantener Meisterbrief kommt im Bereich der Handwerkskammer Münster sehr selten vor. Etwa 20- bis 25-mal im Jahr. Nur einmal gab es eine Meisterbrief-Urkunde für 70 Jahre.

Einige Dorstener Empfänger von Jubiläums-Meisterbriefen

Bernhard Winkel. Malermeister Bernhard Winkel (75) aus Dorsten wurde am 21. September 2023 mit dem Goldenen Meisterbrief geehrt. Auch im Ruhestand beseitigt er noch Baustellen. Obermeister Jan Jülkenbeck übergab die Urkunde an Bernhard Winkel, der 44 Jahre in seinem Malerbetrieb in Altendorf-Ulfkotte aktiv war. Bis 2014 hat er seinen Betrieb in Altendorf-Ulfkotte geführt, bevor der nun 75-Jährige in den Ruhestand ging und sein Sohn Christoph Winkel den Betrieb bis 2017 übernahm. 1973 hatte Bernhard Winkel die Meisterprüfung in Münster erfolgreich bestanden. Die Leidenschaft für den Beruf hat er in jungen Jahren von seinem Vater Heinrich Winkel geerbt, der damals ebenfalls den Goldenen Meisterbrief bekam und den Betrieb später an den Sohn weitergab. In all den Jahren war sein Betrieb problemlos gelaufen. Voller Stolz kann er also jetzt auf mehrere Gebäude in der Stadt zeigen: „Die habe ich alle gestrichen!“ Damit meint er einige öffentliche Gebäude, wie die Erich-Klausener Realschule, das Gymnasium Petrinum und Gebäude der Dorstener Stadtverwaltung.
Norbert Börger. Im Dezember 2021 erhielt der Dorstener Fleischermeister Norbert Börger den Diamantenen Meisterbrief der Handelskammer Münster. Damit wurde er für 60 Jahre Meisterschaft in seinem Handwerk ausgezeichnet. Ferdinand Sax, Ehrenobermeister der Fleischerinnung Dorsten, dem im August 2020 selbst der Diamantenen Meisterbrief überreicht wurde, lobte den Meister-Jubilar: „Nach Bestehen seiner Meisterprüfung hat er die Firma allein geleitet und diese zu einem modernen und über das Dorf Hervest hinaus bekannten Fleischerfachgeschäft durch die Qualität seiner Wurst und seiner Fleischwaren gemacht.“ Obermeister Andreas Schroer und sein Stellvertreter Josef Bellendorf würdigten in einer Laudatio den Jubilar: „Mit Norbert Börger ehren wir heute einen Fleischermeister, für den die alten Tugenden Ehrlichkeit, Pünktlichkeit und Fleiß immer wichtig waren!“
Ferdinand Sax bestand 1959 die Meisterprüfung in Frankfurt am Main. 1961 heiratete er in Dorsten die Schermbeckerin Gertrud Verwaayen und übernahm mit ihr die Fleischerei Röttger in Waltrop, die das Ehepaar zehn Jahre lang betrieb. Während dieser Zeit wurde Ferdinand Sax für das Fleischer-Handwerk erstmals ehrenamtlich tätig. Ab 1975 war er als Innungs-Obermeister für die Fleischer-Innung Dorsten im Einsatz. 1990 wurde Ferdinand Sax Mitglied des Lebensmittel-Rechtsausschusses innerhalb des nordrhein-westfälischen Fleischer-Innungsverbandes und Vorstandsmitglied der KH Recklinghausen. Dort wurde er im Jahre 1996 stellvertretender KH-Meister. Im selben Jahr wurde er Mitglied des Meisterprüfungsausschusses der Münsteraner Kammer und gleichzeitig Mitglied der Vollversammlung dieser Kammer.
Theo Gertz. Den Diamantenen Meisterbrief erhielt der Dorstener Zimmermeister Theo Gertz 2019.  Ausgebildet wurde Theo Gertz in der Firma Heinrich Nachbarschulte. Dort bekam er das Rüstzeug für seine spätere Meisterschaft in seinem Fach mit auf den Weg. Seine Meisterprüfung lag 65 Jahre zurück, im Jahr 1954. Um als Meister zugelassen zu werden, musste er jeden Sonntag mit dem Tempo-Dreirad nach Münster fahren. Denn der Meisterkurs fand nur sonntags statt.
Wilhelm Pelkmann, später in der Dorstener Kommunalpolitik und als  Landtagsabgeordneter tätig, legte seine Meisterprüfung im orthopädischen Schuhmacherhandwerk 1925 ab. Er bekleidete viele Ehrenämter, betätigte sich u. a. federführend in der Kolpingfamilie und in berufsständischen Organisationen. Das Schuhmacherhandwerk würdigte seine Verdienste durch die Verleihung des Goldenen Meisterbriefes im Jahr 1975. Pelkmann starb acht Jahre später.

(Kein Anspruch auf Vollständigkeit)

Foto oben: Bei der Überreichung des Diamantenen Meisterbriefs an Norbert Börger (3.v.r.) waren Obermeister Andreas Schroer, sein Stellvertreter Josef Bellendorf (r.) sowie Ehrenobermeister Ferdinand Sax dabei, zudem Oberstudiendirektor Günter Brendebach als langjähriger Begleiter der Metzgerinnung; Foto: Claudia Engel (DZ).

Siehe auch: Wilhelm Pelkmann
Siehe auch: Ferdinand Sax
Siehe auch: Theo Gertz

Share on FacebookTweet about this on TwitterShare on Google+Email this to someone