Radpilger-Tourismus begründet den Neubau, um ihn finanzieren zu lassen

Der Schotterweg an der Klosterstraße soll zum Radweg ausgebaut werden; Foto: Klein (DZ)
Dass die städtische Verwaltungsbürokratie auch mit gewieftem Raffinement an das Geld anderer zu kommen versucht, beschrieb Michael Klein am 21. Oktober 2021 süffisant in der „Dorstener Zeitung“. Er informierte über einen Fall, wie die Stadtverwaltung die Notwendigkeit eines neues Radweges an der Klosterstraße begründet: Nicht zum Wohl der Dorstener Anwohner der Klosterstraße sondern zum holperfreien Radfahren christlicher Pilger, welche die Rad-Pilgerroute zwischen Santiago de Compostela in Spanien und Trondheim in Norwegen benutzen und vielleicht an die paar hundert Meter an der Dorstener Klosterstraße entlangfahren könnten. Hier Michael Kleins Bericht wiedergegeben – gekürzt und daher teilweise umformuliert:
Überregionaler Radwanderweg D 7 von Aachen nach Flensburg
Die Stadtverwaltung informierte in der zweiten Jahreshälfte 2021 die Lokalpolitiker darüber, dass sie auf der Hardt an der Klosterstraße zwischen Kögelweg und Fährstraße stadtauswärts einen Geh- und Radweg plane. Sie begründete die dringende Notwendigkeit dieses Radweges aber nicht etwa damit, dass dort viele Bürger aus dem Stadtteil mit dem Rad zum Einkaufen zu Aldi oder zum Kanal fahren. Oder damit, dass der derzeit an dieser Stelle existierende Schotterweg oft zugeparkt und wegen der Altglascontainer häufig übersät von Scherben ist. Oder gar damit, dass auf der Wiese, an der der Weg vorbei führt, demnächst ein Kindergarten gebaut wird und man den Kindern und Eltern eine sichere Wegstrecke bieten möchte. Als Argument für die Notwendigkeit des neuen Radwegs in Dorsten wurde vielmehr angeführt, dass der überregionale Radwanderweg „D 7“, der von Aachen nach Flensburg führt und gleichzeitig Teil der europäischen Rad-Pilgerroute von Santiago de Compostela in Spanien nach Trondheim in Norwegen ist, seit Jahren über die Dorstener Klosterstraße führt. Und lediglich auf dem kurzen Stück zwischen Kögelweg und Fährstraße wären die pilgernden Radfahrer zwischen Spanien und Norwegen gezwungen, auf der Fahrbahn zu fahren, betont die Stadt. Kaum zu glauben, dass das Straßenstück in Dorsten die einzige straßenholprige Stelle für Radpilger auf der langen Pilgerstraße sein dürfte.
Anwohner klagen seit Jahren ergebnislos über den schlechten Radweg
Doch nach etwas Internet-Recherche wurde deutlich, wie gewieft der Hinweis auf die christlichen Radtouristen ist. Denn die Stadt konnte nur mit diesem Argument einen Zuschussantrag für den Geh- und Radweg beim „Bundesamt für Güterverkehr“ im Bundesverkehrsministerium stellen. Das hat nämlich einen Fördertopf aufgelegt, mit dem Lücken im überregionalen deutschen „D-Radnetz“ geschlossen werden können.
Klappt es mit dem Antrag (das Förderprogramm ist mittlerweile deutlich überzeichnet), hätte die Stadt also mit wenig eigenem Geld eine neuralgische Stelle entschärft – was Anwohner schon vor zwei Jahren auf einer Stadtteilkonferenz ausdrücklich angemahnt hatten. Diese kritisierten damals aber auch, dass auf der anderen Straßenseite zwischen Fährstraße und Kögelweg ebenfalls Verbesserungsbedarf bestehe: Dort müssten Radfahrer den Gehweg nutzen, direkt am Aldi-Grundstückszaun entlang und würden dabei gerne von ausfahrenden Autofahrern übersehen. – Moment mal: Sind es nicht vor allem auswärtige Rad-Pilger, die da in solch gefährliche Situationen geraten?
Hinzuzufügen wäre, dass diese Argumentation Bürgermeister Tobias Stockhoff sicherlich sehr entgegenkommt, der bekanntermaßen als engagierter Katholik in etlichen katholischen Einrichtungen – auch in diözesanen – tätig ist. – Wir berichten über das weitere Verfahren!
Siehe auch: Stadtradeln
Siehe auch: Pilgerwege