Habiflex

Als „Tropfsteinhöhle“ in Barkenberg schon bald unbewohnbar geworden

Ruinös; Foto: Christian Gruber

Ruinös – mittlerweile alles zugemauert; Foto: Christian Gruber 2010

Unter Habiflex versteht man das in Montagebauweise mit 40 Wohnungen (120 Zimmer) in der Neuen Stadt Wulfen errichtete Hochhaus mit offenem Treppenhaus. Die Mieter konnten die Raumaufteilung mit flexiblen Zwischenwänden und Fenstern weitgehend selbst bestimmen. Allerdings war das Gebäude an der Jägerstraße lange Zeit wegen Feuchtigkeit nicht bewohnbar und musste mehrmals verbessert und umgestaltet werden. 1980 wurde es für eine Million DM zwangsversteigert. Wegen der ständigen Feuchtigkeit bekam das Haus im Volksmund den Namen „Tropfsteinhöhle“. In den späteren Jahren wurde der leer stehende Komplex zunehmend das Ziel von Randalierern. Immer wieder drangen Unbefugte illegal in das von der Stadt für unbewohnbar erklärte Habiflex-Gebäude ein. Die Stadt will den verfallenden Komplex darum trotz des verlorenen Gerichtsprozesses zumauern. Die Eigentümer der rund 40 Wohnungen hatten von der Stadtverwaltung Ordnungsverfügungen mit Zahlungsanteilen für das Zumauern ihrer Wohnungen erhalten. Einige klagten dagegen. Das Gericht gab den Klägern im Oktober 2009 insofern Recht, als dass die Richter den Plan des Zumauerns für die Betroffenen zu teuer fanden. Daraufhin machte die Stadt den Komplex auf eine andere Weise einbruchsicher.

Symbol eines gescheiterten Bauprojekts

Noch unklar ist, aus welchen Töpfen die Stadt die Abbruchkosten des Habiflex-Gebäudes, das auf rund 3.000 Quadratmetern Bauland steht, bezahlen kann. Für die Wohnungseigentümer bedeutete der Abriss allerdings einen Totalverlust. Von den meisten Bürgern wird dieses Gebäude nur noch als Schandfleck und Symbol eines gescheiterten Bauprojekts betrachtet. Doch das war nicht immer so. Inge Kasner und Gerd Schynol, die zu den frühen Mietern gehörten, erinnern sich 2011 in einer Reprotage von Sabine Bornemann in der DZ:

„Für die erste Hausgemeinschaft in dem 40 Wohnungen umfassenden Block der Architekten Clement und Gottlob hatte dieses Gebäude einen ganz besonderen Reiz. Das Haus wirkte in mehrfacher Hinsicht eigentümlich: Die Wohnparteien gruppierten sich mit versetzten Eingangstüren um einen Lichthof. Lange Flure gab es nicht. Im Erdgeschoss waren Garagen und oben gab es zweigeschossige Penthäuser. Dahinter steckte die Vorstellung von einem Mehrgenerationenhaus, mit getrennten Wohnungen für Eltern und Kinder, aber mit direkter Treppenverbindung zueinander. Fenster und Türen waren ganz aus Glas und hatten abgerundete Metallrahmen wie auf einem Schiff. Sie reichten bis auf den Boden hinunter und der Architekt legte auch Wert darauf, dass sie bestenfalls mit Vorhängen, aber nicht richtig mit Platten verschlossen wurden.“

Im Frühjahr 2016 eröffnete die „Adaxia AMC GmbH“ in ihrem Internetportal das „Interessenbekundungsverfahren“, um Käufer für das Gebäude oder den Abriss zu finden. Es bleibt abzuwarten, ob das gelingt. Fest steht, dass das Habiflex-Gebäude nach wie vor ein Schandfleck im Stadtbild Barkenbergs ist. Inzwischen hat die Bauruine Interessenten gefunden. Nachbarn berichten von täglich mehreren Autos mit Kennzeichen aus allen Regionen Deutschlands, die vor dem Gebäude stehen. Etliche Leute sehen sich den Bau auch von innen an.

Studentin schrieb 2022 ihre Masterarbeit über die Wiederbelebung

Die Dorstener Studentin Jennifer Eberlein (25) hatte Mittel und Wege gefunden, wie das leer stehende Habiflex-Wohngebäude wiederbelebt werden könnte. Ihre Abschlussarbeit der Studentin für Architektur mit Schwerpunkt für Wirtschaft und Projektmanagement, die sie als Masterarbeit in der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus im Februar 2022 eingereicht hatte, befasst sich mit dem höchst umstrittenen seit 2008 leerstehenden Wohngebäude Habiflex. Dafür hat sie ein Revitalisierungskonzept ausgearbeitet und untersucht, was nötig ist, um das Gebäude wieder in Betrieb nehmen zu können. Jennifer Eberlein hat die Bausubstanz analysiert und führt Möglichkeiten auf, wie das Habiflex zeitgenössischen Wohnformen angepasst und wieder bewohnt werden kann. Jennifer Eberlein hat in einer früheren Forschungsarbeit zum Habiflex einen eingehenden „ökonomischen und ökologischen Vergleich von Abriss und Sanierung“ angestellt. Dabei ist sie zu dem Ergebnis gekommen, dass es zwar noch nicht in der Praxis angewendet wird, aber „dass in Berechnungen der energetischen Aufwendungen wie auch in den Investitionen im Vergleich von Neubau und Modernisierung der Vorteil des Gebäudevolumens in der Erhaltung bleibt“. Kritisch bewertete Friedhelm Fragemann (SPD-Ratsfraktionsvorsitzender Friedhelm Fragemann die Masterarbeit Jennifer Eberleins als „nicht realisierbar!“ Stadtbaurat Holger Lohse hingegen: „Beachtenswert!“

CDU: Revitalisierung des Habiflex-Gebäudes „nicht möglich“

Fraktionschef Bernd Schwane (CDU) nahm in der „Dorstener Zeitung“ Stellung zum Thema. Es handele sich „ohne Zweifel um eine umfangreiche wissenschaftliche Arbeit, die nicht nur mit viel Mühe erstellt wurde, sondern auch neue interessante Sichtweisen der Architekturwissenschaft transportiert“. Sicherlich sei das Habiflex damals zukunftsweisend gewesen. „Allerdings steht das Gebäude seit 2008 aufgrund von Wasserschäden und baulicher Mängel leer“, so Schwane. Letztendlich erwarb eine Baugesellschaft die Immobilie, die die 40 Eigentumswohnungen an Interessenten verkaufte. Fakt sei, dass die Wohnungen nie – so wie vertraglich zugesagt – in einen bewohn- und vermietbaren Zustand versetzt worden seien. Die Erwerber müssten bis heute die Finanzierungskosten an die Banken abführen. Deshalb seien etliche Erwerber in die Insolvenz geraten. Die Stadt arbeite an einer Lösung, so Schwane. Vordringlich muss die Eigentumslage geklärt werden, was allerdings nicht ganz einfach sei. „Meines Erachtens wird es darauf hinauslaufen, dass die Stadt die Immobilie erwerben wird.“ Die CDU-Fraktion wird sich dafür einsetzen, dass das Objekt abgerissen wird und das Grundstück zukünftig eine andere bauliche Verwendung findet.


Quellen:
Christian Grubers Wulfen-Wiki. – Ludger Böhne in WAZ vom 16. Oktober 2009. – Sabine Bornemann „Inge Kasner und Gerd Schynol: Die Entwicklung des “Habiflex” zum traurigen Schandfleck“ in der DZ vom 2. November – 2011.Claudia Engel in der DZ vom 16. Febr. 2022. – DZ vom 24. Febr. 2022.

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